Die Frage nach dem Woher und Wohin wird wohl in keinem Moment mehr gepusht, als dann, wenn Väter und Mütter sterben. Wenn es unmöglich geworden ist, Fragen direkt zu stellen. Wenn Wohnungen und Häuser geräumt werden und mit einem Mal nackte Mauern stehen, wo einst Geschichte lebte. Michael Kleeberg, grosser Romancier und Essayist, wäre nicht Michael Kleeberg, wenn er den Tod seines Vaters so einfach hinnehmen würde. „Glücksritter. Recherche über meinen Vater“ ist ein direktes, aber liebevolles Buch über einen Vater, der erst durch den Tod in wirkliche Nähe rückte.
„Glückritter. Recherche über meinen Vater“ Lesung mit Gespräch im Literaturhaus Thurgau, Donnerstag 6. Mai 2021, 19:30 Uhr. Wir bitte Sie um Anmeldung unter diesem Link.
Ich begegnete Michael Kleeberg zum ersten Mal 2002, als er mit seinem Roman „Der König von Korsika“ Gast bei den Solothurner Literaturtagen war. Damals hatte ich aber ein anderes Buch von ihm in meiner Tasche, das ich unbedingt signiert haben wollte, weil es damals wie heute eines jener Bücher ist, die meine Lesebiographie nachhaltig beeinflussten. Ein Buch, das in meiner Bibliothek zu den „Überbüchern“ zählt und mit der Widmung des Autors zur Reliquie: „Ein Garten im Norden“, ein modernes Märchen mitten in der Gegenwärtigkeit. Ein junger Mann bekommt von einem Antiquar ein leeres Buch geschenkt. Mit dem Buch verspricht er ihm: „Was immer Sie hineinschreiben, wird Wirklichkeit geworden sein, wenn Sie das Buch beendet haben.“
Mit „Glücksritter. Recherche über meinen Vater“ ist Michael Kleeberg vielleicht genau diesem Versprechen ein bisschen näher gekommen. Denn wer sich in der Art wie der Autor mit dem Leben und der Herkunft seiner Eltern, seines Vaters auseinandersetzt, muss der Wirklichkeit unweigerlich näher kommen. So wie ich selbst trägt jeder ein Bild seines Vaters mit sich herum, Erinnerungen und scheinbare Tatsachen, die über Jahrzehnte zementieren, einem glauben machen, man würde jene kennen, in deren Familie man geboren wurde. Es baut sich über ein Leben lang Stein auf Stein, eine Fassade, hinter die man aber aus Respekt, Furcht, Desinteresse oder zu grosser Distanz gar nicht zu schauen vermag. Eine Fassade, die aber Schatten wirft, einen Schatten, der bleibt, auch wenn der Tod vieles mit sich reisst.
Michael Kleeberg „Glücksritter. Recherche über meinen Vater“, Galiani, 2020, 240 Seiten, CHF 30.90, ISBN 978-3-86971-140-9
Michael Kleebergs Recherchebuch über seinen Vater beginnt mit einer Geschichte aus den letzten Lebensjahren seines Vaters. Wie oft, wenn der Erzähler mit seiner Familie in die Ferien fährt, hütet der achtzigjährige Vater das Haus. Nach der Rückkehr durch einen beunruhigenden Mailwechsel wird offenbar, dass der Vater Opfer eines Trickbetrügers wurde, der ihm ganz offensichtlich mit dem Versprechen vom grossen Geld mehrere tausend Euro abknöpfen konnte. Er macht sich auf zu seinem Vater, seiner Mutter, stellt ihm Fragen, die brennen, weil der Sohn genau weiss, dass die alten Eltern finanziell nicht auf Rosen gebettet sind. Aber bei der Konfrontation wird klar, dass ein Sohn kein Freund ist. Dass sich gewisse Fragen als Sohn nur ganz schwer oder gar nicht stellen lassen.
Der Tod seines Vaters und die Geschichte um das in den Sand gesetzte Ersparte seiner Eltern, die Räumung einer Wohnung und die verschwiegene Demenz seiner Mutter werden die Ausgangspunkte einer Suche nach dem Woher. Der Vater, in den letzten Jahren des Krieges vierzehn, erlebt die Gräuel einer Kapitulation, die Vertreibung von seinem Zuhause, Jahre in einem Lager und den wechselvollen Aufstieg im Nachkriegsdeutschland. „Glücksritter. Recherche über meinen Vater“ ist ein Buch über einen glücklosen Vater, einen Mann, der ein Leben lang dem Glück hinterherritt, der sich von der grossen Geschichte und seiner eigenen Geschichte verraten fühlte. Von einem Mann, dem das Geld und Status das Wichtigste war und unbedingt wollte, dass sein einziger Sohn dereinst ein Doktor werden sollte. Von einem Mann, der die Geschichte nach seiner Fasson zu drücken wusste und sich nie den Tatsachen der Geschichte stellte. Von einem Mann, der ihm die Liebe zur Fantasie schenkte, der ihm Geschichten erzählte ohne sich je der eigenen Geschichte zu stellen.
„Glückritter. Recherche über meinen Vater“ ist keine Abrechnung, sondern eine Liebeserklärung.
Michael Kleeberg, geboren 1959 in Stuttgart, lebt als Schriftsteller und Übersetzer (u.a. Marcel Proust, John Dos Passos, Graham Greene, Paul Bowles) in Berlin. Sein Werk (u.a. «Ein Garten im Norden», «Karlmann», «Vaterjahre», «Der Idiot des 21. Jahrhunderts») wurde in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt. Zuletzt erhielt er den Friedrich-Hölderlin-Preis (2015) und den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung (2016). 2020 erschien sein Buch «Glücksritter. Recherche über meinen Vater».
Kein Mensch kannte den Namen Cilette Ofaire, als Charles Linsmayer 1988 als Band drei seiner Edition «Reprinted by Huber» ihren Roman «Ismé» von 1940 als «Ismé. Sehnsucht nach Freiheit» deutsch neu herausbrachte und mit einer Biographie der Autorin versah.
Cilette Ofaire – «Ismé», Charles Linsmayer zusammen mit der Schauspielerin Heidi Maria Glössner im Literaturhaus Thurgau, Donnerstag 22. April 2021, 19:30 Uhr. Wir bitte Sie um Anmeldung unter diesem Link.
Der Erfolg war so durchschlagend, dass das Buch nach kurzem nicht nur als Hardcover, sondern auch als pendo-Taschenbuch vergriffen war und die Édition de l’Air in Vevey, verblüfft durch den Erfolg im deutschen Sprachraum, auch die französische Originalfassung wieder zugänglich machte. Ja, es fand sich sogar eine Gruppe von Ismé-Fans zu einem Verein zusammen, der ein Schiff mit dem gleichen Namen nachbaute und auf den Spuren von Cilette Ofaire in See stach!
33 Jahre lang war das Buch vergriffen, als Charles Linsmayer als Band 38 seiner Edition eine Neuausgabe herausbrachte, mit einer erweiterten Biographie und dem erstmaligen Abdruck des gezeichneten Bordtagebuchs der Autorin. Und diesmal machte die Édition de l’Air von Anfang an mit und brachte Linsmayers Neuausgabe in einer identischen französischen Fassung ebenfalls neu auf den Markt. Und das Wunder geschah! Wiederum war das Buch nach wenigen Wochen ausverkauft und musste eine zweite Auflage gedruckt werden, und zwischen Dezember 20 und März 21 figurierte der Roman die ganze Zeit auf der Bestsellerliste des SBVV!
Charles Linsmayer, Germanist, Literaturkritiker und -vermittler, lebt in Zürich als Journalist und Herausgeber von Schweizer Literatur. Er wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Preis des Schweizer Buchhandels, dem Deutschen Sprachpreis und dem Eidgenössischen Preis für literarische Vermittlung 2017. Legendär sind seine «Hottinger Literaturgespräche».
Gefragt, wie er sich diesen neuerlichen Erfolg erkläre, meinte Charles Linsmayer, der inzwischen als Biograf von Cilette Ofaire auch in der Romandie ein gefragter Interview-Partner ist, dass dieser Roman mit seiner tief empfundenen Menschlichkeit, seiner einfachen, bildhaften Sprache, seiner Begeisterung für die Seefahrt und die Weite des Meeres eben gerade in einer Zeit, wo niemand reisen könne, zu einer faszinierenden Lektüre avanciert sei. Ja, dass sich der Vorgang von 1940, als der Roman als Erstausgabe im deutsch besetzten Frankreich als Buch der Hoffnung und der Freiheit begrüsst wurde, sich angesichts der Einschränkungen und Bedrohunen der Pandemie zu wiederholen scheine.
Im Literaturhaus Thurgau wird Charles Linsmayer anhand von Texten und Bildern das Leben von Cilette Ofaire und ihre abenteuerliche Seefahrt mit der «Ismé» vorstellen, während die Schauspielerin Heidi Maria Glössner die schönsten Stellen aus dem Roman vorlesen wird.
Heidi Maria Glössner, «Grande Dame» der Schweizer Theater- und Filmszene
Den Abschluss bildet ein Gespräch mit dem Herausgeber, in dem er erzählt, wie er auf Cilette Ofaire gestossen ist und was sie ihm persönlich bedeutet.
Eine Handvoll Frauen treffen sich nach vielen Jahren wieder. Damals ermöglichte ihnen ein internationales Kunststipendium einen längeren Aufenthalt auf der Mittelmeerinsel Krk in der Villa de Artium. Eine Handvoll Frauen damals vor achtzehn Jahren, voller Verheissungen, Versprechen für die Zukunft.
Sie treffen sich in Zürich wieder, weil Adrienne Rytz-Bonnet, die ehemalige Präsidentin dieser Stiftung, zu einer Réunion einlädt, die erste Runde von damals, weil Adrienne spürt, dass ihre Krankheit sie schwinden lässt, weil es an der Zeit ist, die Kraft für einen letzten Kampf zu bündeln.
„Kapitulation“ Buchtaufe im Literaturhaus Thurgau, Donnerstag 29. April 2021, 19:30 Uhr. Wir bitte Sie um Anmeldung unter diesem Link.
Aina, kasachisch-schweizerische Actionskünstlerin, die im Kunsthaus zur Aufseherin geworden ist, wenn auch mit subversiven Zügen. Kirsty, die mit einem sehr persönlichen Forschungsprojekt über ihre schreibende Grossmutter einmal mehr bei einer Preisverleihung abblitzt. Brigitte, die einst alles auf ihre Bratsche setzte und nun den Primaten im Zoo spielt. Cloé, mittlerweile längst dem Alter eines Shootingstars entwachsen und im Permastreit mit ihrem Verleger, der sich schlankere Manuskripte wünscht, Zeug, das sich besser verkauft. Und Yvonne und Nomi. Yvonne, Adriennes Privatmasseurin und Nomi, Adriennes Tochter.
Sie alle sind Versehrte. Irgendwann kam es zu Kapitulation. Einmal mehr, einmal weniger. Sie alle mussten klein beigeben; den Umständen, dem Misserfolg, den Männern, den Erwartungen, dem Kampf. Sie alle haben ihren Preis bezahlt, ihre Narben einkassiert. Schon möglich, dass es Berufsgattungen und Gesellschaftsschichten gibt, in denen sich die Gleichberechtigung dem Ideal gar nicht mehr so weit weg zeigt. Aber wenn es einen Bereich in der Gesellschaft gibt, in dem es noch immer viel zu viele männerdominierte Plattformen gibt, dann in der Kultur. Michèle Minelli zeigt dies in einer Art und Weise, die bei der Lektüre beinahe schmerzt. Michèle Minelli schneidet ohne Narkose. Die eitrigen Geschwüre ergiessen sich über den üppig angerichteten Tisch eines opulenten Bilderschmauses. Die Autorin breitet die Schilderung der verschiedenen Welten, in denen sich die Frauen in den beiden Tagen vor ihrem Treffen in Zürich bewegen und aus denen sie sich schälen, in einem eigentliches Erzählmosaik aus, ein Blitzlicht hier, eine Spot da. Lichter, die sich in die Tiefe bohren, die nicht chronologisch ausleuchten, sondern in verschiedensten Tiefen erzählen, wie das Leben mit ihnen spielt. Dass das zuweilen für mich als Leser verwirrlich ist, für den genauen Leser, ist ein Preis, den man gerne zahlt angesichts der Kraft und wörtlichen Leidenschaft, die der Roman ausstrahlt.
Michèle Minelli hat viel gewagt. Den Roman aber mit den ersten Sätzen schon zu schubladisieren, wird dem nicht gerecht, was der Roman will. Würde man den Roman als „Frauenroman“ titulieren, gäbe man den Männern einen Grund ihn nicht zu lesen. „Kapitulation“ ist ein kämpferischer Gesellschaftroman, der aber nicht aus sicherer Distanz erzählt, sondern mitten aus dem Kampfgebiet von Gleichberechtigung und jahrhundertelanger Immunisierung substanzieller Veränderungen. Mag sein, dass es Stimmen gibt, die mahnen, was Frauen in der Gegenwart im Vergleich zur Vergangenheit alles können, dürfen und tun. Aber die Stimmen vermögen immer weniger zu kaschieren, dass es immer noch ein Kampf ist und bleibt. Ein Kampf, der viele Opfer fordert, Opfer die eine scheinbar moderne und aufgeschlossene Gesellschaft so einfach hinnimmt und akzepiert. Dass dieser Kampf noch lange nicht ausgestanden ist und dass es viele Männer noch immer hinnehmen, dass männliche Privilegien Selbstverständlichkeit bleiben, dass die Welt in der wir leben, in vielem durch ein männliches Okular gesehen wird.
„Kapitulation“ will viel mehr als bloss unterhalten, viel mehr als bloss eine Geschichte erzählen, auch wenn es die Geschichte der Frauen im Europa der Gegenwart ist. Dass Michèle Minelli im letzten Kapitel eine der Frauen in ihrer Verzweiflung über all die Lähmungen und Zurückweisungen das Letzte riskiert und dabei in ihrer letzten Kapitulation wieder nur verlieren kann, ist pessimistische Konsequenz. „Kapitulation“ ist schwere Kost, fordert von mir als Leser alles – ganz sicher mehr als bloss Reflexion. «Kapitulation» ist kämpferisch, durchflutet von starken Bildern und Dialogen. Eine Breitseite literarischer Wucht!
Michèle Minelli, geboren 1968. Schriftstellerin und Filmschaffende. Koordinatorin der Franz-Edelmaier-Residenz für Literatur und Menschenrechte in Meran, Vorstandsmitglied Deutschschweizer PEN-Zentrum. Seit 2000 sechs Sachbücher und sieben Romane mit Übersetzungen ins Französische, Chinesische und Albanische. Die Arbeit an »Kapitulation« wurde mit einem Werkbeitrag der Kulturstiftung des Kantons Thurgau gefördert. Minelli lebt und arbeitet auf dem Iselisberg.
Ein einziger Augenblick kann eine Katastrophe provozieren. Und dieser eine kurze Augenblick kann sich zu einem nie endenden Sturm auswachsen, aus dem es keinen Ausstieg gibt. Felicitas Korn, die sich bisher als Drehbuchautorin und Filmregisseurin einen Namen machte, weiss ganz genau, wie sie mich mit ihrem feinen Geflecht einspinnen kann!
Felicitas Korn liest am 16. Thuner Literaturfestival «literaare» vom 28. – 30 Mai 2021.
Wenn es der Virus zulässt, wird Felicitas Korn an den 16. Literaturtagen „literaare“ in Thun Ende Mai lesen. Dieses Buch allein ist den Weg nach Thun wert! Ihr Roman „Drei Leben lang“ ist raffiniert erzählt, mit einem erstaunlichen Gefühl für Nähe und Distanz, Bildern, die viel mehr erzeugen, als das, was sie zeigen.
Eine Familie fährt mit dem Auto nach Spanien in die Ferien. Vater am Steuer, Mutter daneben, Sohn und Tochter auf der Rückbank. Aber in einem Tunnel wird aus der Abenteuerfahrt in den Süden ein nie enden wollender Alptraum. Es kracht. Die Eltern verbluten zwischen Metall und Beton. Die Kinder rettet man. Michi und Xandra landen in einem Übergangsheim. Und weil sich Michi für seine jüngere Schwester verantwortlich fühlt, büxt er mehr als einmal aus. Zuerst weil er Poppy für seine Schwester holen soll und später, weil er weiss, dass man sie vielleicht nicht an den selben Ort, ins selbe Heim, in die gleiche Familie schicken will. Michi will den kleinen Rest, der geblieben ist, zusammenhalten. Und er glaubt nicht an die vielfach ausgesprochenen Beteuerungen, man wolle nur das beste für sie beide. Und weil Michi immer mal wieder an der Seite seines Vaters an Autos herumschraubte, hofft Michi auf Aziz, den Mann in der Werkstatt, mit dem sich sein Vater so gut verstand. Vielleicht ist Aziz seine Hilfe.
Felicitas Korn «Drei Leben lang», Kampa, 2020, 304 Seiten, CHF 30.00, ISBN 978 3 311 10025 6
King hat sein Kingdom, endlich. Er glaubt, sich lange genug den Arsch aufgerissen zu haben für den Schuppen in Frankfurts Innenstadt, dort wo das Leben brodelt. Wenn er in seiner protzigen Loft über den Dächern der Stadt aufwacht und sich die erste oder auch noch eine zweite Linie durch die Nase hineinzieht, ist jeder Tag wie ein neuer Feldzug im Kampf auf dem Weg ganz nach oben. Auch ein Kampf um Jana, die Unberührbare, seine Schneekönigin, die er von der Seite seines mächtigen Partners und Ziehvaters Mekki abwerben will, die so etwas wie das Tor zu seiner Glückseligkeit werden soll. King glaubt, vor dem ganz grossen Durchbruch zu stehen, das Geschäft mit dem weissen Pulver ganz neu aufmischen zu können. Mit seinen Verbündeten bis nach Südamerika, seinem Leinenhund bei der Polizei und Jana, seiner Göttin des Mondes, glaubt er, unaufhaltsam und unwiderstehlich zu sein.
Und Loosi, einer, den ein erneuter Absturz, ein neuer grosser Suff wohl endgültig unter den Boden bringen wird, dem der Arzt beim letzten Mal Magenauspumpen erklärt, es werde nicht noch einmal ein nächstes Mal geben. Loosi ist ein Loser. Und ausgerechnet er hat sich bei einer der angeordneten Gruppentherapien der minderjährigen, tablettensüchtigen Sanni angenommen. Sie hausen draussen, an den fransenden Rändern der Stadt. Und weil das Leben Geld kostet, weiss Loosi, dass ihm irgendjemand aus der Patsche helfen muss, denn er weiss doch, wie man die Karre zum Laufen bringt.
Drei Leben, drei Existenzen. Drei Leben, die genausogut hätten anders werden können. Drei Leben, bei denen es irgendwann begann, „schief“ zu laufen. Ganz langsam oder urplötzlich wie beim 14jährigen Michi, der eigentlich nur eines will, sich selbst und seine Schwester Xandra retten. So wie King sich selbst und Jana retten will und Loosi Sanni.
Felicitas Korn erzählt aber nicht einfach vier mehr oder weniger aus dem Ruder laufende Existenzen. Die Schriftstellerin und Filmemacherin erzählt mit dem Blick einer Cineastin, mit dem perfekten Gefühl für den Schnitt und dem Verweben von mehreren Erzähl- und Zeitebenen. „Drei Leben lang“ erklärt nicht. Vieles bleibt in der Schwebe, lässt mich nach dem Ende einer gebannten Lektüre nicht los. Felicitas Korn fesselt mich mit meinen eigenen Bildern!
Interview
Die drei Leben kippen zwischen der Sehnsucht, nicht alleingelassen zu werden, irgendwo zuhause zu sein, Geborgenheit zu fühlen und der Verzweiflung, alles immer wegbrechen zu sehen. Das ist Angst. Was kann Sicherheit geben?
Zunächst muss eine bestimmte materielle Grundsicherung gegeben sein, um sich sicher zu fühlen. Das ist z.B. bei Loosi nicht mehr der Fall. Gesund zu sein, ist auch sehr beruhigend. Ausserdem und v.a. denke ich, dass das Gefühl, geliebt zu werden und jemanden zu lieben, Sicherheit gibt. Geborgenheit, Verbundensein, Aufgehobensein. Michi, King, Loosi verlieren dies viel zu früh, finden es nicht mehr und/oder geben die Hoffnung schliesslich auf, dass sie es nochmals finden könnten. Das ist das Kernthema von „Drei Leben lang“.
„Jeder stirbt an dem beschissensten Gefühl, das es gibt. Der Einsamkeit“, sagt Loosi. Mit dieser Erkenntnis ist Loosi nicht allein. Er teilt die milliardenfach. Dieses beschissene Gefühl grassiert. Ausgerechnet in einer Welt, die sich so vernetzt wie nie zeigen will. Ist Liebe, Familie, Freundschaft nur eine vorübergehende Betäubung? Schlussendlich stirbt doch jeder allein.
Ich denke, dass Liebe, Familie und Freundschaft (a.o.) eine der absolut wichtigsten Dinge im Leben sind, und auch den Sinn des Lebens speisen. Der Sinn ist meines Erachtens, seinen Platz im Leben zu finden, und seine Talente, sein Können, seine Individualität einbringen zu können in die Gemeinschaft. Wenn es aber keine Gemeinschaft gibt, leben wir nur im luftleeren Raum, und dann sterben wir an dem „beschissensten“ Gefühl der Einsamkeit. Dass wir letztlich alle allein sterben, ist natürlich ein Fakt und traurig. Aber ich denke, dass es möglich sein kann, trauernd, oder auch glücklich zu sterben, wenn wir auf ein erfülltes Leben zurückblicken können.
King sieht von seiner Loft hinunter auf die Strassen der Stadt. Auf die Ameisenmenschen, die Tag für Tag zur Arbeit gehen, morgens im Dunkeln aufstehen und abends erschöpft vor der Glotze einschlafen. Die Welt der Kinohelden, Sportidole und Glamoursternchen suggeriert schon den Kindern, dass das Ameisenleben nur etwas für Verlierer und Gescheiterte ist. Man lese in den Freundschaftsbüchern der Kinder, was sie einmal werden wollen! Vor allem Jungs! Auf der einen Seite die heftig geführte Genderdiskussion, auf der andern die kleinen Macker auf Pausenhöfen. Diskutieren wir nicht zu oft über das Falsche?
Ja, wir, die Medien, die Meinungsmacher, die Politiker diskutieren meines Erachtens zu oft über das Falsche. Selten geht es um wahre Werte und die Ursache der Probleme. Meist geht es um Geld, Macht, Ego, Selbstdarstellung. Dass so die narzisstische Prägung der Gesellschaft immer mehr Futter bekommt, ist offensichtlich ein grosses Problem unserer Zeit. Man bedenke zB. Fake News und Komplettverweigerer von belegten Tatsachen. Dass es zB. immer noch Menschen gibt, die die Klimakatastrophe für eine Lüge halten oder die Notwendigkeit der AHA-Regeln für unnötig, ist ein Irrsinn, der einfach nur noch absurd ist, aber leider Realität.
Das sich die Leben von King und den beiden Kindern Michi und Xandra verhängnisvoll kreuzen, blitzt nur in einem einzigen Satz durch. Ein Satz, der durchaus das Kapital für ein ganzes Kapitel gehabt hätte. Aber damit splittern sie die Geschichte geschickt, erzählen, wie man es im Film wahrscheinlich so nicht kann. Wo liegen die grössten Unterschiede zwischen filmischem und literarischem Erzählen?
Beim Drehbuchschreiben geht es vor allem um Handlung, um den Kern-Plot, und als Drehbuchautorin arbeitet man immer als erste Kreative eines langen Prozesses. Sukzessive kommen während der Arbeit immer mehr Menschen dazu, die ihren Teil beitragen. Ausserdem müssen die DrehbuchautorInnen aus Kostengründen dann auch immer mehr ändern, kürzen. Film ist zunehmend eine kreative Dienstleistung für einen harten Markt, die in einem grossen Team erfolgt und einem meist stark begrenzten Budgetrahmen unterliegt. Oft müssen DrehbuchautorInnen im Prozess viel Frustration ertragen, zumindest sehr offen sein, bis ihre Geschichte nicht selten grundlegend verändert und zusammengestaucht, mit dem fertigen Film das Licht der Welt erblickt. Und die Regie ist im Grunde v.a. kreative Projektleitung. Regie hat viel mit Organisation zu tun, man muss parallel denken und planen können, alle Departments im Blick behalten, für wen wann was wichtig ist und wie du in einem bestimmten Zeitrahmen alles sicher nach Hause bringst.
Der Roman bietet dem gegenüber eine grosse Freiheit. Hier spricht erstmal niemand mit, hier gibt es keine finanziellen Beschränkungen, ausser der, dass der Lebensunterhalt verdient werden muss, und zu einem späteren Zeitpunkt arbeiten Schreibende meist mit nur ein oder zwei Leuten weiter; dem Lektor und dem Verleger. Das ist eine überschaubare Runde, und auf eine gewisse Weise ist in meinem Empfinden die Arbeit an einem Roman wie Drehbuchschreiben und Regieführen in Einem. Die Welt, die man im Film mit der Regie kreiert (die Feinheiten der Figuren, das Innenleben, die Inszenierung, die Bilder, die Farben, die auditive Ebene, der Rhythmus) – das alles macht man im Roman mit Worten.
Auch die Geschichte, die Herkunft von Jana bleibt nur angedeutet. Genauso die Geschichte um den Vater von Michi. Im realen Leben bleibt vieles angedeutet, das meiste. Ausgerechnet in der erzählenden Literatur wird in der Regel hell ausgeleuchtet. Seit die Nabelschau zur einer eigentlichen Gattung geworden ist, erst recht. Verwechseln wir Tiefgang mit der Helligkeit des Ausleuchtens?
Das finde ich eine sehr treffende Bezeichnung. Mehr Tiefgang statt Ausleuchten und Nabelschau würde sicher helfen, dass Bildung weiter fortschreitet, die Menschen glücklicher werden und unser Planet vielleicht noch gerettet werden kann.
Meistens lese ich nach der Lektüre noch einmal das Zitat, das die meisten Schreibenden an den Anfang eines Buches setzen. Das ihrige von Marc Aurel ist wie ein Thema; „Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern dass man nie beginnen wird zu leben.“ Wann beginnt man zu leben?
Ich denke, man beginnt zu leben, wenn man nicht mehr mit dem Überleben beschäftigt ist, sondern das Leben als solches erfährt. Materiell, emotional und geistig.
Felicitas Korn, geboren 1974 in Offenbach am Main, ist Drehbuchautorin und Filmregisseurin. Werke sind u.a. der Musikclip zum gleichnamigen Hit Supergirl der Band Reamonn, der Kurzfilm nass mit Bela B. von der Band Die Ärzte und der Spielfilm Auftauchen, der nicht zuletzt aufgrund seiner «Radikalität und Konsequenz» (FBW) internationales Aufsehen erregte. In den letzten Jahren schrieb sie auch immer wieder für verschiedene Fernsehformate. «Drei Leben lang» ist Felicitas Korns erster Roman, dessen Verfilmung sie gerade vorbereitet. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Eva Roths erster Kinderroman „Lila Perk“ ist pures Abenteuer. Keine Fantasiegeschichte, aber fantastisch erzählt: „Nach allem, was in den letzten Stunden passiert war, glaubte ich nicht mehr, dass der Bär die grösste Gefahr für uns darstellte. Es gab noch viel Gefährlicheres!“
Lila hats nicht leicht. Ihre Mutter ist vor einem Jahr gestorben und ihr Vater ist seither in einer Zwischenwelt abgetaucht. Nicht da und nicht dort. Auch in der Schule ist es nicht leicht; ein Wechsel in eine höhere Schule, unsichere Sommerferien und Freundinnen, die sich für alles andere interessieren als das, was sie mit sich herumschleppen muss. Und dann sind da auch noch Aurel und die Walze. Aurel ist ein bisschen älter als sie, einer von den Schwierigen, einer, der sogar in den Sommerferien bei der Walze antreten muss. Die Walze ist Frau Stieger, bis zu den Sommerferien Lilas Lehrerin, vor ein paar Jahren auch Aurels Lehrerin.
Aber noch in den Tagen vor den Ferien bricht mit einem Mal der Trott zwischen Grau und Trauer. Lilas Vater hat sich ein Auto gekauft, einen Geländewagen, ein Survivalbuch, allerlei Zeug, um in der Wildnis zu kampieren und gesagt, sie solle sich ans Steuer setzen: „Wenn mir irgendwo im Nirgendwo etwas passiert, musst du mit dem Auto Hilfe holen.“ Mit einem Mal spricht ihr Vater wieder, nachdem er Monate lang schweigend am Tisch neben ihr gesessen hatte. Mit einem Mal ist etwas von dem zurück, von dem Lila glaubte, sie hätte es verloren. Mit einem Mal scheint sich sogar Aurel für sie zu interessieren, nachdem er sie hinter dem Steuer neben ihrem Vater gesehen hatte. „Einen coolen Vater“, nennt Aurel Lilas Papa. Auch wenn Lila viel lieber mit einer ihrer Freundinnen in den Urlaub gefahren wäre oder zu Oma und Opa Per ans Meer, als mit Papa ins Ungewisse, lässt sie auf Papas Geheiss alles Unnötige zuhause zurück und steigt ins Auto, ab ins Ziellose.
Eva Roth «Lila Perk», empfohlen ab 10 Jahren Verlag Jungbrunnen, 160 Seiten, CHF 23.90, ISBN 978-3-7026-5948-6
Nachdem ihnen im Westen, in Frankreich ziemlich schnell klar wird, dass wildes Kampieren schwierig werden kann, fahren sie nach Osten, durch Österreich und die Slowakei hindurch, bis die Autobahnen aufhören, die Strassen immer schmaler werden und sogar der Zug endet, bis zu einem kleinen Nest namens Miesto Sliviek und noch weiter. Bis die Strasse aufhört und nur noch der Fluss und die Vögel zu hören sind. Dort bauen sie ihr Zelt am Ufer des Wasser auf und erleben eine Nacht, die ihnen beinahe das Leben kostet.
Lilas Reise mit ihrem Vater wird eine Reise an die Grenzen. Und wenn der Akku vom Mobiltelefon seinen Geist aufgibt und der Tank leer ist, wenn die Walze sich bis in den letzten, hintersten Winkel ihres Lebens einmischt, wenn sich Lila eines Nachts ganz alleine ins Auto setzt und es stehen lassen muss und wenn sie in Miesto Sliviek strandet, im letzten Dorf am Ende der Welt, dann wird der Urlaub in der Wildnis zum wirklichen Überlebenstripp. Das bisschen Normalität, das ihr geblieben ist, droht im Chaos zu ertrinken. Der Fluss der Ereignisse droht alles wegzureissen.
Eva Roth schildert die Unberechenbarkeit des Lebens, wie sehr sich Lila der scheinbaren Willkür der Erwachsenenwelt ausgeliefert fühlt, wie sich in unverdautem Schmerz der Zorn einnisten kann. „Lila Perk“ ist die Geschichte von einem Mädchen und ihrem Vater, die sich in ihrem Schmerz beinahe verloren haben, die sich an einem ganz anderen Ort wiederfinden, denen Menschen zur Seite stehen, von denen Hilfe nicht zu erwarten ist.
„Lila Perk“ ist fein erzählt, nicht unnötig aufgeblasen, ganz nah an der Seite eines mutigen Mädchens. Wer das Buch liest, hört den Fluss, riecht den Wald und das Feuer und spürt von der verzweifelten Liebe eines verunsicherten Mädchens!
Eva Roth, geboren 1974, ist in Schwellbrunn AR aufgewachsen. Sie schreibt Prosa und Theaterstücke für Kinder und Erwachsene. Von 1997 bis 2014 arbeitete sie als Primarlehrerin im Kanton Thurgau und in Zürich. Heute ist sie Lektorin in einem Kinderbuchverlag. Neben ihrem ersten Kinderroman „Lila Perk“ sind 2021 zwei Stücke für die Uraufführung geplant: „Streuner“ am Theater Winkelwiese (Regie: Mélanie Huber) und „Falls China kommt“ am Sogar Theater (Regie: Jonas Darvas). Eva Roth ist auch für den Retzhofer Dramapreis 2021 in der Sparte Kindertheater nominiert.
„Was möglich ist“ – das ist nicht nur der Titel von Werner Rohners neustem Roman, aus welchem der Autor am 13. Wortlaut St. Galler Literaturfestival vorgelesen hätte, sondern auch das Motto vom digitalen Alternativprogramm. Oder anders gesagt: eine wirkliche Alternative sind digitale Formate nicht aber eben „was möglich ist“.
Aufgrund der aktuell geltenden behördlichen Massnahmen kann das diesjährige Wortlaut nicht wie geplant stattfinden. Ein weiteres Jahr müssen wir auf spannende Lesungen, literarische Entdeckungen und Begegnungen zwischen Literaturschaffenden und Publikum verzichten. Ein schwerer Schlag für alle Mitwirkenden.
Es ist uns ein Anliegen trotz dem abgesagten Wortlaut wenigstens ein paar Autor*innen und Künstler*innen, welche am 13. St. Galler Literaturfestival auf den kleinen und grossen Bühnen der Stadt aufgetreten wären, zu Wort kommen zu lassen. Oder eben zu Bild. Begleiten Sie Laura Vogt und Werner Rohner auf einem Spaziergang, lassen Sie die Nachtgestalten von Nicolas Mahler via Live-Stream in ihre Stube oder treffen Sie Hildegard E. Keller an der Zoom-Bar.
Wir freuen uns, wenn Sie, liebes Publikum, sich einlassen aufs Betrachten und Teilnehmen am heimischen Bildschirm. Vielleicht besuchen Sie ja auch am Wortlautsonntag das Museum of Emptiness – es ist der einzige Ort am Wortlaut der einen nicht-virtuellen Besuch möglich macht. Alle Formate – Videos, Live-Streams, Zoom – stehen kostenlos zur Verfügung. Wer Wortlaut unterstützen möchte, kann ein Solidaritäts-Ticket erwerben via eventfrog.ch
Das Programm für Wortlaut digital finden Sie auf der Homepage im Anschluss an diesen Text. Sie müssen nur nach unten scrollen.
Wir sagen «Danke» und freuen uns – und hoffen! – auf persönliche Begegnungen im nächsten Jahr am 14. Wortlaut St. Galler Literaturfestival vom 25. bis 27. März 2022!
Mag sein, dass Reisen abenteuerlich werden können. Dann, wenn man bekanntes Terrain verlässt, wenn man diesen einen Schritt über den Rand hinaus wagt. Wenn man nicht mit Sicherheit weiss, was sich jenseits des Bekannten befindet. Was für Reisen gilt, gilt noch viel mehr für Beziehungen. Werner Rohner schreibt in seinem neuen Roman „Was möglich ist“ über Menschen, die den Schritt über solche Grenzen wagen, meist in mehrfacher Hinsicht.
Werner Rohner hätte am Wortlaut St. Gallen vor Publikum gelesen, wenn es geklappt hätte. Wenn Sie trotzdem online verfolgen wollen, was Wortlaut digital anzubieten hat, dann besuchen Sie die Webseite hier.
„Was möglich ist“ lotet aus. Werner Rohner beweist sich als Seismograph. In seinem Roman erzählt er drei Geschichten von Frauen und Männern, die in ihren Beziehungen diesen einen Schritt wagen. Den Schritt über die Grenze, über die Konvention, über die Vernunft hinaus, in unbekanntes Terrain. Dabei geht es Werner Rohner nicht um die Frage, ob der Schritt glückt, nicht einmal darum, ob er nachvollziehbar ist. Werner Rohner begibt sich ganz nah an sein Personal, spürt ihnen nach, dem Mut, der Hoffnung, der Verzweiflung, dem Zweifel. „Was möglich ist“ zeigt, was möglich ist, dass in Beziehungen Abenteuer stecken, reisen in unbekanntes Terrain, weit über Grenzen hinaus.
Edith ist über sechzig und arbeitet eine Ewigkeit im selben Café. Dort sitzen Menschen und erzählen ihre Geschichten. Einer davon ist Christoph, jünger als sie, Bademeister. Christoph versuchte einer leblos im Wasser treibenden Frau das Leben in den Brustkorb zurückzupumpen. Es sollte nicht sein. Die Frau blieb liegen. Aber nicht nur auf dem Betonboden der Badeanstalt, sondern auch in den Bildern in Christophs Kopf. Edith, eine Frau mit feinem Gespür, kommt Christoph näher. So nah, dass das Zusammensein mit dem Mann Türen wieder aufreisst, von denen Edith glaubte, sie hätten sich für den Rest ihres Lebens geschlossen. Christoph gibt ihr zurück, was sie aufgeben hatte, obwohl da vor Jahrzehnten einmal eine Familie war. Chris und Edith fahren weg, in ihrem alten Saab über Spanien bis nach Marokko, wo Chris mit Ediths Erspartem ein Haus in einem kleinen Dorf gekauft hat. Eine neue Existenz, ein neues Leben. Was sich für beide paradiesisch anfühlt, entpuppt sich aber doch als Fata Morgana, zumindest für Edith, die das neue Leben zwar geniesst, ihre Rolle als Geliebte, als Hausbesitzerin und Gastgeberin. Aber Edith fährt zurück, zurück in ihr altes Leben.
Werner Rohner «Was möglich ist», Lenos, 2020, 379 Seiten, CHF 32.00, ISBN 978-3-03925-007-3
Vera ist schwanger. Eingeladen an eine Kongress in New York nimmt sie ihre Freundin Nathalie mit. Nathalie hat zwei Kinder, die sie für die paar Tage bei ihrem Mann zurücklässt und Vera ebenfalls einen Ehemann, der nicht verstehen kann, dass sich Vera schwanger in ein Flugzeug setzt. Was aus der Ferne wie eine Geschäftsreise aussehen soll, ist aber schon bei den Vorbereitungen zur Reise und im Flugzeug erst recht ein Versprechen für viel mehr. Vera und Nathalies Freundschaft ist mehr. Vera fühlt, dass zusammen mit ihrer Freundin etwas aufbricht, das bisher nur schlummerte. In der monumentalen Stadt auf der anderen Seite des Ozeans beginnt eine leidenschaftliche Affäre, die im Rausch alles auszublenden vermag, lässt ein Leben aufkeimen, das sich aber mit dem Flugzeug zurück nicht ins alte Leben zurücktransportierten lässt. Die Versprechen bröckeln.
Michael ist Schriftsteller. Sein Freund Lorenz bittet ihn, seine Frau Lena, die ohne ihre Kinder mit einem Mal, wie aus dem Nichts, nach Neapel abgehauen ist, zur Rückkehr zu bewegen. Mit einem Typen. Lena und Michael kennen sich schon lange. Und weil Michaels Schreibe ins Stocken geraten ist, fährt er in die Stadt am Vulkan. Lena zu finden ist nicht schwierig. Sie versteckt sich nicht, auch nicht den Mann mit Bauch an ihrer Seite. Auch der eine alte Geschichte. Michael wird zu einem Verbindungsmann. Lena ist ausgebrochen, in der Schwebe. Sie weiss genau, dass das Angefangene in Neapel keine Dauer hat und das Alte zuhause so keine Zukunft. Michael bietet ihr und ihren beiden Kindern eine vorübergehende Bliebe in seiner Wohnung an. Bloss ein Zimmer, aber immerhin. Und mit einem Mal steht Michael mitten drin.
Drei Frauen, die es wagen, alles aufzugeben, allen Sicherheiten zu entsagen, die einen Neuanfang provozieren, ausreissen und abreissen lassen. Die Geschichten sind nicht nur thematisch miteinander verbunden. Sie spiegeln sich ineinander. Und sie treffen sich sogar ganz kurz im Café, in dem Edith während Jahrzehnten servierte. Aber die Geschichten spiegeln sich auch in mir, mit Sicherheit in allen, die sich auf diesen äusserst gelungenen Roman einlassen. Denn diesen einen Schritt, zumindest die Möglichkeit, den Gedanken darum, den Traum, die Idee tragen die meisten mit sich herum. Dass Werner Rohner daraus kein abgehobenes Abenteuer macht, ist die grosse Qualität dieses Romans.
Interview:
War da von Anfang an ein Plan? Ein Buch mit drei Geschichten, die sich auf verschiedene Arten berühren und spiegeln?
Da war kein Plan zu Beginn, da war Edith, die zu erzählen begonnen hat. Dabei hat sie im Café Uetli gesessen. Um sie herum andere Menschen, denen sie ab und zu einen Café brachte. Und auch die hatten ihre Geschichten. Und manche davon haben sie mir dann auch noch erzählt.
Edith, Vera und Lena brechen aus. Sie tun das, was viele als Plan, Absicht, Vorsatz, Wunsch und Traum ein Leben lang unerfüllt mit sich herumtragen. Als ich einmal während einiger Monate im Spital arbeitete und eine Frau fragte, warum sie das Foto ihres eingesargten Mannes auf dem Nachttischen stehen habe, sagte sie: „Heiraten sie spät oder nie. Tun sie erst alles andere!“ Warum tun wir uns so schwer auszubrechen und nehmen lieber Magengeschwüre und Burnouts in Kauf?
Es fehlt an Vorbildern (im Gegensatz zu Magengeschwüren und Burnouts), an Geschichten, die anders erzählt, anders gewertet und verstanden werden.
Außerdem brauchen Ausbrüche Anlauf – das dauert –, Gelegenheit und Mut. Glück halt. Und nicht zuletzt ein Umfeld, welche die Ausbrüche mitträgt, oder zumindest nicht dagegen angeht.
Und dann ist ein Ausbruch ja je nachdem auch nicht eine einmalige Sache. Muss man wieder und wieder tun, durchhalten, aushalten, Unsicherheit zu- und den Ausgang offenlassen können.
Alle deine Protagonistinnen leben in der Angst, dass sie für ihr Glück büssen müssen. So sehr, dass sie den Ausbruch auf die eine oder andere Weise „ausklingen» lassen. Muss man sich mit dem Konfuziuszitat „Der Weg ist das Ziel“ trösten?
Also nach Konfuzius versteh ich das das ja nicht als Trost, sondern als Glück. Und ich glaub, das haben auch Edith und Vera und Lena unterwegs gefunden. Sind dann aber oft wo gelandet, wo sie nicht damit umgehen konnten.
Aber ihre Geschichten sind ja nicht zu Ende. Ich hab nur aufgehört, sie weiter zu erzählen.
Es sind Ausbrüche und es sind Varianten eines Kontrollverlusts, die du beschreibst. Dabei lernen wir schon kleinen Kindern im Kindergarten, Ausbrüche und Kontrollverlust zu vermeiden. Büssen wir damit auch einen Teil unserer Kreativität ein, weil Kreativität immer Ausbruch und Kontrollverlust ist?
Fällt mir Patrick Findeis ein, der gesagt hat, Schreiben sei eine Mischung zwischen totalem Kontrollverlust und alle Fäden in den Händen halten. Kreativität trägt immer beides mit, sonst ist es Chaos.
Ist „Schreiben“ ein kontrollierter Ausbruch?
Ich glaub, es ist eher eine Möglichkeit mehr. Es ersetzt ja nichts, aber es fügt was hinzu. Sowohl für mich als Schreibenden, als auch für die Lesenden. Und hat eine Wechselwirkung mit dem anderen Leben – und diese Wirkung ist, glaub ich, kaum voraus- oder abzusehen, und damit auch kaum kontrollierbar.
Welches Buch hat sich in jüngster Vergangenheit tief in dein Herz eingebrannt und warum?
„Ich hab› gelebt Mylord“ von Simone Berteaut. Es ist eine Art Biografie von Edith Piaf, geschrieben von ihrer Halbschwester, die vielleicht auch einfach eine Bekannte war. Das aber ist egal; das Buch hat so einen tollen Sound, und im Hintergrund Edith Piafs Musik, dass man das Leben so stark spürt, dass ich oft weinen musst. Manchmal so sehr, dass ich die Buchstaben nicht mehr sehen konnte.
Werner Rohner, geboren 1975, lebt als freier Schriftsteller in Zürich. Studium am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. Längere Schreibaufenthalte in Rom, Langenthal und Los Angeles. Er veröffentlichte Texte in Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien, für die er mehrfach mit Preisen und Stipendien ausgezeichnet wurde, und schrieb drei Theaterstücke. Sein erster Roman «Das Ende der Schonzeit» erschien 2014 und war für den Rauriser Literaturpreis nominiert. Zusammen mit Katja Brunner veröffentlichte er 2018 das Buch «Wie weit du genetisch vom Raubtier entfernt bist». «Was möglich» ist ist sein zweiter Roman.
„Was möglich ist“ – das ist nicht nur der Titel von Werner Rohners neustem Roman, aus welchem der Autor am 13. Wortlaut St. Galler Literaturfestival vorgelesen hätte, sondern auch das Motto vom digitalen Alternativprogramm. Oder anders gesagt: eine wirkliche Alternative sind digitale Formate nicht aber eben „was möglich ist“.
Aufgrund der aktuell geltenden behördlichen Massnahmen kann das diesjährige Wortlaut nicht wie geplant stattfinden. Ein weiteres Jahr müssen wir auf spannende Lesungen, literarische Entdeckungen und Begegnungen zwischen Literaturschaffenden und Publikum verzichten. Ein schwerer Schlag für alle Mitwirkenden.
Es ist uns ein Anliegen trotz dem abgesagten Wortlaut wenigstens ein paar Autor*innen und Künstler*innen, welche am Literaturfestival auf den kleinen und grossen Bühnen der Stadt aufgetreten wären, zu Wort kommen zu lassen. Oder eben zu Bild.
Alle Formate – Videos, Live-Streams, Zoom – stehen kostenlos zur Verfügung. Wer Wortlaut unterstützen möchte, kann ein Solidaritäts-Ticket erwerben via eventfrog.ch.
Alternativ-Programm Wortlaut 2021.digital
Donnerstag, 25. März
Vorschau «Ich hätte grosse Lust auf einen Spaziergang» Publizist und Kulturvermittler Richard Butz unternimmt in seinem neuen Stadtführer neun literarische, mit Fotografien von Regina Kühne angereicherte Spaziergänge durch St.Gallen. Sie führen zu Orten der Literatur, zitieren Textpassagen und Gedichte von St.Galler sowie auswärtigen SchriftstellerInnen, geben Hinweise zum Weiterlesen, zu Kultur und Geschichte der Stadt. Das Werk, in neun einzelnen Heften, erscheint neu am 2. Mai im Verlag VGS St.Gallen.
Richard Butz und die Schauspielerin Nathalie Hubler stellen die Publikation in einem Kurzfilm vor. Film: Fabian Engeler
Mit der Eröffnung vom 13. Wortlaut hätten wir eine doppelte Premiere gefeiert: Das Theater am Tisch spannt zum ersten Mal mit Schriftsteller Jaroslav Rudis zusammen. Dieser wiederum hat erstmals mit dem mehrfach preisgekrönten Wiener Illustrator und Comic-Zeichner Nicolas Mahler die Graphic Novel «Nachtgestalten» verfasst. Eine prächtige melancholisch-süffige Nachtgeschichte: Eine Stadt und zwei Freunde, die wissen, dass es nichts Grösseres gibt als die Wahrheit des Moments, in dem die Kneipe schliesst. Von Bier zu Bier und von Geschichte zu Geschichte treibend erzählen die beiden Nachtgestalten scharfsinnig und aberwitzig von der Tragik der Liebe, dem Wahnsinn des Lebens sowie den Spuren der Geschichte, die allem zugrunde liegt und nie ganz verschwindet.
Diese Premiere bringen wir nun per Live-Stream aus dem Palace in die heimischen Stuben: Schauspieler Marcus Schäfer und Oliver Losehand beleben das Zwiegespräch der Nachtgestalten anschaulich für die Bühne – und den Bildschirm, die E-Gitarristen Peter Lutz und Marcel Elsener geben ihr einen nachttrunken ausufernden Sound, Grafiker Jurek Edel animiert die Bilder vom blutigen Vollmond bis zum toten Hund.
Freitag, 26. März um 19 Uhr, Livestream auf wortlaut.ch
Samstag, 27. März
Live-Stream LECHTS: Simone Baumann & Thomas Ott
Graphic-Novel direkt ins eigene Wohnzimmer: am Samstagnachmittag melden sich gleich zwei Mitwirkende vom abgesagten Wortlaut mit ihren neuen Werken live aus dem Palace.
Es flimmert in der Finsternis, es flimmert überall in Simone Baumanns erstem Buch «Zwang»: in Mensch, Tier und Szenerie. Dubiose Gestalten bewegen sich durch dubiose Orte, wirken ihrem Schicksal ausgeliefert. Zwar blitzt fast überall die Infrastruktur eines gängigen Schweizer Städte-Alltags hindurch, aber die Atmosphäre bleibt dem gefahrlosen Alltag fern. Es geschehen morbide und komische Dinge, das wird schnell klar. Manche sind nachvollziehbar, andere kryptisch. In den meisten Bildern taucht eine Hauptfigur auf, die autobiografisch angelegt wirkt. Passieren ihr diese Dinge? Stellt sie sie sich nur vor? Oder geht es um genau diesen Ort, wo Realität und Fantasie zusammenfliessen?
Thomas Ott erzählt in seinem neuesten Buch «La Forêt» die Geschichte eines Jungen, der sich ganz alleine tief in den dunklen Wald wagt, dabei mit seinen kleinen und grossen Ängsten konfrontiert wird und schliesslich lernt, ohne Furcht oder Zweifel seinen eigenen Weg zu gehen. Die vom Autor wohl bisher berührendste Graphic Novel über den Mut und die Kraft zum Leben. Der Schweizer Comic-Künstler liefert seit Jahren die schwärzesten Visionen zur Absurdität der modernen Zivilisation und beweist einmal mehr sein Herz für die Pechvögel dieser Welt und seinen Sinn für die wirklich tragischen Geschichten.
Die Künstlerin und der Künstler stellen ihre neuen Bücher vor und diskutieren mit Lika Nüssli und Julia Kubik.
Samstag, 27. März um 14 Uhr, Livestream auf wortlaut.ch
Gassenhauer digital
Einmal im Jahr stellt der Gassenhauer am Wortlaut die Lage der Dinge vom Kopf auf die Füsse. Günter und Emmi, die beiden Unverwüstlichen, mischen sich in die Stadtdebatten und pfuschen sich gegenseitig ins Hand- und Mundwerk. Bis 2016 war der Pelikanerker in der Schmiedgasse Schauplatz der nächtlichen Gassenhauerei. Nach einem kurzen Abstecher ins Waaghaus wurde 2019 auf die Metzgergasse gehauen – unausgewogen und aufmüpfig wie eh und je. 2020 hatte jemand anders die Klappe noch weiter offen: Corona. Günter und Emmi schlugen drum klammheimlich aus dem Lockdown zu. Und auch dieses Jahr melden sich die zwei gezwungenermassen aus den eigenen vier Wänden. Mit Diana Dengler und Marcus Schäfer von Theater am Tisch und dem Kulturmagazin Saiten.
Willkommen in der Zoom-Bar. Die Gastgeberin, Hildegard E. Keller, serviert Geschichten und der Barmann einen Cocktail. Diesmal empfängt sie drei Ladies, die in ihrem soeben erschienen Roman WAS WIR SCHEINEN eine wichtige Rolle spielen: Hannah Arendt, Ingeborg Bachmann und Alfonsina Storni. Drei Frauen, die viel gewagt haben. Von ihnen erfahren wir: «Wer selbst denkt und fühlt und sich ausdrückt, lebt! Ganz ohne Gefahr geht das aber nicht.» Deshalb tun wir gut daran, uns immer wieder mal kräftig Mut anzutrinken – am besten in Gemeinschaft.
Die Gastgeberin: Die in St. Gallen geborene Autorin, Verlegerin, Literaturkritikerin und Professorin Hildegard E. Keller, wirft einen frischen Blick auf Künstlerinnenbiografien, mit Hörspiel, Theater, Film und nun auch in ihrem ersten Roman. Sie wird aus ihren jüngsten Büchern lesen (Hildegard Keller: WAS WIR SCHEINEN, Eichborn, 2021; Alfonsina Storni: CHICAS und CUCA, Edition Maulhelden 2021).
Der Barmann: Christof Burkard betreibt mit Hildegard Keller die Edition Maulhelden und tritt mit ihr als Duo unter dem Namen «Maulhelden» auf. Seine Domäne ist die Küchenkultur, aber wenn’s sein muss, mixt er auch Cocktails.
Samstag, 27. März um 21 Uhr via Zoom Den Link zur Teilnahme erhalten Sie auf Anfrage via info@wortlaut.ch Eintritt frei
In Zusammenarbeit mit Edition Maulhelden und in Kooperation mit dem Literaturhaus Wyborada
Sonntag, 28. März
«Bericht: im Hallenbad» – Video-Essay aus dem Volksbad mit Maya Olah
„Bericht: im Hallenbad» ist ein Konglomerat aus Texten, die sich ums Schwimmen drehen. Das Hallenbad wird als Gegenraum zur Alltagswelt angesehen, das Schwimmen als Schwellenzustand betrachtet. Im Textteppich ist das Wasser der Ort der Ambivalenz, des Unterdrückten und Unterbewussten. Erinnerungen, Träume von Untieren, die im Wasser treiben und Beobachtungen werden miteinander verwebt.
Die Autorin Maya Olah liest im leeren Volksbad St. Gallen. Film: Juan Ferrari und Pascale Lustenberger.
Virtueller Autor*innen-Spaziergang mit Laura Vogt und Werner Rohner
Beide wären zum Wortlaut 2021 für eine Lesung aus ihren neuen Büchern eingeladen gewesen: In ihrem zweiten Roman «Was uns betrifft» beleuchtet Laura Vogt Fragen wie «Was bedeutet es in der heutigen Zeit, Mutter zu sein?», «Was ist Weiblichkeit?», oder «Welche Beziehungen sind möglich und wie bleibt man darin selbstbestimmt?».
Einfühlsam und unaufgeregt erzählt Werner Rohner in „Was möglich ist“ von drei mutigen Frauen und drei mutigen Neuanfängen; von Sehnsucht und Begehren, von Aufbruch und Verlust.
Nun treffen sich Laura Vogt und Werner Rohner auf einen Spaziergang. Sie sprechen über ihre Bücher, lesen sich gegenseitig Lieblingsstellen daraus und reden über eigene Sätze, die man später nicht mehr schreiben würde. Vielleicht. Vielleicht locken sie sich gegenseitig auch anderweitig aus der Reserve, reden über abgesagte Lesungen, vielleicht auch über Fussball. Beim Promenieren kann so mancher Art Gespräch entstehen… Wir laden Sie ein auf einen virtuellen Spaziergang mit zwei spannenden Stimmen der Schweizer Literatur.
Zum Glück ist Wortlaut nicht nur auf den grossen und kleinen Bühnen der Stadt Zuhause, sondern auch in einem Museum zu Besuch. Und dieses hat geöffnet!
Ein Jahr nach dem ersten Shutdown erscheint ein Buch zur Leere. Beim Durchblättern begegnen den Leserinnen und Lesern 24 leere Orte, die von den Fotografen Daniele und Ben Lupini festgehalten wurden, zu 24 Interviewbeiträgen von Gilgi Guggenheim mit Margrith Bigler, Barbara Bleisch, Jon Bollmann, Jacquelin Burckhardt, Marcy Goldberg, Hedy Graber, Simon Grand, Hanna B. Hölling, Gardi Hutter, Theres Inauen, Marc Jenny, Hildegard E. Keller, Daniel Koch, Olivia Kühni, Walter Leimgruber, Josef Muggli, Bertrand Piccard, Hans Reckhaus, Peter Schneider, David Signer, Juri Steiner, Mirjam Varadinis, Ursus Wehrli und Fanny Wissler.
Das Leerbuch liegt am Wortlaut-Sonntag erstmals öffentlich im Museum of Emptiness auf. In den Räumlichkeiten des MoE finden Sie einen ruhigen Ort für entspanntes Lesen und Betrachten. Tauchen Sie in die Bilder und in die persönlichen Texte der Autor*innen ein. So widersprüchlich es klingt, so erfüllend ist die Leere.
Sonntag, 11-16 Uhr Museum of Emptiness, Haldenstrasse 5, St. Gallen
Allgemeine Info
Wortlaut ist das literarische Frühjahrsereignis der Ostschweiz. Alljährlich findet es Ende März in St.Gallen statt. Das Festival bietet literarische Entdeckungsmöglichkeiten in den vier Reihen Laut und Luise, Lechts und Rinks – eine Hommage an Ernst Jandl, einen der grössten deutschsprachigen Sprach- und Wortlautspieler des 20. Jahrhunderts.
An den 16. Literaturtagen «literaare» in Thun werden zum ersten Mal sämtliche 54 bisher erschienenen Literaturblätter ausgestellt. Vielleicht gestaltet sich deshalb die Entstehung des 54. Literaturblatts schwerer als die meisten der vorangegangenen Prozesse. Nicht die Texte sind es, die sich widerspenstig zeigen, sondern die Gestaltung dieses Blattes als Ganzes. Ideen werden verworfen, weil sie sich während des Entstehens als zu schwierig erweisen, weil die Resultate nicht dem entsprechen, was sich im Kopf bis zur Perfektion formte. Und weil das Original von Hand gezeichnet und geschrieben wird und ich nicht mit einem digitalen Radiergummi Missgeschicke ungeschehen machen kann, wird jedes Blatt zu einem Abenteuer, das mich bis zum letzten Strich den Atem anhalten lässt.
Ein paar kleine Geschichten zu einigen der Bücher, die in den letzten Jahren einen Platz auf den Literaturblättern fanden:
Literaturblatt 1 «Süss wie Schattenmorellen» von Claudia Schreiber:
Claudia Schreiber war die erste Autorin, die wir an eine Hauslesung nach Amriswil einluden. Sie sagte zu und fuhr an einem Sonntag mit ihrem Auto vors Haus. Es war der Beginn einer Freundschaft. Noch am gleichen Tag nahm mich die Autorin mit nach Konstanz, wo am Stadttheater ihr Kinderbuch «Sultan und der Kotzbrocken» als Theaterstück adaptiert und aufgeführt wurde. Was für ein Moment, als all den Kindern im Saal klar wurde, dass die Autorin mitten unter ihnen sass.
Literaturblatt 6 «Ich nannte ihn Krawatte» von Milena Michiko Flašar:
Kurz nachdem ich der Autorin ein Exemplar des Literaturblatts nach Wien zugeschickt hatte, erfuhr ich, das Milena Michiko Flašar im Spielboden Dornbirn lesen würde. Ich teilte ihr mit, dass ich unter den Gästen sein werde. Und weil ich damals mit meinem Gesicht nicht im Netz zu finden war, kannte ich sie, aber sie mich nicht. Ich war früh dort und setzte mich erst einmal ein Stück von der Autorin weg auf eine Bank vor dem Lokal. Sie war in ein Gespräch mit dem Veranstalter verwickelt. Ich sah allerdings, dass sie immer wieder über die Schulter ihres Gegenübers den Kommenden entgegenblickte – bis sich eben unsere Blicke trafen und alles klar war, ohne ein Wort.
Literaturblatt 8 «Polarrot» von Patrick Tschan:
Nachdem Patrick Tschans Roman nicht nur bei mir helle Begeisterung ausgelöst hatte, lud die örtliche Buchhändlerin den witzigen Schriftsteller zu einer Lesung an meinen Wohnort ein. Er las in einem Gasthaus, das während der Zeit des Nationalsozialismus der örtliche Treffpunkt und Versammlungsort der Fröntler war, jener Gruppierung, die während der Nazizeit ganz offen mehr als nur Sympathie zu den Ideen des Dritten Reiches hegte. Und da die Einrichtung des Lokals auch Jahrzehnte später fast unverändert geblieben ist, war man an diesem Abend Zeuge einer ganz speziellen Zeitreise.
Literaturblatt 11″Tal der Herrlichkeiten» von Anne Weber
Nachdem ich ihren Roman besprochen hatte und ihr mitgeteilt hatte, dass ich im Literaturhaus Zürich unter den Gästen sein werde, war ich dabei, als Anne Weber im vollen Literaturhaus las. Nach der Lesung stand ich wie alle anderen an und wartete, bis meine kleine Beige an Büchern mit ihrer Signatur veredelt werden würden. Als Anne Weber den Stift ansetzte und mich fragte, ob sie einen Namen hinzufügen sollte, nannte ich ihr den meinigen. Sie sah wieder hoch und meinte: «Ach so sehen sie aus! Ich habe sie mir ganz und gar anders vorgestellt.» Das war der Beginn eines kurzen aber sehr freundlichen Gesprächs. Schliesslich drängte man von hinten!
Literaturblatt 13 «Eva und Anton» von Oscar Peer
Kennen sie Oscar Peer? Er starb 2013 in Chur. Wenn sie ihn nicht kennen, sollten sie seine Bücher, die der Limmatverlag liebevoll verlegt, lesen. Unbedingt! Als Reaktion auf meine Lektüre schickte ich an seine Adresse in Chur einen Blumenstrauss. Seine Reaktion per handgeschriebenem Brief: «Sehr geehrter Herr Frei, ich weiss nicht, womit ich so viel Zuwendung und Aufmerksamkeit verdient habe. Gerade im Moment tun sie mir sehr gut…» Oscar Peer ist ganz tief in meinem Herzen und seine Bücher haben einen Ehrenplatz in meiner Bibliothek!
Literaturblatt 19 «Vielleicht Esther» von Katja Petrowskaja
Katja Petrowskaja war 2014 Gast an den Brugger Literaturtagen. Schon im Vorfeld der Literaturtage hatte ich ihr das 19. Literaturblatt per Post zugesandt. Als wir uns in Brugg nach ihrer Lesung trafen, wechselten wir an einen Tisch mitten in der Brugger Einkaufsmeile und tranken Kaffee. Sie erzählte von ihren Plänen und wollte irgendwann wissen, woher denn ich komme. Ich erzählte ihr von meinen fünf Kindern. Sie sah mich fassungslos an. Mit einem Mal drehte der Fluss der Bewunderung. Sie fasste mich am Arm und meinte: «Darf ich sie einmal berühren?»
Fabian verliert seinen Job bei einer Lokalzeitung. Und weil ihm der Zufall eine Reise schenkt, macht er sich mehrfach auf; zweimal an den Strand von Sansibar und viel länger als beabsichtigt nach Zagreb, einer Stadt, die ihn aufnimmt und ihm etwas schenkt, was in seinem Städtchen zuhause nicht erreichbar schien. Frédéric Zwickers zweiter Roman „Radost“ berührt.
Fabian gewinnt eher zufällig einen Weihnachtswettbewerb: Einen Flug nach Sansibar und sechs Nächte Unterkunft im Hotel Emerson Spice in Stone Town. Fabian fliegt hin, weil es eine Schande gewesen wäre, das Geschenk in den Wind zu schlagen und weil er Mahmut, seinen Nachhilfeschüler nicht enttäuschen wollte, der für ihn beim Wettbewerb mitgemacht hatte. In Sansibar am Strand lernt er einen aufdringlichen, lauten Landsmann kennen. Einen Schweizer im Massai-Kostüm, mit Kurzschwert an der Hüfte und langem, dünnen Gehstab. Es bleibt nicht die einzige Begegnung zwischen Fabian und Max, dem auf- und abgedrehten Landsmann am Stand. Fabian rettet ihm wahrscheinlich sogar das Leben, denn der «weisse Massai» bleibt nach zwei Messerstichen im Sand liegen. Jahre später, nach einem Konzert von Johan, Maxens Bruder, treffen sich die beiden wieder im „Ochsen“ und Max schlägt ihm vor, nachdem Fabian eine durchaus erfolgreiche Reportage über ihn, den seltsamen Landsmann geschrieben hatte, eine Biographie über ihn zu schreiben. Fabian ahnt, dass er sich in eine wirre Geschichte hineinziehen lassen könnte, lehnt vorerst ab. Aber nachdem seine Stelle in einer Lokalzeitung nach der Fusion mit einer andern Lokalzeitung den „Synergien“ zum Opfer fällt, wird aus dem schnell abgelehnten Angebot ein Rettungsanker. Max stammt aus reichem Haus! Sein Vater war Besitzer einer kleinen aber feinen Privatbank!
Max ist nicht irgend ein Max. Max tritt auch nicht einfach so als weisser Massai am Stand von Sansibar auf. Max ist ein Getriebener, ein von einer Krankheit Gebeutelter: Er leidet unter schizoaffektiven Störungen, macht sich in manischen Phasen zum Narren. Max erklärt: „Es kommt mir vor, als gingen die Menschen in unserer Gesellschaft alle gradeaus, mit ausgestreckten Speeren. Wenn jemand aus dem Trott fällt, stehen bleibt oder die Richtung wechselt, wird er aufgespiesst.“ Das ist seine positive Sicht. Doch Max endet des öftern im Abseits; auf dem Polizeiposten, im Gefängnis oder in der Klinik. Und weil sich Max durch das Suchen und Finden eines anderen Klärung in seinem Leben verspricht, soll Fabian sein Biograph sein, Nachforschungen darüber anstellen, was in jenen Zeiten geschah, als das Leben von Max aufgespiesst wurde.
Fabian bekommt Geld, Kontaktdaten, Adressen und macht sich auf, weil auch sein eigenes Leben aus Tritt und Trott gefallen ist, auf die Spurensuche eines seltsamen Zeit- und Artgenossen. Zurück ins reiche Elternhaus, ins Nobelinternat in St. Gallen, seinen ersten Emanzipationsversuchen. Schlussendlich wird daraus eine Radtour über Kärnten bis nach Zagreb und wieder zurück an den Stand von Sansibar, wo zwei Messerstiche beinahe das Ende bedeutet hätten.
Fabian macht sich auf, weil ihn die Reise lockt, das Abenteuer, die Spur, das Fremde. Diese eine verrückte Radost nach Zagreb, für mehrere Monate weich finanziert in einer Stadt, die er bisher nur mit Trainerhosentypen verband und für ihn wie damals für Max zur Offenbarung wird. Er, dem es bisher nicht leicht fiel, Freundschaften zu schliessen, wird Teil einer ganzen Klicke, lernt Ana kennen, taucht ein in fremde Leben, erfasst immer mehr von Mad Max, macht eine Reise; eine Reise für Max, die dieser nicht zu tun vermag, eine Reise für sich, weg aus seinen starren Banden und eine Reise in die Welt – über Zagreb bis nach Sansibar.
„Radost“ heisst auf kroatisch „Freude“. Und es macht Freude, in Frédéric Zwickers zweiten Roman einzusteigen, um sich eine Reise lang in seinen Windschatten zu begeben. Wie schon in seinem Debüt „Hier können Sie im Kreis gehen“ erzählt Frédéric Zwicker witzig und pointenreich. „Radost“ löst die Rätsel um Max nicht. Max bleibt ein Rätsel, so wie letztlich alle Rätsel bleiben, selbst die nächsten, selbst jene, an die man sich verliert. Frédéric Zwickers Reise ist nicht überfrachtet, bleibt behutsam. Wer erfahren will, erfährt unweigerlich auch vieles über sich selbst. Wer aufbricht, gewinnt immer, wenn auch nicht dort, wo man sich den Gewinn erhofft.
Interview mit Frédéric Zwicker:
Dass es Sansibar und Zagreb sein müssen, scheint alles andere als zufällig. Ich weiss, dass es dich vor allem musikalisch in den vergangenen Jahren immer wieder nach Zagreb gezogen hat. Aber warum Sansibar? Liegt es an der Magie des Namens, der, zumindest für mich, Sehnsucht suggeriert?
Im Jahr 2013 war ich für einen sechsmonatigen Arbeits- und Reiseaufenthalt im östlichen und südlichen Afrika unterwegs. Zwei Wochen verbrachte ich auf Sansibar. Dort hörte ich die Geschichte der falschen Massai, also jener Männer, die keine Massai sind, sich aber als solche verkleiden, um erfolgreicher im Souvenir- und im Sextourismus-Geschäft zu sein. Diese Geschichte ging mir nicht mehr aus dem Kopf und wurde zur Initialzündung für «Radost». Sansibar steht für mich in gewisser Weise stellvertretend für die Erfahrungen, die ich während meiner Afrika-Reise in sechs verschiedenen Ländern machte. Meine Vorstellungen und Vorurteile zerschellten täglich an den Realitäten, denen ich begegnete. Da liegt für mich die Parallele zu Zagreb und zu Ex-Jugoslawien. Auch dort zeigte die intensive Auseinandersetzung mit Menschen und Kultur bald, dass mein Balkan-Bild völlig klischiert und verzerrt gewesen war. Die Magie des Namens, wie du es nennst, spielte aber durchaus auch eine Rolle. Ich wollte sie einem kritischen Blick unterziehen und schauen, was am Ende davon übrigbleibt.
Max beauftragt Fabian, über ihn eine Biographie zu schreiben. Max ist aber weder uralt noch berühmt. Er braucht diesen Text wahrscheinlich nur, weil er sich selbst verstehen will, sein Leben, seine Krankheit, seine Aussetzer, das, was er durch sein Tun auslöste und bewirkte. Und Max hat Geld. Ist dein Schreiben auch der Auftrag an dich, dein eigenes Leben besser zu verstehen? Eine Art Sicht von „aussen“?
Nein. Mir geht es beim Schreiben nicht um mich, auch wenn der Einfluss, den ich mit meinem Denken und Fühlen auf meine Texte habe, natürlich gross ist. Aber umgekehrt ist das auch der Fall. Ich bin für die Arbeit an „Radost“ mit dem Velo von Rapperswil nach Zagreb gefahren, habe dort ein halbes Jahr, auf Sansibar fünf Wochen gelebt und gearbeitet. Das hätte ich nicht getan, wenn ich nicht dieses Buch hätte schreiben wollen. Mein Leben beeinflusst also mein Schreiben, mein Schreiben aber auch mein Leben. Durchs Schreiben lerne ich so durchaus sehr viel über mich. Das ist aber nur da und dort das, was am Ende zwischen den Buchdeckeln steht.
Das „Städtchen“ hier und Zagreb dort. Das eine Rapperswil, das andere eine Metropole. Was hat das eine, was dem andern fehlt?
Zuerst eine Parallele: In beiden Städten gibt es Menschen, die sich für eine vielfältige, kritische Kultur interessieren und einsetzen. Und da wie dort gibt es politischen Widerstand gegen zu viel Lebendigkeit. Aber in Zagreb ist das kulturelle Angebot viel reichhaltiger als hier. Es gibt dort mehr Freiräume, auch wenn sich meine Freunde in Zagreb darüber beklagen, dass diese ständig schrumpfen. Ebenfalls ein Unterschied: In Rapperswil sind fast alle Häuserfassaden makellos. Zagreb bröckelt vielerorts. Könnte es sein, dass die Fassade in der Schweiz generell wichtiger ist als in Ländern, wo die Wirtschaft nicht gar so tonangebend ist?
Ist Max erfunden oder ein Zusammenzug verschiedenster Charakteren? Oder steckt in dieser nur schwer fassbaren Person gar ein Spiegelbild?
Max ist inspiriert von einem Freund von mir. Der war nie in Sansibar und hat Zagreb das erste Mal gesehen, als er mich dort besucht hat. Auch seine Familiengeschichte, wie sie im Buch dargestellt ist, ist frei erfunden. Aber im Kern ist Max› Biographie, die Fabian im Buch recherchiert und aufschreibt, eine wahre Geschichte.
Max passt nicht in die von unserer Gesellschaft vorgegebenen Schemen. Zumindest dann nicht, wenn ihn seine Krankheit packt und Dinge tun und sagen lässt, die sich allen Konventionen entziehen. Dabei tragen doch die meisten Menschen die Lust mit sich, aus Konventionen auszusteigen, sei es auch nur für einen kurzen Moment, alle Hemmungen zu verlieren. Wie sehr rüttelt diese Lust an dir? Ist deine Musik ein Ventil dafür?
Der Ausbruch aus der Norm ist etwas, was mich schon in meiner Kindheit antrieb. In der ersten Klasse sang ich dem Samichlaus vor versammelter Klasse eine Version von „Was isch das für es Liechtli“ vor, bei der der Samichlaus am Ende stirbt. Der Lehrer rief meine Mutter an und klagte, ich hätte etwas wahnsinnig Schlimmes gemacht. Sie dachte an sexuellen Missbrauch oder schwere Körperverletzung und konnte das Lachen knapp unterdrücken, als er ihr erzählte, was passiert war. Solche Geschichten gibt es viele. Und ja, meine Musik und die Auftritte auf der Bühne sind sicher auch von der Lust am Unkonventionellen und auch an der Hemmungslosigkeit geprägt. Allerdings bin ich in den letzten Jahren viel ruhiger geworden. Mein Interesse am Unkonventionellen ist aber unvermindert gross.
Welcher Buchtitel lässt dich warum nicht los? Welcher Song?
Das kann ich eigentlich unmöglich beantworten, weil es von beidem zu viele gibt. Aber wenn ich ein Buch nennen müsste, wäre es wohl «Frederick“ von Leo Lionni. Ich habe das Bilderbuch über die Maus, die keine Nüsse, dafür Farben und Wörter sammelt und Geschichten erzählt, zur Taufe geschenkt gekriegt. Wundersamerweise wurde es mir ein wenig zur Biographie.
Und ich entscheide mich für den Song „Ovaj ples dame biraju“ der wohl berühmtesten jugoslawischen Rockband „Bijelo Dugme“. Das war eines der ersten jugoslawischen Lieder, die ich hörte. Später befasste ich mich intensiv mit der Musik Ex-Jugoslawiens. Es lohnt sich sehr, das Musikvideo zum Song auf Youtube anzuschauen.
Frédéric Zwicker als Bandmitglied von «Hekto Super» mit «Kleine Männer»
Frédéric Zwicker, geb. 1983 in Lausanne, aufgewachsen in Rapperswil-Jona am Zürichsee, wo er heute wieder lebt. Er studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie. 2006 gründete er die Band ‹Knuts Koffer›. Seit 2008 ist er Kolumnist bei der ‹Linthzeitung› und der ‹Südostschweiz Glarus›. Er arbeitete u.a. als Werbetexter, Journalist, Reisejournalist in Ostafrika, Musiklehrer, Slam-Poet, Pointenschreiber für die Satiresendung Giacobbo/Müller, Drehbuchautor. Sein Romandebüt «Hier können Sie im Kreis gehen» erschien 2016 bei Nagel & Kimche.