Karl Ove Knausgård «Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit», Luchterhand

1050 Seiten sattes Leben voller Verzweiflung und voller Hoffnungen: Karl Ove Knausgård schickt uns in ein sympathisch-chaotisches Universum und switcht dabei zwischen dem Südnorwegen der mittleren 1980er-Jahre und dem heutigen Russland – ein Stern am Himmel inklusive. 

Gastrezension von Frank Keil

Er erwacht, als die Lautsprecherstimme den Landeanflug ankündigt. Ein wenig enttäuscht ist er von sich, dass er eingeschlafen ist, statt den Flug zu genießen, den Blick auf die russische Landschaft, auf langgestreckte Wälder und sich schlängelnde Flüsse, vielleicht zwischendurch eine kleine Stadt, die auftauchen und dann wieder verschwinden würde. Syvert heißt unser Held, mit Nachnamen Løyning; verheiratet, die Kinder sind groß und also aus dem Haus, sein Bestattungsunternehmen läuft gut, sehr gut sogar, und nun ist er unterwegs zu seiner Schwester, die er noch nie gesehen hat. Er hat sich in Moskau in einem Hotel einquartiert, dass sich nicht weit vom Bolschoi Theater und vom Roten Platz entfernt befindet, das also recht zentral liegt. Er meldet sich via Facetime bei seiner Frau, gut angekommen sei er, vielleicht sollten sie sich ein Segelboot kaufen, wäre das nicht eine gute Idee? Er isst noch im Flughafen einen Hamburger, dazu Pommes und eine Cola. Dann lässt er sich zum Hotel fahren, checkt ein, schreibt seiner Schwester eine Nachricht, er sei jetzt in der Stadt, er freue ich auf das morgige Treffen, ein Zeichen soll es sein, mehr ist es nicht. Er nennt sie „little sister“. Wir sind auf Seite 924 angekommen, wir sind gespannt, was nun passieren wird.

In Südnorwegen beginnt alles zuvor, im Jahr 1986, in einer kleinen, vordergründig gesichtslosen Stadt an der Küste kommen wir hinzu, wo Syvert aufgewachsen ist: einerseits ist das lange her, in einer irgendwie anderen Zeit. Und andererseits ist alles wieder da, kaum hat er seine Tasche abgestellt, ist alles so wie neulich, weil sich in solchen Nestern mit Tankstelle und Videothek und der Schnellstraße und dem Fußballverein (Karl Ove Knausgård ist Fußballfan), wo er sofort wieder seinen Platz zugewiesen bekommt, dann doch wenig ändert, so wie auch die Kumpels von damals sich sofort umhören, wo er einen Job finden könnte, übergangsweise, bis er eine Idee hat, wie es weitergehen könnte mit seinem Leben (er hat keine Idee, gar keine), na ja, und da bietet sich der Job beim hiesigen Bestatter an, der immer Hilfe gebrauchen kann; besser als nichts, und im örtlichen Werk, wo sonst alle unterkommen ist gerade nichts frei, und seiner Mutter will er nicht länger auf der Tasche liegen, wie man so sagt, auch weil auf seine Mutter etwas zurollt, das sie zu verschlingen droht und sie hat doch schon ihr ganzes Leben so hart geackert, da will er sie unterstützen.

Syvert ist 19 Jahre alt, hat gerade seinen Militärdienst absolviert, als Koch bei der Marine. Kochen also kann er, als er zurückkehrt in sein Elternhaus, dass genaugenommen sein Mutterhaus ist, denn sein Vater ist seit einigen Jahren tot, bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen, nur noch schwach kann er sich an ihn erinnern, was sich ändern wird. Weil er nun nach und nach manches erfährt, dass er nicht wusste und was seinen Blick auf die Welt und besonders auf seine Eltern neu ausrichten wird, ob er das will oder nicht (er will es nicht, aber das Leben fragt ihn nicht, sondern es geht seinen Weg und nimmt ihn entsprechend an die Hand, falls er stolpert, und das tut er).

Er muss sich nur irgendwas halbwegs Überzeugendes ausdenken, was er Lisa sagt, was er jetzt arbeitet, übergangweise; Bestatter-Gehilfe klingt und wirkt da vielleicht nicht ganz so gut, wenn er mit ihr ausgehen will, dabei hat sie ihm klipp und klar gesagt, dass er absolut nicht ihr Typ ist und er sich keinerlei Hoffnung machen soll, aber so wie sie ist, wenn sie sich treffen, kann das eigentlich nicht sein.

Karl Ove Knausgård „Die Wölfe aus dem Wald der Ewigkeit“, aus dem Norwegischen von Paul Berf, Luchterhand, 2023, 1056 Seiten, CHF ca. 39.00, ISBN 978-3-630-87635-1

Ach ja: Karl Ove Knausgård, das ist der norwegische Romancier, dessen autofiktionales Werk „Min Kamp“, auf Deutsch zu übersetzen mit „Mein Kampf“, die Literaturgemeinde so tief spaltete: Sechs je kiloschwere Bände erschienen zwischen 2009 und 2011: „Sterben“, „Lieben“, Spielen“, „Leben“, „Träumen“ und dann „Kämpfen“, in denen er jeweils sein eigenes (Er)Leben zum Ausgangspunkt und noch mehr zum Fundus seiner Romane machte. Für die einen war das nicht mehr als manische und eitle Selbstbespiegelung von begrenztem Wert, für andere dagegen belebte er die Grundtechnik des Erzählens neu, gab er dem bis heute anhaltenden Siegeszug des autofiktionalen Erzählens den Grundimpuls. Nun hat sich Knausgård nach einer Art Zwischenschritt (einer Tetralogie von romanähnlichen Büchern, benannt nach den Jahreszeiten) dem rein fiktionalen Erzählen zugewandt und eine neue Reihe mit ebenfalls sechs Bänden angekündigt: der vorliegende ist nach „Der Morgenstern“ der zweite Band, so wie auch Syvert in Moskau einen Stern am Himmel sehen wird, der nicht weichen will und der die Millionenstadt in ein eigenes Licht tauchen wird.

Und dann ist damals noch etwas passiert, als wir Syvert als jungen Mann auf seinem Weg durch sein anfangs so zielloses Leben begleiten, in einem fernen, im mittleren Teil der Sowjetunion (mit dem Norwegen nordostwärts ein schmales Stück Grenze hat), in einem Krenkraftwerk in einem Ort bei Kiew mit Namen ‚Tschernobyl‘ und ist das nun beruhigend oder ist beunruhigend, was Syvert dazu im Radio hört, was die Experten sagen und was sind das zugleich für Briefe, die er beim Aufräumen in der Scheune bei den Sachen seines Vaters findet: Briefe auf Kyrillisch, Briefe offenbar von einer Frau, wer könnte die für ihn übersetzen und will er wirklich wissen, was dann da auf dem Papier vor ihm steht?

Und als wir wissen, was da zu lesen ist, so wie nun Syvert es weiß, eine Flasche Rotwein hat ihn dieses Wissen gekostet, verlassen wir ihn vorerst (keine Sorge: Wir treffen ihn wie schon erwähnt wieder, viele Jahre und eben einige Hundert Seiten später, die Sowjetunion gibt es entsprechend nicht mehr, und wir lernen Alevtina kennen, als desillusionierte Dozentin in der Post-Sowjetunion, doch Jahre vorher als aufgeweckte und vorwärtsstrebende Studentin, die zu Pilzen und ihren Verbindungen zu Bäumen forschte („Leben. Leben. Leben“, das sei der Sinn des Daseins, da ist sie sich sicher, als sie während einer Forschungs-Exkursion durch die einen nordkarelischen Wald taumelt und in Folge dieser Erkenntnis, wird sie sich bücken und einige der aus dem Boden ans Licht wachsenden Pilze essen), die nun gleichfalls in ihren Heimatort zurückkehren wird, um mit ihrem Vater dessen 80sten Geburtstag zu feiern, ein Geschenk hat sie nicht mit, dass muss sie noch besorgen (dringend!), am besten ein Buch (nur welches?), denn ihr Vater ist ein Büchermensch, ist es durch und durch, draußen liegt Schnee, es ist kalt, es ist richtig kalt, förmlich gefroren ist die Welt, und bei ihr ist es die Mutter, die schon lange tot ist, was nicht heißt, dass es auch zu ihr eine irgendwie magische Verbindung gibt, schwer zu erklären.  

Ein ganz spezielles Verhältnis haben entsprechend Tochter und Vater, dieser ein einstiger Komponist, wie in diesem Roman alle auftretenden Personen zu ihren Mitmenschen ein spezielles Verhältnis haben, wie sie sich begegnen, wie sie miteinander leben, wie sie wieder auseinandergehen, zunächst oder vorübergehend oder endgültig.

Und das sind nur einige, wenige Handlungsfäden, die hier stellvertretend skizziert und ausgerollt werden sollen (man könnte auch andere nehmen, es sind genug da), denn kaum hat man angefangen zu lesen, die ersten 50, dann 100 Seiten, hat man einerseits die Übersicht über das sich vor einem ausbreitenden Geschehen verloren und es gleichzeitig absolut genau erfasst.
Wie Knausgård so seinen Helden vertraut, wie er sie in die Welt schickt, wo sie sich verlieren, wo sie sich wiederfinden (und umgekehrt), suchen sie in beiden Fällen nach Orientierung – entlang der großen Fragen: Wer bestimmt mein Leben? Wovon hängen meine Entscheidungen ab? Weiß ich, was ich tue? Und wenn nicht, wer dann?

Und was ist mit dem Tod? Wie lässt er sich erklären – und wie lässt er sich überwinden? ‚Komismus‘ ist ein Stichwort, das zwei-, dreimal fällt, eine zunächst philosophische und damit gedankliche Richtung, entstanden und auf den Weg gebracht im Russland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die nichts Geringeres forderte (und fordert), als: Unsterblichkeit für alle! Dann in den praktischen Wissenschaften weitergeführt im sowjetischen Kommunismus, in der Biologie, der Physik, mal offiziell, mal im Verborgenen, je nach Stand der Kämpfe im innersowjetischen Machtgefüge. So dass dieser Roman in einer ganz eigenen Schwebe gehalten wird: Wir betreten die intime Alltagswelt unserer Helden, versuchen es uns dort wohnlich zu machen, was Seite für Seite immer besser gelingt – und zugleich wirkt und durchdringt all das ein so rätselhaftes wie magisches Denksystem, das verwirrt und angenehm verstört. 

Wunderbar geschrieben (übrigens), dramaturgisch hervorragend komponiert (dito), von einer sprachlichen Wucht getragen, die seinesgleichen sucht – und so sollte man sich vom Umfang dieses Werkes (!) so gar nicht beeindrucken oder gar einschüchtern lassen: Wenn es auf das Ende zugeht, möchte man nicht, dass es endet, möchte man, dass es weitergeht, dass es immer weitergeht (dass auch die Geschichte(n) von Jewgenij und von Vasilisa weitererzählt werden und sich weitere Erzählfäden vernetzen) und welches Buch vermag das schon, einen in so einen nüchternen Rausch zu versetzen. Was ein Glück also, dass Karl Ove Knausgård weitere Bände angekündigt hat, die sicherlich je ganz andere Wege gehen, vielleicht begegnen wir den uns gerade liebgewonnen Helden wieder, vielleicht auch gerade nicht, wie auch immer, es wird ein Fest werden.

Karl Ove Knausgård wurde 1968 geboren und gilt als wichtigster norwegischer Autor der Gegenwart. Die Romane seines sechsbändigen, autobiographischen Projektes wurden weltweit zur Sensation. Sie sind in über 30 Sprachen übersetzt und vielfach preisgekrönt. 2015 erhielt Karl Ove Knausgård den WELT-Literaturpreis, 2017 den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur. Er lebt in London.

Paul Berf, geboren 1963 in Frechen bei Köln, lebt nach seinem Skandinavistikstudium als freier Übersetzer in Köln. Er übertrug u. a. Henning Mankell, Kjell Westö, Aris Fioretos und Selma Lagerlöf ins Deutsche. 2005 wurde er mit dem Übersetzerpreis der Schwedischen Akademie ausgezeichnet.

Beitragsbild © Sølve Sundsbø

Die 45. Solothurner Literaturtage – Welten, die aufeinandertreffen!

Wie gut, dass es in Zeiten globaler Krisen Gelegenheiten wie die Solothurner Literaturtage gibt, die in konstruktiver Weise versuchen, vieles von dem zu spiegeln, was Grund genug gäbe, an den gegenwärtigen Tatsachen und ihrer Wirkungen zu verzweifeln. Wie noch nie strömten Besucherinnen und Besucher, als wäre jedem bewusst, wie schmal der Grat geworden ist.

Die Solothurner Literaturtage sind das Flaggschiff im nationalen Literaturbetrieb. Als solches von beachtlicher Grösse und mit viel Masse und Wasserverdrängung. Kein Wunder, wenn der eine Kapitän von Bord geht, dass es zuweilen vernünftig ist, diesen schweren Kahn unter eine furchtlose Doppelleitung zu stellen. Nathalie Widmer und Rico Engesser, beide noch lange nicht so alt wie das Festival selbst, müssen bestehen im Spagat zwischen den Erwartungen jener, die Tradition und Beständigkeit hochhalten und anderen, die dem in die Jahre gekommenen Schiff am liebsten mehr als nur neue Segel setzen wollen. 

Aber ganz offensichtlich goutiert man der neuen Leitung den guten Mix zwischen modernem Gesicht und reifer Haltung. Schon am ersten Tag wurden die Veranstaltungen förmlich überrannt. Lange Schlangen bildeten sich vor den Eingängen und Interessierte mussten freundlich weggewiesen werden, weil jeder mögliche Sitzplatz besetzt war. Der Dichter und Schriftsteller Andreas Neeser meinte im Vorfeld seiner Lyriklesung, es würden sich wohl nur eine Handvoll Interessierter an seiner Lesung finden, weil gleichzeitig Kim de L’Horizon im grossen Landhaussaal las. Weit gefehlt. Klar, die Schlange vor dem Landhaussaal war überwältigend. Aber genauso jene, die sich vor dem Einlass zur Lesung von Andreas Neeser formierte. Und als der Dichter dann las, die Stimmung von raunender Erwartung in andächtige Stille überging, war das Sprachglück fast mit Händen zu greifen. So wie sich Neesers Gedichte den Konventionen entziehen, ohne mich zu brüskieren, so schafft es das Festival immer wieder zwischen Tradition und Zeitgeist Brücken zu schlagen.

Das Festival zählt 45 Lenze. Ich mag den neuen Anstrich, die motivierte Crew und die zurückhaltenden Steuerleute, die das «Festivalgeschäft» schon jahrzehntelang kennen und es bestens verstehen, die verschiedensten Strömungen unter die gleiche Takelage zu bringen.
So wie beispielhaft die 25jährige Newcomerin Mina Hava mit ihrem Debütroman «Für Seka» und der 80jährige Routinier, das literarisches Urgestein Christian Haller mit seiner Novelle «Sich lichtende Nebel».

Mina Hava bei ihrer Lesung in der SRF-Sendung «Kultur-Talk» in der Cantina del Vino

Mina Hava schrieb sich mit ihrem Roman «Für Seka» in eine tiefe Auseinandersetzung mit ihrer Herkunft Bosnien, dem Ort Omarska, der es im Krieg in den 90er Jahren nie in ein kollektives Bewusstsein schaffte, obwohl die Gräuel, die der Krieg in und um jenes Gefangenenlager anrichtete eine Wunde klaffen lässt, die bis heute weit weg von einer historischen Aufarbeitung steht. Was damals in Srebrenica vor den Augen der Weltöffentlichkeit geschah, ritzte sich ins kollektive Bewusstsein. Was in Omarska passierte, begegnete selbst der Autorin, deren Familie ganz in der Nähe lebt, erst im Laufe ihrer Recherchen zu ihrer Herkunft. Omarska, ein Konzentrationslager damals, noch heute eine Mine, in der gnadenlos ausgenutzt wird, was Menschenkraft und Natur hergibt. Omarska, ein Schreckensort ohne Denkmal, wo man alles andere als interessiert ist, die Leichen in Massengräbern mit ihren Geschichten zu Tage zu bringen.
«Für Seka» ist nicht einfach Geschichte, die erzählt wird, sondern ein literarischer Zettelkasten genau jener Recherchen, mit denen Mina Hava in Rückblenden in verschiedene Vergangenheiten taucht. Auch eine Auseinandersetzung zwischen Bosnien und der Schweiz, ihre eigenen Geschichte, die sich in der Schweiz nicht «abgebildet» findet. Einmal mehr auch eine Auseinandersetzung mit dem verklärten Begriff der «Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen».

nach seiner Lesung im voll besetzten Landhaussaal beim Signieren seiner Bücher

Oder Christian Haller, der heuer seinen 80. Geburtstag feierte und längst zu den ganz Grossen der Schweizer Literatur gehört. Ob als Romancier, Lyriker oder mit seiner kantigen Art auch als Essayist –  er mischt sich in aktuelle gesellschaftliche Fragen, in seinem neusten Essay «Blitzgewitter», wie weit digitale Medien unser Leben nachhaltig verändern.
Auch sein neuestes Buch, die Novelle «Sich lichtende Nebel» beschäftig sich mit der Wahrnehmung, dem Irritierenden. «Es kann nur existieren, wofür es Wörter, eine Sprache gibt.» Eine Geschichte darüber, wie eine Banalität einer weltbewegenden Idee die Initialzündung gibt. Christian Haller lässt Figuren auftreten, deren Biographien sich durch Handlungen und Ideen ineinander verschränken. Nach zwei Trilogien, die sich mit seiner Herkunft, seinem eigenen Leben auseinandersetzten, war der Stoff um Heisenberg und seine Quantenphysik wie eine neue, noch unbesetzte Keimzelle, die zur Novelle wurde. Eine Novelle, die viel mehr will als das Verbildlichen einer komplexen physikalischen Fragestellung. «Sich lichtende Nebel» ist eine Liebesgeschichte, nicht zuletzt eine zur Liebe des Sehens, des Erkennens.

Mina Hava und Christian Haller stellen Fragen, Schicht für Schicht. Die beiden Bücher repräsentieren das Suchen nach Antworten. Beide in reifer Distanz und doch so verschieden in der Überzeugung, was Erzählen bewirken soll. Sie bricht auf – er ordnet.

Juli Zeh & Simon Urban «Zwischen Welten», Luchterhand

Theresa und Stefan wollen eigentlich dasselbe; die Welt ein bisschen besser machen. Sie auf einem Biobauernhof, er in der Redaktion eines grossen Wochenmagazins. Auch wenn es viel gibt, dass sie einander nahe bringt, drohen die Gemeinsamkeiten zwischen den Welten zu zerschellen.

Ich gebe zu, ich habe das Buch erst einmal für Monate weggelegt. Ich mag keine Mailromane, schon gar nicht wenn sie mit WhatsApp-Nachrichten angereichert sind, habe ich doch in meinem wirklichen Leben schon genug mit dieser Textform zu tun, meistens nicht zu meinem Vergnügen. Aber weil eine Leserunde bestimmte, „Zwischen Welten“ von Juli Zeh und Simon Urban zu lesen, nahm ich den Schmöker noch einmal zur Hand – und wäre mit meinem voreiligen Weglegen um eine grosse Bereicherung bestraft worden.

Dass Juli Zeh und Simon Urban in Mailform erzählen, ist der Geschichte geschuldet, weder Trick noch Masche. Die beiden Protagonisten treffen sich in der Zeit, in der der Roman spielt, nur ein einziges Mal zufällig in der Stadt und das Zusammentreffen endet in einem Desaster. Sie schreiben sich und es entwickelt sich eine Freundschaft, die sich aus einer gemeineren WG Zeit während der Studienzeit nährt und der Notwendigkeit, in schwierigen Zeiten wenigstens jemanden an der Seite zu haben, dem oder der man ungehemmt und vorbehaltlos mitteilen kann, was auf der Seele brennt.

„Unsere Welt überlebt nur, wenn wir sie reformieren.“

Sie haben sich zwanzig Jahre nicht gesehen. Theresa hat nach dem abgebrochenen Studium den Bauernhof ihres Vaters in Brandenburg (nicht weit von Unterleuten!) übernommen, eine ehemalige Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft LPG, die ihr Vater als Genossenschaft weiterführte und durch den plötzlichen Tod des Vaters unterzugehen drohte. Einen Hof, den sie zu einem Bio-Milchwirtschaftsbetrieb umfunktionierte, dauernd an der Grenze zum Konkurs, nur deshalb überlebensfähig, weil sie sich trotz Familie mit jeder Faser dem Betrieb verschrieben hat.

Juli Zeh & Simon Urban «Zwischen Welten», Luchterhand, 2023, 448 Seiten, CHF 34.90, ISBN 978-3-630-87741-9

Stefan hat als Journalist und Redaktor Karriere gemacht. In Deutschlands grösster Wochenzeitung „Der Bote“ versucht er der Berichterstattung mit Neuausrichtung und der Initiation einer neuen Beilage zum Thema „Klimawandel“ ein modernes Gesicht zu geben. Eine Aufgabe, die ihn an seine Grenzen bringt, nicht journalistisch, sondern weil mit jungen KlimaschützerInnen die Redaktion in eine Richtung erweitert wird, die ihn mehr bedroht als unterstützt. Erst recht, als sein Chef wegen einer unbedachten Äusserung in einem Shitstorm unterzugehen droht und man ihm die Stelle als Chefredaktor zusammen mit einer jungen Klimaschützerin zuschiebt.

„Vielleicht solltest du das auch einmal versuche,. Laberland verlassen und die Ärmel hochkrempeln.“

Sie beide schreiben, weil sie ein Ventil benötigen. Aber ihre Mails werden zusehen zu einer Plattform, auf der sie ihre Klingen wetzen, jeder in seiner Welt, jeder um das Verständnis des anderen ringend. Ihre Leben haben nur wenig miteinander gemein. Theresa ist scheinbar untrennbar an den Hof und seine Tiere gekettet, fühlt von der Politik vergessen von der Verwaltung drangsaliert, von den Endverbrauchern nicht verstanden.
Stefan ist Single, mit seiner Arbeit verheiratet und ehrlich davon überzeugt, dass man mit Worten die Welt verändern kann. Aber so sehr er durch seine Tätigkeit als Journalist dem Geschehen eine professionelle Distanz entgegenbringen muss, so sehr vermisst er Unmittelbarkeit und Nähe. Jene Nähe, die er damals mit Theresa in fast geschwisterlicher Art und Weise erleben konnte, die er auch später mit vorübergehenden Lieben nie mehr erfahren konnte. Mit Theresa hofft er etwas von dem zurückzugewinnen, was sich ihm verschlossen hatte. Und Theresa selbst lässt sich im gepfefferten Hinundher zwischen ihnen aus einer Welt hinausziehen, die sie mit Haut und Haaren zu fressen droht.

Was in ihrem schriftlichen Disput um Klimapolitik, Landwirtschaft, Gendersprache oder Rassismus kreist, ist in seiner Tiefe viel mehr der Versuch, im Gegenüber Verständnis, Zuspruch und Resonanz zu finden. Und obwohl sie sich beim Klingenwetzen verbal verletzen, das eine Spontantreffen an der Alster völlig aus dem Ufer läuft, bleibt da die Sehnsucht, die Hoffnung und immer drängendere Wünsche. Bis einer in einer Schlinge baumelt, Beziehungen zerbrechen und ein weiterer Shitstorm durch den Äther tost.

Juli Zehs und Simon Urbans Roman entwickelt einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Und weil beide ihre Rolle voll und ganz übernehmen, ändert sich das Magnetfeld zwischen den beiden Protagonisten immer wieder, manchmal als logische Folge, manchmal völlig überraschend. Ein Roman, der ganz in der hyperaktivistischen Gegenwart pulst.

Juli Zeh, 1974 in Bonn geboren, Jurastudium in Passau und Leipzig, Promotion im Europa- und Völkerrecht. Längere Aufenthalte in New York und Krakau. Schon ihr Debütroman «Adler und Engel» (2001) wurde zu einem Welterfolg, inzwischen sind ihre Romane in 35 Sprachen übersetzt. Juli Zeh wurde für ihr Werk vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Thomas-Mann-Preis (2013) und dem Heinrich-Böll-Preis (2019). Im Jahr 2018 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz und wurde zur Richterin am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg gewählt. Ihr Roman «Über Menschen» war das meistverkaufte belletristische Hardcover des Jahres 2021.

Rezension zu «Neujahr» von Juli Zeh auf literaturblatt.ch

Rezension zu «Unterleuten» von Juli Zeh auf literaturblatt.ch

Simon Urban, geboren 1975 in Hagen, Studium der Germanistik, Komparatistik und Philosophie in Münster. Sein Roman «Plan D» (2011), in dem die DDR heute noch existiert, wurde in elf Sprachen übersetzt. 2014 erschien der Roman «Gondwana». Ausgezeichnet mit zahlreichen Literaturpreisen und Kreativawards wie Cannes-Löwen und dem Clio-Grand Prix. Für die Agentur Jung von Matt schrieb er den Edeka-Film #heimkommen, der weltweit für Aufsehen sorgte und zu den erfolgreichsten deutschen Virals gehört. Für die ARD verfasste er die Erzählvorlage zum Spielfilm «Exit». 2021 erschien der mit dem Hamburger Literaturpreis ausgezeichnete Roman «Wie alles begann und wer dabei umkam» über einen Juristen, der zum Rächer wird.

Beitragsbild © Peter von Felbert

Peter Henning «Bis du wieder gehst», Luchterhand

Was braucht es, um mit seiner Vergangenheit ins Reine zu kommen? Wie kann man einer Mutter, die ohne ein Wort in ein bereitstehendes Taxi steigt und nicht mehr wiederkehrt, verzeihen? Damals als Vierjähriger oder im Angesicht des Todes als Erwachsener? Peter Henning schrieb mit biographischen Bildern einen bewegenden Roman über den Versuch des Verstehens.

Als die Mutter für lange Zeit aus seinem Leben verschwand, war Heinrich Kaplan vier. Eine Nachbarin fand den kleinen Jungen, der sich mit einer Decke und Spielsachen in der Badewanne verkrochen hatte, tags danach. Kaplan wuchs im Heim auf, eine Zeit bei seinen Grosseltern, wurde Antiquar, lernte Martha kennen und arrangierte sich mit einem Leben, das schlecht begonnen hatte. Zwar gab es dann und wann Berührungspunkte, aber da die Mutter in den letzten zehn Jahren geschwiegen hatte, spielten Gedanken an sie schon lange keine Rolle mehr. Umso überraschender der Anruf aus einem Krankenhaus: Seine Mutter war mit Herzstillstand auf dem Bahnhof zusammengebrochen und lag im Koma auf der Intensivstation. Man habe bei ihr seine Nummer gefunden und den Hinweis, bei einem Notfall nach ihm zu rufen.

Kaplan hatte sich in seinem Leben eingerichtet. Die Tatsache, dass er mit Martha eine Frau gefunden hatte, die ihm fast alles bedeutete, schien ihn mit seiner Vergangenheit versöhnt zu haben. Eine Tatsache, die mit dem Telefonat zerbröselte, erst recht als er am Bett auf der Station stand, mit einer Frau konfrontiert, die nur noch schwaches Abbild davon war, was er an Erinnerungen mit sich getragen hatte. Kaplan entscheidet sich, sieben Tage lang zu bleiben, in der Wohnung seiner Mutter, das Gefiert einer Frau, die sich bereits aufgegeben hatte. Eine Wohnung ohne Spiegel.

Peter Henning «Bis du wieder gehst», Luchterhand, 2022, 192 Seiten, CHF 32.90, ISBN 978-3-630-87692-4

Peter Hennings zarter Roman widmet sich der Zersetzung jener Bilder, die wir uns automatisch machen, wenn uns schlüssige Informationen zu einem klaren Bild fehlen. Letztlich ist jedes Bild, das wir uns von jemandem zusammenschustern, ein Bild aus Versatzstücken. Aber wenn sich die Erinnerung mit Schmerz, mit Verwundungen koppelt, wenn man vieles an der eigenen Biographie an einer Vergangenheit entschuldigt, die Jahrzehnte im Halbdunkel stand, dann ist nicht verwunderlich, dass mit unfreiwilligen Konfrontationen Bilder auftauchen, die sich mit der fixen Kulisse eines Lebens nicht vertragen.

Nebst der ein Leben lang nagenden Frage, warum die Mutter ihn verlassen hatte, was passiert sein musste, dass jener Schritt für die junge Frau damals der einzig gangbare Ausweg sein konnte, tauchen mit einem Mal Menschen und Bilder auf, die Kaplan dazu zwingen, sich mit dem eigenen Leben, seinen Erinnerungen, seinen Erklärungen auseinanderzusetzen. Kaplan lernt den Nachbarn seiner Mutter kennen, eine alte Freundin seiner Mutter, die Dinge erzählt, die Kaplan erst verdauen muss – und Fetzen einer schrecklichen Kindheit, Erklärungen dafür, dass seine Mutter ein Leben lang nicht bloss auf der Flucht, sondern auf der glücklosen Suche nach Liebe war.

„Bis du wieder gehst“ erzählt vom langen Abschied, letztlich vom Versuch einer Versöhnung. Der Roman ist keine Abrechnung, viel mehr der Versuch einer Annäherung. Peter Henning erzählt behutsam. Sein Protagonist muss sein Leben neu ordnen, denn je tiefer er in das Leben seiner Mutter leuchtet, desto klarer wird, dass nicht nur er das Opfer war, sondern Opferrollen oft von Generation zu Generation weitergegeben werden. Er springt ins Wasser und rettet letztlich sich selbst.

Peter Henning, 1959 in Hanau geboren, studierte Germanistik und Philosophie in Frankfurt am Main und lebt heute als freier Schriftsteller und Journalist in Köln. Seit 2015 unterrichtet er zudem als Lehrbeauftragter der Universität Köln Kreatives Schreiben. Seine literarische Arbeit wurde mit Stipendien der Kunststiftung NRW und der Robert Bosch Stiftung gefördert. Zuletzt erschien sein Roman «Die Tüchtigen» im Luchterhand Literaturverlag.

Beitragsbild © Marie Rauch

«Er schreibt wie sonst niemand.» Ein Abend mit Michael Stavarič im Kunstmuseum der Kartause Ittingen

Mit Michael Stavarič öffnet sich ein Kosmos. Nicht nur weil man angesichts der Fülle seiner Werke lange in den Büchern dieses Autors lesen kann, sondern weil er einem mit jedem neuen Buch eine weitere Tür öffnet, weil sich Michael Stavarič mit jedem Buch neu zu definieren, zu erfinden scheint, weil es somit nicht den typischen Stavarič gibt und ich mit jedem Buch riskieren muss, dass nicht das drinsteckt, was ich erwarte.

«Einen Abend mit Gallus Frei-Tomic und Cornelia Mechler im Kunstmuseum Thurgau verbringen zu dürfen, stellt wahrlich ein Privileg dar. Die Kartause Ittingen ist einer der bezauberndsten Orte, den man sich nur vorstellen kann, und mit Gallus und Cornelia trifft man dort auf Literaturliebhaber*innen, die ihresgleichen suchen, denn: es kann gar keine besser vorbereiteten Gesprächspartner geben. Es war tatsächlich so angenehm für mich über Literatur und Werk zu plaudern, dass ich beinahe aufs Lesen vergass. Selten genug hat man die Gelegenheit, sich intensivst mit Gleichgesinnten über die Literatur austauschen zu dürfen. Danke, lieber Gallus, dass Du der Literatur (und ihren Autor*innen) diesen Stellenwert einzuräumen vermagst, und du immer und überall für die Literatur einstehst. Auf ein Wiedersehen, sehr herzlich, Michael Stavaric»

Michael Stavarič, Anfang dieses Jahr ein halbes Jahrhundert alt geworden, dessen Familie einst aus der Tschechoslowakei fliehen musste, ist ein Tausendsassa. Vielleicht gerade wegen einer nicht ganz klaren Verortung einer Heimat, einer Herkunft. Als Lyriker ganz jung begonnen, ist Michael Stavarič Romancier, Übersetzer, Kolumnist, Kritiker, Essayist, Kinderbuchautor und mit Sicherheit auch ein Kulturvermittler, ein Agent des Wortes und nicht zuletzt ein Fürsprecher für Autorinnen und Autoren, die noch nicht im Licht des Ruhms stehen.


„Romane, wie sie Michael Stavarič schreibt, schreibt gegenwärtig sonst niemand.“ Frankfurter Rundschau

Zusammen mit Cornelia Mechler, Mitorganisatorin im Kunstmuseum der Kartause Ittingen, versuchten wir an diesem Abend einen Einblick in das überaus vielfältige Schaffen eines Autors zu bieten, der durchaus das Zeug hat, der Beginn einer langen Beziehung zu werden, einer langen Lesereise mit einem Autor, dessen Bücher das Leben erhellen.

Begonnen hatte sein Schreiben mit Lyrik. Einem Schaffen, in das er noch immer abtaucht, gerne mit einer gehörigen Portion morbidem Charme und groteskem Humor. In seinem 2017 erschienen Gedichtband «in an schwoazzn kittl gwicklt» kreist der Dichter in der Welt eines Haderers. In einer Art «Wiener Dialekt», den er aber wie sein grosses Vorbild H. C. Artmann seiner eigenen Zunge anpasste, stromert er durch die Welt eines Zweifelnden, eines Zweiflers, stets gut verständlich «übersetzt» ins Hochdeutsche.

 

waun d wöd amoi unta get
mechat i genau wissen wo i laund

gustirn wor i nailich am zendralfridhof
hob gschaut wos no a guats platzl gibt
und in wöche ekn i liaba net mog
do gabats anige

(aus «in an schwoazzn kittl gwicklt», Czernin)

 


Weil seine Familie in seinen Kindertagen aus der kommunistischen Tschechoslowakei nach Österreich flüchtete, wuchsen zwei Muttersprachen, ein Umstand, der sich ganz direkt in sein Schreiben auswirkte. In «Der Autor als Sprachwanderer» schreibt Michael Stavarič von einem Umstand, ohne den er wohl nie zu schreiben begonnen hätte.

So wie das Licht, das Feuer, das Meer Elemente seines Schreiben sind, scheint ein Element dafür, wie Geschichten entstehen, Texte entstehen, das Schreiben ein Motor, eine Motivation wird, der Schmerz zu sein. Erst mit Hilfe des Schmerzes komme er zur Erinnerung. 

Mit jedem seiner Bücher begibt er sich auf eine Reise ins Ungewisse. Er proklamiert das Unterwegssein, das Nomadische als Notwendigkeit seines Schreibens. Ein anderer Eckpfeiler seines Schreibens ist das Bemühen, nicht einfach in einem Klappentext nacherzählbares Unterhaltungsfutter schreiben zu wollen. Man müsse es sich Schicht um Schicht erarbeiten. «Lesen ist nicht einfach nur Unterhaltung. Literatur wird  verändern, sie kann Heimat sein, sie vermag Erkenntnisse zu eröffnen, die auf keinem noch so paradiesischen Baum gefunden werden kann.»

Neben „Erwachsenenliteratur“ schreibt Michael Stavarič auch für Kinder und nennst diese Gattung die eigentliche Königsdisziplin, die „Königsklasse der Literatur“, auch wenn es dafür keinen Literatur-Nobelpreis geben wird, auch wenn man in gewissen Kreisen für diese Literatur nur ein müdes Lächeln übrig hat. Michael Stavarič schreibe für jenes Kind, das er einst selbst gewesen sei, für all die Kinder, die dereinst zu Leserinnen und Lesern werden – vielleicht auch zu Leserinnen und Lesern seiner Bücher.

aus «Die Menschenscheuche» Stella Dreis & Michael Stavarič, Kunstanstifter Verlag 2019


In seinem neuesten 2020 bei Luchterhand erschienen Roman «Fremdes Licht» erzählt Michael Stavarič von zwei Frauen, einer in der Vergangenheit, einer in ferner Zukunft. Die eine erwacht als Letzte auf einem kalten Exoplaneten, allein mit ihren Erinnerungen, die andere, eine Inuit vor 100 Jahren als Erste im kalten Licht einer aufbrechenden Welt. Michael Stavarič hat die Kälte verinnerlicht und erzählt davon, dass weder Hitze noch Feuer, nicht einmal Wärme und Kraft das Leben in eisiger Kälte ermöglichen. Nur Leidenschaft und Hingabe. Grosse Erzählkunst!

Michael Sztavarič «Gretchen» auf der Plattform Gegenzauber 

Rezension «Fremdes Licht» auf literaturblatt.ch

Michael Stavarič «Fremdes Licht», Luchterhand

Sie wacht auf aus dem Kälteschlaf auf einem fremden, erdähnlichen Planeten. Sie ist die einzige. Alle andern, die auf dem Flugschiff auf einen Neustart auf einem weit entfernten Planeten hofften, kamen bei der Bruchlandung im Eis ums Leben. Michael Stavarič begleitet zwei Frauen, in die Vergangenheit und in die Zukunft. Eine Vergangenheit, in der die Zukunft beginnt, eine Zukunft, in die man sich zurückgeworfen fühlt.

Die Geschichte der Menschheit ist verwoben mit dem Entdeckergeist von (männlichen) Pionieren: Roald Amundsen, der als erster den Südpol erreichte, Magellan, dessen Schiff als erstes die Welt umsegelte oder Fridjof Nansen, der Grönland zu Fuss durchquerte, mit den Inuits lebte und gar den Friedensnobelpreis erhielt. 

Eliane Duval lebt im 24. Jahrhundert. Und nachdem man der Erde mit Lichtkriegen beinahe den Garaus gemacht hatte, besiegelte ein riesiger Komet das Schicksal des Planeten restlos, liess ihn zerbersten und alles auslöschen, was sich nicht auf das einzige Flug- und Fluchtschiff retten konnte. Mit dabei Eliane Duval, die, Wissenschaftlerin geworden, die Stammzellen vieler Tiere mit in den Orbit transportiert, um auf einem erdähnlichen Exoplaneten neu beginnen zu können. Es sollte eine zweite Chance werden, nachdem man die erste zunichte gemacht hatte. Kommandant des Schiffes ist Dallas, mit dem sie mehr als eine Freundschaft verbindet. Doch in dem Moment, in dem das Flugschiff seine lange Reise weit über die bisherigen Grenzen beginnt, die Reste der Erde verglühen, wird klar, dass die Mission des Rettungsschiffes unter keinem guten Stern steht. Es sind viel zu viele Menschen auf dem Schiff und viel zu wenige Kälteschlafboxen. Viele der Geretteten werden die lange Reise nicht überstehen. Das Floss der Medusa droht nach gegenseitiger Zerfleischung unterzugehen. Die lange Kette von Katastrophen nimmt kein Ende.

nunaulluq (ᓄᓇ ᐅᓪᓗᖅ), Land des Tages

Lange Zeit später wacht Eliane auf in den Trümmern des Flugschiffes. Im Eis eines fremden Planeten, dem sie den Namen Winterthur gibt, weil sie einst in den kalten Laboratorien eines Grosskonzerns im schweizerischen Winterthur arbeitete. Sie scheint die einzige Überlebende zu sein. Und weil sie als Kind viel bei ihrem Grossvater auf Grönland lebte und weiss, wie man in der Eiswüste überlebt, dass die Kälte nicht nur ein lebensbedrohender Feind sein muss, nimmt sie als Letzte den Kampf auf. 

Michael Stavarič «Fremdes Licht», Luchterhand, 2020, 512 Seiten, CHF 32.90, ISBN 978-3-630-87551-4

«Fremdes Licht» ist eine virtuose Mischung aus Dystopie, Science Fiction und Abenteuerroman, den Michael Stavarič nicht einfach linear erzählt, den Überlebenskampf einer starken Frau, sondern in Rückblenden von Geschichte(n), der Geschichte der Inuit, der Geschichte ihrer Familie, der Geschichte eines untergegangenen Planeten. Im zweiten Teil des Romans erzählt Michael Stavarič das Zusammentreffen einer jungen Inuit mit dem norwegischen Entdecker Fridtjof Nansen, der mit seinem Schiff Fram nicht bloss den geographischen Nordpol erkunden will, sondern die Lebensart eines ganzen Volkes, das in einer scheinbaren Wüste aus Eis und Schnee nicht nur zu überleben weiss, sondern eine eigene, friedfertige Kultur entwickelte. Uki, die Nansen an seine Frau Eliane erinnert, neugierig und vom Kapitän des mit lauter Sonderbarkeiten beladenen Schiffes fasziniert, geht mit Mannschaft und Schiff mit auf die Reise nach Süden. Zuerst in den Hafen New Yorks, später mit einem Begleiter an die Weltausstellung von 1893 in Chicago, bei der alle Errungenschaften der Elektrizität den Besuchern als Tor zu einer neuen Epoche präsentiert werden. Uki wird zur Entdeckerin, nur von einer andern Seite, aus anderer Perspektive. Beinahe geschluckt von einer Welt, die sich im Rausch des Fortschritts im Spiegel sonnt, die sich mit Lichtgeschwindigkeit von der Welt entfernt, in der die junge Uki aufgewachsen ist.

atsanik (ᐊᑦᓴᓂᒃ), Nordlicht

Beide Geschichten, jene der Wissenschaftlerin Eliane Duval im 24. Jahrhundert und jene von Uki im 19. Jahrhundert, die Nansen an seine Frau Eliane erinnert, verbinden sich am Ende des Romans. Eines Romans, der mich als Leser in einen rauschhaften Zustand zog. Eine Geschichte, die Fiktion und Reales so gekonnt vermischt, dass man Lust bekommt, nachzulesen, über das Buch hinaus zu „forschen“. Sei es, wenn Michael Stavarič von der Sprache der Inuit erzählt, dem Leben auf der Fram, dem Schiff, mit dem man durch natürliche Eisdrift den Nordpol erreichen wollte, der Weltausstellung in Chicago, an der sich Tesla und Edison in ihrer Potenz duellierten oder vom Plan der Menschen irdisches Leben auf einer Art Arche auf einen anderen Planeten zu transportieren.

Wer „Fremdes Licht“ liest, fröstelt manchmal, sei es in Grönland an der Küste oder auf dem Exoplaneten Winterthur. Michael Stavarič hat die Kälte verinnerlicht und erzählt davon, dass weder Hitze noch Feuer, nicht einmal Wärme und Kraft das Leben in eisiger Kälte ermöglichen. Nur Leidenschaft und Hingabe. Grosse Erzählkunst!

Interview mit Michael Stavarič:

Zwei Frauen, zwischen denen ein halbes Jahrtausend liegt, beide in Schnee und Eis aufgewachsen. Sie beschreiben diese Leben, die Kälte, das Überleben auf das Wichtigste reduziert, als wären sie von einer langen Reise durch Grönland zurückgekehrt. Sie erzählen, als wären sie dem Volk der Inuit ganz nahe gekommen. Wie nahe?
Die Auseinandersetzung mit alten Kulturen interessiert mich seit je her, ich verorte im archaischen Wissen und Leben diverser Naturvölker so etwas wie „Wahrhaftigkeit“. Meine Auseinandersetzung mit dem Inuktitut (der Sprache der Inuit) und folglich auch mit dem kulturellen und sprachlichen Selbstverständnis dieser Völker erfolgte allerdings erst im Zuge der Romanrecherchen. Am Anfang stand die Faszination für die für mich futuristisch anmutenden Schriftzeichen, die Art und Weise der Metaphorik (Stichwort: das Wasser, das sich im Meer wie ein Fluss bewegt) – und diverse alte Reiseberichte.

itqujaq (ᐃᑦᖁᔭᖅ), lose im Meer umher irrende Schneeflocken, Quallen

Während man 1893 an der Weltausstellung in Chicago mit der „Weissen Stadt“ den endgültigen Sieg der Technik über das natürliche Leben feierte, die Elektrizität das Tor zu unbegrenztem Fortschritt sein sollte, schrammt ein halbes Jahrtausend später das, was von der Zivilisation übrig geblieben ist über das Eis eines fremden Planeten und zerschellt. Ist das eine Ikarus-Geschichte?
Man könnte das durchaus so interpretieren – zunächst schliesst sich ganz banal ein Kreislauf, wobei augenscheinlich ein neuer Zyklus beginnt (das vorangestellte Songzitat von Hooverphonic nimmt es vorweg: the end is always the start of a new episode). Der Fortschritt und die Zukunft bilden dabei stets den Widerpart zum archaischen, naturbelassenen Leben und der Vergangenheit. Was sich da genau aus dem Eis (nicht Asche) erhebt, darüber liesse sich jetzt wunderbar spekulieren. Es hat vor allem auch mit meinem allerersten Roman „stillborn“ zu tun, wo es eine Protagonistin namens Elisa gibt, die sich dem Element Feuer verschrieb und am Ende des Buches in einem Schneesturm verschwindet; jetzt muss man nur noch 1+1 zusammenzählen!

Sinnaliuqpuq (ᓯᓐᓇᓕᐅᖅᐳᖅ), versuch zu schla­fen, ganz egal, was der Frost auch im Schilde führt

Elaine Duvals Kampf ist ein Kampf gegen die absolute Einsamkeit. Ein Zustand, dem man höchstens dem Schwerkriminellen in Einzelhaft zutraut. „Fremdes Licht“, zumindest der erste Teil des Romans, ist eine Robinsonade ohne Hoffnung. Wie weit können Sie sich der Einsamkeit aussetzen?
Das erinnert mich an ein altes Filmzitat, das da lautet: Hoffnung ist etwas Gutes, und das Gute stirbt nicht! Die Einsamkeit setzt uns Menschen eklatant zu, vor allem deshalb, weil wir uns selbst nur durch andere Individuen als menschliche Wesen betrachten können. Fehlt dieser Kontext, verlieren wir auch unsere Menschlichkeit, gewiss auch im philosophischeren Sinne.

kiinarlutuq (ᑮᓇᕐᓗᑐᖅ), eine Frau, die ihr Trauergesicht wie ein Mahn­mal vor sich herträgt

Uki, die junge Inuitfrau, begegnet dem Forscher Fridtjof Nansen. Er nennt sie im Geheimen Elaine, nach seiner Frau, sie ihn Vogelmann, weil er ihrem Volk einen aufziehbaren Vogel präsentiert und der jungen Frau ein dickes Buch über die Welt der Vögel schenkt. Es verbindet sie eine scheue Liebe. Nansen ist Geschichte, Uki Fiktion. Ist ihr Roman die Liebesgeschichte von Geschichte und Fiktion?
Tatsächlich habe ich mich dafür entschieden, der historischen Figur von Fridtjof Nansen eine meiner Kreationen (Uki) vor die Nase zu setzen. Wobei mir auch sehr daran lag, mich ganz bewusst von der echten Historie zu lösen, man darf also bei weitem nicht alles für bare Münze nehmen, was ich Nansen hier als Wesenheit andichte. Wenn einander Genres innerhalb eines Werkes begegnen, so mag dies vielleicht manche überfordern – mich beflügelt dies. Da bin ich ganz bei den alten Universalgelehrten: Alles ist in allem, omnia in omnibus. Daher wohl auch das Enzyklopädische – pars pro toto – in diesem Buch.

An­ guta (ᐊᖑᑕᖅ), die Totensammlerin

Sie beschreiben eindrücklich, wie Uki langsam, in die von Zeit getaktete Welt der „Zivilisierten“ vordringt, bis an die Weltausstellung in Chicago, dem Tempel des Fortschritts. Uki als Entdeckerin, als Erobererin, die fast mit dem Leben bezahlt. „Fremdes Licht“ ist ein Roman über die Zeit, über die Beziehung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, über Perspektivenwechsel. Wäre es nicht die Aufgabe eines jeden, wenigstens den Versuch zu starten, die begrenzte Sicht von einem Innen ins Aussen aufzubrechen?
Für Uki ist die Weltausstellung mit ihren Errungenschaften ein fremder Planet, der zugleich, bei aller Faszination, das Leben ihres Volkes bedroht. Ihre Nachfahrin Elaine wird im Grunde ihres ganzen Fortschritts entledigt und knüpft dort an, wo Uki einst in Grönland stand. Beide Figuren sind zweifelsohne Entdeckerinnen, Bewahrerinnen, Reisende, Suchende und – ja doch – Lichtträgerinnen. Wenn wir zum Himmel schauen und die Sterne bewundern, blicken wir in die ferne Vergangenheit und betrachten Dinge, die vermutlich gar nicht mehr existieren. Das Licht ist, wenn man so will, die sichtbare Zeit! Ich behaupte jetzt mal, es ist unsere Pflicht, über Grenzen hinweg zu denken, den Blick über den Tellerrand zu wagen und uns auf eine Reise zu begeben. Wenn man diese Schritte wagt, steht einem vieles (auch im eigenen Kopf) offen, nicht zuletzt auch die Abkehr von diversen Ängsten. Ich hoffe, meine beiden Protagonistinnen beweisen dies …

© Yves Noir

Michael Stavarič wurde 1972 in Brno (Tschechoslowakei) geboren. Er lebt als freier Schriftsteller, Übersetzer und Dozent in Wien. Studierte an der Universität Wien Bohemistik und Publizistik/Kommunikationswissenschaften. Über 10 Jahre lang tätig an der Sportuniversität Wien – als Lehrbeauftragter fürs Inline-Skating. Zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen, zuletzt: Adelbert-Chamisso-Preis, Österreichischer Staatspreis für Kinder- und Jugendliteratur. Lehraufträge zuletzt: Stefan Zweig Poetikdozentur an der Universität Salzburg, Literaturseminar an der Universität Bamberg.

Beitragsbild © Yves Noir

Das neue Programm im Literaturhaus Thurgau

Liebe Freundinnen und Freunde des Literaturhauses Thurgau

Vielleicht können Sie sich eine Vorstellung davon machen, wie viel Freude, Erwartung, Stolz und Leidenschaft die Lancierung eines neuen Programms bedeutet! Neun Autorinnen und Autoren, zwei Musiker, Künstlerinnen und Künstler aus fünf Ländern, aus Weissrussland, Österreich und Tschechien zugleich, Deutschland und der Schweiz. Ein Programm, dass sich mit Prosa, Lyrik, Sachthemen und Musik auseinandersetzt, das Lesungen, Diskussionen, Konzerte, Performances präsentiert, das Literatur in den Mittelpunkt aktueller Auseinandersetzungen führt und zusammen mit einem wachen Publikum zur Konfrontation ebenso wie zum Genuss einladen will.

Liebes Publikum, liebe Stammgäste, liebe Begeisterte für Literatur, Musik und Kunst, Sie sind herzlich eingeladen! Nehmen Sie Freundinnen und Bekannte mit! Zeigen Sie Ihnen das schmucke Literaturhaus am Seerhein! Feiern die mit uns das Sommerfest am 20. August, an dem sie nicht nur musikalisch und literarisch verwöhnt, sondern ebenso zu Speis und Trank eingeladen werden.

Mir freundlichen Grüssen im Namen der Thurgauischen Bodman Stiftung Gottlieben, der seit mehr als zwei Jahrzehnten wirkenden Stiftungssekretärin Brigitte Conrad und des Programmleiters Gallus Frei-Tomic

Franz Hohler «Enkeltrick», Luchterhand

Eingefleischte Hohler-Fans werden „Der Enkeltrick“ mit Sicherheit lesen, spätestens dann, wenn sie einmal mehr den Tausendsassa auf der Bühne erlebt haben und am Büchertisch stehen. Die Frage ist: Wie kann man all jene zu einem Hohler locken, die noch nicht auf den Geschmack gekommen sind – oder das Gefühl haben, die Reihe im Regal sei lang genug.

Als ich im Literaturhaus Thurgau vor ein paar Monaten eine Lesung mit Franz Hohler organisierte, war unter den BesucherInnen auch eine langjährige Freundin, die nur deshalb einen Platz für die Vorstellung reservierte, weil sich ihre Begleitung diese Gelegenheit nicht entgehen lassen wollte. Meine Freundin hatte geglaubt, sie hätte es gesehen, wäre satt genug. Aber nach der Vorstellung schien alles vergessen zu sein. Wie ein junger Groupie hing die dem alten Mann am Mund und liess sich beim Signieren in ein Gespräch verwickeln. Und als sie bei mir stand, leuchteten ihre Augen.

Franz Hohler «Der Enkeltrick», Luchterhand, 2021, 160 Seiten, CHF 28.90, ISBN 978-3-630-87679-5

Er kann es einfach. Er weiss, wie er die Fährte legen muss, damit ich ihm folge. Er nimmt mich mit, wickelt mich ein, umgarnt mich. Und wenn ich seine Geschichten lese, bekomme ich das Gefühl, nicht nur die Welt ein bisschen besser zu verstehen, sondern diese auch mit anderen Augen sehen zu können, gespiegelt, hinein ins Verborgene, Vergessene, Übersehene.
Wenn Franz Hohler von Beinahekatastrophen erzählt, wie Leben an der Entgleisung vorbeischrammt. Oder vom „blendenden Spitzchen“, einem Berg, der Jahrzehnte aus einem Conrad-Ferdinand-Meyer-Gedicht ruft und in einem Mann eine Sehnsucht weckt, die nur mit Steigeisen und Bergschuhen zu stillen ist, jetzt sofort, obwohl ihn alle und alles zur Vernunft ruft. Oder in jener „sagenhaften“ Geschichte von stets reservierten Tisch im Berggasthof und den Geistern, die man lieber nicht wecken sollte, weil sie sich unweigerlich zu rächen wissen. Oder vom alt gewordenen Joseph Haydn, der sich 1809, kurz vor seinem Tod, zur grossen Verunsicherung seines Kammerdieners, noch einmal in vollem Ornat in seine Kutsche setzt und der Zeit entflieht. Wie sich ein Abenteuer, das sich mit einem Mal aufbäumt im nächsten Augenblick zu Staub zerfällt.

Franz Hohler neuster Erzählband „Der Enkeltrick“ überrascht mit Wendungen, mit vielfältigen Erzählmustern, mal sagenhaft, mal abenteuerlich, mal witzig und nie belehrend. Vielleicht liegt sie grösste Qualität in den Erzählungen des Altmeisters, dass er sich über die mehr als fünf Jahrzehnte jene Unverkrampftheit und Frische bewahrt hat, die jenen fehlt, die irrtümlich glauben, bei der kleinen Erzählform doch eigentlich nicht viel falsch machen zu können. Erzählungen müssen treffen, zielsicher und punktgenau. Und das kann Franz Hohler!

Franz Hohler wurde 1943 in Biel, Schweiz, geboren. Er lebt heute in Zürich und gilt als einer der bedeutendsten Erzähler seines Landes. Hohler ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, zuletzt mit dem Alice-Salomon-Preis und dem Johann-Peter-Hebel-Preis. Sein Werk erscheint seit über fünfzig Jahren im Luchterhand Verlag.

Rezension «Fahrplanmässiger Aufenthalt» auf literaturblatt.ch

Beitragsbild © Sandra Kottonau / Literaturhaus Thurgau

Jaroslav Rudiš und Nicolas Mahler «Nachtgestalten, Luchterhand

Zwei sind nachts in den finsteren Strassen einer Stadt unterwegs, ohne Ziel, solange, bis kein Lokal mehr offen hat, bis es nirgends mehr etwas zu trinken gibt. Zwei Freunde, schon alles gesagt, schon viel erlebt – und doch gibt es Abgründe, Erinnerungen ohne Licht. Dem Schriftsteller Jaroslav Rudiš und dem Illustrator Nicolas Mahler ist ein Graphic Novel  gelungen, das vordergründig Banales, aber im Grunde von den Dramen des Lebens erzählt.

Sie sind Freunde. „Hast du eigentlich mit Hana geschlafen?“, fragt der eine. 

Oder „Gibt es Hoffnung in dieser Welt?“

Antworten gibt das Gegenüber nur dünne. Die Zeichnungen von Nicolas Mahler dafür sprechen Bände. Zwei Stadtmenschen, alt gewordene Streuner, die durch die Gassen streifen, gefangen in Desillusion und dem Trott des Immergleichen. Eine Freundschaft, die sich an Biergläsern festhält, in der man über die wirklich wichtigen Dinge des Lebens gar nicht mehr offen spricht, weil man glaubt, die Antworten des andern zu kennen.

Jaroslav Rudiš und Nicolas Mahler «Nachtgestalten», Graphic Novel, Luchterhand, 2021, 144 Seiten, CHF 27.90, ISBN 978-3-630-87638-2

„Den Wisenten kannst du vertrauen, den Menschen nicht.“ Sie sind eigentlich fertig mit der Welt, haben ihre Erfahrungen gemacht. Das Leben und die Geschichte hat ihnen recht gegeben. Und wenn dann doch noch etwas aufblitzt, dann brennt die Lunte nur bis zum nächsten Bier. „Nachtgestalten“ ist aber keine bild- und textgewordene Bierseligkeit, kein Morast, der sich nach Ernüchterung und Nüchternheit ausbreitet. „Nachtgestalten ist voller Witz und Einsicht, erzählt vom wirklichen Leben und davon, dass man es nicht sausen lassen soll.

Die beiden erzählen sich Geschichten und aus der Geschichte, wie sehr sie Geschichte und Geschichten fertig machen; ihre eigene Geschichte, die Geschichte ihres Landes, die Geschichte des Menschen. Sie sinnieren, mit langen Pausen, in denen Bier nachgegossen wird, ordentlich Bier, Geschichten, die mit steigendem Pegel immer verrückter werden.

„Eins ist sicher. Ich habe studiert, und ich verstehe die Welt nicht.“

Man muss es mehrfach lesen. So wie man immer wieder in die Kneipe einkehrt und immer wieder ein Bier trinkt. Mit jedem Glas steigt die Wirkung! Jaroslav Rudiš ist ein Magier der Geschichten. Und Nicolas Mahler sein kongenialer Zeichner. Zeichnungen, die die Wirkung des Textes vervielfachen und längst nicht nur bebildern. In kleinen Schlucken geniessen!

Jaroslav Rudiš, geboren 1972, ist Schriftsteller, Drehbuchautor und Dramatiker. Er studierte Deutsch und Geschichte in Liberec, Zürich und Berlin und arbeitete u.a. als Lehrer und Journalist. Im Luchterhand Literaturverlag erschienen seine aus dem Tschechischen übersetzten Romane «Grand Hotel», «Die Stille in Prag», «Vom Ende des Punks in Helsinki» und «Nationalstraße», bei btb ausserdem «Der Himmel unter Berlin». «Winterbergs letzte Reise«, der erste Roman, den Jaroslav Rudiš auf Deutsch geschrieben hat, wurde 2019 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Für sein Werk wurde er ausserdem mit dem Usedomer Literaturpreis, dem Preis der Literaturhäuser sowie dem Chamisso-Preis/Hellerau ausgezeichnet.

© Leonard Hilzensauer

Nicolas Mahler, geboren 1969, ist Comic-Zeichner und Illustrator. Seine Comics und Illustrationen erscheinen unter anderem in Die Zeit, NZZ am Sonntag, FAZ und in der Titanic. Für sein Werk wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 2010 mit dem Max-und Moritz-Preis als «Bester deutschsprachiger Comic-Künstler» und 2015 mit dem Preis der Literaturhäuser. Zuletzt erschien seine Comic-Interpretation «Ulysses» im Suhrkamp-Verlag. Er lebt und arbeitet in Wien.

(Zeichnung mit freundlicher Genehmigung des Verlags)

Beitragsfotos © Leonard Hilzensauer

Ein literarischer Gang zwischen der Provence und Spanien, direkt neben der wilden Rhone

Wie immer beim Literaturfestival Leukerbad beginnt das vielseitige Programm mit einer «Literarischen Wanderung», einer Veranstaltung, die ihre Anfänge länge vor der erfolgreichen Lancierung von «Literarischen Spaziergängen» hatte. Dieses Jahr ging es durch den Pfynwald, einem einzigartigen Naturschutzgebiet, zusammen mit den Schriftstellern Rolf Hermann und Peter Weber.

Dass Literatur in entsprechender Kulisse eine ganz besondere Wirkung erzielt, ist leicht nachvollziehbar. Aber wenn Literatur dort tönt, wo Geräusche, Geschmäcker, das Pfeifen der Vögel, das Rauschen des Rotten, der Rhone mitschwingt, dann wird Literatur, dann wird Sprache zu einem orchestralen Erlebnis, einer eigentlichen Symphonie.

Unter fachkundiger Führung von Armin Christen, einem Guide und Mitarbeiter des Naturparks Pfyn-Finges, wurden 40  Literatur- und Naturbegeisterte durch ein Naturparadies geführt, dass seinesgleichen sucht. Peter Weber und Rolf Hermann, zwei Schriftsteller, die in ihrem Schaffen mit ganz eigenem Instrumentarium arbeiten, lasen in Pausen aus ihren Werken.

Beide Schriftsteller erlaubten literaturblatt.ch Auszüge aus den vorgetragenen Texten wiederzugeben.

Rolf Hermann

aus «Flüchtige Zuhause» (Rotpunkt):

Klingendes Geröll 

In meiner Studienzeit wohnte ich in Bern, in einem Quartier unweit der Aare, die, aus südöstlicher Richtung vom Thunersee kommend, ein auf einem Geländesporn errichteten Teil der Altstadt in einer engen Schliefe umfliesst. Wenn sich sommers die Gelegenheit bot, und der Fluss mindestens eine Temperatur von 18 Grad hatte, ging ich in ihm schwimmen. Oft allein.

In Badehosen und T-Shirt, das Badetuch unter den Arm geklemmt, zog ich los. Die Holztür meiner Dachwohnung fiel ins Schloss, und ich stieg die vier Stockwerke hinab, spazierte durch den seltsam echolosen Lärm der Berner Strassen, ging einen mit wildem Gestrüpp bewachsenen Abhang hinunter, querte die Talsohle – an einem ehemaligen Gaswerkareal entlang, den Weg über den löchrigen Asphalt suchend, der von ockergelben Pfützen durchzogen war – und erreichte den Fluss.

Ich erinnere mich, wie ich manchmal minutenlang am Rand eines Fahrradwegs auf die blaugrüne, in Ufernähe vermeintlich träge, in der Flussmitte aber rasant dahingleitende Wasseroberfläche blickend mich plötzlich an das Ufer eines anderen Flusses versetzt sah – an den Fluss meiner Kindheit und Jugend: die Rhone. Sie, die nur ein paar Kilometer Luftlinie von der Quelle der Aare entfernt entspringt und zunächst als Rotten durch den deutschsprachigen Teil des Wallis fliesst. In dem Ort, wo der Rotten zum ersten Mal gestaut und ihm ein Teil seines Wassers entnommen und über einen Kanal einem Aluminiumkonzern zur Stromgewinnung zugeführt wird, wuchs ich auf.

Ich muss zehn Jahre alt gewesen sein, als ich auf dem Nachhauseweg mit meinem Vater die Brücke über dem Staubecken passierte und auf einmal, wie aus den Nichts, ein Helikopter vor der Sommersonne stand und mit dumpfen Schlägen die Luft zerteilte. Aus dem Seitenfenster unseres Subaru sah ich, wie der im tiefen Licht glitzernde Flugkörper einen riesigen, an Metallseilen befestigen Kessel ins Wasser senkte, kurz darauf wieder abhob und einen unseren Blicken verborgenen Zielort anflog.

Zuhause angekommen, erkannten Vater und ich den Grund für die Löscharbeiten: Ein paar Kilometer flussaufwärts stand links eine ganze Bergflanke in Flammen. Wir stiegen rasch aus dem Auto und eilten ins Haus, wo Mutter und meine zwei Brüder bereits auf dem Balkon standen und erstaunt und erschrocken zugleich das unheimliche Spektakel beobachteten. Vater, der durch einen Feldstecher auf die fast bis zum Himmel emporragende, gewaltige Woge aus Feuer spähte, begann das Treiben zu kommentieren, liess uns wissen, wie viele Helikopter am Himmel kreisten, wo genau sich die Feuerwehrkräfte der umliegenden Gemeinden aufhielten und in welchem Gebiet sich die Flammen am unerbittlichsten ausbreiteten. Einmal meinte er sogar, er könne die in alle Richtungen davonstiebenden Tiere erkennen: Füchse, Gämsen, Steinböcke,  Hirsche und Rehe. Ein Rehe renne etwa gerade Hals über Kopf hangabwärts, überschlage sich öfters, richte sich aber immer wieder auf und hetze weiter, der Talebene, dem Rotten zu, der ihm, wegen des vom vielen Schmelzwasser bedingten Hochstands, wohl kaum Rettung bieten könne.

Wie lange wir an dem Abend auf dem Balkon standen, weiss ich nicht mehr. Umgehend wurde aber das über mehrere Wochen dahinziehende Beobachten der Löscharbeiten, die im steilen Gelände nur zögerlich zu bewerkstelligen waren, zu einem täglichen Ritual. Während die stets von Neuem auflodernde Glut bis zu zwei Meter tief in den Waldboden hineinkroch, grub sich jene Szene, die Vater durchs Fernglas erblickt hatte, in mich hinein, bis sie des Nachts in meinen Träumen wiederkehrte. Ich stehe am linken Rottenufer und sehe das bellende Reh. Völlig ausser sich galoppiert es am gegenüberliegenden Ufer auf und ab, setzt einen Huf ins Wasser, zieht ihn zurück, fängt erneut zu bellen an. Und hinter ihm brennt es lichterloh. Zwischen uns reisst der Rotten immer ungestümer alles mit, was sich ihm entgegenstellt: Baumstämme, Felsblöcke, Brückenpfeiler. Als die Lage immer aussichtsloser wird, es Feuerfunken zu regnen beginnt und ganze Schilfgürtel in Flammen aufgehen, nimmt das Reh weiten Anlauf, bellt ein letztes, grelles Mal und springt hinaus in die sich türmenden Wogen. Verzweifelt strecke ich beide Arme aus. Doch ein sanddurchsetzter, schlammiger Wall hat das Tier bereits erfasst, zerrt es hinweg und hinab.

Es war das Gekläff eines Hundes, der einem Plastikball nachjagte, das mich jäh aus meinem Tagtraum riss. Einige Sekunden vergingen, bis ich die Aareschwimmer, die in meinem Blickfeld auftauchten und verschwanden, nicht mehr als Schwemmholz oder sonstiges Treibgut wahrnahm. Noch immer leicht entrückt legte ich meine Sachen ab, ging flussaufwärts, wo ich, nur noch in Badehosen, in der Nähe des Tierparks, auf das Geländer einer niedrigen Brücke stieg und mich in die Aare fallen liess.

Ich tauchte ein in das Klirren und Knistern, das Rieseln und Sirren, das Scheppern und Surren und leise Dröhnen, das die von der Fliesskraft des Flusses mittransportierten Steine und Kiesel erzeugten. Mir war, als ob in der Tiefe ein tausendstimmiger, elektrisierender Chor erklänge, der alles, was an Unwägbarem geschah in hellsten Tönen von unmittelbarer Klarheit erlebbar machte.

Seither sind über zwei Jahrzehnte vergangen. Allmählich komme ich mir selber vor wie einer, der klingendes Geröll vor sich herschiebt. Und wenn der Zufall der Beharrlichkeit in die Hand spielt, kommt es auch hier zu Verwerfungen und Aufschichtungen und dazu, dass vielleicht einige Steine aus der Wasseroberfläche ragen und einen imaginären, temporären Fluchtweg bilden, der dem bellenden Reh die Rettung vor dem Inferno ermöglichen könnte.

Peter Weber

aus «Tafelrunde. Schriftsteller kochen für ihre Freunde» (Luchterhand )

1

Im Nachbarort wirkte eine Wunderköchin. Eine schlanke, kleine Frau, altledig, ihre Hände waren immer dampffeucht. Wenn Gäste das Restaurant betraten, grüsste sie aus der Tiefe der Küche, sie konnte ihre heissen Pfannen nicht verlassen. Man hatte länger auf das Essen zu warten, die Gäste nahmen dies in Kauf, sie kochte alles frisch und in der Reihenfolge der Bestellungen. Immer war zu riechen, was sie gerade zubereitete – in Schwellen gingen die Gerüche durchs Lokal und boten über die Tische hinweg Gesprächsstoff. Die Köchin stammte aus dem Kanton Schaffhausen, war just neben jenem Ort aufgewachsen, wo die Schweizer Streuwürze hergestellt wird. Der Geruch von Aromat liegt in jener Gegend in der Luft. Die Köchin aber hatte streuwürzlos kochen gelernt, in einem weltbekannten Fischrestaurant am Rhein, wo die hohe Butterkunst zelebriert worden war – bei Fisch, Kartoffeln und Süssspeisen. Basis für diese Kunst war frische Süssbutter gewesen, fürs Braten zu Bratbutter eingekocht, für bestimmte Gerichte aber wieder mit frischer Butter verfeinert, so hatten sich unzählige Buttermischungen ergeben, jede mit eigenem Namen. Endlich wurde der Salat in einer grossen Schüssel aufgetischt. Die Gäste liebten diesen Salat seiner Sauce wegen – deren Geheimnis war der Essig aus Ostschweizer Landweinen, hiess es, Landweine, die nie besonders süss sein konnten. Essig aus Ostschweizer Landweinen erhielt eine besondere herbe Note, Säureschlucht, adstringierend, den Magen öffnend, hinunterzeigend. Im Keller, hiess es, unterhielt die Köchin in einem grossen Glas eine Essigmutter. –
Den Kopf auf der Höhe der offenen Durchreiche sah ich eines Mittags, was Erwachsene nicht sehen konnten: dass die Wunderköchin nebst Salz auch Aromat auf die Salatblätter streute, nur sehr wenig und fast reflexartig, eine Prise Heimat, gelbe Streue, Kristalle und Flocken, sie lösten sich auf, verschmolzen auf den Blättern zu unsichtbaren Geschmackströpfchen. Über die Säureschluchten ihres Essigs spannte die Köchin aromatbrave Brücken der Normalität. Das Geheimnis ihrer Kochkunst war, dass sie Tiefe und Mitte kombinierte. Bei der Verabschiedung gab sie mir die Hand. Ich hielt es geheim.

2

Aromat enthält Geschmacksverstärker, Speisesalz, Sellerie, Pilzextrakte. Parmesan enthält natürliche Glutamate, ist somit den Geschmacksverstärkern zuzurechnen. Die Streuwürze der Römer, die sie allen Legionären mitgaben und die sie auf geschmacksarme Speisen in der Fremde gaben, war eine Art Sardellenersatz und enthielt natürliche Glutamate. Sind Geschmacksverstärker im Spiel, sagt mein Nachbar, er ist Hirnforscher, isst man mehr und schneller. Gieriger. Es wird weniger gekaut und schneller geschluckt. Geschlungen. Die Bissen sind grösser und die Pausen zwischen den Bissen kleiner. Botenstoffe im synaptischen Spalt am Ende der elektrischen Übertragung: Bei Glutamat handelt es sich neurologisch betrachtet um ein Rauschgift, sagt der Nachbar, um eine suchterzeugende Aminosäurenverbindung, die über die Schleimhäute ins Blut und von dort direkt in unser Hirn gelangt. Glutamat erzeugt künstlichen Appetit. Knorrli, der lachend rote Suppenteufel mit den dicken Waden, der die Kelle schwingend über die Aromatdose rennt, ist Transmissionar. Er wohnt unter Pilzen.

3

Totentrompeten: Meine Mutter fand diese Gewürzpilze in hoher Zahl, sie konnte sie erahnen, erriechen. Mitglieder des Pilzverreins suchten im Ungefähren oder auf der falschen Talseite. Man erkennt die Totentrompeten auf dem Waldboden kaum – kleine, schwarzbraune Körperchen mit Trompetenöffnungen, wo die Hüte wären. Sie strecken zwischen dunklem Laub, den Erdtürmchen, wie sie die Waldwürmer aufwerfen, allzu ähnlich. Ich wurde ausgeschickt, sie aufzusammeln, der Hund begleitete mich, ich agierte auf Schnauzenhöhe. Feuchte Hänge eines Bachtobels, Äste und Wurzeln, an denen man sich festhalten konnte. Bald roch es nach Erdreich, Schlaf und Mohn. Wenn man eine einzige Totentrompete entdeckt hat, finden sich daneben unzählige andere. Sie stehen geschart, in Heeren. Auf dem Rückweg sammelte ich die zuschauenden Milchlinge ein, Publikumsreizker. Wir brachten leuchtorange und grauschwarze Pilze im selben Korb nach Hause – die Reizker bereitete meine Mutter sofort zu, die Hüte in Eigelb und Mehl gewendet und kurz gebraten. Die Totentrompeten jedoch sind frisch gekocht zu faserig, ihr Geschmacksprinzip verdichtet sich erst, wenn sie austrocknen, sich zusammenziehen. Wir legten sie auf Dörrsiebe, Pilzgeist breitete sich aus. Die kleinen Stücke kamen in grosse Gläser. Ich öffnete diese immer wieder kurz, um meine Nase in den Wald zu stecken. In einer Wildrahmsuace entfalten die wieder eingeweichten Pilze ihr dunkles Aroma. Totentrompeten und Rahm: Angelicum. Das Lied der guten Welt.

Rolf Hermann, geboren 1973 in Leuk, studierte Anglistik und Germanistik. Sein Studium verdiente er sich als Schafhirt im Simplongebiet. Rolf Hermann ist Mitglied der Mundart-Combo «Die Gebirgspoeten». Seine Texte wurden ins Arabische, Englische, Französische, Litauische, Polnische, Spanische und Ungarische übersetzt. Heute lebt Rolf Hermann mit seiner Familie in Biel. Er schreibt vor allem Lyrik, Prosa, Hörspiele, Spoken-Word und Theatertexte, oft auch in Mundart.

Der Schriftsteller Peter Weber ist 1968 in Wattwil geboren und dort aufgewachsen, heute lebt er im Toggenburg, in Zürich und zeitweise in Istanbul. Er sucht, wie kaum ein anderer Autor seiner Generation, nach der Musik in der Sprache, nach dem Klang der Wörter und Sätze.
Sein Erstling «Der Wettermacher» wurde 1993 als origineller Wurf gefeiert und trug dem Autor mehrere renommierte Literaturpreise ein. Seither gilt Peter Weber als markant eigenständige Stimme in der Schweizer Literatur. Seine Romane ragen durch ihre musikalische und originelle Sprache aus dem Einerlei der Gegenwartsliteratur heraus, wie die FAZ festhält.

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