Sasha Filipenko «Die Jagd», Diogenes

Lesung am 19. Mai
im Literaturhaus Thurgau

Russland ist nur ein Beispiel dafür, wozu ein von Propaganda durchsetztes Land fähig ist, was Mächtige alles tun und lassen können, ohne jemals dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Sasha Filipenkos Roman „Die Jagd“ liest sich wie eine düstere Dystopie, an der man aber aushalten muss, dass sie längst bittere Realität ist. Warlords führen Kriege, ohne sich an Grenzen zu halten, seien es Landesgrenzen oder irgend welche altbackene Grenzen der Menschlichkeit.

Ein Journalist krallt sich an einer Geschichte fest, die offenbaren soll, wie einer der Allmächtigen im Land die Öffentlichkeit als Patriot an der Nase herumführt, wie er sich nach Lust und Laune durch krumme Geschäfte bereichert und nichts und niemand, schon gar nicht Väterchen Staat, ihn davon abzuhalten versucht. Eigentlich doch die hehre Aufgabe eines jeden Journalisten, der sich der Wahrheit, an seinen Kodex hält. Anton Quint versucht es wenigstens. Versucht es nicht nur als Journalist, auch als Schriftsteller.
Auch weil er Vater geworden ist und nicht zuletzt seiner kleinen Tochter gegenüber die Verpflichtung spürt, den Rausch, für etwas und jemanden da zu sein.

Oligarchen wie Wolodjan Slawin interessieren sich weder für die Wahrheit, noch für das Wohl eines Volkes, auch Menschlichkeit ist höchstens aufgesetztes Instrument. Die Welt ist eine Schlangengrube, in der man sich behaupten muss. Eine Arena, in der der Stärkere gewinnt. Und wenn die Kräfte nicht zu seinen Gunsten verteilt sind, dann soll der Bär an Beinen und Armen gefesselt werden, damit sich die Hunde in ihn verbeissen können. So setzt Slawin ein ganzes Team auf den Journalisten Anton Quint an. Eine unbarmherzige Jagd beginnt mit dem einzigen Ziel, den unbequemen und aufsässigen Journalisten dazu zu bringen, das Land zu verlassen und sich damit vor seinem eigenen Publikum zu diskreditieren.

Sasha Filipenko «Die Jagd», Diogenes, aus dem Russischen von Ruth Altenhofer, 2022, 288 Seiten, CHF 29.00, ISBN 978-3-257-07158-0

Der Oligarch hetzt Lew und seinen alten Freund Kalo auf den Journalisten. Lew hat Schulden, Kalo hat sich längst den schmutzigen Geschäften seines Chefs verschrieben. Lew kam aus ärmlichen Verhältnissen und wurde Reporter einer bedeutenden Redaktion, bis man ihn sogar zum Chefredaktor erklärte. Ein Amt, Geld, Einfluss, das alles stieg Lew in den Kopf, erst recht, als er die Tochter des Besitzers eben jener Zeitung ehelicht und in seinem Rausch den Boden unter den Füssen gänzlich verliert. Gescheiterte Existenzen, die zurück an die Oberfläche wollen, die genau wissen, dass sie ohne undurchsichtige Hilfe nie mehr zurück an die Sonne kommen, muss alles recht sein, auch wenn zuweilen der Zweifel nagt, ob man mit seinem Tun den Bogen nicht überspannt.

Anton Quint leidet. Ich lese, wie man sich in seine Nachbarwohnung einmietet und ihm und seiner  Familie mit permanentem Lärm den Schlaf raubt, wie man ihn bedrängt und diffamiert, Falschmeldungen in Umlauf bringt, wie man ihn in TV-Talkshows zum Pädophilen erklärt, wie man in seine Wohnung eindringt und nicht nur seinen Computer knackt, wie man einen Mann mit seiner ganzen Familie zu brechen weiss. Ich lese je länger je mehr erschüttert und angeekelt. Nicht so sehr darüber, wie offen Sasha Filipenko das Grauen schildert, sondern wie leicht man den Inhalt als Pageturner aburteilen, wie leicht man Sasha Filipenko vorwerfen kann, sich bekannter Stereotypen zu bedienen, um den Horror der Gegenwart zwischen zwei sich gut verkaufende Buchdeckel zu bringen.

Klar liest man den Roman mit dem Wissen um russische Regimekritiker wie Alexej Nawalnyi oder Juri Dmitrijewdem. Klar passt der Roman vor die Kulisse eines Krieges, der allem, was russisch ist, den Krieg erklärt. Klar suggeriert der Roman Lesenden, sie hätten nach der Lektüre eine Ahnung von dem, was fern von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Russland oder vergleichbaren Staaten abgeht. Aber ich glaube nicht, dass es Sasha Filipenkos› Absicht war, Klischees zu zementieren. „Die Jagd“ ist schonungslos und unversöhnlich, clever und klug komponiert, frei von jeder Illusion, auch von der, dass Geschichten doch irgendwie gut ausgehen müssen.

Man kann „Die Jagd“ wie einen düsteren Thriller lesen, dann verursacht er ein Schaudern. Aber Sasha Filipenkos Roman ist viel mehr. Ein Buch, das den letzten Schleier niederreisst, das mir in die Magengrube schlägt. Sasha Filipenko kann nicht zurück in sein Heimatland, das im Würgegriff seines grossen Bruderstaates ist. Kann nicht zurück, weil er mit Gewalt rechnen muss gegen sich und seine Familie. Ist es da verwunderlich, dass man zur einzigen Waffe greift, die einem zur Verfügung steht? Der Literatur?

Sasha Filipenko, geboren 1984 in Minsk, ist ein belarussischer Schriftsteller, der auf Russisch schreibt. Nach einer abgebrochenen klassischen Musikausbildung studierte er Literatur in St. Petersburg und arbeitete als Journalist, Drehbuchautor, Gag-Schreiber für eine Satireshow und als Fernsehmoderator. Sasha Filipenko ist leidenschaftlicher Fussballfan und wohnte bis 2020 in St. Petersburg. Er hat Russland verlassen und hält sich derzeit an wechselnden Wohnorten in Westeuropa auf.

Ruth Altenhofer, geboren 1979, studierte Slawistik in Wien sowie in Rostow am Don und Odessa. wurde 2012 und 2015 für Übersetzungen von Marina Zwetajewa/Boris Pasternak und von Wjatscheslaw Pjezuch mit dem Übersetzerpreis der Stadt Wien ausgezeichnet.

Rezension von «Rote Kreuze» auf literturblatt.ch

Beitragsbild © leafrei.com / Literaturhaus Thurgau

Frank Heer «Alice», Limmat

Nicht für alle ist die Vorweihnachtszeit die schönste Zeit des Jahres. Ganz sicher nicht für Max, damals, 1975, eingekeilt zwischen dem neuen Job in einer Zeitungsredaktion, den Launen der Liebe, aller möglichen Versuchungen und den steinernen Ansichten all jener, die es genau wissen, schon immer wussten. „Alice“ blendet in eine Zeit, die vergessen scheint, evoziert Bilder, die während des Lesens jenes „dokumentarische Wackeln“ erzeugen, das einen Roman untermalt, der mit Witz und Verspieltheit glänzt.

„Alice“ ist vieles zugleich; die Geschichte eines verzweifelt Liebenden, ein Abenteuerroman, eine Kriminalgeschichte, ein Zeitdokument, vielleicht sogar eine Art Sittengemälde. Max Rossmann, eben eine Stelle als Lokaljournalist in einer konservativen Regionalzeitung angenommen, in der die Ressortleiter (selbstverständlich Männer) alle wie kleine Könige und Allwissende residieren, lernt bei einem Konzertbesuch Alice kennen, die Sängerin auf der kleinen Bühne, der erst kaum jemand zuhören will, die ihn dann aber nicht nur mit ihrer Stimme zu Tränen rührt. Was als Interview beginnt, wird zu einer vertrackten Liebesgeschichte, denn zum einen verschwindet Alice mit einem Mal, zum andern muss Max feststellen, dass einiges von dem, was Alice im Interview zum besten gab, erfunden und erlogen war. 

Max versucht seine Füsse auf eigenen Boden zu bekommen, auf seinen Boden. Auch weg von seiner Ex, die ebenfalls Alice heisst. Weg von den steinernen Strukturen seines Elternhauses, vielleicht sogar weg von den Blutspuren eines Untiers, dass Hunde reisst und die zerfetzten Kadaver zurücklässt, einer Spur, die sich immer wieder im schmelzenden Schneematsch verliert. Weg von der Paranoia, die ein rätselhafter Anrufer verursacht, der seine eigene Todesanzeige aufgeben will, sich immer wieder am Telefon meldet, der sich wie ein Gespenst in seine Träume mischt.

Bis sich die Ereignisse überstürzen, das blutgierige Monster vor dem Haus seiner Eltern auftaucht, Pistolen zum Einsatz kommen und Alice im Spital landet.

Frank Heer «Alice», Limmat, 2022, 208 Seiten, CHF 30.00, ISBN 978-3-03926-038-6

Was an Frank Heers Roman „Alice“ fasziniert, ist seine erfrischend, unkonventionelle Erzählweise, die stimmungsvollen Szenerien und ein Personal, das nicht nur mit seinen Namen (Alice Zidane, Breitscheitel, Krauthammer, Händel…) Stirnrunzeln verursacht, auch mit den Szenerien, sei es in den Verkaufsräumen eines Tierpräparators oder im Traumszenario eines mit Büchern und Müll vollgestopften Einfamilienhauses, sei es in der Runde der Anonymen Alkoholiker oder in den verrauchten Redaktionsräumen eines selbstgefälligen Schreiberlings. Aber auch die Hauptperson selbst, ein junger Wilder, der sich auf einem Tripp nach Paris auch mal in einem Warenhaus bedient, nachdem er sich sein Geld abknöpfen liess, sein Leben als grosses Abenteuer sieht und um jeden Preis nicht werden will, was seine Eltern und ihre Generation geworden sind; Spiesser.

Frank Heer vermischt Genre ebenso lustvoll wie Handlungsstränge. Und alles ist unterlegt vom satten Sound einer Generation, die noch glaubt, dass mit der Kraft der Musik etwas zu erreichen ist. Da ist nicht nur die geheimnisvolle Alice, die an den Grenzen von Delirium und Genialität zu scheitern droht, die den grossen Traum der Musik in sich trägt, sondern all die grossen Namen einer Zeit, in der Musik Kampfansage war.

„Alice“ ist Literatur in satten Farben. Es scheint, als wäre seit der Veröffentlichung seines Romansdebüts „Flammender Grund“ 2005 ein Damm gebrochen; unbändige Erzähllust, weit weg von helvetischer Zurückhaltung. „Alice“ ist Literatur gewordenes Vergnügen!

Interview

Sie sind Jahrgang 66. Ihr Buch spielt 1975. Ihr Protagonist ist also ein Jahrzehnt älter als Sie. Was reizte Sie an genau dieser Zeit? War es die Musik oder das Nebeneinander zwischen Aufbruch und Spiessbürgertum?
Vor allem Letzteres: der Aufbruch. Auch wenn es noch ein paar Jahre dauern sollte, bis die musikalischen Vorboten der Veränderung – die frühen Punkbands aus London und New York – die Schweiz erreichen sollten. Die Siebziger schienen mir eine interessante Schnittstelle zwischen Desillusion und Neuanfang. Entscheidend für mich, meinen Roman dort anzusiedeln, war aber das Schweizer Road-Movie «Reisender Krieger» von Christian Schocher, der im Jahr 1981 erschienen war und ein grandios trostloses Bild der Siebzigerjahre zeichnete. Ich hatte ihn vor etwa zehn Jahren in einer restaurierten Version im Kino gesehen. Diese kühle aber schöne Tristesse wollte ich einfangen. In meinem Kopf ist «Alice» daher auch ein Roman in Schwarz-Weiss – wie die Bilder von Kameramann Clemens Klopfenstein. 

Ihr Roman ist sowohl in seinem musikalischen wie politischen Umfeld stark an den tatsächlichen Gegebenheiten angehängt. Drückt da die Recherchearbeit des Journalisten durch? Und auch ein bisschen „die gute alte Zeit“?
Mich interessierte Schochers Filmkulisse als Projektionsfläche, nicht die Nostalgie. Ich kam 1991 als junger Volontär zu einer Ostschweizer Tageszeitung. Viele Erfahrungen aus dieser Zeit liessen sich problemlos um zwei Jahrzehnte nach hinten verschieben. Da hatte sich gar nicht so viel verändert. In die Gegenwart hätte das aber überhaupt nicht funktioniert. Insofern dienten mir die Siebzigerjahre einfach als Bühne, auf keinen Fall als Sehnsuchtsort. Die Recherchearbeit dazu hielt sich in Grenzen. Klar, die Fakten mussten stimmen, aber mir war es viel wichtiger, ein Gefühl fassbar zu machen, als eine Epoche möglichst akkurat aufleben zu lassen. Vinylschallplatten, aufregende Musik und volle Aschenbecher sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Siebzigerjahre in der Schweiz eine vergleichsweise trostlose, ja beklemmende Zeit waren. Die Jugend wurde erst erlöst, als der Punk aus England und Amerika in unseren Städten ankam und die bewegten Achtzigerjahre einläuteten.

So wie sich Max Rossmann ziemlich intensiv an seinem Umfeld abarbeiten muss, sei es in seinem steifen Elternhaus oder an einem Arbeitsplatz im Kampf gegen Arroganz und Besserwisserei, schleift sich der junge Mann auch an zwei Frauen, seiner Phantasie und der Verlockung, einfach alles stehen und liegen zu lassen. 
«Alice» kann man als Coming-of-Age-Roman lesen. Es gibt ja kaum eine Zeit, die man intensiver erlebt, als seine Jugend. Und natürlich habe ich in meinem persönlichen Steinbruch geschürft. Aber auch hier: Es ging mir nur darum, dieses Gefühl zu vermitteln, das immer auch ein Gefühl der Orientierungslosigkeit und Verunsicherung war, gerade wenn man in einer Kleinstadt aufgewachsen und sozialisiert worden war und sich fragte, ob es das denn nun schon gewesen sei. Schule, Ausbildung, Studium, Beruf, Beziehungen. Was mich aus dieser Überforderung gerettet hatte, war zum grossen Teil die Musik. Auch meine eigene Musik. Meine Band. Die Subkultur. Und später dann, Ende zwanzig, meine «Flucht» nach New York. Da habe ich wirklich alles stehen und liegen gelassen. Etwas, was meinem Protagonisten Max ja nicht wirklich gelingt. Oder noch nicht.

Als Journalist beschäftigen Sie sich wahrscheinlich in der Begegnung mit Menschen selten mit „Normalos“. Ihr Roman ist von einer ganzen Reihe spezieller Figuren bevölkert, sei es die Mutter, die selbst zuhause in Stöckelschuhen auftritt, das kiffende Liebespärchen, das sich im Zug verlustiert oder die eine ganze Kolonne Männer, die in einem Geschäft eines Tierpräparators verschwindet und nicht mehr auftaucht. Müssen Sie sich beherrschen, dass die Lust am Figurenspiel nicht überbordet?
Ich muss mich tatsächlich beherrschen, ja, und verspreche beim nächsten Roman Besserung! Wenn ich überborde, dann vielleicht aus einer Angst heraus, dass die Figuren ansonsten leer bleiben. Ich weiss es nicht. Ich würde gerne schreiben wie Raymond Carver, der mit wenigen Sätzen alltägliche Figuren in dichten, atmosphärischen Szenen auftreten lassen konnte. Aber nun ja, es macht auch Spass, sein eigenes Figurenkabinett an der Nase herumzuführen. Und dem Unwahrscheinlichen einen Platz zu geben. Der Magie. Das darf ich als Journalist ja nicht.

„Alice“ ist auch ein Roman über Welten, die aneinander und aufeinanderprallen. Sind Schriftsteller Seismografen?
Vielleicht. Man reagiert auf das, was einen umgibt und übersetzt es in eine Geschichte. Mit etwas Glück trifft man den Nerv der Zeit. Ich finde es schon fast erschreckend, wie aktuell mein Roman gerade wieder geworden ist. Wie in den Siebziger- und Achtzigerjahren, leben wir wieder in Zeiten grösster Verunsicherung. Der Ost-West-Konflikt, das geopolitische Kräftemessen, schiebt sich gerade als hässliche Drohkulisse aus meinem Roman heraus in die Realität und lässt uns erschaudern. Aber als Seismograf hatte ich hier jämmerlich versagt: dieses Beben liess sich nicht voraussagen.

Ich habe meinen Kindern, die mittlerweile auch längst erwachsen sind, allen schon einmal Musik aus meiner Jugend demonstriert. Musik, die noch immer vollgeladen ist mit Erinnerungen, Emotionen, Lebensgefühl und Kampfansage. Ist «Alice“ auch ein bisschen „Musikgeschichte“. 
Das kann man so lesen, muss man aber nicht. Ich wollte mit den popkulturellen Ausflügen vor allem die Leidenschaft meines Protagonisten für die Musik spürbar machen. Es ist ja bezeichnend, dass er sich in eine Musikerin verliebt, als er sie singen hört. Auf der Strasse wäre ihm die Frau vermutlich nicht aufgefallen, aber der Song, den sie in dieser kleinen Bar, im Scheinwerferlicht und umhüllt von Rauchschwaden, sang, liess ihn in Tränen ausbrechen. Es ist das, was ich spüre, wenn ich die Songs von Judee Sill höre, die mir als Vorlage für die Frauenfigur von Alice Bay gedient hatte.

Was bedeutet Musik für den 56jährigen Frank Heer?
Die Musik ist für mich eine nie versiegende Quelle. Ihre Kraft ist wunderbar, rätselhaft und heilsam. Manchmal schafft das auch die Sprache.

Frank Heer, 1966 in Uzwil bei St. Gallen geboren, ist Redaktor für Musik und Film bei der «NZZ am Sonntag». Er schreibt als Freelancer für Publikationen wie «Das Magazin», «Die Zeit» oder «Schweizer Familie». Von 1995 bis 2005 lebte er als Korrespondent in New York. 2005 erschien bei Hoffmann & Campe sein Romandebüt «Flammender Grund». Frank Heer ist nebenberuflich Musiker und veröffentlichte mit verschiedenen Formationen zahlreiche Tonträger. Er lebt mit seiner Familie in Zürich.

Webseite des Autors

Beitragsfotos © Ayse Yavas

Marianne Künzle «Da hinauf», Nagel & Kimche

Zwei Frauen auf dem Gletscher. Die eine damals, als sich der weisse Koloss noch wuchtig ins Tal ergoss. Die andere heute, wo sich der Mächtige mehr und und mehr zurückzieht, sich in Wasser verwandelt, zu einem kümmerlichen Rest zu werden droht. Und weil die eine durch einen Fehltritt im Eis liegen und für Jahrzehnte eingeschlossen bleibt, kreuzen sich die Weg der beiden Frauen in Spalten an der Gletscherzunge.

Gletscher sind gefrorene Geschichte, eine Art Fingerabdruck der Zeit. So wie sich über Jahrhunderte Schicht um Schicht der Gletscher vergrösserte, so schmilzt er heute weg, gibt preis, was über Jahrzehnte, Jahrhunderte oder gar Jahrtausende verborgen blieb. Bekanntestes Beispiel dafür ist Ötzi, eine „Gletschermumie“, die man 1991 im Südtirol fand, 5000 Jahre nach einer Nacht, die der einsame Wanderer nicht überleben sollte. Künftig wird es immer wieder vorkommen, dass das sich zurückziehende Eis, der schmelzende Permafrost Geschichten freilegen wird.

Annina ist eine junge Journalistin, noch frisch auf der Redaktion, aufgeregt auf ihr erstes grosses Interview, das nach der sonntäglichen Wanderung über den Gletscher stattfinden soll. Eigentlich war es Absicht gewesen, zusammen mit ihrer Freundin Melli die Gletscherwanderung in Angriff zu nehmen. Aber Melli musste krank zurückbleiben. Statt mit der sprudelnden Freundin in die Höhe zu steigen, wird die Wanderung nicht nur eine Wanderung in die Stille der Berge, sondern ein Einstieg in die Stimmen in ihr selbst, eine Welt, die so ganz anders ist, als jene, die sie im Tal zurückgelassen hat. Eine Wanderung zu einem Gletscher, der sich hörbar bemerkbar macht, in dem es kracht und donnert, als wäre es ein grosses Ächzen in seinem langen Sterben.

Marianne Künzle «Da hinauf», Nagel & Kimche, 2022, 112 Seiten, CHF 27.90, ISBN 978-3-7556-0012-1

Irma ist Jahrzehnte zuvor auf einer ganz ähnlichen Tour, sie in den Fünfzigerjahren allein unterwegs. Einem Abgrund entflohen, junge Witwe, allein am Berg, allein mit sich selbst, den Alltag hinter sich lassend.
Damals war der Gletscher ein ganz anderer, ein monströses Urgetüm, über Jahrhunderte fliessendes Eis. Irma und Annina, zwei Frauen in ganz unterschiedlichen Zeiten, an den Rändern eines Gletschers, der wie kaum ein anderes Naturphänomen zeigt, wie sehr sich die Zeit, die Fliessrichtung ändert. Was damals noch wuchs, zieht sich heute zurück. Damals ein wuchtiges Weiss, heute ein schmutzig graues Überbleibsel dessen, was es einmal war. Zwar wandern die beiden Frauen an den gleichen Bergflanken, aber was sie hinter sich liessen, unterscheidet sich ebenso diametral wie das, das sich vor ihren Augen an diesem Berg abspielt.

Marianne Künzle erzählt ganz dezent, macht sprachlich sichtbar, was der Berg verursachen kann; jene schlichte Klarheit. Marianne Künzle hätte die Geschichte dieser beiden Frauen aufblasen, jenen Fehltritt der einen dramatisieren, den Moment der Begegnung, Jahrzehnte nach dem Unfall theatralisch inszenieren können. Tat sie aber nicht. „Da hinauf“ ist der Blickwinkel zweier Frauen, die für ein paar Stunden aus ihrem Leben auftauchen wollen, die in den Bergen, an den Rändern des Gletschers die Nähe zu sich selbst suchen. Die Dramaturgie des Romans ist eine ruhige, als wäre ich als Leser der einzige Zeuge. 

Als mir die Autorin vor Monaten bei einem Spaziergang in den Walliser Bergen von ihrem Manuskript erzählte, dachte ich, sie würde die Gletscherleiche erzählen lassen. Aber die eigentliche Begegnung der beiden Frauen aus unterschiedlichen Zeiten und Leben findet erst auf den letzten Seiten des Romans statt. Was den Roman zu einem grossen Lesegenuss macht, ist nicht das Drama am Eis, sondern die Stimmungen an diesem Berg, die Farben, die Spuren, das Licht, der Wind. Marianne Künzles Roman ist eine Ode an die Natur. Wie ein zärtliches Streicheln über Bergflanken, die unter den Klimaveränderungen ächzen. Die Autorin erzählt in zwei Strängen, zieht die Windungen immer enger, bis zu jenem Moment, wo klar wird, dass dort kein Holz im Eis liegt, sondern die Überreste einer Frau.

„Da hinauf“ ist gekonnt erzählt, eingetaucht in grosse Klarheit!

Marianne Künzle ist 1973 in Bern geboren. Sie ist in Schönbühl aufgewachsen, zwischen modernen Wohnblöcken und Waldrand, Intensiv-Landwirtschaft und letzten Froschhabitaten. Sie hat eine Ausbildung zur Buchhändlerin gemacht und koordinierte viele Jahre Greenpeace-Kampagnen für eine ökologische Landwirtschaft. 2019 hat sie den 2. Oberwalliser Literaturpreis erhalten (für «Living Planet«). Sie lebt im Wallis.

Webseite der Autorin

Dienstag, 26. April im KultBau St. Gallen und Donnerstag, 28. April im Literaturhaus Thurgau: Isabella Krainer & Lea Le «Vom Kaputtgehen», eine Performance

Zusammen mit der St. Galler Illustratorin Lea Le performt die steirische Lyrikerin Isabella Krainer. Lyrik und Illustration formen Bilder, treten in Austausch, erwidern und befragen sich. Kunstformen begegnen sich!

von wegen

vater war dafür
sagte nur
deswegen

verwegen

mutter fragte wofür
dachte nur
weswegen

verlegen

krieg vor der tür
kämpfe nur
entlegen

von wegen

An einem ganz normalen Leben entlang, von Zeugung, Schwangerschaft und Geburt über Familienleben und Schulzeit bis zur Entwicklung von Geschlechterrollen, zu unvermeidlichen Kontakten mit politischer Wirklichkeit und zum Ringen um Mitmenschlichkeit spannt Isabella Krainer den Bogen einer österreichischen Jedermensch-Biografie. Immer weit am Rand der Komfortzone – oder schon jenseits davon – bewegen sich die Figuren, fühlen sich nicht zugehörig und gehindert am Weiterkommen.

Isabella Krainer «Vom Kaputtgehen», Limbus, 2020, 91 Seiten, CHF 18.90, ISBN 978-3-99039-170-9

Die österreichische Lebenswirklichkeit dringt in die Sprache dieser Gedichte, in der Krainer – unentwegt ihr enormes Sprachbewusstsein beweisend – mit Mundartelementen Heimatgefühl erzeugt, das sie mit Doppeldeutigkeiten und Konnotationen, kleinen Verschiebungen aber gleich wieder ungemütlich gestaltet. Alltägliches bekommt eine neue Bedeutung, Bekanntes wird überraschend anders, Erwartungen werden unterlaufen, Wörter treffen bis in den Kern.

„Dass Lyrik grösstes Vergnügen bereiten kann, trotzdem jene Schärfe und Würze birgt, die der Lyrik in ihrer Konzentration eigen ist und doch kunstvoll, gewieft und vielschichtig daherkommt, das beweist Isabella Krainer in ihrem ersten bei Limbus erschienen Gedichtband.“ Gallus Frei-Tomic, literaturblatt.ch, 2020

manchmal

manchmal möchten möhren
eingesetzt
vielleicht auch zu höchstleistungen
angetrieben
oder mehr noch
wegen
medial produzierter minderwertigkeitskomplexe
karotten genannt
und überhaupt
attraktiver
werden

Isabella Krainer, geboren 1974 in Kärnten, verfasst Lyrik und Prosa und macht gern Theater. Bis 2017 lebte sie in Tirol, aktuell in der Steiermark und pendelt zwischen Politsprech und Dialektlandschaft. 2016 wurde sie mit dem Hilde-Zach-Förderstipendium der Stadt Innsbruck ausgezeichnet. Im Rahmen des stubenrein-Festivals (steirischerherbst’19) las sie aus ihren Gedichten. Als Murauer Bezirksschreiberin sammelt sie Zuschreibungen von der Straße auf und verarbeitet, was Frauen abverlangt wird, von A bis Z.

Lea Le (1995) lebt und arbeitet in St. Gallen als selbständige Illustratorin, Event- und Comiczeichnerin. 2022 Förderbeitrag des Kantons Thurgau
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Programm KultBau

Programm Literaturhaus Thurgau

 

 

Rebecca Gisler «Vom Onkel», Atlantis

Ein neuer Name auf der literarischen Bühne – ein Name, den ich mir merken werde – ein Name, mit dem sich Grosses entfalten kann. Rebecca Gislers erstaunliches Debüt verblüfft nicht durch seine Geschichte, sondern durch die Sprache, die hohe Kunst schmeichelnder Sätze, die Frische verspielter Satzkaskaden. Wer sich als literarischer Gourmet versteht, lese diesen Roman!

Klar, ein Debüt soll verblüffen. Schliesslich nimmt man mit jedem neuen Namen, der ein Buch ziert die Hoffnung mit, einem aufsteigenden Stern zuzusehen. Keiner Sternschnuppe, sondern einem neuen Fixstern im Meer der vielen kleinen und grossen Lichter am Bücherhimmel. Manchmal, aber eher selten passiert das. So erinnere ich mich an die Erstlektüre von Markus Werners Debüt „Zündels Abgang“ (1984), der mich als Lehrer doppelt bewegte, oder an Ruth Schweikerts „Erdnüsse. Totschlagen“ (1994) Erzählungen aus dem Epizentrum Familie, den ich als Vater einer wachsenden Familie mit einer ordentlichen Portion Verunsicherung las.

„Vom Onkel“ ist als Geschichte schnell erzählt. Der Onkel, noch nicht einmal sechzig, wohnt in einem kleinen Haus an der französischen Nordküste. Weit ab vom Schuss. Der Onkel ist aber nicht nur örtlich weit ab vom Schuss, sondern in seiner ganzen Art, wie er das Leben nicht meistert. Es geht ihm schlecht. Und weil Nichte und Neffe, als sie Kinder waren und die Grossmutter noch lebte, immer wieder Ferien in dem Haus am Meer machten, entschliessen sich die beiden, mehr oder weniger ungefragt in das weisse Haus mit den blauen Läden zu ziehen. Sie ins Zimmer neben dem Onkel, er in einen Teil der Garage. Eine Art Wohngemeinschaft an der bretonischen Küste. 

Rebecca Gisler «Vom Onkel», Atlantis, 2022, 144 Seiten, CHF 27.00, ISBN 978-3-7152-5003-8

Das Leben des Onkels ist ein einfaches. Seine Arbeit als Gärtner hat er aufgegeben. Er sitzt in seinem Haus, schaut fern, ernährt sich von Schokokeksen und Wurstschnitten, bewegt sich allerhöchstens mit seinem Mofa bis zum nächsten Supermarkt und reisst sich auch zur Körperhygiene kein Bein mehr aus. Nichte und Neffe beginnen eine langsame Annäherung an einen Onkel, der sich eigentlich schon lange verabschiedet, aufgegeben hat. Ebenso ist es für Nichte und Neffe eine Annäherung an sich selbst, an die Frage, was aus ihrem Leben noch werden soll, was im Leben wichtig ist, wofür es sich lohnt. „Vom Onkel“ erzählt von einem Mann, dem das Tempo des Lebens immer zu schnell war, der sich abhängen liess, der es nie schaffte „auf eigenen Füssen zu stehen“. Solange Grossvater und Grossmutter noch da waren, hatte er seinen Platz, später zieht er sich immer mehr in ein Leben zurück, dass mit den anderen und mit anderem nichts mehr zu tun haben will. Bis der Gesundheitszustand des alten Mannes dramatische Dimensionen annimmt.

Aber eben – es ist nicht die Geschichte. Das hätte auch für eine Erzählung gereicht. Was den alles überragenden Reiz dieses Buches ausmacht, ist die überbordende Kraft der Sprache. Die langen Sätze, die sich wie Schlingen um mich als Leser winden, die aber nie krampfhaft einem Plan folgen, einer Absicht, die nichts beweisen müssen. Dass es Rebecca Gisler schon mit ihrem Debüt schafft, mich derart zu verblüffen, in vielfacher Weise hochstehend zu unterhalten, ist selten genug. Mag sein, dass die einen bemerken: Lange Sätze komplizieren nur! Aber bei Rebecca Gislers Erstling eben nicht. Sie schmeicheln mir. Es sind spielerisch, leichte Satzgirlanden, die mich manchmal veranlassten, einen Abschnitt ein zweites Mal zu lesen, um es noch einmal zu geniessen.

Ein erstaunliches Debüt in einem Verlag, der sich mit diesem Buch vielversprechend bemüht aus der Asche seiner grossen Geschichte zu steigen!

Interview

Waren zu Beginn einzelne Bilder, gar Textpassagen, die sich erst mit dem Schreiben zu einem grösseren Gebilde fügten? Oder war das ganz banal auch der Wunsch, „eine Geschichte zu erzählen“?
Tatsächlich war zu Beginn vor allem die Figur des Onkels. Mehr als den Wunsch, eine Geschichte zu erzählen, gab es den Wunsch, den Onkel zu erzählen, ohne genau zu wissen, wohin das führen soll. Was mich persönlich am meisten interessiert beim Schreiben und am Lesen, sind die emotionalen Eindrücke, die ein Text hinterlässt, Sprachbilder, die aneinandergereiht so etwas wie eine Geschichte ergeben können und weniger der Wunsch danach, etwas (nach) zu erzählen. Ich denke, dass ein Text seine Sprache erfindet, genauso wie die Sprache den Text erfindet. In „Vom Onkel“ widerspiegelt die Sprache die Figur des Onkels und umgekehrt: Eine Psychologie, die vor allem durch Gesten und Körper entsteht, eine Abfolge von beobachteten Tatsachen in einfacher Sprache. 

Lange Sätze, die schmeicheln, die sich wie Sprachmelodien über eine ganze Seite ziehen. Ich erinnere mich an einen meiner Deutschlehrer, der uns stets ermahnte, kurze Sätze zu schreiben, uns nicht zu verheddern. Genau dieses Verheddern passiert Ihnen nie. Gelingt Ihnen das leicht? Wie arbeiten Sie an solchen Sprachgefügen, damit sie so leicht bleiben?
Ich glaube, dass diese langen Sätze viel damit zu tun haben, dass ich das Buch zuerst auf Französisch geschrieben habe. Der Wechsel der Schreibsprache, das Übertragen ins Deutsche aus dem Französischen, das meine Muttersprache ist, eine Familiensprache und damit vor allem eine mündliche Sprache, hat, glaube ich, viel dazu beigetragen, dass diese Figur und diese Sprache entstanden sind. Ich fühlte mich anfangs beim Schreiben auf Französisch viel weniger wohl als beim Schreiben auf Deutsch. Die französische Sprache, die ich in gewisser Weise auf eine naivere Art benutze, hat mir geholfen, mich von einer „korrekten Grammatik“ zu befreien, mit der ich das Deutsche verband, mit der Sprache als Material zu spielen, sie zu einer wirklich subjektiven Erfahrung zu machen, die manchmal roh, manchmal unkorrekt ist und eine grosse Anzahl von Einflüssen mit sich bringt. 
Als es dann darum ging, den Text ins Deutsche zu übertragen, habe ich versucht die Sprache so gut wie möglich anzupassen. Wobei ich sagen muss, dass ich die Sätze in der deutschen Fassung teilweise kürzer halten musste, wahrscheinlich ebenfalls aus dem Grund, dass die deutsche Sprache meine Schulsprache ist und war, die ich anders gelernt habe als die französische. 

Der Onkel ist ein Sonderling, das, was man heute Messie nennt. Ein Mann zieht sich zurück, schliesst sich ein, müllt sich zu. Ein Phänomen, das ganze TV-Dokus füllt und ZuschauerInnen mit Gänsehaut zusehen lässt. Der Onkel in Ihrem Roman offenbart sein Geheimnis nicht. Ihnen geht es nicht um Erklärungen. Dabei ist in einer Zeit wie dieser der Rückzug zumindest aus meiner Perspektive nicht die letzte Option. Ist Schreiben auch ein Rückzug?
Definitiv. Ich merke selber, dass Schreiben und Lesen, fast die einzigen Orte in meinem Alltag sind, in denen ich frei imaginieren kann. In diesem Sinne ist Schreiben ein Rückzug, aber keineswegs ein Rückzug von der Realität oder von menschlichen Kontakten, sondern viel eher ein Ort des Denkens und des Beobachtens von Realitäten. Teilweise, und das ist der Punkt, an dem ich tatsächlich das Gefühl habe, zu schreiben, verschwinde ich hinter dem Schreiben, als ob sich der Text von alleine schreiben würde. Vielleicht ist das mit der Figur der Ich-Erzählerin vergleichbar, deren Rolle es ist, den Onkel zu beobachten, während sie selbst hinter diesem Beobachten verschwindet. Der französische Autor Jean-Pierre Martinet meinte sogar, dass die Literatur ein Zufluchtsort für Nichtsnutze sei. Das finde ich auch schön.

Der Onkel ist auch ein „Pendler“, sein Pendel das einzige, was er bei seinem unfreiwilligen Verlassen des Hauses mitnahm. Nimmt einem das Handeln die Last der Entscheidung? Hat sich der Onkel je entschieden? Etwas, was man von uns in der Gesellschaft permanent abverlangt.
Ich denke, der Onkel ist eher unversöhnlich, oder besser gesagt; er hat sich nie versöhnt (mit der Gesellschaft, wohlgemerkt). Das macht ihn wahrscheinlich zu einem glücklichen Charakter. Weil sein ungewöhnlicher Charakter ihn vor einigen allgemeinen Formen der Entfremdung schützt. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob sein Schicksal beneidenswert ist, und ich habe alles in meiner Macht Stehende getan, um nicht in das Klischee des glücklichen Verrückten zu verfallen. Zunächst einmal habe ich darauf geachtet, mich an die Beobachtung zu halten, und dabei kam heraus, dass die Handlungen des Onkels, selbst die irrationalsten, einer ziemlich unerbittlichen Logik folgten, nämlich seiner eigenen, die in keiner Weise weniger logisch ist als unsere. In dieser Hinsicht stellt er meiner Meinung nach eine Herausforderung an die Norm dar. Er ist gleichzeitig sehr isoliert in der Gesellschaft und sehr nah an ihr dran. 

Warum haben Sie es vermieden, ihren Figuren Namen zu geben?
Figuren, die keine Namen haben, tragen etwas Ungreifbares mit sich und leben von ihren Funktionen in dieser freien Familienlegende, in der die Rollen nicht klar definiert sind. Ich glaube, dass diese Freiheit hier zum grossen Teil von der Verwandtschaftsbeziehung zwischen dem Onkel und seinem Neffen bzw. seiner Nichte herrührt. Es ist ein Verhältnis, das man im Gegensatz zu dem, das uns beispielsweise an unsere Eltern bindet, nicht aufrechterhalten muss und das daher weniger psychologisch belastet ist. Das hat mir eine gewisse Loslösung ermöglicht. Wenn man sich von den Affekten befreit, kann man sich auf das konzentrieren, was vom Klatsch übrig bleibt, der übrigens immer fragwürdig ist und daher, wie mir scheint, die Imagination begünstigt. 
Zu Beginn des Schreibens von «D’oncle» habe ich oft über das Thema der Verantwortung nachgedacht, die die Nichte und der Neffe gegenüber ihrem Onkel haben würden, aber ich habe schnell festgestellt, dass dies eine falsche Fährte war: Die Nichte und der Neffe haben in Wirklichkeit keinerlei Verantwortung gegenüber ihrem Onkel, sie sind völlig frei, nicht bei ihm zu bleiben. Ich hatte dieses Gefühl, dass die Verwandtschaftsbeziehungen erschüttert oder ausgelöscht wurden, und es war, als hätte der Onkel die Erzählerin letztlich zum Leben erweckt.

Dieses Haus am Meer. An der bretonischen Küste. Ein Sehnsuchtsort, ein Ort, an dem sich alles niederschlägt, alles liegen bleibt. Ein kleines, weisses Haus, mit blauen Fensterläden. Und doch hat das Haus in Ihrem Roman so gar nichts Romantisches. Das Haus als Kontrast zu Ihrer Sprache?
Ich weiss nicht, ob ich meine Sprache in „Vom Onkel“ als romantisch bezeichnen würde. Vielmehr widerspiegelt sie die Figur des Onkels, wie auch das Haus und die Umgebung, in denen der Onkel lebt. Ein rissiges mit Efeu überwachsenes Haus, welches im Gegensatz zu den anderen Häusern im Dorf, durch seine „unschöne“ Art heraussticht. 
Die Sprache musste sich einfach an den allgegenwärtigen organischen Rhythmus anpassen. Das ist ein Grundprinzip der Erzählung und daher ist es auch kein Zufall, dass sie mit der Szene des Verschwindens in der Toilette beginnt. Mich interessieren diese unterschwelligen, viszeralen Rhythmen, die sich zwangsläufig irgendwo in der Sprache wiederfinden. Aber schlussendlich kann man auch sagen, dass all das Unromantische oder Unschöne, sollte es ein Gefühl für die Welt hervorrufen, für mich das Gefühl ihrer Schönheit wäre, der Schönheit ihrer Wildheit und manchmal auch ihrer Grausamkeit. 

Rebecca Gisler, geboren 1991 in Zürich, studierte von 2011 bis 2014 am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel und absolvierte anschliessend den Master-Studiengang Création littéraire an der Universität Paris. Sie schreibt auf Deutsch und auf Französisch; Veröffentlichungen von Lyrik und Prosa in zahlreichen Zeitschriften und Anthologien; Mitorganisatorin der Reihe «Teppich» im Literaturhaus Zürich. Ihr Debütroman «Vom Onkel», den sie auf Französisch und auf Deutsch verfasst hat, erschien im Herbst 2021 unter dem Titel «D’oncle» in Frankreich und wurde für mehrere Literaturpreise, u.a. für den Prix Les Inrockuptibles, nominiert. Mit einem Auszug aus der deutschen Fassung gewann sie 2020 den Open Mike in Berlin. Rebecca Gisler lebt in Zürich und Paris.

Beitragsbild © René Ruis

Silvia Tschui «Vögel, frittiert»

Bei 36 Grad fallen einem Vögel tot vor die Füsse. Wenn einem wieder mal ein Vogel vom Himmel tot vor die Füsse fallen würde, denkt man, das wäre schön. Das wäre schön, denkt man, während man neben dem Grab eines Schriftstellers sitzt und auf die Hitze wartet, weil man dann am Anfang der ganzen Misère stünde. Und man wüsste noch nicht, was kommen wird, und man würde denken, oh, seltsam und irgendwie apokalyptisch, ein Vogel fällt tot vom blauen Himmel vor meine Füsse, und es würde einen nur ein leichtes Grauen befallen, statt dass es sich einem längst in jeden Knochen und jede Zelle gebohrt hätte. Und man würde nicht da sitzen und auf die letzte Hitze warten. Bei 27 Grad beginnt man schon leicht zu schwitzen. Und man hätte in diesem Moment vielleicht noch etwas tun können, wirklich etwas tun.

Und ausserdem hätte man etwas Frisches zu essen, so wie die Libanesen und Italiener in ihren Wäldern die da jeweils sassen, auf so Hockern, mit ihren Luftgewehren und auf alles schossen, was sich bewegte, also in der Luft, klitzekleine Singvögelchen, die sie dann frittierten. Wenn man etwas frittiert, binden sich die Proteine, und mit Haut und Haar, nein mit Schnabel und Feder frassen sie sie auf, zuhauf, und man hat sich damals, als man noch reiste, gefragt, weshalb die das tun, weshalb die so stolz ihre Gewehre schwangen, weshalb die das tun, so zum stupiden Sport, und man hat sie verachtet. Wenn doch die Supermärkte voll sind, mit Fleisch und Tomaten und Gurken und Wassermelonen.

Auch Jahre später, als einem ein Vögelchen nach tagelanger Hitze tot vor die Füsse fällt, sind die Supermärkte voll mit Tomaten und Gurken und Wassermelonen unter Neonlicht, und es packt einen eine Ahnung dieses Grauens, draussen dörren Felder unter blauem Himmel vor sich hin, wochenlang schon, und Bauern erschiessen sich und der hartbackende Boden zeigt Risse wie man sie früher auf Hungerbildern in Äthiopien auf diesen Hilfekatalogen gesehen hat, die zu Weihnachten in Unmengen unsere Briefkästen fluteten, erst hochglanz, später politisch korrekter auf mattem Papier, draussen hat es geschneit und jetzt gibt es keine mehr.

Keine Post, bestimmt keine Äthiopier, wahrscheinlich kaum mehr Italiener und Libanesen, keinen blauen Himmel, keine kleinen Singvögelchen, die sangen vorher schon kaum mehr, frittiert haben sie sie, trotz Tomaten, Wassermelonen und Gurken in Supermärkten und ich habe mich gefragt warum nur, und sie verachtet, und später im Supermarkt ein Huhn gekauft, mit Zitronen, die es nicht mehr gibt und Tomaten, die es nicht mehr gibt, und Oliven, die es auch nicht mehr gibt, in einem Ofen gebacken, und später war man froh, wenn die Temperatur Abends unter dreissig Grad gefallen ist, und hat darauf mit Weisswein auf einer Terrasse unter blauem Himmel angestossen, und auf das Huhn, und war guter Dinge und hat Musik gehört und Geschichten erzählt und in die blauen Augen von einem Mann geschaut, hinter ihm der See, so dass man dachte, man schaue durch diese Augen dieses Mannes direkt in die grosse Abendbläue, und das war schön.

Als es die Farbe Blau noch gab, blau, ein Wort, das die Jüngeren nicht mehr kennen, genausowenig wie grün, als die Sonnenuntergänge zuerst so richtig kitschig schockpinkorange rot wurden und man das noch schön fand, bevor sich auch tagsüber zunehmend eine Art bräunlicher Schleier über den zunehmend nicht mehr so blauen Himmel legte, das Methan, sagten die Zeitungen, und einige Zeit lang gab es dann diese Vollspektralglühbirnen, dass man den Kindern immerhin in Bilderbüchern zeigen konnte, wie das Meer und der Wald einst ausgesehen hatten und man hat ihnen vorgeschwärmt, wieviele Abstufungen von Blau und Grün es gegeben habe, Türkis und Moosgrün und Petrolgrün und Flaschengrün und Apfelgrün und Ceruleumblau und Ultramarin wie nur schon der See, an dem man wohnt, jeden Tag eine andere Farbe gehabt habe und wie schön das ausgesehen hat im Frühling mit dem blauen See unter dem blauen Himmel hinter dem unglaublich frischen Grün dieser Bäume, deren Namen man vergessen hat, diese Bäume, die einst das ganze Mittelland bedeckten, und dass der See eigentlich blau war, und nicht braun, dass der Himmel blau war und die Sonne gelb, dass Wolken weiss waren, und jetzt kennen die Kinder unserer Kinder die Wörter «blau» und «grün» nicht mehr, weil es auch diese Vollspektrallampen längst schon nicht mehr gibt, schon bevor es auch keine Elektrizität mehr gab, und wir haben aufgehört zu erzählen, von Meer und blauem Himmel und Vögeln die flogen, als wären sie schwerelos, weil die Wörter den Jüngsten nichts mehr bedeuten, sie können sie nicht fassen, und uns schmerzen sie zu sehr, und man lacht, wenn auch bitter, man lacht sowieso oft nur noch bitter, wenn man daran denkt, wie man sich
über Konnotationen und Denotationen von Wörtern gestritten hat in Seminaren und wofür das Wort blau alles stand, und wie ist etwa der grösste Teil deutscher Dichtung noch verständlich wenn es etwa keine blauen Blumen mehr gibt?

Wie sie etwa der Schriftsteller beschrieben hat, neben dessen Grab man jetzt sitzt, ohne Gewehr, man braucht es nicht mehr, und auf die letzte Hitze wartet, sonst wären sie nie gegangen, die Kinder, die keine mehr sind, und deren Kinder, die die Wörter «grün» und «blau» nicht mehr kennen, und für die die Konserven nun vielleicht reichen bis in den Norden, wo es noch regnen soll, sagt man sich, und den man vielleicht erreicht, wenn man nur nachts wandert und tagsüber einen Unterschlupf findet, denn ab siebenunddreissig Grad verlangsamt sich der Herzschlag und man kann nicht für längere Zeit wandern, ohne sich der Gefahr eines Hitzschlags auszusetzen.

Man wartet auf die Hitze unter einem beigen Himmel, neben dem Grab des Schriftstellers, der die blaue Blume beschreiben hat, sie stand für Sehnsucht, und man hatte nie eine Chance, wir hätten nichts tun können, in einem System, das auf Fressen ausgelegt ist, mit endlichen Grundstoffen, auf kleinster biologischer Ebene schon, jeder Mikroorganismus, der einen anderen frisst, hat einen Vorteil, und dann entwickeln sich Belohnungswechselwirkungen in Hirnen, die einem Glückshormone verschaffen, wenn man ein Vögelchen vom Himmel schiesst, oder die Zähne in einen Hühnerschenkel rammt, und man hat noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen dabei, bei 39 Grad erweitern sich die Blutgefässe, man hatte keine Chance, weil man sich wahlweise gute oder rachevolle Überväter ausdenkt, die einem vom blauen Himmel herunter lächelnd zunicken und sagen, jaja, macht Euch die Erde untertan, denn inmitten aller kreisenden, glühenden oder längst toten Sterne und Nebel und Planeten ist es wichtig, dass Du, genau Du unter einem blauen Himmel deine Zähne in einen Hühnerschenkel rammst, und bei vierzig Grad beginnen bald Halluzinationen. Und man denkt nicht, wenn sich einer so eine Scheisse ausgedacht hätte, so ein krasser systemimmanenter Fehler, gehörte der gefoltert, bis ans Ende der Zeit gefoltert, weil die Wahrheit ist: Man hätte nichts tun können, nichts, man hatte nie eine Chance, mit Belohnungssystemen im Hirn, die und auf die Schulter klopfen wenn wir Vögelchen vom Himmel schiessen, und satt werden wir doch nie, ab einundvierzig Grad beginnen die Eiweisse in unseren Körpern sich zu binden, und da steht der Mann, seine Augen sind blau, ich sehe durch seine Augen direkt in die grosse Abendbläue, Ceruleum und Ultramarin und Türkis, und das ist schön, und die Kinder werden in der Nacht losgehen, nach Norden, der Schriftsteller steht daneben und sie nicken mir zu und niemand hätte rein gar nichts tun können und die Felder sind grün, moosgrün, apfelgrün, flaschengrün, ich bin ein Vogel, ich bin ein Vogel und ich fliege und ich singe und das ist schön.

(Originaltext erstmals erschienen 2022 in «20/21 Synchron» von Charles Linsmayer. Ein Lesebuch zur Literatur der mehrsprachigen Schweiz von 1920 bis 2020. Reprinted by Huber Bd. 40)

Silvia Tschui wird im August zusammen mit dem Musiker Philipp Schaufelberger (Gitarre) Gast beim Sommerfest des Literaturhauses Thurgau sein!

Silvia Tschui wurde 1974 in Zürich geboren. Sie studierte ein paar Semester Germanistik, absolvierte die Fachklasse Visuelle Gestaltung an der ZHdK und erwarb 2000 das Lehrdiplom Oberstufe. 2003 machte sie ihren Bachelor in Grafikdesign und Animation an Central St. Martins College in London und arbeitete vier Jahre als Animationsfilm-Regisseurin bei RSA Films in London. 2004 wurde ihre Arbeit für den British Animation Award nominiert. Zurück in der Schweiz arbeitete sie als Grafikerin, Journalistin und Redaktorin und schloss 2011 ihr Studium am Institut für literarisches Schreiben mit dem Bachelor ab. Zurzeit arbeitet sie als Redaktorin in Zürich bei Ringier.
Ihr erster Roman «Jakobs Ross» wurde mit dem Anerkennungspreis des Kantons Zürich ausgezeichnet und von Peter Kastenmüller fürs Theater Neumarkt adaptiert. Eine Verfilmung des Stoffs ist bei der Produktionsfirma Turnus Films in Arbeit. Ihr zweiter Roman «Der Wod» wurde von der Stadt Zürich 2017 mit einem halben Werkjahr gefördert. 2019 war sie damit für den Ingeborg Bachmann Preis nominiert (Videoportrait).

Beitragsbild © leafrei.com / Literaturhaus Thurgau

Ronya Othmann «die verbrechen», Hanser

2019 holte sich Ronya Othmann mit ihrem Text am Bachmannpreislesen in Klagenfurt den Publikumspreis. 2020 doppelte sie in eindrücklicher Weise mit ihrem Roman „Die Sommer“ nach, einem Buch, dass von Leyla erzählt, der Tochter einer Deutschen und eines êzîdischen Kurden. Nun bringt sie mit ihrem ersten Gedichtband „die verbrechen“ eine Stimme auf die Bühne, der man mit einer eigenartigen Mischung aus Faszination und tiefer Betroffenheit lauschen wird.

Man kann Ronya Othmanns Gedichtband „die verbrechen“ auf ganz verschiedene Arten lesen. Ich gebe zu, dass mir der Einstieg in ihre Sprachwelt nicht ganz leicht fiel, was auch damit zusammenhängt, dass sich Ronya Othmann nicht vor langen Gedichten scheut, Texten, die sich wie breite Sprachkaskaden über mich als Leser ergiessen. Sie verlangen von mir als Leser alles ab, reissen mich in eine Welt, der ich mich nur ungern stelle, die mich aus meiner Komfortzone drängen, mir meine wohlgefällige Sattheit vor Augen führen.

„die verbrechen“ ist ein vielschichtiges Buch, das mich in sechs Ebenen in eine Welt mitnimmt, die mir sonst verborgen bliebe, eine Welt aus Schmerz, Sehnsucht, Trennung und Verdrängung. Ein Buch, das einem in die Träume begleitet, wenn man Ronya Othmanns Gedichte vor dem Einschlafen liest. Legt man ihr Buch offen mit den Seiten nach unten aufs Nachttischchen, leuchtet einem der orange-grüne Umschlag entgegen, ein Bild, dass an aufgeschlagene Melonen erinnert, aber im Zusammenhang mit dem Titel „die verbrechen“ ganz andere Assoziationen provoziert.

Eine weitere Ebene offenbart sich in den Überschriften zu den vier „Kapiteln“, in die das Buch unterteilt ist. Vier Titel, die untereinander wie ein Vierzeiler erscheinen:

abgesang
ich habe gesehen
was nicht in den akten steht
was dir bleibt, ist diese wunde

Ronya Othmann «die verbrechen», Gedichte Hanser, 2022, 112 Seiten, CHF 29.90, ISBN 978-3-446-27083-1

„die verbrechen“ sind die Gedichte einer Vertriebenen. Von jemandem geschrieben, dem man nicht nur die Heimat verwehrt. Man zerstörte sie. Man mordete und verwüstete. Man nahm Leben und Geschichte. Eine Perspektive, die bei der Lektüre angesichts dessen, was gerade eben in der Ukraine geschieht, wie Faustschläge auf die Seele trommelt. Es ist die Stimme einer tief Verwundeten, eine Stimme, der ich verwundert lausche, weil sie sich nicht der Wut, dem Zorn und Hass ergibt, sondern in die „Schönheit“ jener innigen Liebe zu einer Welt eintaucht, die verloren ist, die man ihr genommen hat.

Vielleicht sind die Überschriften zu den Kapiteln genauso zu lesen, wie die Überschriften zu den einzelnen Gedichten. Auch wenn ich sie untereinander zusammenfüge, werden sie zu einer langen Spur, die sich durch den ganzen Gedichtband zieht:


dann bist du in die hitze gekippt. unter dir war dunst und über
dir das dach deines hauses
das wagenrad, der wegesrand
öldistel, kurkuma, walnuss, indigo
die hunde erkennen dich an deinen schritten und bellen nicht
staatenlos bin ich gekommen, staatenlos bin ich gegangen

Es sind starke Bilder, Sinneseindrücke einer überaus Empfindsamen. Reflexionen in ein Sein, das sich nur mehr an Erinnerungen, Träume und Gedanken koppelt. Verbindungen mit einer Welt, die rohe Gewalt, Vertreibung, Krieg und Mord wegriss. Ein Bewusstsein einer durch Krieg und Zerstörung Vertriebenen. Damals und heute in Syrien. Gedichtüberschriften, die mehr sind als Titel. Sie bohren sich ein. Ich brauche als Leser den Raum dazwischen.

Die letzten beiden Ebenen sind die Gedichte selbst und die Bilder, die sie in mir zurücklassen. Bilder, die sich unweigerlich mit jenen aus den Medien vermischen, seien es solche aus dem Syrienkrieg, der nicht erst mit dem Krieg selbst zu einem Drama wurde. Oder mit dem Krieg in der Ukraine, der auch nicht erst Ende Februar 2022 begann. Aus den Gedichten spricht die Kraft einer Stimme, die nicht akzeptieren will und kann, dass eine Welt untergegangen ist, die sich nicht von den Bildern trennen kann, die sie wie Tagträume mit sich herumschleppt, Erinnerungen an ein Damals, das nicht mehr existieren darf. Bilder einer immerwährenden Trennung.

„die verbrechen“ ist mehr als Lyrik. Die Gedichte erinnern mich an Gesänge voller Leidenschaft und Kraft, voller Sehnsucht und Liebe!

Am Wortlaut Literaturfestival St. Gallen 2022 © Wortlaut

Ronya Othmann wurde 1993 in München geboren und lebt in Leipzig. Sie erhielt u.a. den MDR-Literaturpreis, den Caroline-Schlegel-Förderpreis für Essayistik, den Lyrik-Preis des Open Mike, den Gertrud-Kolmar-Förderpreis und den Publikumspreis des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs. 2018 war sie in der Jury des Internationalen Filmfestivals in Duhok in der Autonomen Region Kurdistan, Irak, und schrieb bis August 2020 für die taz gemeinsam mit Cemile Sahin die Kolumne «OrientExpress» über Nahost-Politik. Seit 2021 schreibt sie für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung die Kolumne «Import Export». Bei Hanser erschienen ihr Debütroman «Die Sommer» (2020), für den sie mit dem Mara-Cassens-Preis ausgezeichnet wurde.

Ihre journalistische Arbeit kann man sich auf Torial ansehen.

Beitragsbild © Cihan Cakmak

Julia von Lucadou mit «Tick Tack» am Wortlaut Literaturfestival St. Gallen

„Tick Tack“ ist ein Roman, der mir das Blut in den Kopf treibt, der mich schwindlig macht, der mich hin- und herschlägt zwischen Entsetzen, Verunsicherung und dem Schmerz darüber, in der Gegenwart der Hölle ein schönes Stück näher gekommen zu sein.

Almette ist 15, hochbegabt, mit dem Gefühl, jener Welt, in die sie hineingeboren wurde, alles andere als zugehörig zu sein. Nach einer Aktion, die als Suizidversuch gewertet werden musste, sitzt sie einer Psychologin gegenüber, nach ihrer Mutter die einzige Möglichkeit, die „Sache“ an den Nagel hängen zu können. Mette selbst hatte die Aktion in den sozialen Medien inszeniert, weil der Konsum solcher Videos jenes Prickeln verursacht, das einem Leben beweist. Almette fühlt sich nicht nur der Psychologin überlegen. Alles was sie sieht, was passiert, ist die permanente Bestätigung dessen, dass die Welt ihrer nicht gewachsen ist. Eigentlich will Mette nichts mehr, als sich aus dem ganzen Theater ausklinken. Einzige Vertraute ist Yağmur, ihre Freundin mit türkischen Wurzeln, Tochter eines Ärzteehepaars, das kaum je Zeit zuhause verbringt. Auch eine intellektuelle Überfliegerin, wenn auch nicht derart zur Kompromisslosigkeit bereit wie Mette, die mit 15 nichts mehr will, als aus dem Dunstkreis ihrer Bemutterung und dem aufgesetzten Feminismus ihres Vaters entfliehen.

Almette ist das beklagenswerte Opfer einer entstellten Gegenwart, die ihr Sein nur noch auf Bildschirmen und Displays gespiegelt sieht, die in „Existenzängste“ gerät, wenn sie die „Natur zu radikal an sich heranlässt“. Almette und Yağmur wollten die Macht jenen entreissen, die das „Schicksal der Menschheit in den Händen von geriatrischen, testosterongesteuerten, geldgierigen CEOs lassen“. Almette führt gar ein Fake-Tagebuch, um darin eine alternative Storyline ihres Lebens zu ziehen, für den hundertprozentigen Fall, dass ihre Eltern dieses lesen und glauben, was sie lesen. Alles, was Almette tut, schreit nach Bestätigung im Netz, nach FollowerInnen. Die Resonanz im Netz spiegelt ihre Existenz. Almette ist die Verkörperung dessen, was passiert, wenn individualisierter Hochmut und selbst befeuerte Arroganz die einzigen Waffen werden, um gegen den Strom anzukämpfen, den letzten Rest Selbstwahrnehmung zu retten.

Julia von Lucadou «Tick Tack», Hanser Berlin, 2022, 256 Seiten, CHF 34.90, ISBN 978-3-446-27234-7

Almette lernt Jo kennen, den älteren Bruder von Mia aus ihrer Klasse. Almette bestimmt Mia zu ihrer Musterfreundin, aber wieder nur, um falsche Fährten zu legen. Denn fasziniert ist sie von Jo, eigentlich Joshua, 10 Jahre älter als sie. Er liegt in seinem ehemaligen Kinderzimmer, von seinem „Muttertier“ umsorgt, weigert sich, an dem teilzunehmen, was sich vor seiner Tür abspielt. Jo ist ein Radikaler. Exmatrikuliert, was aus der Sicht seines Muttertiers nur ein grosses Missverständnis sein kann. Einer, der auch mit Unverpacktläden und Lastfahrrädern nicht an ein Überleben der Spezies glaubt. Für Jo ist die Menschheit verloren, einziger Ausweg; der Massensuizid. Einer, der nur mit absoluter Radikalität an einen Systemwandel glaubt und all das, was in den sozialen Medien kocht zu seinen Gunsten nutzen will, nicht zuletzt das Inszeniertalent der Freundin seiner kleinen Schwester.

Jo und Mette freunden sich an. Wobei bis fast zum Schluss des Buches nicht klar ist, ob diese scheinbare Freundschaft Mittel zum Zweck ist oder die sanfte Annäherung zweier sich von der Gravitation verabschiedeter Fremdkörper. Beide sind der Überzeugung, sich der grossen Lüge entziehen zu müssen. Und als Corona all jenen in die Hände spielt, die schon immer ahnten, dass die Allmacht der Verborgenen die unsichtbaren Fäden zieht, wird es der Kampf gegen all die Lemminge, die fremdgesteuert gegen den Abgrund rennen. Jo wird Mettes Priester, Mette Jos Messias, der die Botschaft in die Welt bringen soll. Eine Lunte, die zu brennen beginnt, aber eigentlich nichts anderes will, als den grossen Knall am Ende dieser Lunte. Jo hat seine Lunte gefunden. Mette brennt lichterloh.

In den 70ern und 80ern war die Hippiebewegung der Kampf gegen das Establishment, das Spiessbürgertum, gegen Konvention und Verknöcherung. Jo und Mette wollen, dass kein Stein auf dem andern bleibt. Ihr Kampf ist einer gegen die Welt ihrer ErzeugerInnen.

Julia von Lucadou erzählt in zwei ineinander verwobenen Strängen. Aus der Sicht der 15jährigen Mette, einer Sicht, die den ganzen Kampf der jungen Frau schmerzhaft nachvollziehbar zeichnet. Und die nur schwer durchschaubare Sicht von Jo, der sich wie ein Hikikomori im Zimmer seiner Kindheit suhlt, um von dort den Flächenbrand zu zünden, der das Blatt wenden soll. Julia von Lucadous Roman „Tick Tack“ ist von einer sprachlos machenden Unmittelbarkeit. Als wäre sie mit dem Stoff unmittelbar aus der zähen Suppe der Pandemie entstiegen. Die Autorin spiegelt genau das, was mich viel zu oft zu Sprachlosigkeit verdammt angesichts der Argumentlawine, die mich niederwalzt, wenn ich mich naiv den Priestern und Aufklärern der digitalen Gegenwelt entgegenstemme.

Nach dem ersten Lockdown fragte mich einmal ein Schriftsteller: „Worüber schreiben, wenn sich alles versteckt.“ Warum nicht so wie Julia von Lucadou und die Hand mitten ins Feuer halten!

Am Wortlaut Literaturfestival St. Gallen 2022 © Wortlaut

Julia von Lucadou wurde 1982 in Heidelberg geboren und ist promovierte Filmwissenschaftlerin. Sie arbeitete als Regieassistentin, Redakteurin beim Fernsehen und als Simulationspatientin; sie lebt in Biel, New York und Köln. Ihr erster Roman «Die Hochhausspringerin» (2018) stand auf der Shortlist für den Schweizer Buchpreis und wurde mit dem Schweizer Literaturpreis ausgezeichnet.

Beitragsbild © Guido Schiefer

Angelika Klüssendorf «Vierunddreißigster September», Piper

Das Buchcover erlaubt eine dunkle Vorahnung: Der abgebildeten, durchaus noch im Leben stehenden Taube fehlt der Kopf. Kopflose Wesen kennt man aus Horrorfilmen, doch so schlimm kommt es dann doch nicht. Das Leben der Toten ist in Angelika Klüssensdorfs neuestem Roman «Vierundreissigster September» ein eher beschaulicher Ort. 

Gastbeitrag von Cornelia Mechler, Leiterin Verwaltung und Marketing im Kunstmuseum Thurgau, Moderatorin im Literaturhaus Thurgau

Der Roman beginnt mit einem Mord: «Sie hätte das Gewehr nehmen können, entschied sich aber für die Axt. Hilde liess sie auf Walters Kopf niedersausen, als wollte sie ein Holzscheit spalten.» Mit dieser Tat endet eine unglückliche Ehe, die zum Leidwesen der Frau nach einer Fehlgeburt auch noch kinderlos geblieben war. Hilde verschwindet im Schneesturm und gilt ab jenem Moment als vermisste Person. Walter aber kommt ins Reich der Toten und wohnt erst mal seiner eigenen Beerdigung bei. Schon hier zeigt sich der lakonische Witz der Autorin. Die folgenden Sequenzen schwanken zwischen schwarzem Humor, etwas Melancholie und einer Prise Heiterkeit.

Walter lebt nun auf dem Friedhof und trifft zahlreiche Bekannte wieder, die bereits vor ihm verstarben. Alle Verstorbenen sind in dem Zustand in ihre neue «Welt» eingezogen, den sie zuletzt innehatten. Bei Walter bedeutet dies: Er wandelt mit einem gespaltenen Schädel unter den Toten umher und hat nun viel Zeit, das Leben der Lebenden zu beobachten. Er wird zum Berichterstatter, zum Chronisten, wobei sich sein Bewegungsradius auf die Dorfgrenzen beschränken. Ihn selbst treiben drei entscheidende Fragen um: Wer war er früher? Wieso wurde er ermordet? Und wo ist eigentlich Hilde abgeblieben?

Angelika Klüssendorf «Vierundreißigster September», Piper, 2022, 224 Seiten, CHF 32.90, ISBN 978-3-492-05990-9

Im Dorf ist Hildes Verschwinden kaum ein Thema mehr. Einige Bewohner beschäftigt in diesem Sommer vor allem der angekündigte Besuch von Steven Spielberg, der im Ort einen Film drehen möchte. Das Warten auf die Ankunft des Starregisseurs beginnt, und da werden auch die pessimistischsten Träumer nochmals wach. Überhaupt ist auch das lebende Personal in diesem Buch ein sehr besonderes. Da gibt es die dicke Huber, das Rollschuhmädchen, Eisenalex und Bipolarchen. Jede und jeder im Dorf trägt eine mal mehr mal weniger schwere Lebenslast mit sich herum. Die eindrücklichen Charakterbeschreibungen werden getragen durch eine Grundsympathie der Autorin für ihre Figuren.

Der Wechsel der Erzählperspektiven ist sehr gut gewählt, das Leben der Toten steht damit immer in engem Bezug zu dem der noch Lebenden. Auch wenn Letztere nichts von ihren Schatten ahnen, so ist es für die allwissende Leserschaft ein äusserst kurzweiliges Lektürevergnügen.

Speziell auch dies: Die Toten können die Träume der Lebenden sehen, wenn diese schlafen. Da ist ein spannendes Nachtprogramm geboten, das vor allem Walter äusserst gelegen kommt. Aber auch in den Träumen der anderen kommt bei niemandem Hilde vor. Doch dann findet er eine wage Spur – und er muss erkennen, dass seine Frau ein ganz anderes Leben führte, als er es zu kennen meinte…

«Ein hintersinniges Meisterwerk über eine Zeit der Wut, Melancholie und Zärtlichkeit», so heisst es im Klappentext. Wahrlich, das ist nicht zu hoch gegriffen. Es gilt: Lesen und staunen!

Angelika Klüssendorf, geboren 1958 in Ahrensburg, lebte von 1961 bis zu ihrer Übersiedlung 1985 in Leipzig; heute wohnt sie auf dem Land in Mecklenburg. Sie veröffentlichte mehrere Erzählbände und Romane und die von Kritik und Lesepublikum begeistert aufgenommene Roman-Trilogie «Das Mädchen», «April» und «Jahre später«, deren Einzeltitel alle für den Deutschen Buchpreis nominiert waren und zweimal auch auf der Shortlist standen. Zuletzt wurde sie mit dem Marie Luise Kaschnitz-Preis (2019) ausgezeichnet.

Illustration leafrei.com / Literaturhaus Thurgau

Yael Inokai «Ein simpler Eingriff», Hanser Berlin

Dass mit Yael Inokai eine gewichtige literarische Stimme schreibt, bewies die junge Autorin schon mit ihren ersten beiden Romanen, aber sicher mit „Mahlstrom“, mit dem sie 2018 den Schweizer Literaturpreis gewann. Ihr neuer Roman „Ein simpler Eingriff“ setzt noch einen drauf und geht tief unter die Haut!

Meret ist ein junge, verantwortungsbewusste Krankenschwester. Jemand, der nicht einfach seinen Job macht, der die Menschen, die sie umsorgt, ans Herz gehen. Ihr Chefarzt weiss um die Fähigkeiten der jungen Frau und nimmt sie mit in seinen Operationssaal, wo Meret bei einem neuartigen Verfahren assistieren soll, bei dem Patienten bei vollem Bewusstsein am offenen Schädel mit einem gezielten Eingriff genommen werden soll, was sie unfähig macht, als produktives Glied einer Gesellschaft zu funktionieren. Ein kleiner Schnitt, ein gezieltes Abklemmen und Unkontrollierbarkeiten der Patienten lassen sich beheben. Merets Aufgabe bei diesen Eingriffen; Sie kommuniziert mit den Patienten während des Eingriffs, um dem Operierenden die Wirksamkeit des Eingriffs sofort spiegeln zu können.

Meret fühlt sich in ihrer Aufgabe, in den immer häufiger werdenden Treffen im Büro des Chefarzt geschmeichelt, bis eine der Patientinnen, der sie sich schon bei der Einweisung auf ganz spezielle Weise verbunden fühlt, nach der Operation nicht mehr aufwacht. Meret bleibt an der Seite Mariannes, besucht sie, bleibt an ihrem Bett sitzen. Marianne ist eine Frau aus reichem Haus, von ihren Eltern mehr oder weniger zum Eingriff gedrängt.

Yael Inokai «Ein simpler Eingriff», Hanser Berlin, 2022, 192 Seiten, CHF 32.90, ISBN 978-3-446-27231-6

So wie Meret Marianne immer weiter in einen komatösen Zustand entgleitet, so unmittelbar wird die Nähe zu Sarah, einer Mitkrankenschwester, die im Schwesternhaus das Zimmer mit Meret teilt. Ebenfalls eine junge Frau, wie Meret seltsam eingeschlossen in einen Klinikkosmos, in dem sich die Schwestern eingekleidet bewegen, diesen nur selten und seltsam ärmlich gekleidet verlassen und kaum Möglichkeiten zu haben scheinen, Beziehungen nach Aussen zu pflegen, selbst zu ihren Familien.

Zwischen Meret und Sarah beginnt sich ganz zaghaft eine Liebe zu entwickeln, eine Liebe, die nicht sein darf, die in diesem einen Zimmer eingeschlossen bleiben muss. Eine Liebe, die in ihrer Leidenschaft und Körperlichkeit aber diametral zur Eingeschlossenheit auf den andern und in das eigene Leben ein- und übergreift. So sehr jene Liebe, jene Zugewandtheit zur Patientin Marianne an der medizinischen Wirklichkeit zu scheitern droht, so sehr wird die leidenschaftliche Liebe zu Sarah zu einem Sturm, den Meret immer mehr mit- und wegreisst. Bis Meret, die bislang bedingungslos hinter den Behandlungsmethoden ihres Chefs stand, Widerstand zeigt.

Da ist diese eigenartige, nur schwer in Zeit und Raum zu verortende Krankenhausgeschichte. Diese seltsame Methode, mit der man unbequeme Zeitgenossen mit einem Schnitt zu nützlichen Mitgliedern einer Gesellschaft machen kann. Dieser in sich geschlossene Krankenhauskosmos, in dem junge Frauen so lange erfolgreich dienen, bis sie zu alten Schwestern werden, stets folgsam, immer sauber und makellos. Das Setting des Romans erzeugt eine eigenartig beklemmende Stimmung. Junge Frauen, die ihr Gesicht nicht zeigen dürfen, ihr wahres Sein verstecken, einer Linie zu gehorchen haben.

Yael Inokais neuer Roman ist auf eine seltsam eigenartige Weise gesellschaftskritisch. Nicht nur der Eingriff im Kopf der meist unfreiwillig Eingewiesenen scheint simpel. Auch die Welt, in der sich das Personal bewegt. Yael Inokais Roman schleicht sich unmerklich in meinen Kopf, spiegelt eine Welt, die eine komplizierte Welt simpel machen will. Ob nun ein simpler Eingriff im Kopf direkt, mit Medikamenten, eine politische oder gar militärische Operation. Meret begehrt auf, in ihrem Innern, gegen Aussen. „Ein simpler Eingriff“ ist die Emanzipationsgeschichte einer jungen Frau in den Machtstrukturen der Gesellschaft, der Tradition, der Geschichte.

Der jungen Autorin ist ein ausserordentlicher Roman gelungen, etwas ganz Eigenes. Nicht zuletzt in einer Sprache, die wie die seltsame Geschichte aus seltsam unaufgeregte Weise von den grossen Regungen des Lebens erzählt.

Yael Inokai liest und diskutiert am Wortlaut Literaturfestival in Sta. Gallen am Samstag, den 26. März um 11 Uhr im Stadthaus, Festsaal, Gallusstrasse 14. Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Literaturhaus Wyborada. Moderation: Anya Schutzbach

Yael Inokai, geboren 1989 in Basel, studierte Philosophie in Basel und Wien, anschliessend Drehbuch und Dramaturgie in Berlin. 2012 erschien ihr Debütroman «Storchenbiss». Für ihren zweiten Roman «Mahlstrom» wurde sie mit dem Schweizer Literaturpreis 2018 ausgezeichnet. Sie ist Redaktionsmitglied der Zeitschrift «PS: Politisch Schreiben» und lebt in Berlin.

«Wo die Musik spielt» Yael Inokai 2018 in St. Gallen

Beitragsbild © Ladina Bischof