Patrick Tschan «Der kubanische Käser»

Das wunderbarliche Leben und Lieben des Noldi Abderhalden

Es war nicht so, dass Noldi Abderhalden in dieser bitterkalten Winternacht im Februar 1620 freiwillig über die eisigen Trampelpfade auf den Chüeboden oberhalb Alt-St. Johanns aufgestiegen wäre, um von dort seinen ganzen Schmerz über dieses verdammte Tal hinwegzuschreien.
Nein. Die Heidi hatte ihn verlassen. Wegen dem Heiri Obderhalden.
Er war so stolz gewesen, dass gerade er die Heidi küssen und mit ihr gehen durfte. Wie ein Pfau war er Hand in Hand mit ihr die Dorfstrasse rauf und runter flaniert, unter den neidischen Blicken der anderen Burschen, die wie er fast täglich wegen der Heidi einen Ständer weggedrückt hatten. Geheiratet hätte er sie,  auf der Stelle – hätte er gekonnt, hätte er gedurft.
Aber, was eh nicht gut ausgehen durfte, war durch den Heiri bereits nach dem zweiten Gang am Ende der Dorfstrasse abgeklemmt worden.
«Komm Heidi», hatte er gerufen, und die Heidi hat die Hand vom Noldi losgelassen, sich beim Heiri untergehakt, sich zu Noldi umgedreht, ihm zugeraunt, der Heiri käme eben draus, im Gegensatz zu ihm, er solle jetzt ja nicht flennen, sondern zum kleinen Babettli gehen, die käme auch noch nicht draus, aber irgendwann kämen sie dann beide draus, und dann käme es schon noch gut für ihn.
Und so krümmte er sich jetzt dort oben auf dem Chüeboden vor Liebesschmerz mit einer Flasche saurem Wein im Kopf, beobachtet von Bär, Wolf und Gämsbock, tobte, schrie, stampfte, weinte und schluchzte so laut, dass sich Bär, Wolf und Gämsbock einig waren, dass nur Menschen sich so saudumm aufführen konnten.
Da er die Heidi doch schon ein gutes Stück weggetrunken hatte, wusste er plötzlich nicht mehr, was er eigentlich ausser Schreien und Toben dort oben wollte, und machte er sich daran, wieder vom Chüeboden hinabzusteigen, bahnte sich einen Weg durch die Dunkelheit und das einsetzende Schneetreiben, wählte im Suff zweimal die falsche Abzweigung, rutschte aus, landete unsanft auf dem Hintern, und da er auf dem blanken Eis nicht mehr hochkam, entschied er sich, in den Spuren der schweren Holzfällerschlitten auf dem Hosenboden ins Tal zu rutschen. Hei, da nahm der Noldi Fahrt auf, zog die Beine an und gab leichte Rücklage, nutzte die Schneewechten als Steilwandkurven, eine Tannenwurzel riss ein Stück Leder aus der Hose und dem Hintern und eine Eule stob aufgeschreckt in das ewig Gründunkle des Tannenwalds. Am Ende der Schussfahrt landete er geradewegs vor den Füssen eines Anwerbers für Reisläufer der von Plantas.
«Ha», rief der Anwerber, «da kommt ja einer vom Chüeboden geflogen. Schau, Trommler, ein stämmiges Exemplar von einem Alt-St. Johanner Sautreiber! He, was meinst du?»
Der Trommler antwortete mit einem kräftigen ‹Terrrräng›.
«Der wäre doch was, um gegen die vermaledeiten Bündner Protestanten, gegen den Jörg Jenatsch und Konsorten zu kämpfen. Was meinst du, Trommler?»
Terrrräng!
«Jörg Schnaps?», lallte Noldi und versuchte aufzustehen.
Der Anwerber drückte ihn zu Boden. Jetzt erst spürte er den stechenden Schmerz in seinem Hintern von all den blauen Flecken, Hautschürfungen und Rissen, die er sich beim wilden Ritt über Steine, Felsvorsprünge, Tannennadeln und -zapfen zugezogen hatte.
«Schnaps?»
«Schnaps!»
«Ja, was würde so ein daher gerutschter Sauhirt denn für Schnaps geben?»
«Kuhhirt!»
«Von mir aus. Also, was gäbe ein Kuhhirt für Schnaps?»
Terrrräng!
«Was würde denn so ein Herr mit Trommler wollen?», lallte Noldi dagegen.
Der Anwerber reichte ihm die Hand und half ihm aufzustehen. «Deinen Todesmut.»
Terrrräng!
«Das ist alles?» Noldi versuchte, die helfende Hand abzuschütteln, und fiel dabei fast wieder um.
«Ja.»
Terrrräng!
«Und was, was … also was, was gibt den, den Schnaps?», brabbelte Noldi.
«Dein Kreuz. Hier. Für zehn Jahre.» Der Werber hielt ihm ein Blatt mit grossem Wappen und mächtig geschwungener Schrift unter die Nase, zog eine Feder aus der Umhängetasche und zeigte Noldi die Stelle fürs Kreuz.
Terrrräng!
«Zeig den Schnaps, du, du, du Seelenkrämer …»
«Voilà.» Der Anwerber zeigte auf den Trommler und dieser zog ein kleines Fässchen Schnaps aus seinem Beutel.
Noldi nahm das Fässchen, zog den Zapfen, nahm einen Schluck, verzog das Gesicht und ächzte: «Wuaah!»
«Veltliner.»
Terrräng!
«Gib … du, du Buhler, du.»
«Trommler!»
Der Tambour hob die Trommel hoch, der Anwerber legte das Blatt darauf und fragte Noldi scharf: «Name?»
«Noldi, du, du Leichenfledderer, du.»
«Wie noch?»
«Abderhalden, natürlich, du, du, Schnitter, du …»
Der Werber schrieb den Namen und Vornamen auf das Blatt, drückte die Feder in Noldis Hand, führte sie zur Stelle, wo dieser zu unterschreiben hatte, und machte dort drei Kreuze. Daraufhin nahm Noldi einen zu grossen Schluck Schnaps, prustete die Hälfte wieder hinaus und besudelte das Blatt. Der Trommler schrie «He!», der Werber nahm das Papier und wischte den Schnaps ab, und Noldi, ohne Stütze, fiel hin, krümmte sich, umschlang das Schnapsfässchen und entschied sich, nie mehr aufzustehen und für immer und ewig einzuschlafen.
Terrrräng! Terrrräng!
Er blieb liegen.
Terrrräng! Terrrräng! Terrrräng!
Er tat ein tiefer Seufzer.
«Wache!», befahl der Anwerber. Zwei mit Hellebarden bewaffnete Soldaten traten aus dem Dunkel der Nacht, hoben den Noldi hoch und schleppten ihn in einen Stall, wo sie ihn neben eine Kuh warfen.

Babettli, die das alles von ihrem Fenster aus beobachtet hatte, stürmte, kaum waren die Soldaten wieder im Dunkel und Anwerber wie Trommler im Wirtshaus verschwunden, die Treppe hinunter, auf die Dorfstrasse und in den Kuhstall, in den sie den Noldi verfrachtet hatten.
Es war ein jämmerliches Bild, das sich ihr bot: ein verdreckter, blutverkrusteter Noldi, der sich an sein Schnapsfässchen klammerte und wirres Zeug stammelte. Die danebenliegende Kuh war so leibarm, dass sie trotz grosser Kälte nicht einmal dampfte.
Erfasst von Mitleid und ihr gänzlich unbekannten anderen Gefühlen legte sie sich eng an Noldis Rücken, begann sein Haar zu streicheln, sein Gesicht, seinen Hals, und irgendwie rutschte ihre Hand unter sein Hemd und von da – sie hatte wirklich keine Ahnung, welcher Teufel sie da ritt – in seine Hose, und da war das Ding, von dem alle sprachen, das sie aber noch nie gesehen, geschweige denn angefasst hatte.
Noldi stöhnte, spürte im Halbtraum etwas in seiner Hose, das sich wie ein Murmeltier anfühlte, weich, pelzig, warm, fettig, und von dem er hoffte, dass es ja nicht zubeissen würde. Irgendwann begann das Murmeli mit ihm zu sprechen, fragte ihn, wie er das finde, er antwortete, es solle weitermachen, aber einfach nicht beissen, es fragte, was er da mit den bewaffneten Männern gemacht habe, Zeugs verkauft, eben, antwortete er, was für Zeugs, er habe seine Todesverachtung verkauft, warum er dies getan habe, er sei halt so todesverachtend unglücklich, warum er denn so unglücklich sei, weil er die Heidi verloren habe.
Da biss das Murmeli dermassen zu, dass der Noldi sofort wieder nüchtern war, wie am Spiess vor Schmerz schrie, die Kuh darob verstört aufschreckte, ihm ein Huf an die Backe donnerte, derweil er noch einen Rockzipfel von dem weinend aus dem Stall stiebenden Babettli im Augenwinkel erhaschte.
Er krümmte sich noch mehr vor Schmerz, Liebeskummer und Suff, trank noch ein paar Schluck und schlief schliesslich ein, träumte von Murmelis und Heidis und Kühen und wurde am anderen Morgen durch einen kräftigen Fusstritt geweckt, in den eisigkalten Dorfbrunnen geschmissen und in die Uniform eines Söldnerregiments der katholischen Truppen der von Planta gesteckt.

Patrick Tschan, geboren 1962, lebt in Allschwil, Schweiz. Studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie. Er führte in zahlreichen Theaterstücken Regie und war viele Jahre in der Werbung und Kommunikation tätig. Patrick Tschan ist Präsident der Schweizer Schriftsteller-Fussball-Nationalmannschaft.

Am 27. März, um 19 Uhr, ist Buchtaufe im Literaturhaus Basel. Petrik Tschans neuer Roman «Der kubanische Käser» erscheint bei Zytglogge. Der hier veröffentlichte Text ist der Einstieg in den Roman.

Webseite des Autors

Klaus Merz «firma», Haymon

Klaus Merz las in St. Gallen zusammen mit dem Musiker Rudolf Lutz als Vorpremière aus seinem neuen Buch «firma». Eine Performance im Gewölbekeller der Buchhandlung zur Rose in St. Gallen, bei der sich Dichter und Musiker schlussendlich umarmen, so wie schon den ganzen Abend lang.

Rauriser Notiz

Eine Sprache finden,
Worte, die nicht
über das Erzählte
hinweg flutschen,
sondern Reibung
erzeugen, Wärme,
Licht

Im Prosatext firma versammelt Klaus Merz Tagebucheinträge oder Protokollauszüge aus einem halben Jahrhundert, von 1968 bis 2018, von den Auswirkungen des Prager Frühlings bis zur Finanzkrise in der Gegenwart, von der Firmengründung an einem Sommerabend auf Badetüchern bis zur kollektiven Kündigung 50 Jahre später am Weihnachtsabend nach dem allerletzten Ausverkauf. Es sind Textfenster, zwischen denen Monate und Jahre liegen, Miniaturen, Beobachtungen und Kleinsterzählungen, die die Perspektive in die Zeit öffnen.

Ganz nebensächlich wirkt Weltgeschichte ins Kleinräumige hinein, der Fall der Berliner Mauer, das neue Deutschland, der Krieg im Irak, die Wahl des US-Präsidenten. Das kann erfrischend nah und erfrischend schräg ausfallen, wenn der Revisor vor seiner Arbeit fragt, «ob es recht sei, wenn er zum heutigen Allerseelentag zuerst ein paar Seiten aus Ein anderes Leben von Per Olov Enquist vorlese». Oder erfrischend knapp und erfrischend kantig, wenn sich Merz im Text mit seiner Kritik an der Welt nicht zurückhält.

«firma» lässt sich mit ‹beglaubigen›, ‹unterschreiben›, ‹Signatur setzen› übersetzen. Und Klaus Merz tut genau dies, er setzt dem Weltgeschehen seine Signatur hinzu. «Wir führen / nur sporadisch Buch. / Es geht um die Denk- / würdigkeiten.» steht im Vorspann.

Die Verwandlung

Fotografien heben
die Wirklichkeit auf.

Wir lagern sie aus
In die Wolke. Und

unsere Allerwelts-
verbundenheit hält

uns gefangen. Auf
engstem Raum.

Der zweite Teil des Buches unter dem Titel „Über den Zaun hinaus“ tun genau das, was der Titel meint; sie schärfen den eigenen Blick, den Blick nach Innen.

Klaus Merz Gedichte sind derart unangestrengt schlicht, dass sie einem mit offenen Armen empfangen. Er muss nichts mehr beweisen, weiss sich seiner Leserschaft sicher. Einmal vom Merzvirus befallen, auf ewigem verfallen. Ob feine Beobachtungen im Alltag, Einsichten eines langsam Schreitenden, ob bissig, feinsinnig, witzig oder mit hellen Farben malend, Klaus Merz ist stiller Könner, der sich nie verliert. Man möchte seine Gedichte langsam abschreiben, sie verinnerlichen, oder so wie der Freund, der mir einmal verriet, dass er die abgeschrieben Gedichte von Klaus Merz auf kleinen Zettel auf den Spiegel im Badezimmer klebt, um sie beim Rasieren und Zähneputzen auswendig zu lernen.
So klar alle Texte scheinen und sie alle so tun, als waren sie Teile eines Ganzen, ist jeder Text für sich Sprachblitzlicht, das all das für einen kurzen Moment ins Zentrum stellt, was sonst vergessen ginge, was man übersehen würde. Die Texte wirken weiter, hallen nach.

Kleiner Reiseführer

1
das Auge, unser
individuelles Salz-
kammergut.

2
Vielleicht sind
die Unentwegten
die eigentlich
Entwegten.

3
Wohin nur
führen die Blut-
bahnen uns?

4
Eden. Gerste. Elfmeter
schreibt die Zugsnachbarin.
Und hat ihr Rätsel gelöst.

5
Auf welcher Seite
des fahrenden Zuges
liegt eigentlich die bessere
Hälfte der Welt?

Die Vorpremière in St. Gallen war dem Musiker Ruedi Lutz zu verdanken, die Tatsache, dass Klaus Merz vor der Premiere im Literaturhaus Zürich die St. Galler beschenkt. Lutz und Merz ist keine zufällige Begegnung, sondern langjährige Freundschaft zwischen Musik und Literatur. Ruedi Lutz uns Klaus Merz übergeben einander das Wort, die Musik, die Melodie, den Klang. So wie Klaus Merz› Prosa und Lyrik weit mehr als Häppchen, literarisches Kurzfutter sind, spielt Ruedi Lutz filigran, zauberhaft, einen ganzen Saal mitreissend.
Musik und Literatur verschränken sich, so wie Lyrik und Prosa in Klaus Merz Schaffen, so wie Freude am Schluss eines Abends.

Wie fast immer ist «firma» illustriert mit Pinselzeichnungen des Künstlers Heinz Egger.

Ich danke dem Haymon Verlag für die Erlaubnis, zwei Gedichte aus dem Band «firma» in die Rezension einfügen zu dürfen.

Foto © David Zehnder

Klaus Merz, geboren 1945 in Aarau, lebt in Unterkulm/Schweiz. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Hermann-Hesse-Literaturpreis 1997, Gottfried-Keller-Preis 2004, Aargauer Kulturpreis 2005, Werkpreis der schweizerischen Schillerstiftung 2005 sowie zuletzt Rainer-Malkowski-Preis (2016), Basler Lyrikpreis und Friedrich-Hölderlin-Preis (beide 2012).
2016 erschien «Helios Transport. Gedichte» und 2017 zusammen mit Nora Gomringer, Marco Gosse, Annette Hagemann und Ulrich Koch «Flüsterndes Licht. Ein Kettengedicht». Seit Herbst 2011 erscheint bei Haymon die Werkausgabe Klaus Merz in mehreren Bänden.

Webseite des Musikers Ruedi Lutz

Rezension von «Helios Transport» auf literaturblatt.ch

Beitragsbild © Sandra Kottonau

Christian Torkler «Der Platz an der Sonne», Klett-Cotta

«Der Platz an der Sonne» ist ein wahrhaft verrücktes Epos. Christian Torkler dreht in seinem ersten Roman die Geschichte und setzt damit der Gegenwart jenen Spiegel vor, der einem verstehen lässt. Ein Mann stopert durch eine Welt, die nach dem 3. Weltkrieg auf dem europäischen Kontinent nicht zur Ruhe kam, durch Ereignisse, die die ganze Welt verkehren.

Josua Brenner landet nach einer unendlichen Odyssee in einem Abschiebehaftgefängnis in Dar es Salaam/Ostafrika. Er muss zurück in sein kaputtes Heimatland, die Neue Preussische Republik. Ein Gefängnispfarrer schenkt ihm Hefte, in die er seine Geschichte schreibt. Die Geschichte eines Mann, der in einem Berlin aufwuchs, das sich nie von den Zerstörungen des 2. Weltkrieg erholte, zwischen Trümmern und Hoffnungslosigkeit. Brenner erzählt von seiner Kindheit, den Freundschaften, dem Willen, sein Glück zu finden, der Suche nach Arbeit und dem lange erkämpften Erfolg, der ihm Arbeit, eine Bar und eine Familie schenkt.
Aber Brenners Glück währt nicht lange. Kaum der Bürokratie und Korruption in der maroden Republik entwunden, verfängt er sich in Schutzgelderpressung, mafiösen Strukturen und strauchelt, nachdem ihm das Unglück die Familie entreisst. Brenner ist am Boden. Sein Freund Roller ist schon lange weg. Ab auf der Suche nach dem Glück im Süden. Brenner trägt eine Postkarte von Roller mit sich herum, eine Karte von Matema, jenem magischen Ort auf dem afrikanischen Kontinent, wo Milch und Honig fliesst. «Ich habs geschafft!», schrieb Roller.

Brenner macht sich auf den Weg, einen langen Weg. Durch ein Deutschland, das in weiteren kriegerischen Auseinandersetzungen in viele kleiner Einzelstaaten zerfiel, in denen Willkür herrscht, die Menschen den Glauben an die Politik schon lange verloren haben, Clans sich am wenigen schamlos bereichern. Er schliesst Freundschaften mit Schicksalsgenossen, hungert, friert, wird eingesperrt, geprügelt und gefoltert, landet in den Fängen skrupelloser, geldgieriger Blutsauger und findet sich irgendwann auf einem hochseeuntauglichen Boot, das ihn und seine Leidensgenossen, Männer, Frauen und Kinder auf die andere Seite des Meeres bringen soll, in die Wiege des Glücks, den Ort der einzigen Hoffnung, nach Karibu Matema, wo Roller sein Freund es geschafft hat.

Brenner schreibt aus der Rückblende, mit den Worten einer einfachen Mannes. Christian Torkler schreibt, als hätte ihm Brenner an einem Tisch diktiert. Die Sprache ist hart, hölzern, mehr «gesprochen» als geschildert. Brenner erzählt seine Geschichte trocken, aus der Sicht eines Mannes, der es gewohnt ist einzustecken, der die unbändige Kraft mit sich trägt, immer wieder aufzustehen.

Ein Mailinterview mit Christian Torkler:

Wie viel Schmerz verursachte das Schreiben ihres Romans?
Schmerz klingt vielleicht etwas zu dramatisch, aber ja, eine Reihe von Passagen haben mich beim Schreiben schon recht mitgenommen. Und auch wenn ich sie später noch einmal gelesen habe, hat mich das jedes Mal auf’s Neue berührt. 

In Afrika wütet der 3. Weltkrieg schon lange; ein Krieg der Armut, des nicht enden wollenden Kolonialismus, der Korruption und Gier. Kein Wunder machen sich bei all der Hoffnungslosigkeit Tausende auf den Weg, im reichen Norden, auf der andern Seite des Meeres, ihr Glück zu suchen. Einen Roman lang haben sie das wirtschaftlich Magnetfeld umgepolt. Gibt einem das als Westeuropäer mehr Legitimation, seiner Empathie freien Lauf zu lassen?
Vieles von dem, was ich beschreibe, geschieht ja tatsächlich so, und zwar jeden Tag – es geschieht eben nur nicht uns! Indem ich das grundsätzlich ändere, rückt uns dieses Geschehen vielleicht näher, das ist zumindest ein Anliegen des Romans. Dazu kommt, daß wir in unserem Umgang mit der Flüchtlingsproblematik ja schnell zu Verallgemeinerung neigen. Deshalb habe ich den Text ganz bewußt und ausschließlich aus der Perspektive eines Einzelnen geschrieben, denn jeder, der sich auf den langen Weg nach Europa macht, hat seine eigene Biographie. So, wie ich meine eigene Biographie habe und jeder Leser.

© Annette Hauschild / Ostkreuz

Joshua Brenner verliert immer wieder alles; seine Familie, seine Freunde, seine Frau, sein Kind, den Glauben, dass da irgendwo ein Platz für ihn ist, der auf ihn wartet. Schlussendlich ist er sich das und der Einzige, das bleibt. Ist das eine der Quintessenzen aus der Gegenwart, dass in einer Zeit, in der uns der Glaube an „Höheres» genommen ist, sich selbst Beziehungen scheinbar digital messen lassen, nichts mehr geblieben ist, als das Gegenüber im Spiegel?
Ehrlich gesagt, gehört diese Frage eigentlich nicht zu denen, die ich im Roman thematisieren wollte. Aber gerade deshalb finde ich sie sehr interessant, demonstriert sie doch die bemerkenswerte Fähigkeit von Literatur, mehr sein zu können, als der Autor beabsichtigt hat. Davon abgesehen denke ich, daß es auf diese Frage keine einfache Antwort gibt. Ein Beispiel: ich gehe ins Café und dort sitzt eine Gruppe von Menschen zusammen, die sich nicht mehr miteinander unterhalten, weil jeder für sich mit seinem Smartphone beschäftigt ist. Doch worin besteht diese Beschäftigung in der Regel? Im Pflegen von «social networks»! Diese Netzwerke funktionieren ganz wesentlich über Zustimmung oder Ignoranz der anderen Teilnehmer, frei nach Sartre: die Hölle (oder der Himmel) sind immer die anderen. So spielen sich also zwei Phänomene zeitgleich ab: eine seltsame Form von Vereinzelung und eine starke Abhängigkeit von Followern und Friends. Was man im Café nicht so alles erleben kann ;-).

Der Titel Ihres Romans erinnerte mich an die gleichnamige Deutsch Fernsehlotterie „Ein Platz an der Sonne“, die ein halbes Jahrhundert Geld zur „Förderung sozialer Massnahmen“ sammelte. Joshua Brenners Odyssee durch ein kaputtes Europa Richtung paradiesisches Afrika ist auch eine Lotterie mit maximalem Einsatz. Liegt das Glück wirklich am Ende eines Weges?
Tatsächlich spielt der Titel des Romans auch auf diese Lotterie an. Die hat übrigens ihre Ursprünge in der Zeit der Berlin-Blockade 1948, die ja auch für meinen Roman von wesentlicher Bedeutung ist. Damals wurden Kinder aus dem eingeschlossenen West-Berlin nach Westdeutschland geflogen, um ihnen dort für einige Wochen einen erholsamen «Platz an der Sonne» zu bieten. Außerdem spielt der Romantitel auf eine Formulierung Bernhard von Bülows an, die zum Inbegriff deutschen Kolonialstrebens wurde. Auch er sah in Afrika «einen Platz an der Sonne» – wenn auch unter ganz anderen Vorzeichen.
Was nun das Glück angeht, so hat Josua Brenner ja zunächst alles versucht, um es in seiner Heimat zu finden. Erst als das fehlschlägt, und zwar in jeder Beziehung, macht er sich auf den Weg. Und ja, für ihn liegt das Glück tatsächlich am Ende des Weges, das ist zumindest seine große Hoffnung. Wir, die wir Kreuzfahren oder Urlaubsreisen unternehmen, können ja entspannt sagen, der Weg ist das Ziel. Josua Brenner hat diesen Luxus nicht, für ihn ist das Ziel das Ziel.

Sie leben zeitweise in Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas. Ein Land und eine Stadt, das von der Geschichte arg in die Mangel genommen wurde, zuerst im Indochina-Krieg und dann unter der Herrschaft der Roten Khmer. Sowohl in Deutschland wie in Kambodscha könnte sich die Frage aufdrängen, was mit der Geschichte eines Landes, eines Kontinents passiert wäre, wäre dies oder jenes nicht geschehen. Das allein kann die Motivation hinter ihrem Roman nicht gewesen sein – oder doch?
Nein, die Motivation, diesen Roman zu schreiben hat verschiedene Facetten. Dazu gehört, daß ich einige Jahre in Tansania gelebt habe. Diese Perspektive hat meinen Blick dafür geschärft, daß wir in einer Welt leben, in der wenige viel und viele nur sehr wenig haben, was sicherlich eine der Ursachen für die Flüchtlingsströme ist, wie wir sie heute erleben. In diesem Zusammenhang will ich anmerken, daß ich den Roman schon vor 2015 fertiggestellt habe, also bevor das Thema eine breite Öffentlichkeit erreicht hat. Aber ich hatte seinerzeit einfach das Gefühl, da kommt noch etwas auf uns zu … und das hat mich beschäftigt. Aber ja, ich wollte auch die Frage stellen, was wäre wenn? Ich denke, wir unterstellen der Geschichte häufig eine Folgerichtigkeit, die es so wohl niemals gegeben hat. Es hätte immer auch anders kommen können, und das spiele ich in einer Variante durch. Dabei liegt mein Augenmerk aber nicht auf der Weltgeschichte, sondern auf dem Einzelnen. Und der Einzelne kann sich die Welt nicht aussuchen, in die er geboren wird. Die Umstände können günstig sein – oder auch nicht, aber das verdankt sich niemand selbst. Ich finde, das sollte uns gelegentlich etwas bescheidener machen und auch in unser Urteil einfließen über diejenigen, die weniger Glück hatten als wir.

Christian Torkler, geboren 1971 in Greifswald, wuchs im Pfarrhaus auf. Das und die unerschöpflichen Erzählungen der ostpreußischen Verwandten haben ihn früh geprägt. Er hat in Berlin Theologie, Philosophie und Kulturwissenschaften studiert. Von 2002 bis 2009 hat er in Dar es Salaam, Tansania, gelebt und von dort aus den Kontinent bereist. Seit einigen Jahren lebt und schreibt er in Berlin und Phnom Penh, Kambodscha. «Der Platz an der Sonne» ist sein erster Roman.

Tabea Steiner «Balg», Edition Bücherlese

Es wäre alles da für ein perfektes Familienidyll; Chris arbeitet zuhause, Antonia bald schwanger, Timon ein hübsches, gesundes Kind. Aber Idyllen existieren nicht. Chris setzt sich ab, zuerst phasenweise, dann endgültig. Antonia fühlt sich allein gelassen, einsam, überfordert. Timon und Antonia, ein Doppelgestirn, ein Doppelplanet, durch Familienbande aneinander gekoppelt, durch wachsende Zentrifugalkraft auf Konfrontation mit all jenen Gestirnen, die sich auf ewig gleichen Bahnen befinden.

«Balg» ist ein Schimpfwort. Abgezogenes Fell, ein freches Kind. Aber wer ist schon der, der er sein könnte. Timon ist genauso das Resultat von vielem, wie seine Mutter Antonia, wie seine Grossmutter Lydia. Da war ein kleines Kind, das durch Mark und Bein schrie. Ein kleiner Junge, der biss und schlug. Ein Schuljunge, mit dem keine Lehrkraft klarkommen wollte oder konnte. Timon, zuerst von seiner Mutter eingesperrt, damit diese Luft bekommt, dann ausgesperrt, weil die Mutter keine Luft mehr bekommt, wird zum Kometen, der sich auf unberechenbarer Bahn mit langem Schweif durch ein verkorkstes Leben bahnt.

Irgendwann lernt Antonia einen neuen Mann kennen, einen, der mit ihr zusammenleben will, aber nicht mit dem unberechenbaren Balg, mit Timon, der sich allen und allem entzieht. Aber statt ihren Sohn mitzunehmen, botet Antonio, der neue Mann, ihn aus, nimmt ihm das Wenige, das Timon von seinem Vater, den er manchmal am Wochenende sieht und auch längst in einer neuen Familie lebt, geschenkt bekommt. Antonia weiss oft nicht, wie ihr geschieht, ist genauso Opfer ihrer Reflexe und Reaktionen wie ihr ausser Rand und Band geratener Sohn.

Im gleichen Dorf lebt Valentin der Postbote. Vor Jahren war es der Dorflehrer, irgendwann suspendiert und im Dorf hängen geblieben, mit einem Makel. Antonia war als Schülerin die Freundin seiner einzigen Tochter, jener Tochter, die er nie mehr sah, von der er nichts weiss, seit sie ihn zusammen mit seiner Frau verliess. Antonia macht Valentin für eine Katastrophe in der Vergangenheit verantwortlich, die nicht nur ihn selbst, sondern auch sie aus der Bahn geworfen hatte, aus der Kindheit rausgerissen, entwurzelt. Und ausgerechnet mit ihm, mit Valentin, dem alt gewordenen Sonderling, den man im Dorf wie etwas Übriggebliebenes behandelt, freundet sich Timon an. Gegen den Willen seiner Mutter.

Timon entgleitet. Allen. Selbst Valentin, der ihn im Garten, bei seinen Tieren oder auch an seinem Tisch gewähren lässt, der ihm den einzigen Ort gibt, an der er sich nicht in die Enge getrieben fühlt, ist von den verqueren Wahrnehmungen einer Dorfgemeinschaft nicht gefeit. Einmal ins schlechte Licht getaucht – immer empfänglich wie elektromagnetisch aufgeladenes Textil.
Alle sind sie einsam. Alle irgendwie verloren, eingeschlossen, ausgeschlossen.

Eine der vielen Qualitäten des Romans ist Tabea Steiners Zurückhaltung, bei aller Katastrophe das Maximum nicht ausgeschöpft zu haben. Es geht der Autorin weder um die Katastrophe, noch um ein Soziogramm eines vermeintlichen Dorfidylls. Tabea Steiner begleitet mit überzeugendem Feingefühl, erzählt die Geschichte aus mehrfacher Perspektive, stülpt das Innere ihrer Protagonisten nicht gegen Aussen. Sie alle sind Opfer ihrer Geschichte. Eine andere Qualität dieses Romans sind all die Halbschatten, die nicht ausgeleuchtet sind, das bloss Angedeutete, das dem Leser überlassen ist, das aber gleichsam mitschwingt und dem Buch, dem Erzählten Raum gibt. Und nicht zuletzt ist es die unaufgeregte, sorgfältige Art des Erzählens, einer Sprache, die sich nicht nur inhaltlich behutsam nähert, sondern in ihrem Ausdruck.

Ein Interview mit Tabea Steiner:

Du engagierst dich seit Jahren für die Literatur, sei es als Leiterin des Literaturfestivals in Thun, als Moderatorin in Bern, Thun und St. Gallen, als Literaturvermittlerin im wahrsten Sinne des Wortes. Und nun dein erster Roman, dein Debüt bei einem Verlag, der es in den letzten Jahren formidabel schaffte, sich mit CH-Spitzentiteln zu empfehlen. Ist es ein Ankommen, ein Beweis oder Resultat übermässiger Anstrengung?
Es fühlt sich für mich am ehesten nach Ankommen an. Auf jeden Fall ist es ja so, dass ich mich schon immer nicht „nur» mit Texten anderer befasst habe, sondern auch selber geschrieben habe. Damit jetzt rauszugehen und der Öffentlichkeit diese andere Rolle gewissermassen zu präsentieren, heisst natürlich auch, dass ich mich nicht mehr hinter den Büchern anderer „verstecken“ kann, von denen ich weiss, dass sie gut sind. Beim eigenen Text ist man da ja sehr viel unsicherer, und trotzdem freue ich mich, dass das Buch jetzt da ist.

„Balg“ ist ein sehr intimer Roman, dessen Konstruktion sich scheinbar weit weg von deiner eigenen Biographie ansiedelt, ausser vielleicht, dass sich die Geschichte irgendwo in der Ostschweiz, in einem Dorf unweit des Bodensees verorten lässt. Was dir ausgezeichnet gelang, ist aber genau jene unmittelbare Intimität, die das Buch, dein Roman, dein Debüt so sehr überzeugen lässt. Eine Nähe, die nie entblössend wirkt. Wie sehr musstest du dich darum bemühen?
Ich habe eine lange Zeit mit diesen Figuren verbracht, sie, als sie da waren, genau studiert, nachgedacht, wie sie sind, was sie denken, sagen und wie sie handeln und warum. Sie sind mir auch sehr nahe gegangen, und es war mir gleichzeitig wichtig, selber auch immer ein wenig Verständnis für sie aufzubringen. Und das war zuweilen durchaus sehr anstrengend. 

Alle Protagonisten in deinem Roman sind Verlorene? Wie sehr liegt in einer Zeit der totalen Vernetzung genau in diesem Gefühl eine der Untiefen unserer Gesellschaft?
Sind sie Verlorene? Ich denke eher, dass sie aus unterschiedlichsten Gründen keinen oder nur einen unzulänglichen Zugang zu ihrer Sprache haben, und deswegen auch nicht imstand sind, die anderen zu verstehen.
Auf jeden Fall schaffen sie es nicht, eine gemeinsame Sprache für ein Problem zu finden, das sie alle betrifft. Sie sehen es zwar alle, wenn auch auf unterschiedliche Weise, sind aber nicht imstand, darüber auch nur einen sprachlichen Konsens zu finden. Und hier setzt etwas für mich sehr Wichtiges ein: dass nämlich die Sprache politisch ist, weil wir uns darüber einigen müssen, was sie bedeutet. Es ist schwierig, sich zu unterhalten, wenn man keine gemeinsame Sprache hat – und ich glaube, dass man die Folgen davon auf Social Media, aber mehr und mehr auch im Alltag, beobachten kann, wenn Sprache in einer zunehmend verletzenden Art und Weise verwendet wird, ohne sich darum zu kümmern, dass die Sprache eben allen gehört. Niemand hat sie für sich allein, und das wäre gut so, wenn.

Gegen Schluss deines Romans lässt du Lydia, die Mutter Antonias sagen, die vieles spürt, was sie sich nicht zu sagen traut: „Man muss eben mit den Leuten reden, nicht immer nur über sie.“ Dieser Satz ist eines der Themen, die sich durch dein Buch ziehen. Und trotzdem bleibt die Einsicht, dass nicht über alles geredet werden kann. Wo liegt die Grenze zwischen befreiendem Reden und zerfleischendem Zerreden?
Das ist eine sehr schwierige Frage, aber nicht nur literarisch. Jeder Mensch geht wieder ganz anders um mit Dingen, manche wollen darüber reden, andere wieder können nicht. Ich glaube nicht, dass ich diese Frage je wirklich werde beantworten können, wünsche mir aber, dass mehr darüber nachgedacht und gesprochen und geschrieben wird. 

In deinem Roman steckt ein ungeheures Potenzial an Katastrophen. Einige hast du geschehen lassen, vielem bist du mit Absicht ausgewichen, hast der Versuchung von allzu beabsichtigter Plottverdichtung widerstanden. So wie das Leben nur in Ausnahmefällen das Maximum an Katastrophe zulässt. Zum Glück. Wie sehr musstet du gegen Versuchung ankämpfen?
Ich musste, wie oben angedeutet, eher gegen die Versuchung kämpfen, den Figuren doch das eine und andere zu ersparen, sie freundlicher erscheinen zu lassen, sympathischer. Aber dann wäre es eine andere Geschichte geworden, und so bin ich streng mit mit und manchmal ein bisschen hart zu den Figuren gewesen. 

Ein beeindruckendes Debüt von einer Autorin, von der ich nichts anderes erwartet hätte!

Tabea Steiner, Jahrgang 1981, ist auf einem Bauernhof in der Nähe des Bodensees aufgewachsen und hat Germanistik und Geschichte studiert. Sie hat das Thuner Literaturfestival initiiert, ist Mitorganisatorin des Berner Lesefestes Aprillen und Mitglied der Jury der Schweizer Literaturpreise. 2011 hat sie an der Autorenwerkstatt des Literarischen Colloquiums Berlin teilgenommen. Tabea Steiner lebt in Zürich.

Webseite der Autorin

Beitragsbild © Sandra Kottonau

Christoph Hein «Verwirrnis», Suhrkamp

Zugegeben, ich verehre diesen Schriftsteller. Und je mehr ich von ihm lese, desto tiefer brennt sich der Respekt ein. Christoph Hein erzählt mit derart viel Selbstverständlichkeit, als wäre jedes Buch mehrfach durchlebt und jedes für sich das Resultat eines ganzen Lebens. «Verwirrnis» ist die Geschichte einer Liebe, die ihren Platz nicht findet, nicht in der Geschichte, nicht in der Gesellschaft, nicht einmal im Leben der Geliebten.

Friedeward Ringeling ist ein Sonderling. Professor, ein gefeierter Intellektueller, selbst ohne Parteizugehörigkeit in der DDR von fast allen geschätzt und verehrt, aber stets ein wenig steif, distanziert, äusserst korrekt und auf dem Campus seiner Universität respektiert, auch wenn man ihn «kleiner Professor» heisst. Doch Friedeward trägt einen Schmerz mit sich herum. Er ist ein Versehrter, ein vom übermächtigen Vater Bestrafter, ein vom steinernen Katholizismus Ausgesperrter, ein Mann, der nie zu seiner Liebe zu Wolfgang stehen konnte, sie im Verborgenen leben und verlieren musste. Ein von der Geschichte Überrollter, ein Einsamer mitten in der Gesellschaft.

Friedeward lernt als Schüler Wolfgang kennen und lieben, ein ganzes Leben lang, in einer Zeit, in der eine solche Neigung nicht nur von Kirche und Gesellschaft unterdrückt wurde, sondern ein vom Staat geahndetes Verbrechen war. Seine Liebe bleibt unglücklich, auch wenn er sie mit Hilfe eines lesbischen Paars zumindest an der Oberfläche zu kaschieren vermag. Permanent in der Angst vor der Denunziation, vor dem Siebenstriemer seines Vaters, stürzt sich Friedewald in seine Arbeit und in ein geschlossenes Seelenleben, von dem nur wenige wissen.

«Verwirrnis» ist die Geschichte einer Freundschaft, einer verbotenen, nicht tolerierten Liebe zwischen Friedeward und Wolfgang. Einer Liebe, die sich im Verborgenen halten muss, hinter Mauern, am Rand der Gesellschaft. Es ist die Geschichte der DDR, ebenso eine Geschichte der Abgrenzungen und Mauern. Es ist die Geschichte einer Familie, jene Friedewards, einer Familie die sich hinter unumstösslichen Mauern der Strenge und Unduldsamkeit von einer aufbrechenden Gesellschaft abgrenzt.

„Verwirrnis“ ist als Titel des Romans genau so treffend wie verwirrend, denn zumindest im Duden scheint dieses Wort in der Form nicht zu existieren. Und trotzdem beschreibt es nicht nur das Leben Friedewards, sondern eine ganze Zeit, ein ganzes Jahrhundert.

Fiedewards Kindheit und Erziehung war geprägt von Angst, Schmerz und Verwirrungen. Sein Vater, ein Pädagoge, erzog seine Kinder mit eiserner Hand und schreckte auch nicht vor drastischen Körperstrafen zurück, selbst dann, als die DDR die Körperstrafe in Schulen schon längst gesetzlich gebannt hatte. Die Schläge des Vaters wirkten ein ganzes Leben. Friedeward fürchtet sie selbst noch vor seinem eigenen Ende, obwohl der Vater Jahrzehnte tot ist.
Der grosse „Fehler“ im Leben von Friedewards Vater war nicht so sehr die Peitsche, sondern seine Uneinsichtigkeit, des Vaters unumstössliche Überzeugung gut und richtig gehandelt zu haben. Genau die Haltung, die auch viele Überzeugte nach der Nazizeit mit in ein „neues“ Leben nahmen.

Der erste Weltkrieg war nicht mit den Unterschriften 1918 im Wald von Compiègne bei Paris beendet, der zweite Weltkrieg nicht mit der bedingungslosen Kapitulation am 7. Mai 1945, noch viel weniger die DDR mit dem Mauerfall. Jede Zeit hallt nach, so wie der erste Weltkrieg im Tod Friedewards Vater, der ein halbes Jahrhundert nach dem „Ende“ des 1. Weltkriegs an den Folgen eines Giftgasangriff starb. «Verwirrtes» ist ein Roman über Folgen und Auswirkungen.

Unglaublich mit welcher Selbstverständlichkeit Christoph Hein schreibt. Wenn ich seine Roman lese, überwältigt mich der Ton. Hein zelebrieren weder Sprache, Konstruktion noch Inhalt. Er erzählt. Und das mit derart schlafwandlerischer Sicherheit und Selbstverständlichkeit, dass es mich tief beeindruckt. Wenn ich dann feststelle, dass die Lektüre und die Gespräche darüber zu einer Entdeckungsreise werden, Schicht für Schicht, verstärkt das den Respekt vor dem Schreiben Christoph Heins noch mehr.

Grosse Literatur, einmal mehr!

© Heike Steinweg

Christoph Hein wurde am 8. April 1944 in Heinzendorf/Schlesien geboren. Nach Kriegsende zog die Familie nach Bad Düben bei Leipzig, wo Hein aufwuchs. Ab 1967 studierte er an der Universität Leipzig Philosophie und Logik und schloss sein Studium 1971 an der Humboldt Universität Berlin ab. Von 1974 bis 1979 arbeitete Hein als Hausautor an der Volksbühne Berlin. Der Durchbruch gelang ihm 1982/83 mit seiner Novelle «Der fremde Freund / Drachenblut».
Hein wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Uwe-Johnson-Preis und Stefan-Heym-Preis.

Rezension von «Trutz» von Christoph Hein auf literaturblatt.ch

Beitragsbild © Sandra Kottonau

Daniela Krien «Die Liebe im Ernstfall», Diogenes

Paula, Judith, Brida, Malika und Jorinde. Fünf Frauen, fünf Leben, fünf Varianten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Leben zwischen Traum, Entwurf, Realität und Ernüchterung. Eingebetet in eine Gegenwart, die oft nicht dem entspricht, was hätte sein können. Ein Roman wie ein Teppich, dicht verwoben, kunstvoll konstruiert. Ein literarisches Soziogramm. Viel mehr als ein femininer Schicksalsroman.

Als Paula Ludger kennenlernte, wohnte sie schon Jahre mit Judith zusammen. Paula und Judith waren Freundinnen, obwohl sie schon als Teenager grundverschieden waren. Was durch nichts zu brechen war, schaffte die Heirat von Paula und Ludger. Eine Freundschaft zerbricht. Judith ist Ärztin und als „Unberührbare“ dauernd auf der Suche nach dem perfekten Mann. Eine Suche, die längst zum Selbstzweck geworden ist. 

Brida liebt Götz, den Mann, den nichts aus der Ruhe zu bringen scheint, den Fels. Brida ist Schriftstellerin und zerbricht an der Unmöglichkeit, jenes Leben zu führen, das ihr bestimmt sein muss. 

Malika ist die Schwester von Jorinde, die Verschmähte von Götz, die ungeliebte Tochter umtriebiger DDR-Intellektueller. Bis Malika ihre Schwester retten soll, bis sich die Spiesse zu drehen scheinen. Und Jorinde, der einst alles zu Füssen liegen schien, zieht der immer grösser werdende Spagat zwischen Pflichten und Berufung den Boden unter den Füssen weg.

Obwohl Daniela Krien in ihrem zweiten Roman „Die Liebe im Ernstfall“ die Geschichten der fünf Frauen hintereinander erzählt, sind alle Leben, alle Geschichten tief ineinander verflochten. Sie berühren sich nicht einfach wie bei einem Episodenroman, sondern füllen ein Pentagon weiblicher Lebensentwürfe, ein Spannungsfeld zwischen Anziehung und Abstossung, zwischen Liebe und Hass, zwischen eigenem Selbst und unergründlichem Gegenüber.

„Die Liebe im Ernstfall“ ist ein Roman über die Spielarten der Liebe, darüber wie viel Schmerz sich Liebe aufladen kann. Wie aus Liebe Schuld werden kann. Paula verliert ein Kind an den Folgen einer Impfung. Sie verliert Kind und Glück. Judith verliert auch ein Kind, mehr als eines und spürt die Schuld, die sich in ihr Leben schleicht. Brida verliert Götz und das Familienglück mit ihren zwei Kindern, ein Glück das unumstösslich schien. Malika verliert schon früh die Liebe ihrer Eltern, die Liebe ihrer Mutter. Und Jorinde den Platz, der ihr zugesprochen scheint. Liebe ist ein Gefühl. Und Gefühle sind nie in Stein gehauen, auch wenn sie übergross und übermächtig erscheinen.

Obwohl der Titel des Romans, die fünf Frauenleben nach Fallstudie riecht, ist Daniela Kriens Roman mehr als Liebesgeschichte, viel mehr als Fallstudie. Daniela Krien erzählt von fünf Frauen, die im ganz normalen Leben wirklich zu leben versuchen, nicht nur funktionieren und reagieren, sondern agieren. Aber aus Wunsch und Idee wird Krampf und Kampf. Daniela Krien erzählt von Sehnsüchten. Der Sehnsucht nach Liebe zu einem Gegenüber, einem Gegenüber, das versteht und jener Sehnsucht, sich selbst dabei treu zu bleiben. 

Daniela Krien, geboren 1975 in Neu-Kaliß, studierte Kulturwissenschaften und Kommunikations- und Medienwissenschaften in Leipzig. Seit 2010 ist sie freie Autorin, 2011 erschien ihr Roman «Irgendwann werden wir uns alles erzählen», der in 14 Sprachen übersetzt wurde. Ihr 2014 veröffentlichter Erzählband «Muldental» wurde 2015 mit dem Nicolaus-Born-Debütpreis ausgezeichnet. Daniela Krien lebt mit zwei Töchtern in Leipzig.

Daniel Krien liest aus ihrem Roman «Die Liebe im Ernstfall» am 11. Wortlaut Literaturfestival St. Gallen 2019, am Samstag, den 30. März! Weitere Informationen finden Sie auf wortlaut.ch! Moderation: Gallus Frei-Tomic

Beitragsbild © Sandra Kottonau

Urs Faes «Ins Schweigen reden»

Du bist allein im Haus, allein mit dem, was du jetzt ahnst, weißt und nicht annehmen willst: dass du nicht die grosse Liebe seines Lebens gewesen bist, sondern eine andere: Virginie. Oder einfach Ini. Sie und er, damals, und jetzt wieder. Schmerzt dich das?

Liebste Ini… so haben die Briefe angefangen. Das tönt zärtlich, vertraut, innig. Ja, innig ist das richtige Wort. Beeinander aufgehoben. Janek und Ini. Das tönt wie Hero und Leander. Des Meeres und der Liebe Wellen. Vom Winde verweht. Der grosse Gatsby. Janek und Ini. Wie die grossen Liebesgeschichten in der Literatur. Im Film.

Nicht grübeln. 

Eliane und Dorit kommen wieder. Sie lassen dich nicht im Stich. 

Jetzt bist du allein. In der Stille. In Gedanken. Im Schmerz. Das musst du mit dir austragen. Das nimmt dir keiner ab. Auch Eliane nicht.

Und Jakov?

Wo mag er sein? Auch allein? In einem Zimmer, das er nicht kennt? Ohne Worte für das, was ist. Fremd die Gesichter, die um ihn sind, die er nicht mehr erkennt. Irgend jemand könnte ihn besuchen, und er würde lachen, wie er immer Besuchern entgegengelacht hatte, freundlich, zuvorkommend, herzlich, ein zärtlicher Händedruck, eine sanfte Umarmung, ein gutes Wort. Jakov hatte für jeden ein gutes Wort, er war ein herzlicher Mensch, mit einem zärtlichen Blick auf die Menschen, auch auf dich. Vergiss das nicht. Wie liebevoll er sein konnte, fürsorglich, einer, der in den Augen der andern las, nicht nur ihre Wünsche, auch ihre Nachdenklichkeiten.

Und was ist mit diesem Kind? Jakovs Kind? Oder das Kind seines Vaters: Emily Mary Blumental. Ist Jakovs Vater der Vater oder der Grossvater des Kindes? Emily? Der Name ist nie gefallen. 

Du schüttelst dich, als könntest du abschütteln, was da ist, auf dir liegt, dir aufliegt.

Wie kannst du dich an Bilder halten, die nur eure sind, die Reisen, die vielen Reisen? Die Monate an der Baltischen See, Klaipeda, das Kurische Haff, das Ostseebad Cranz, eure Gänge durch die Birkenhaine bis zum Haff, in dem das Wasser im Sommer richtig heiss wurde, ein Dampfbad zwischen den Wanderdünen. Auch ihr habt eine Geschichte, du und Jakov. Aber du bist mit diesen Erinnerungen allein. In Jakov sind sie gelöscht, auch eure erste Begegnung im Rhein-Main-Flughafen. Auch eure Wanderferien im Bergell, das stundenlange Gehen, von Stampa über die Bogenbrücke der Maira und hinauf nach Coltura, zum Palazzo Castelmur. Jakov gefiel das Bild von Augusto Giacometti in San Pietro: Der Morgen der Auferstehung. Er buchstabierte das Wort: Risurrezione. Und er deutete auf das Epitaph unter dem Bild: Johannes und Magdalena. Ein Liebespaar, das aufersteht. Wer liebt, aufersteht. Jakov schien völlig fasziniert von diesem Gedanken und fotografierte das Bild zusammen mit dem Epitaph.

Langsam seid ihr dahingewandert, oft mit dem Blick ins Tal hinunter und hinauf zu den Bergen, den Piz Cam und den Pizzo Cengalo. In den Bergen war Jakov daheim, mountains home, sagte er, als wäre er in den geliebten Bighorn Mountains, wo ihr auf euren Ausritten dem Gros Ventre River gefolgt und hinauf auf die Spitze des Sleeping Indian Berges vorgedrungen seid, und ihr euch verloren habt im Hinunterblicken auf das Tal von Jackson Hole, an die Waipitis gedacht habt, die ihr auf eurer zweiten Reise, zum Schneeschuhfahren auf der Gros Ventre River Ranch, in der Nacht habt vor Hunger heulen hören, dieser unvergessliche Anblick: diese eng aneinander gelehnten Tiere im Schnee. 

Bilder, von denen Jakov nicht mehr spricht, die erdrückt und entrückt sind in ihm, vergessen, vergangen, versunken, in den Schutthalden seines Gehirns. Nur das ganz fern Erinnerte ist ihm noch nah, ein Frauenname, eine grosse Liebe.

Du bist allein mit euren Erinnerungsbildern, mit allem, was ihr gelebt habt: Du und Jakov, Herta und Jan. Das klingt nüchtern, alltäglich praktisch, zwei, die sich verstehen, sich arrangieren. Aber Janek und Ini, das bebt, das rührt an Traum und grosse Gefühle.

Du rufst allein eure Bilder zurück, kein „Weißt du noch, Jakov, die Gabelhorn-Antilopen unter den Laubbäumen im Boysen Park, nah am Ufer des Shoshoni, über dieser kleinen Bucht, in der das Schilf vom Licht angeblitzt wurde, ein heller Schein, gleissend hell…“. 

Nur bei dir ist das von euch Gelebte aufgehoben, euer Lebensbuch.

Ist das schon ein Nachruf? Jakov nachgerufen? Als wäre er schon nicht mehr da? Für dich ist er nicht mehr da, auch wenn er noch da ist. Gelöscht in Jakov, was dich, was euch betrifft, wie auf einem Bildschirm ein Text gelöscht wird, eine Melodie, ein Bild, ein Tastendruck und nichts mehr da, Leere.

Ini ist geblieben, erhalten, bewahrt, wie in Karneol unzerstört, zum unverhofften Wiedersehen, wundersam heil geblieben zwischen Gedächtnisablagerungen und Gehirnschuttverwicklungen, Denkhalden und Müllbergen.

Die Bildfolge Ini ist geblieben, lebt und atmet, weil die Liebe sie erhalten, stark gemacht hat, so stark, dass sie den Jahren trotzt, der Krankheit, dem Vergessen und Verlöschen, unsterblich ist, ewig.

Diese Vergangenheit ist geblieben und Gegenwart geworden. Janek und Ini, eine unsterbliche Liebe, das letzte Refugium eines verlorenen Gedächtnisses. Vielleicht wird sie auch bleiben, wenn Jakovs Gestalt still geworden ist, weil bleibt, was von der Liebe gebildet, getragen, unzerstörbar geworden ist. Weil die Liebe nicht vergeht, nie vergeht, auch  über den Tod hinaus? Ist es das, was uns antreibt, was in uns als Sehnsucht glüht, unstillbar? 

Auch dich hat das angetrieben, und du hast geglaubt, in Jakov diese Nähe gefunden zu haben, all die Jahre hast du das geglaubt. Du hast nicht geahnt, dass sie in ihm schon gefunden und verwahrt war und einen Namen trug: Ini.

Du wischst mit der Hand langsam durch die Luft, als wüsche deine Hand die Nacht, wüsche sie die Welt, wüsche herunter, was trübte, die Aussicht, die Fernsicht, die Rücksicht. Du musst sie waschen, die verwüstete Welt, die unter Schlacken, Ablagerungen siechende Welt da draussen; und die Welt in Jakovs Kopf, in Jakovs Gehirn, in Jakovs Gedächtnis, die wüst ist und fast leer, glanzlos geworden, stumpf, de-mens, von Sinnen, jetzt, erst jetzt verstehst du das Wort.

Du bist allein. Und wer allein ist mit den Erinnerungen und mit der wüsten Welt, der ist wirklich allein. So stehst du in diesem Korridor, so gehst du durch die Räume, greifst nach dem Halte-Tau an der Wand, das Jakov vom Schlafzimmer ins Bad und durch die Räume geleitet hat.
Du musst dich festhalten, dich anklammern am rauen Tau, gegen diesen Sturm, der weht, von einem verlorenen Paradies, von den Erinnerungen her, die dich aus dem Leben mit Jakov umweben und dem, was sie trübt: Janek und Ini. Du gerätst von Sinnen im Sinnen; wonach steht dir noch der Sinn?

Was kannst du dem entgegenstellen, was da weht, stürmt, heult, dich forttreibt?

Bleibt nur die Müdigkeit, und darin ein letzter Aufruhr, ein Dennoch, das schon nicht mehr trotzig, sondern nur noch ein Flügelschlagen ist, Einsicht?

Dieser Vers, den dir Eliane einmal aufgeschrieben hat, eine Frucht ihrer Theaterarbeit, als Trost gemeint, auch in der Bitterkeit: „Schatten sind des Lebens Güter, Schatten seiner Freuden Schar,/ Schatten, Worte, Wünsche, Taten,/ Die Gedanken nur sind wahr// Und die Liebe, die du fühltest,/ Und das Gute, das du tust;/ Und kein Wachen als im Schlafe,/ Wenn du einst im Grabe ruhst.// Possen! Possen! Andre Bilder/ Werden im Innern wach!“

Lachen über die Possenspiele des Lebens, zum Lächeln finden, zum Lassen, Loslassen, Zulassen, Ablassen?

Und einmal gelassen sein, Gelassenheit finden?

Und darin eingestehen, deine grosse Liebe war nicht, was du dachtest, war weniger, Schatten, ja ein Schatten, unter dem Schatten einer andern?

Und Jakov? Ist er jetzt leicht, zurück in der frühen Liebe, da wieder eingekehrt, darin jetzt gelassen, losgelassen von allem andern, von all dem, was lastet oder lasten könnte? Vom Leben?

Back home? War das nur diese im Kokon verwahrte Liebe?

Und du hast geglaubt, das gelte dem Heimweh nach den Weiten Wyomings, den Wäldern des Teton, dem gewundenen Lauf des Snake River, den kleinen Seen um Boulder Flats. Es hat, ohne dass er es nennen konnte, nur ihr gegolten, Virginie, der frühen, der grossen Liebe, nach der ihn ein Sehnen verzehrte; das war der Heart Lake, in dessen Wasser er getaucht ist und darin weiterschwimmt.

Hast du ihn für den genommen, der er gewesen ist, den versprengten Reiter, einer, der immer ein Reisender gewesen ist, einer, der von irgendwoher kam und nach irgendwohin aufbrach, getrieben von der unbestimmten Hoffnung, es gebe irgendwo eine Ankunft, beschlichen von der Ahnung, keine Ankunft zu finden. Vielleicht war es diese unbestimmte, diese unstillbare Sehnsucht, die ihn antrieb, die ihn reisen liess und nur einen Namen hatte. Vielleicht hat ihn das letztlich auch seine Statistiken schreiben lassen, dieser unbestimmte Leerraum, in dem alles entschwunden schien, in dem es keine Gewissheit gab, in Fülle verfügbar war nur der Mangel, der Mangel an Selbstgewissheit, an Heimat und menschlicher Bedingung in der Welt. Hat ihn dieser Mangel angetrieben, nach den früh erfahrenen Toten, der Mutter, von Virginie, von Ken, vielleicht auch von Emily? Und die immerwährende Angst vor Verlusten, immer neuen Verlusten, auch von dem, was man ist und lebt? 

Du zitterst. Du sagst so oft vielleicht? Vielleicht, weil du so wenig weißt, mit Gewissheit weißt: von Jakov, von dir selbst. Auch du hast Angst. Nichts ist sicher. Nur das Gefährdetsein, auch in der Liebe, die fragile Aussicht, den Alltag halten zu können, wenn überhaupt. Kannst du es noch? Noch weiter? Immer weiter? Gehen. Gehst du noch, oder stehst du?

Du gehst durch die Wohnung; durch die Ratlosigkeit gehst du, deine Ratlosigkeit. Deine Schritte widerhallen, dumpf patschend auf dem Parkett, ein Eichenparkett, hohl klingt das, als wäre alles hohl unter dir, voller Leerräume, mit Geheimnissen und Untaten, voller Archive, die jemand angelegt hat, von deinen Wegen, Schritten, deinen Sehnsüchten, das ist abgelegt in Schachteln und Mappen, du brauchst sie bloss zu öffnen, einzutreten in die Archive, in dir, unter dir, Archive, tief in die Erde hinein, unterkellert ist das alles, immer neue Räume mit Dokumenten, Mappen, Statistiken, die alles enthalten, was dich angeht, die infragestellen, was du empfunden, was du entschieden, was du gesprochen hast. Überall Papiere, Virginie-Papiere, Jakov-Papiere, Eliane- und Dorit-Papiere, alles ist voller Papiere, Buchstaben, Zeichen, Schriftzeichen, Wandzeichen, Menetekel. 

Soviel an Spuren aus einem Leben, soviel an Zeugnissen, Leidenschaften und Leiden, an Glück und Scheitern, an Ahnungen und Vermutungen, und so wenig an Gewissheit, an Klarheit, selbst da, wo Zahlen und Namen und Daten sind, so flüchtig, so undurchschaubar, so dämmerhaft und unzugänglich bleibt, was einer gelebt, du, Jakov, Ini.

Du gehst, und von draussen fällt jetzt das Licht herein, fällt auf den Boden, stumpf, dumpf, wie die Schritte, die du machst, behutsam, ängstlich. Dünn ist die Kruste über diesem Hohlraum unter dir, das Echo verrät es, das ist hohl da unten, du kannst jederzeit einbrechen, durchbrechen wie durch das Eis auf dem See, das voller brüchiger Stellen ist, die nicht tragen, die dich in die Tiefe fallen lassen, in die Archivschächte des Erdachten, mit den Schachteln des Erinnerten, mit den Statistiken deiner Irrtümer, Irrwege und Irrfahrten, mit diesen Papieren, Virginie-Papieren, Jakov-Papieren, mit den Rechnungen, Statistiken, Zahlen, alles ist voller Zahlen, als zählten nur noch die Zahlen.

Dieser Text, den mir Urs Faes freundlicherweise zur Verfügung stellt, ist ein erster Blick in seinen neuen Roman.

Urs Faes, 1947 geboren, lebt und arbeitet in Zürich. Er ist einer der Grossen der Schweizer Literatur. 1983, vor 35 Jahren, erschien sein erster Roman «Webfehler» bei Lenos. 1989 wechselte er zu Suhrkamp und veröffentlicht dort seit 30 Jahren Romane und Erzählungen. 2017 erschien «Halt auf Verlangen. Ein Fahrtenbuch» in dem er seine Erfahrungen mit einer schweren Krankheit mit der Geschichte seiner Herkunft verwob. Seine Werke wurden vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Schweizerischen Schillerpreis und dem Zolliker Kunstpreis. Sein Roman «Paarbildung» stand auf der Shortlist für den Schweizer Buchpreis. Zuletzt erschien in der Insel Bücherei die Erzählung «Raunächte».

«Urs Faes’ Sprache legt sich wie ein weicher, weisser Mantel um die Schultern des Lesers.«

Rezension von «Raunächte»  auf literaturblatt.ch

Rezension von «Halt auf Verlangen» auf literaturblatt.ch

Urs Faes im Logbuch von Suhrkamp

Webseite des Autors

Beitragsbild © Ekko von Schwichow

Christian Zehnder «Die verschobene Stadt», Otto Müller Verlag

Felix Degalier studiert in Lausanne Medizin, nachdem er zu seiner kranken Mutter gezogen war. Lausanne ist ihm fremd, genauso die Sprache. Er kennt sich zwar aus und spricht französisch, doch der Mann scheint über Monate nie dort anzukommen, wo er sich eigentlich bewegt. «Die verschobene Stadt» ist eine Lebensspur, die sich beinahe verliert. Der Roman ein zartes Stück Sprache, das anderes will als «bloss» erzählen.

Es ist bei der Lektüre, als würde man dem Boden enthoben. Es ist kein Wegreissen, kein Hinfallen, kein Abheben, kein Wegdriften. Was als Geschichte erzählbar ist, wird nicht von aussen geschildert, sondern von innen. Mir erzählt Christian Zehnder von Felix Degalier, von Luc, Helena und Geneviève, von den Mietern mit ihrem kränklichen Kind, die sich in der ehemalige Wohnung der Mutter einnisten – und doch liegt der Erzählmittelpunkt, der Fluchtpunkt der Erzählperspektive in der getriebenen Seele von Felix.

Felix wohnt mit Luc zusammen in dessen Wohnung, aber nicht wirklich zusammen, denn die beiden treffen sich je länger je weniger. Felix studiert Medizin, aber nicht wirklich, denn alles andere scheint ihn und sein Leben zu bewegen, nur sein Studium nicht. Felix lebt, existiert in Lausanne, der Universitätsstadt am Lac Léman, aber nicht wirklich, denn phasenweise entzieht sich ihm die Stadt, entgleitet ihm, verschiebt sich, wird ihm fremd.

Obwohl chronologisch konstruiert, erzählt der Autor alles andere als linear. Sprunghaft, manchmal assoziativ, als würde er nicht erzählen wollen, sondern schildern, was die sprunghafte, unstete Wahrnehmung mit dem Protagonisten macht.
Nachdem Felix Degalier weg von Zürich zu seiner Mutter nach Lausanne gezogen war, diese zuerst pflegte, vermietet er die Wohnung nach deren Tod fast vollständig möbliert einer jungen Familie. So wie die Möbel in dieser Wohnung nach dem Tad seiner Mutter stehen bleiben, als wäre sie eben erst weggegangen, bleibt die Bindung, die Verbundenheit zu einer Welt, die mit der Mutter gestorben war. Felix wird zu viel mehr als einem Vermieter, angebunden an eine Familie, die ihn durch ein krankes Kind regelrecht einspannt.

«Die verschobene Stadt» macht es mir nicht leicht. Ein Buch, das mich pendeln lässt zwischen Faszination, vor allem für die Sprache, und Verunsicherung dann, wenn ich mich losgelassen fühle. So wie Felix in einer Stadt, einer Welt, unter Menschen, die ihn nicht einlassen. Schon «Julius», sein 2011 bei dtv erschienener Roman, war die Geschichte eines jungen Mannes, der von einem alten Leben Abschied nimmt und in einem neuen nicht richtig anzukommen scheint.

Wer sich auf ein sprachliches Abenteuer einlassen will, der liest «Die verschobene Stadt»! Flimmernd, durchscheinend und traumhaft.

Foto © Matthias Günter

Christian Zehnder, geboren 1983 in Bern, studierte Literatur und Philosophie in Fribourg und München. Er ist Mitarbeiter am Institut für Slawistik der Universität Fribourg. Nach Studienaufenthalten in Sankt Petersburg, Moskau, Warschau und zuletzt in Chicago lebt er heute in Bern. Bisher erschienen sind von ihm die Erzählungen und Romane «Gustavs Traum», «Julius» und «Die Welt nach dem Kino». «Die verschobene Stadt» ist sein erstes Buch im Otto Müller Verlag.

Beitragsbild © Sandra Kottonau

Michael Köhlmeier «Erwarten Sie nicht, dass ich mich dumm stelle», dtv

Am 5. Mai 2018 hielt der Schriftsteller Michael Köhlmeier in der Wiener Hofburg eine Rede zum Holocaust-Gedenken. Eine Rede, die nur sechs Minuten dauerte und ebenso viel Applaus und Zustimmung erntete wie Kritik und Unterstellung. Genau das, was eine Rede soll, wenn sie nicht bloss mit freundlicher Zustimmung liebäugelt. Michael Köhlmeier traut sich, auch dann, wenn die Kritisierten vor ihm stehen.

Österreich wird von einer schwarz-blauen Regierung geführt, einem jugendlich scheinenden Kanzler, der sich mit dem FPÖ Vizekanzler Strache verbrüdert, der sich in keiner Weise schämt, antisemitisch und fremdenfeindlich aufzutreten. Strache sass mit anderen seiner «freiheitlichen» Partei im Publikum, als Michael Köhlmeier in sechs Minuten ruhig und gelassen einer Regierung die Leviten las, die Verantwortung und historisches Bewusstsein mit Füssen tritt, die mit Argumenten hantiert, mit denen vor 70 Jahren schon einmal die Massen in Wallung gebracht wurden.

Michael Köhlmeier tat es nicht als Intellektueller, sondern als schreibender, denkender und mitfühlender Bürger. Was er sagte, war keine Beschuldigung, keine Mutmassung, keine Interpretation, sondern Spiegel einer Ungeheuerlichkeit. Kein Wunder keifte die FPÖ, schimpfte die ÖVP und applaudierten Linke und Grüne. In Presse und sozialen Medien zeigten die sechs Minuten erstaunliche Resonanz, etwas, was Reden in heeren Hallen sonst nicht zu erreichen vermögen. Michael Köhlmeier tat es nicht als Polterer, sondern als einer, der in einem ganzen Leben und Wirken Empathie zur Lebensspur macht.

Ich lernte Michael Köhlmeier an einer Lesung zusammen mit seiner Frau Monika Helfer kennen, als sie aus ihrem gemeinsamen Buch «Der Mensch ist verschieden» lasen und erzählten. Das Schriftstellerpaar ist Sinnbild für Respekt und Menschenliebe. Ihre beiden Stimmen sind fein ziseliert, klar und bestimmt, spüren auf, was man unter Wahrhaftigkeit versteht. Sie tun, wie sie schreiben. Sie schrieben, wie sie leben.

In den in diesem Band gesammelten Reden schweift Michael Köhlmeier nicht ab. Er bleibt beim Erzählen; von dem Ort, an dem erlebt, den Menschen, die ihn begleiten, seiner Mutter, seiner Grossmutter. Er sieht im Kleinen das Grosse, schildert behutsam und ohne eine Spur von Arroganz. Er liebt seine Figuren, seine Welt, erst recht dann, wenn sie von Hetze, Ignoranz und Menschenfeindlichkeit bedroht sind. Michael Köhlmeiers Reden trösten, wie sie Zeugnis sind, dass der Mut nicht stirbt.

Reden gegen das Vergessen, mit einem Nachwort von Hanno Loewy
«Zum großen Bösen kamen die Menschen nie mit einem großen Schritt, sondern mit vielen kleinen, von denen jeder zu klein schien für eine große Empörung.»
Michael Köhlmeier

© Heike Bogenberger

Michael Köhlmeier wurde 1949 in Hard am Bodensee geboren und lebt heute in Hohenems/Vorarlberg. Er studierte Germanistik und Politologie in Marburg sowie Mathematik und Philosophie in Gießen und Frankfurt. Michael Köhlmeier schreibt Romane, Erzählungen, Hörspiele und Lieder und trat sehr erfolgreich als Erzähler antiker und heimischer Sagenstoffe und biblischer Geschichten auf. Er erhielt für seine Bücher zahlreiche Auszeichnungen, u.a. mit dem Rauriser Literaturpreis, dem Johann-Peter-Hebel-Preis, dem Manès-Sperber-Preis, dem Anton-Wildgans-Preis und dem Österreichischen Würdigungspreis für Literatur.

Fotos © Heike Bogenberger

Michael Köhlmeier mit «Das Mädchen mit dem Fingerhut» auf dem 30. Literaturblatt:

Florian Wacker «Stromland», Berlin Verlag

Der Zwillingsbruder verschwindet. Die Schwester macht sich mit einem Bündel Briefen und ihrem Freund auf die Suche nach ihm. Eine Suche, bei der die Motive der Reise immer mehr ihre klaren Umrisse verlieren. Eine Reise in ein Land, das ebenso viel Sog entwickelt wie Verständnis verweigert. «Stromland» führt mich als Leser weit weg; eine Reise in die Tiefen des brasilianischen Urwalds und in jene menschlicher Abgründe.

«Stromland» ist eines jener Bücher, die niemals nur in stillen Stuben geschrieben wurden. Man spürt der Sprache, der Geschichte und den Konstruktion des Buches an, wie sehr sich Florian Wacker auf ein Abenteuer einliess. Nicht nur geographisch, denn Florian Wacker beschreibt derart bildhaft und sinnlich, dass einem die feuchte Hitze des Urwalds genauso an die Kehle springt wie die modrigen Dämpfe und die Schreie in pechschwarzen Nächten. Florian Wacker beschreibt einen Kontinent, der während mehrerer Jahrhunderte im Würgegriff von Eroberung, Gier, Anarchie und der Suche nach Glück war und ist. Ob im 18. Jahrhundert noch unter dem Banner der Kirche oder in der Gegenwart auf der Suche nach Gold – das, was ein stubenwarmer Europäer (so wie der Schreibende) unter Recht und Ordnung versteht, hat wenig mit dem zu tun, was im Dschungel von Natur, Kultur, Ethnien und der Suche nach dem «Paradies» aufeinanderprallt.

«Der Gedanke, Thomas zu finden, war wie ein Tischtennisball, der einen winzigen Riss hatte und der so jeden Schlag, jedes Aufsetzen zu etwas Zufälligem machte, trudelnde, kreisende Bewegungen, eine eiernde Flugbahn.»

Thomas fahrt im Filmtross von Werner Herzogs Filmequipe ins Amazonasgebiet. Nachdem der Regisseur Werner Herzog 1972 mit «Aguirre, der Zorn Gottes» schon einmal einen Film mit Klaus Kinski im Dschungel des Amazonas drehte, macht sich die Filmcrew zehn Jahre später noch einmal auf den Weg, um unter widrigsten Umständen, den mittlerweile zur Legende gewordenen Film «Fitzcarraldo» zu drehen. Thomas, schon als Jugendlicher vom Film mehr als fasziniert, macht sich auf eine Reise, viel weiter als bloss in einen Dschungel. So wie im Film «Fitzcarraldo» ein Abenteurer davon träumt, in der peruanischen Dschungelstadt Iquitos ein Opernhaus zu erbauen, so sehr träumt Thomas nicht bloss einen Film mitzureden, sondern von Distanz zu seinem steifen Elternhaus und Nähe zu neuen Lebensformen. in der Ferne zu finden. Er verspricht zwar seine Schwester Irina zurückzukehren, taucht aber in Deutschland nie mehr auf. Nach zwei Jahren Ungewissheit macht sich Irina mit ihrem Freund und dem Bündel Briefe ihres Bruders, Lebenszeichen, die mehr Geheimnisse offenbaren als klare Hinweise über sein Verbleiben, auf die Suche nach ihrem Zwillingsbruder.

«Ich weiss, dass Wahnsinn ein anderes Wort für Erkenntnis ist und dass wir überwältigt werden und us zu Tode fürchten vor dem, was wir sehen, hören und riechen.»

Zwillinge spüren mehr. Irina glaubt nicht an den Tod ihres Bruders. Entgegen alles Vernunft und aller Beschwörungen lässt sie nicht locker. Die Reise in den Urwald wird eine Reise in die Tiefen der menschlichen Abgründe, manchmal knapp am Tod vorbei, über die Grenzen von Ratio, in ein Land, das seit Jahrhunderten Traumland ist, Eldorado von Abenteurern, Schatz- und Glückssuchern.
Aber Florian Wacker rapportiert nicht einfach. Der Schriftsteller webt ein Netz, erzählt Familiengeschichten, Geschichten von Niederlagen und Siegen, vom Gegensatz der Kulturen, dem Aufeinanderprallen von Welten.
Seine Erzählweise ist in höchstem Masse sinnlich und durchwachsen von Bildern, die nur durch erlebte Recherchearbeit erzeugt werden können. Florian Wacker malt mit satten Farben, grosszügig und raumgreifend aufgetragen. Wer die Filme «Aguirre, der Zorn Gottes» und «Fitzcarraldo» von Werner Herzog kennt, erfährt bei der Lektüre, wie sehr jene Filme mit den Bildern aus Wackers Roman «Stromland» verwandt sind.

«Jesuiten, Dominikaner, Hidalgos, Glücksritter, Naturforscher, Geologen – sie alle waren dagewesen, hatten sich mit schwerem Gepäck durch den Wald gekämpft, waren gebissen und gestochen worden, hatten sich die Maria geholt, im Fieber gelegen, hatten fantasiert, nach der Mutter gerufen; sie hatten den Wald verflucht und waren doch seiner Schönheit erlegen, sie starben und wurden liegen gelassen.»

Ein vielschichtiges, spannendes, mitreissendes Buch.

Florian Wacker, geboren 1980 in Stuttgart, studierte Heilpädagogik und am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Zahlreiche Veröffentlichungen in Anthologien und Literaturzeitschriften sowie der Erzählband «Albuquerque» (2014), der Jugendroman «Dahlenberger» (2015) und der Roman «Stromland» (2018). Zuletzt wurde er mit dem Limburg-Preis (2015), dem Mannheimer Stadtschreiberstipendium für Kinder- und Jugendliteratur (2017) und dem Harder Literatur-Förderpreis (2018) ausgezeichnet. Er lebt in Frankfurt am Main, wo er als Autor und Webentwickler arbeitet.

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