Dževad Karahasan «Einübung ins Schweben», Suhrkamp

Ein Mann, der hätte fliehen können, bleibt in der belagerten Stadt Sarajevo, weil er „zum ersten Mal die Gelegenheit habe, etwas länger in Grenzsituationen zu leben, um sein wirkliches Selbst kennenzulernen». Ausgerechnet in einer Stadt, in der andere verdammt zum blossen Überleben sind. „Einübung zum Schweben“ ist eine literarische Symphonie.

In Trauer um eine grosse europäische Stimme! 

Sarajevo im Frühling 1992; Peter Hurd, Dichter, Sprach- und Mythenforscher ist für eine Lesung in der Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina eingeladen. Er wird begleitet von seinem einheimischen Übersetzer und Freund Rajko Šurup. Weil sich die Situation um die Stadt immer mehr zuspitzt und im März die ersten tödlichen Schüsse fallen, die Stadt am Beginn einer über vierjährigen Belagerung steht, heisst man den walisischen Gast, die Stadt so schnell wie möglich zu verlassen. Auch sein Freund drängt ihn. Aber Peter Hurd bleibt, glaubt, in eben diesem Moment die Stadt nicht verlassen zu können. Nicht weil er beabsichtigt zu helfen, sondern weil er die Erfahrung eines solchen Kriegs mitnehmen will, weil er das Existenzialistische einer solchen Situation miterleben will.

Peter Hurd quartiert sich zusammen mit seinem Freund im Haus von Rajkos Verwandten ein, unter dem gleichen Dach wie Mutter Ljuba und ihre fast erwachsene Tochter Sanja. Das Verhältnis der beiden Freunde ist das eines bewundernden Übersetzers und eines zerstreuten, sehr mit sich selbst beschäftigten Intellektuellen. Die immer grössere Not der Stadt sieht er als Experiment, jenem an sich selbst und jenem an den Menschen, die ihn umgeben. Schnell wird klar, dass der Krieg, die Belagerung, die Schüsse und Granaten immer und überall treffen können. Ob in einer Hochzeit, einer Beerdigung, in die Schlange vor der Bäckerei – überall trifft der Tod. Während sich die einen trotzig der Verrohung stellen, werden andere zu Nutzniessern. Während die einen verbissen versuchen, ihr Leben fortzusetzen, geben sich andere dem Fatalismus hin.

Dževad Karahasan «Einübung in Schweben», Suhrkamp, 2023, aus dem Bosnischen von Katharina Wolf-Grießhaber, 304 Seiten, CHF 36.90, ISBN 978-3-518-43122-1

Genau diese gegensätzlichen Bilder scheinen Peter Hurd zu betören. Er stürzt sich förmlich in eine Stadt, in der der Tod wütet, in der das hervorbricht, was in „normalen“ Zeiten unter einer Decke aus Konventionen verborgen bleibt. Rajko protokolliert die Veränderungen an seinem Freund. Immer mehr schwindet die Begeisterung und Verehrung für einen Freund, dessen Kunst Rajko stets über alles bewunderte. Peter entzieht sich ihm immer mehr, taucht ab in einer Stadt, der man sich entweder ergibt oder alles daran setzt, sie zu verlassen. Peter bleibt. Aber dieses Bleiben ist ein ganz anderes als das derer, die die Stadt lieben, die dort seit Generationen leben, denen die Stadt Heimat ist.

Sarajevo, eine Stadt, in der die einen hungern und die anderen prassen, die im Sommer nach den ersten Schüssen zu kochen beginnt, in der Unschuldige von Scharfschützen niedergestreckt werden und Granaten Menschenansammlungen treffen, die einen verzweifeln, die anderen Geschäfte machen. Ausgerechnet hier beginnt Peter seinen existenzialistischen Tripp noch auszuweiten, von seinem mehr und mehr zweifelnden Freund unverstanden. Peter nimmt Drogen. Sie sind leicht zu beschaffen in einer Stadt, in der es ausgerechnet davon im Überfluss zu kaufen gibt. Peter gibt sich dem Ausnahmezustand völlig hin, ein Aggregatzustand, der auch andere mitzureissen drohst, nicht zuletzt die junge Sanja, mit der Peter eine Liebe ohne Zukunft beginnt.

„Einüben ins Schweben“ ist vieles; ein Roman über eine Freundschaft, die an der Zeit zu zerbrechen droht, über einen Mann, der sich in einem Zustand treiben lässt, der wie das Schweben in einem Zwischenraum hängt, über den Versuch einer Grenzerfahrung mitten in einer kriegerischen Belagerung, mitten im Sterben, mitten im Kampf ums blosse Überleben. Und „Einüben ins Schweben“ ist die Chronik einer nicht sterben wollenden Stadt, einer Stadt, die sich aufbäumt, die einer jahrelangen Belagerung trotzt, in der Menschen leben, obwohl der Tod sich an jeder Ecke zeigt.

Dževad Karahasan erzählt in starken, kraftvollen Bildern, die in ihrer Unbarmherzigkeit bis an die Schmerzgrenze gehen. Was Dževad Karahasan in seinem Buch „Tagebuch der Übersiedlung“ () nur in Andeutungen schilderte, ist in „Einübung zum Schweben“ unmittelbar. Ein vielfacher Schmerz in einer Sprache, die mit einer Leichtigkeit überzeugt, die in scharfem Kontrast zur Szenerie steht. Dževad Karahasan geht es aber nie um die blosse Schilderung von Elend, Gewalt und Verzweiflung. „Einübung zum Schweben“ ist voller Binnengeschichten über jene Menschen in Sarajevo, die geblieben sind, denen man ihre Stadt auch mit Bomben und Granaten nicht nehmen konnte. Ein Buch, das in der Gegenwart, mit den Bezügen zur Belagerung der Ukraine, dem trotzigen Überleben dort von schmerzhafter Aktualität ist.

Dževad Karahasan, 1953 in Duvno/Jugoslawien geboren, zählt zu den bedeutendsten europäischen Autoren der Gegenwart. Sein umfangreiches Werk umfasst Romane, Essays, Erzählungen und Theaterstücke. Er wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung 2004 und mit dem Goethepreis der Stadt Frankfurt 2020. Dževad Karahasan verstarb am 19. Mai 2023 im Alter von 70 Jahren in Graz.

Katharina Wolf-Griesshaber, geboren 1955, studierte Slavistik und Osteuropäische Geschichte in Heidelberg und Bochum. Sie lebt und arbeitet als freie Übersetzerin in Münster.

Beitragsbild © Suhrkamp Verlag

Zülfü Livaneli «Der Fischer und der Sohn», Klett-Cotta

Die eine Sekunde, die eine Entscheidung, bringt das Leben des Fischers Mustafa in eine Richtung, die sein ganzes Leben zu zerstören droht. Eine Sekunde, eine Entscheidung, die eigentlich zum Guten führen sollte. So wie es überall Entscheidungen gibt, die kurzfristig gesehen ihr Gutes haben, ihre katastophale Wirkung erst später zeigen.

Zülfü Livaneli schreibt nicht einfach gute, spannende, unterhaltsame Geschichten. Dafür ist er viel zu sehr in die Geschehnisse seines Landes, der ganzen Welt miteingebunden, dafür hat sein Wort zu viel Gewicht und seine Bücher zu viel Bedeutung. „Der Fischer und der Sohn“ ist daher viel mehr als ein Roman über einen Mann, dessen naiver Reflex ihn an den Rand seiner Existenz bringt. „Der Fischer und der Sohn“ liest sich wie eine grosse Metapher über den Zustand der Welt, einer Welt, die aus dem Gleichgewicht geraten ist, in der es längst nicht mehr reicht, in naiver Kleinräumigkeit zu glauben, das Gute würde schon irgendwie siegen.

„Das Meer ist sein Ernährer, es ist Leben, es ist Geliebte, es ist grausam und still, liebevoll und zornig.“

Mustafa Sılacı ist Fischer, so wie es seine Vorfahren auch schon waren, auch wenn sie von Kreta an die türkische Küste fliehen mussten. Mustafa und seine Frau Mesude führen ein stilles, trauriges Leben, eines, das im Trott einer Trauer gefangen ist, die die Zeit nicht zu lindern vermag. Ihr einziger Sohn Deniz starb mit sechs Jahren, als das Boot des Vaters im Sturm kenterte. Das Meer schluckte den Sohn, die einzige Freude im kargen Leben der Fischersleute.
Bis Mustafa mit seinem kleinen Boot die Leiche einer jungen Frau aus dem Wasser zieht und wenig später jene eines jungen Mannes an einem Seil ins Schlepptau nimmt. Mustafa weiss um die Dramen, die sich vor seiner Küste abspielen. Aber noch nie berührte ihn die Katastrophe so nah wie an diesem Tag. Erst recht, als er noch am gleichen Tag in den Wellen ein kleines Schlauchboot sichtet, eines, wie für kleine Kinder. Dort drin findet er einen Säugling, blau angelaufen, am kleinen Boot festgebunden. Mustafa nimmt ihn, säubert ihn, benetzt seine Lippen, spürt das Leben, das in den kleinen Jungen zurückkommt. Zurück an Land übergibt er die beiden Toten den Beamten und bringt den kleinen Jungen ungesehen in sein Haus über dem Meer. Musafa, seine Frau, zerfliesst gleichermassen wie sie die drohende Katastrophe ahnt. Aber Mustafa ist wild entschlossen, den kleinen Jungen als Geschenk des Meeres zu sehen, erst recht als ihm im Traum ein „Vaterdelphin“ erscheint.

„Alles, was am Festland geschieht, spielt sich gleichermassen im Meer ab.“

Zülfü Livaneli «Der Fischer und der Sohn», Klett-Cotta, 2023, 192 Seiten, aus dem Türkischen von Johannes Neuner, CHF 29.90, ISBN 978-3-608-98692-1

So wie der kleine Junge alles in dem kleinen Haus der kinderlos gewordenen Familie Sılacı ins Wanken bringt, so sehr haben die Flüchtlingsboote, die Touristen, wirtschaftliche Interessen; Fischfarmen, Goldabbau an der Küste bis hin zu Fischen, die noch vor wenigen Jahren nicht im Mittelmeer heimisch waren, die einheimische Fischarten verdrängen und die immer weniger werdenden Fischer vor scheinbar unlösbare Probleme stellen, die bisher so genügsamen und stillen Küstenmenschen in Wallung bringen. Alles wankt. Das kleine Dorf fühlt sich von allen Seiten bedroht.

„Ich glaube, das Baby hat mir den Verstand geraubt.“

Erst recht Mustafa, der in seiner immer unmöglicher werdenden Situation jeden Tritt verliert und sich immer tiefer ins Dilemma hineinmanövriert. Da ist die Liebe zu diesem Kind, das er aus dem Wasser rettete. Da ist die wieder aufkeimende Wärme und Zuwendung in der erloschen geglaubten Ehe mit Mesude. Da sind die Nachbarn, die Ungereimtes wittern und ein Staatsanwalt, der Fragen stellt. Und als den beiden mitgeteilt wird, dass in einer nahen Klinik eine aus den Fluten gerettete Frau aus dem Koma erwachte und nach ihrem verlorenen kleinen Sohn Samir schreit, im Streit mit seiner Frau Worte und Gesten ausbrechen, die nicht zurückzunehmen sind, scheint das Boot im Sturm erneut zu kentern.

„Ein Raubvogel schien in seinem Inneren mit den Flügeln zu schlagen.“

Zülfü Livaneli bannt mich von der ersten bis zur letzten Seite. Da ist nicht nur der Kampf eines Fischers gegen die Kräfte der Natur. Da kämpft ein Mann, der in dieser einen Sekunde, mit dieser einen Entscheidung glaubte, etwas Gutes zu tun, mit Nachwirkungen, die immer unkontrollierbarer werden. „Der Fischer und der Sohn“ ist eine einzige Metapher über den Zustand einer Welt, die zu kippen droht. Zülfü Livaneli komponiert diese Geschichte derart raffiniert und nah an seinen ProtagonistInnen, dass das Geschehen während der Lektüre immer wieder sprunghaft die Richtung wechselt. Nichts an der Geschichte ist vorhersehbar, nur das drohende Gewitter am Himmel.

Was für ein Buch! Zülfü Livaneli nimmt mich und taucht meinen Kopf mitten in das trübe Wasser seiner Geschichte!

Zülfü Livaneli wurde 1946 in Konya-Ilgın (Türkei) geboren. In den 70er Jahren war er wegen seiner politischen Anschauungen gezwungen, die Türkei zu verlassen, erst 1984 kehrte er zurück. Zülfü Livaneli ist einer der bekanntesten Künstler der Türkei, der mit seinen Liedern, und Kinofilmen international grosse Erfolge feierte. Einige Jahre war er Mitglied des türkischen Parlaments, besonders setzte er sich dabei für die türkisch-griechische Aussöhnung ein. Für sein breites Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Orhan-Kemal-Literaturpreis.

Johannes Neuner, geboren 1975, Diplomübersetzer für Türkisch und Französisch, studierte Volkswirtschaftslehre. Übersetzt aus dem Türkischen und unterrichtet am Sprachlehrinstitut der Universität Freiburg Türkisch. 2012 Förderpreis des Tarabya-Übersetzerpreises. Neben seiner Tätigkeit als Übersetzer arbeitet Johannes Neuner auch als Schachtrainer an verschiedenen Grundschulen.

Beitragsbild © Fethi Karaduman

Robert Prosser «Verschwinden in Lawinen», Jung und Jung

Gast im Literaturhaus Thurgau!

Robert Prossers scheinbarer Lawinenroman ist viel mehr. Das deutet schon der Infinitiv im Titel an. Lawinen sind vielfältig. Es gibt jene aus Schnee und Steinmassen, aus Schlamm und Geschiebe. Aber es gibt auch jene, die Leben unsichtbar verschütten, die Menschen niederdrücken, Menschen nicht entfliehen lassen.

Robert Prosser ist ein erstaunlich vielschichtiges Kunstwerk gelungen. Da gibt es die Geschichte einer Naturkatastrophe, einer Schneelawine, von der man befürchten muss, sie habe zwei noch ganz junge, einheimische Opfer gefordert. Irgendwann findet man das Mädchen, schwer verletzt, bringt es ins Spital und hofft. Vom gleichaltrigen Burschen fehlt jede Spur und es ist mit dem Schlimmsten zu rechnen. Das ganze Dorf steht unter Strom, in einer Mischung aus Ergebenheit den Naturkräften gegenüber und der Angst, eine weitere Tragödie akzeptieren zu müssen. 

Da ist die Geschichte einer Familie, die auseinandergebrochen, schon lange in einer Lawine aus Schicksalsschlägen begraben ist. Xavers Familie, jene des Protagonisten, der sich an der Suche nach dem Freund seiner Nichte, Noah, beteiligt. Xavers Grossvater war ein Mann, der Geheimnisse mit sich trug und ganz im Gegensatz zum Rest der Familie seine Welt mit der seines Enkels teilte. Jener Grossvater, schrullig und eigenwillig geworden, verschwand in den unwegsamen Schrunden der Berge. Als man ihn mit dem Hinweis eines Einsiedlers fand, war er bereits seit Tagen tot. Und mit dem Tod des Grossvaters begann auch das langsame Sterben von Xavers Mutter Anna, die sich irgendwann nur noch mit der Flucht vor sich selbst zu retten wusste – in eine Hütte auf einer der Almen.

„Das Knacken, als ob ein jagendes Wesen aus dem Gebüsch bricht, der Riss im Schnee, sekundenschnell wächst eine Gewalt, die abwärts stürzt und alles frisst, auch die Luft zum Atmen.“

Robert Prosser «Verschwinden in Lawinen», Jung und Jung, 2023, 192 Seiten, CHF 32.90, ISBN 978-3-99027-273-2

Da ist die Geschichte von Xaver selbst, der eigentlich Schauspieler hätte werden wollen, aber irgendwie im Dorf hängen blieb, nicht zuletzt, weil er einer der wenigen wurde, die mit mehr oder minder illegalen Schlachtungen zu einem gesuchten Mann im Dorf wurde. Jenes Gerät, den Blitzer, das Bolzenschussgerät dauernd mit sich herumträgt, vielleicht, weil nichts so wie seine Schlachtungen reibungslos von statten geht. Er ist im Dorf verschüttet, in einem Dazwischen, einem Hohlraum, den er zusammen mit seinem schläfrigen Freund Flo lieber mit Kifferdunst füllt als mit der wilder Entschlossenheit auszubrechen.

Und es ist die Geschichte eines ganzen Dorfes, das sich mit gespielter Freundlichkeit dem Tourismus verschrieben hat, einem Dorf zwischen Ergebenheit der Natur und jener der zahlenden Gäste. Ein Dorf, das gute Miene macht zu einem Spiel, das ihm das Letzte raubt; die Ehrlichkeit, das Authentische. Da kommt eine solche Lawine gerade recht. Sie bündelt das Wenige, das an Solidarität geblieben ist für eine hektische Suche nach Noah, dem Vermissten. Man rottet sich zusammen, man reisst sich zusammen.

„Irgendwann gehen dir die Möglichkeiten aus, glücklich zu werden, und bevor es soweit ist, versuch ich es lieber hier.“

Auch Xaver ahnt, dass in dieser Suche nach dem wahrscheinlich Verschütteten auch seine eigene Rettung liegen könnte. Und weil der Einsiedler und Heiler Mathoi damals seiner Mutter Anna den Hinweis gegeben hatte, wo Xavers Grossvater zu finden wäre, macht sich Xaver auf die Suche nach dem Bärtigen irgendwo in den Bergen. Und weil er weiss, dass sich auch seine Mutter nach oben zurückgezogen hat und man sich im Dorf mit Gerüchten um die beiden nicht zurückhält, wird es eine Suche nach vielem, nicht zuletzt nach dieser einen Chance, Wege herauszufinden.

Robert Prossers Roman ist ein kraftvolles Bergpanorama ohne jedes Pathos, ohne eine Faser Kitsch. Ein grosses Bild mit Übermalungen, Überblendungen, als würde sich das Szenario beim Lesen in mir zu einem feinmaschigen Teppich verweben. Robert Prossers Sprache ist stark, ihr Klang so archaisch wie das Licht, die Konturen der Berge, die Kälte; und so direkt, wie die Schilderungen einer Schlachtung im Dorf, als Xaver bereits weiss, dass irgendwo da oben ein noch nicht erwachsener Bursche einen langen Kampf ums Überleben auszustehen hat. Robert Prossers Schreiben folgt nicht dem Countdown um Leben und Tod, sondern den Verletzungen der vielfach Verschütteten, dem Verschwinden in Lawinen. Beeindruckend und nachhal(l)tig!

Man verzeihe mir den Druckfehler: Lan Sticker!

Robert Prosser, geboren 1983 in Alpbach in Tirol. Studium der Komparatistik und Kultur- und Sozialanthropologie, Autor und Performancekünstler. Für seine Romane hat er zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u.a. Reinhard-Priessnitz-Preis 2014. Mit «Phantome» (2017) stand er auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. Robert Prosser lebt in Alpbach und in Wien. 

Webseite der Autors

José Luis Gonzalez Macías «Kleiner Atlas der Leuchttürme am Ende der Welt», mare

In einer Zeit, in der es keine unentdeckten Inseln mehr gibt, keine weissen Flächen mehr auf Karten, in denen es die Menschen immer weiter ins All hinauszieht und selbst die Tiefen der Meere langsam aus dem Dunkel der Ahnung aufsteigen, ist die Sehnsucht nach dem letzten Ort, dem Rand der Welt nicht kleiner geworden.

2009 erschien ebenfalls bei mare das Buch „Atlas der abgelegenen Inseln“ von Judith Schalansky und entwickelte sich in der Folge zu einem unerwarteten Bestseller. Dass das Buch damals dermassen viele glückliche LeserInnen fand, lässt sich mit der Inselsehnsucht, dem Mythos Insel erklären. Aber ganz bestimmt auch mit Erinnerung. Vielleicht ging es ihnen als Kind wie mir; Karten und Atlanten versprühten gleichermassen Geheimnis und Abenteuer. Mit Augenpaar, Zeigefinger und einer ordentlichen Portion Vorstellungskraft wurde aus dem flachen Papier eine Kulisse, in die man eintauchen konnte. Gedankenreisen mit dem Potenzial zu epischen Ausschweifungen.

Dass der Spanier José Luis Gonzalez Macías mit «Kleiner Atlas der Leuchttürme am Ende der Welt“ die perfekte Weiterführung zeichnete und schrieb, macht aus beiden Büchern ein wunderbares Pendant. Leuchttürme sind so etwas wie Zeigefinger, hochgehoben, mahnend und selbstbewusst angesichts der Naturgewalten, die auf die Mauern und Stahlkonstruktionen einhämmern. Zeigefinger, die ausrufen; Wir sind hier! Wir lassen uns allem zum Trotz nicht vertreiben. Klar haben moderne Techniken, GPS, Sonar und Radar die stolzen Recken menschlichen Willens weitgehend unnötig gemacht. Klar nagen Stürme, Salzwasser, Gezeiten und Verschleiss an den Giganten am Meer. Aber je mehr die Glanzzeiten der Leuchttürme in die Vergangenheit rutschen, desto mehr werden die Geschichten, die sich über die Jahrhunderte an jenen einsamen Orten abspielten, zu Mythen.

José Luis González Macías «Kleiner Atlas der Leuchttürme am Ende der Welt», mare, 2023, aus dem Spanischen von Kirsten Brandt, 160 Seiten, CHF 49.90, ISBN 978-3-86648-693-5

Die Sehnsucht des Menschen nach Abgeschiedenheit ist ungebremst. In Zeiten, in denen fast alle stets erreichbar sind, in denen Offlinezeiten für die einen schon Abenteuer genug sind, in denen Einsamkeit zu einer Idylle wird, die sie in den seltensten Fällen war, zumal es für den Leuchtturmwärter im letzten Jahrhundert keine Möglichkeit gab, bei aufkommender Depression um einen Helikopter zu bitten, bedient ein Buch wie dieser Leuchtturmatlas Sehnsüchte und Träume perfekt.

Jules Vernes Abenteuerroman „Der Leuchtturm am Ende der Welt“ machte schon vor mehr als hundert Jahren aus wenigen Quadratmetern den idealen Nährboden für Drama und Tragödie. Dass das Leben eines Leuchtturmwärters, selbst dann, wenn der Turm auf dem Festland steht, kein einfaches war, erzählen all die Geschichten, die José Luis Gonzalez Macías mit Illustrationen und Karten zu den Leuchttürmen verwebt. Geschichten von der Härte, der die Menschen ausgesetzt waren, von Hunger und Krankheit, Wahn und Tod, vom Verschwinden, von Geheimnissen, nie von Reichtum, nie von Ruhm und Ehre, ausser jene von Grace, der man wegen ihrer Heldentat in ihrem Geburtsort Bamburgh ein kleines Museum widmet. Am 7. September 1838 zerbricht die SS Forfarshire in zwei Teile und zerschellt an der Insel Big Harcar vor der britischen Küste. Mit einem kleinen Ruderboot retten Grace und ihr Vater, der Leuchturmwärter einen grossen Teil der Mannschaft und Passagiere. Grace stirbt 28jährig an Tuberkulose, bleibt aber Sinnbild dafür, dass Menschen, die an solchen Orten leben und wirken, aus einem ganz besonderen Holz geschnitzt sind.

Die Namen der Orte, an denen die Leuchttürme stehen, lesen sich wie eine Kette kantiger Steine: Clippeton, Erded Rock, Great Isaac Cay, Maatsuyker, Robben Island… „Der Leuchtturm am Ende der Welt“ ist ein Mahnmal für all jene Orte und Menschen, die der stürmischen See und mit einem solchen Buch dem globalen Vergessen trotzen.

Und nicht zuletzt ein wunderschönes Zeugnis moderner Buchkunst!

José Luis González Macías, geboren 1973 in Ponferrada, ist Grafikdesigner, Autor und Herausgeber und seit seiner Kindheit fasziniert von Karten. In seinem Leuchtturm-Atlas verbindet er seine Leidenschaft für Texte und für Bilder und beweist, dass man nicht am Meer gelebt haben muss, um darüber zu schreiben. Der Atlas wurde 2020 vom spanischen Kulturministerium als schönstes Buch Spaniens ausgezeichnet und bereits in vierzehn Sprachen übersetzt.

Kirsten Brandt, geboren 1963, studierte nach einer Buchhandelslehre Portugiesisch, Englisch und Deutsch in Frankfurt, Hamburg, Lissabon und Braga und lebte anschliessend sieben Jahre in Barcelona. Seit 2002 übersetzt sie aus dem Katalanischen (u. a. Carme Riera, Josep Pla und Jaume Cabré), Spanischen und Portugiesischen. 

(Bildmaterial aus dem Buch «Kleiner Atlas der Leuchttürme am Ende der Welt“ mit freundlicher Genehmigung des Verlags!)

Beitragsbild © Ediciones Menguantes

Juli Zeh & Simon Urban «Zwischen Welten», Luchterhand

Theresa und Stefan wollen eigentlich dasselbe; die Welt ein bisschen besser machen. Sie auf einem Biobauernhof, er in der Redaktion eines grossen Wochenmagazins. Auch wenn es viel gibt, dass sie einander nahe bringt, drohen die Gemeinsamkeiten zwischen den Welten zu zerschellen.

Ich gebe zu, ich habe das Buch erst einmal für Monate weggelegt. Ich mag keine Mailromane, schon gar nicht wenn sie mit WhatsApp-Nachrichten angereichert sind, habe ich doch in meinem wirklichen Leben schon genug mit dieser Textform zu tun, meistens nicht zu meinem Vergnügen. Aber weil eine Leserunde bestimmte, „Zwischen Welten“ von Juli Zeh und Simon Urban zu lesen, nahm ich den Schmöker noch einmal zur Hand – und wäre mit meinem voreiligen Weglegen um eine grosse Bereicherung bestraft worden.

Dass Juli Zeh und Simon Urban in Mailform erzählen, ist der Geschichte geschuldet, weder Trick noch Masche. Die beiden Protagonisten treffen sich in der Zeit, in der der Roman spielt, nur ein einziges Mal zufällig in der Stadt und das Zusammentreffen endet in einem Desaster. Sie schreiben sich und es entwickelt sich eine Freundschaft, die sich aus einer gemeineren WG Zeit während der Studienzeit nährt und der Notwendigkeit, in schwierigen Zeiten wenigstens jemanden an der Seite zu haben, dem oder der man ungehemmt und vorbehaltlos mitteilen kann, was auf der Seele brennt.

„Unsere Welt überlebt nur, wenn wir sie reformieren.“

Sie haben sich zwanzig Jahre nicht gesehen. Theresa hat nach dem abgebrochenen Studium den Bauernhof ihres Vaters in Brandenburg (nicht weit von Unterleuten!) übernommen, eine ehemalige Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft LPG, die ihr Vater als Genossenschaft weiterführte und durch den plötzlichen Tod des Vaters unterzugehen drohte. Einen Hof, den sie zu einem Bio-Milchwirtschaftsbetrieb umfunktionierte, dauernd an der Grenze zum Konkurs, nur deshalb überlebensfähig, weil sie sich trotz Familie mit jeder Faser dem Betrieb verschrieben hat.

Juli Zeh & Simon Urban «Zwischen Welten», Luchterhand, 2023, 448 Seiten, CHF 34.90, ISBN 978-3-630-87741-9

Stefan hat als Journalist und Redaktor Karriere gemacht. In Deutschlands grösster Wochenzeitung „Der Bote“ versucht er der Berichterstattung mit Neuausrichtung und der Initiation einer neuen Beilage zum Thema „Klimawandel“ ein modernes Gesicht zu geben. Eine Aufgabe, die ihn an seine Grenzen bringt, nicht journalistisch, sondern weil mit jungen KlimaschützerInnen die Redaktion in eine Richtung erweitert wird, die ihn mehr bedroht als unterstützt. Erst recht, als sein Chef wegen einer unbedachten Äusserung in einem Shitstorm unterzugehen droht und man ihm die Stelle als Chefredaktor zusammen mit einer jungen Klimaschützerin zuschiebt.

„Vielleicht solltest du das auch einmal versuche,. Laberland verlassen und die Ärmel hochkrempeln.“

Sie beide schreiben, weil sie ein Ventil benötigen. Aber ihre Mails werden zusehen zu einer Plattform, auf der sie ihre Klingen wetzen, jeder in seiner Welt, jeder um das Verständnis des anderen ringend. Ihre Leben haben nur wenig miteinander gemein. Theresa ist scheinbar untrennbar an den Hof und seine Tiere gekettet, fühlt von der Politik vergessen von der Verwaltung drangsaliert, von den Endverbrauchern nicht verstanden.
Stefan ist Single, mit seiner Arbeit verheiratet und ehrlich davon überzeugt, dass man mit Worten die Welt verändern kann. Aber so sehr er durch seine Tätigkeit als Journalist dem Geschehen eine professionelle Distanz entgegenbringen muss, so sehr vermisst er Unmittelbarkeit und Nähe. Jene Nähe, die er damals mit Theresa in fast geschwisterlicher Art und Weise erleben konnte, die er auch später mit vorübergehenden Lieben nie mehr erfahren konnte. Mit Theresa hofft er etwas von dem zurückzugewinnen, was sich ihm verschlossen hatte. Und Theresa selbst lässt sich im gepfefferten Hinundher zwischen ihnen aus einer Welt hinausziehen, die sie mit Haut und Haaren zu fressen droht.

Was in ihrem schriftlichen Disput um Klimapolitik, Landwirtschaft, Gendersprache oder Rassismus kreist, ist in seiner Tiefe viel mehr der Versuch, im Gegenüber Verständnis, Zuspruch und Resonanz zu finden. Und obwohl sie sich beim Klingenwetzen verbal verletzen, das eine Spontantreffen an der Alster völlig aus dem Ufer läuft, bleibt da die Sehnsucht, die Hoffnung und immer drängendere Wünsche. Bis einer in einer Schlinge baumelt, Beziehungen zerbrechen und ein weiterer Shitstorm durch den Äther tost.

Juli Zehs und Simon Urbans Roman entwickelt einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Und weil beide ihre Rolle voll und ganz übernehmen, ändert sich das Magnetfeld zwischen den beiden Protagonisten immer wieder, manchmal als logische Folge, manchmal völlig überraschend. Ein Roman, der ganz in der hyperaktivistischen Gegenwart pulst.

Juli Zeh, 1974 in Bonn geboren, Jurastudium in Passau und Leipzig, Promotion im Europa- und Völkerrecht. Längere Aufenthalte in New York und Krakau. Schon ihr Debütroman «Adler und Engel» (2001) wurde zu einem Welterfolg, inzwischen sind ihre Romane in 35 Sprachen übersetzt. Juli Zeh wurde für ihr Werk vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Thomas-Mann-Preis (2013) und dem Heinrich-Böll-Preis (2019). Im Jahr 2018 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz und wurde zur Richterin am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg gewählt. Ihr Roman «Über Menschen» war das meistverkaufte belletristische Hardcover des Jahres 2021.

Rezension zu «Neujahr» von Juli Zeh auf literaturblatt.ch

Rezension zu «Unterleuten» von Juli Zeh auf literaturblatt.ch

Simon Urban, geboren 1975 in Hagen, Studium der Germanistik, Komparatistik und Philosophie in Münster. Sein Roman «Plan D» (2011), in dem die DDR heute noch existiert, wurde in elf Sprachen übersetzt. 2014 erschien der Roman «Gondwana». Ausgezeichnet mit zahlreichen Literaturpreisen und Kreativawards wie Cannes-Löwen und dem Clio-Grand Prix. Für die Agentur Jung von Matt schrieb er den Edeka-Film #heimkommen, der weltweit für Aufsehen sorgte und zu den erfolgreichsten deutschen Virals gehört. Für die ARD verfasste er die Erzählvorlage zum Spielfilm «Exit». 2021 erschien der mit dem Hamburger Literaturpreis ausgezeichnete Roman «Wie alles begann und wer dabei umkam» über einen Juristen, der zum Rächer wird.

Beitragsbild © Peter von Felbert

Birgit Birnbacher «Wovon wir leben», Zsolnay

Eine noch junge Frau, die aus ihrem in Schräglage gekommenen Leben entfliehen will, möchte eigentlich nur für eine gewisse Zeit ins Haus ihrer Eltern zurück, eine Auszeit, um sich neu orientieren zu können. „Wovon wir leben“ erzählt, wie sehr ein guter Plan ins Wanken geraten kann.

Julia ist Krankenschwester und muss ihre Sachen packen. Man hat ihr nach einem Arbeitsunfall im Spital gekündigt. Sie gab einer Patientin ein falsches Medikament, was der Frau beinahe das Leben kostete. Fahrlässigkeit. Sie muss ihre Sachen packen, weil die Wohnung dem Arbeitgeber gehört. Sie muss ihre Sachen packen, weil ihr Krankenstand zu Ende geht, nachdem ihr asthmatische Anfälle immer leichter den Atem nehmen. Und Julia packt ihre Sachen, weil Johannes, der verheiratete Arzt, mit dem sie ein Verhältnis hatte, nicht wahrhaben will, dass alles anders ist. Und weil Julia bisher ganz Krankenschwester war und weder Zeit noch Energie reichte, um neben der Arbeit eine Existenz aufzubauen, scheint wegen finanzieller Engpässe das Haus ihrer Eltern, der Ort, den sie einst endgültig verliess, die einzige Möglichkeit einer begrenzten Auszeit zu sein. Das Dorf im Innergebirg, nur eine Stunde von der Stadt entfernt, aber durch ein ganzes Bergmassiv von der Sonne abgeschnitten.

Schon damals, als sie ging, was das, was von Familie geblieben war, ein Trümmerfeld. Vater und Mutter schwiegen sich gegenseitig in Grund und Boden und ihr Bruder David lebte nach einer Hirnhautentzündung, die der Betriebsarzt als Bagatelle weggewinkt hatte, weggestellt in einem Heim, als vegetierender Rest seiner selbst. Aber als Julia nach Hause kommt, ist auch die Mutter weg, mit sechzig nach Sizilien getürmt, ins Land der Zitronen. Was vom Vater übrigbleibt, ist ebenfalls bloss noch ein Rest, nachdem man die Fabrik im Dorf, die seine Existenz ausmachte, schliessen musste, der alte Mann gezwungen war, mit einem Mal selbst für sich und das Haus zu sorgen. Eine Aufgabe, die ihn heillos überforderte. Grund genug, dass dieser hoffte, die Rückkehr seiner Tochter würde auch seinem Elend helfen.

Birgit Birnbacher «Wovon wir leben», Zsolnay, 2023, 192 Seiten, CHF ca. 34.90, ISBN 978-3-552-07335-7

Julia spürt schnell, dass sie vom Regen in die Traufe geriet, dass sich im Dorf seit ihrem Wegzug nichts zum Guten änderte. Im Gegenteil; das Dorf, das sich einst von drei grossen Arbeitgebern nährte, darbt. Der einzige Ort, an dem noch ein letzter Rest Leben im dicken Zigaretten- und Alkoholdunst pocht, ist die letzte Kneipe im Ort. Aber eigentlich auch ein Unort, denn all die Gescheiterten und Gestrandeten sind unter sich. Das einzige Haus, in dem die Uhren anders zu ticken scheint, ist jenes von Potutznik, dem Antiquar, dem aber schon lange niemand mehr etwas abkauft, bei dem sich aber ganz unerwartet ein Städter einquartiert; Oskar.

So wie Oskar ein Entflohener ist, so ist es Julia. Nur demonstriert Oskar mit all seinem Tun, es wäre stets alles möglich, während Julia darum kämpft, genug Luft zu kriegen. Luft in ihre gestresste Lunge, Luft in ihrer Familie, in der schon lange das grosse Schweigen ausgebrochen ist, Luft in ihrem Leben, das sich nicht aus Pflichten und Zwängen zu befreien vermag.

Als Oskar, der Städter, in einer Befreiungsaktion für eine Ziege gleich den ganzen Gasthof vom alkoholkranken Wirt im Spiel gewinnt, als man hinter dem Wirtshaus einen stinkenden Kadaver findet, als Julias Vater sich im Wald mit einer Axt verletzt und sich in Julias Zukunft ein Silberstreif abzeichnet, überstürzen sich die Ereignisse.

„Wovon wir leben“ ist ein hartes Stück Konfrontation. Es erzählt von den Verlierern der Gesellschaft, von jenen, die man stehen und fallen lässt. Von Menschen, denen es nie gelingt, aus den Mechanismen der Gewohnheit auszusteigen. Birgit Birnbacher kommt mit ihrem unmittelbaren Erzählen ganz nah. Nichts, keine Szene ist emotional überladen, dem fremd, wovon wir spüren, das es „normal“ ist. Birgit Birnbacher zerreisst nicht, richtet nicht. Die Autorin spürt der Frage nach, wieviel wirklich möglich ist, wie sehr wir von uns selbst gefangen gehalten werden. Ein starkes Stück Literatur!

Interview

„How happy the lover, how easy his chain“, von John Dryden steht als Zitat im Vorsatz Ihres Romans. Julia muss aus ihrem Leben aussteigen, will eigentlich nur eine Auszeit, in der sie neue Kräfte sammeln kann. Oskar, der Städter, steigt auch aus, setzt sich ab mit einem gewonnenen Grundeinkommen. Beide Absteiger reagieren aber völlig verschieden, nicht zuletzt darum, weil Julia zurückkehrt und Oskar wegfährt. Kann man seiner Vergangenheit entfliehen?
In aller Kürze, wenn ich mich daran orientiere, was in dem Buch steht, und das noch ein wenig zuspitze, würde ich sagen: Man kann, vor allem, wenn man ein Mann oder eine männlich gelesene Person ist. Für alle anderen wird es schon komplizierter, wenn es um die Sorgearbeit für die Kinder und die Alten geht. Oskars Eltern werden auch alt, aber er spürt viel weniger Zwänge als Julia – weil er eine Schwester hat. Julia hat nie Kinder bekommen, sie war damit beschäftigt, Eltern zu haben. Was tun wir aus Liebe, was aus Zwang, und wo überschneiden diese beiden Motive sich? Das waren einige dieser Fragen, die mich während des Schreibens beschäftigt haben. 
 
Julias Mutter hat sich nach Sizilien abgesetzt, das Haus, in dem sie so vielen zu ertragen hatte, zurücklassen, ebenso ihren Mann und David, ihren Sohn. Ein Schritt, der nur den wenigsten dieser Generation gelang, obwohl viele Frauen Gründe genug gehabt hätten, in den Zeiten des Aufschwungs ihre Häuser zu verlassen, denn jene Selbstständigkeit, die man ihnen in den Kriegsjahren gewähren musste, musste am Herd im Dienste des Patriarchats geopfert werden. Ist ihr Buch ist auch ein Roman über Selbstverständlichkeiten, die wie Harz an uns kleben?
Ich erlebe oft, dass Frauen meines Alters dem Schicksal ihrer Mütter (lebenslang oft unbezahlte Arbeit, die ihnen weder Familie, noch Gesellschaft oder das Pensionssystem jemals danken) völlig ratlos gegenüberstehen. Am meisten wundert sie oft, dass ihre Mütter nicht einmal wütend sind. Sie sind es nicht anders gewohnt gewesen und haben jetzt, mit 70, keine Lust mehr, noch einmal alles über den Haufen zu werfen. Julias Mutter ist anders, sie bricht mit Mitte sechzig noch einmal aus und die Familie muss sehen, wie sie allein zurechtkommt

Julias Bruder David spricht nicht mehr. Seit seiner Hirnhautentzündung ist er nur noch ein Schatten. Damals war es der Fehler eines Arztes, ein Fehler, der von Julias Vater stets gedeckt wurde, ein Fehler, der rechtzeitig erkannt, niemals jene Auswirkungen hätte haben müssen. Etwas, über das nie gesprochen, nicht einmal richtig gestritten wurde, sich aber wie eine Urschuld als klebriger Schlick über die Ehe legte. Ich sehe das Verstummen von Ehen in meiner Umgebung auch, dass es bis zu einem gewissen Punkt die Chancen der Rettung gäbe, man diese Chancen aber verpasst. Julias Eltern gehören nicht in der Generation der Therapierten. Schweigen als eine der Ursuppen, in der die Schuld zum Schlick wird?
Schweigen ist im Inngebirg, wo der Roman spielt und ich herkomme, eine gängige Kommunikationsform. Ich sehe die österreichische Sprache ja als eine Art abdekoriertes Deutsch. Es besteht hauptsächlich aus Verknappung. Vieles wird mit einem Wort einfach weggewischt. In die Lücken, die dabei im Sprechen entstehen, hineinzuschreiben, hat mich immer gereizt.

Auch Julia lebt mit einer Schuld, einem Fehler, der ihr die Arbeit und einer Patientin beinahe das Leben kostete. Auch Julia spricht nicht darüber. Statt dessen treibt sie scheinbar in den Genen festgesetztes Pflichtgefühl zurück an den elterliche Küche. Wir haben Rollen. Viele übernehmen wir mit aller Selbstverständlichkeit. Warum so wenig Rebellion?
Julias Rebellion ist nicht laut und polternd, sie ist bedacht und überlegt, dafür zielführend. Das ist es auch, was mir viel mehr entspricht. Der Instagram-Appellfeminusmus geht mir auf die Nerven. Während Frauen sich im Internet gegenseitig applaudiert haben, hätten wir heraußen schon zehn Revolutionen gehabt.
 
Julia ist aus der Erwerbsarbeit gefallen, weil ihr ein Fehler passierte. Oskar wurde von einem Herzinfarkt aus seiner Arbeit katapultiert. Julia war eine Krankenschwester mit Leib und Seele, Oskar ein Bürogummi mit aufgegebenen Ambitionen. Beide gingen weg und beide reagieren vollkommen unterschiedlich. Ihr Roman ist wie eine Versuchsanordnung. War der Weg ihrer Geschichte schon von Beginn weg klar oder haben die „mitgeschrieben, was passiert“?
Nein, ich plotte nicht, so funktioniert das bei mir nicht. Das muss alles aus der Sprache entstehen. Für mich selbst wäre das Schreiben nach Reißbrett etwas sehr Fades. Ich möchte ja in erster Linie auch einen Erkenntnisgewinn haben und finde das immer wieder faszinierend, wenn er tatsächlich aus der Sprache kommt.

Birgit Birnbacher, geboren 1985, lebt als Schriftstellerin in Salzburg. Ihr Debütroman «Wir ohne Wal» (2016) wurde mit dem Literaturpreis der Jürgen Ponto Stiftung ausgezeichnet, darüber hinaus erhielt sie zahlreiche Förderpreise und 2019 den Ingeborg-Bachmann-Preis. 2020 erschien bei Zsolnay der Roman «Ich an meiner Seite».

Beitragsbild © Siegrid Cain

Matthias Zschokke «Der graue Peter», Rotpunkt

Vielleicht müsste man das Buch mit einem roten Kleber markieren, der vor Risiken und Nebenwirkungen warnt. Abgesehen davon, dass ein solcher Kleber die Verkaufszahlen eines solchen Buches mit Sicherheit positiv beeinflussen würde. Wer mit dem Buch eine Lektüre in die Nacht beginnt, muss riskieren, dass einem das Buch bis in die Träume begleitet.

Wer es am Strand liest, wird nicht sicher sein, ob es die Sonne oder die Lektüre ist, die einem den Kopf verdreht. Wer sich Spannung, eine Story verspricht, wird sich mehr als nur wundern, denn Matthias Zschokke ist wohl gewiefter Geschichtenerzähler, dessen Geschichten sich aber aller Voraussehbarkeit entziehen. Matthias Zschokke nimmt mich mit in seine leicht entrückte Welt, ein in Schieflage geratenes Kleinstuniversum.

Ein Mann in mittleren Alter wird in seinem Büro von der Polizei aufgesucht, die ihm mitteilt, dass sein kleiner Sohn von einem Lastwagen totgefahren wurde. Der Mann verlässt das Büro und torkelt durch die Stadt, torkelt durch sein Leben, das nicht erst mit dem Tod seines Sohnes aus dem Tritt gekommen ist. Peter, den man seit seiner Kindheit Saint-Blaise nennt, ist verheiratet. Aber das Leben mit seiner Frau ist zu einem funktionierenden Nebeneinander geworden. Keiner interessiert sich für das Leben des anderen. Peter fühlt sich in seinem Büro einer Verwaltung zusammen mit seinem Büropartner Prosciutto mehr geborgen, als im Ehebett zusammen mit seiner Frau. 

Matthias Zschokke «Der graue Peter», Rotpunkt, 2023, 176 Seiten, CHF28.00, ISBN 978-3-85869-977-0

Eines Tages beauftragt man ihn gegen seinen Willen mit der Organisation kleinerer Feierlichkeiten zu einem Jubiläum mit einer französischen Partnerstadt. Auf dem Weg zurück nach Berlin, mit dem Zug nach Basel, wo er ins Flugzeug wechseln soll, vertraut ihm eine Fremde ihren kleinen Sohn an, wohl gerade so alt wie sein tödlich verunfallter Sohn, mit der Bitte diesen nach Basel zu seinem Onkel zu begleiten. Ein kleiner Junge mit oranger Schwimmweste und bleischwerem Skisack. Überrumpelt nimmt sich der Mann dem Jungen an, obwohl der die nervöse Mutter warnt, er habe keine Lust, den Jungen zu unterhalten. Sie unterhalten sich dann aber doch, stockend, wirr, als würde der graue Peter mit letzter Kraft der sein wollen, der er in seiner Familie als Vater nie war; ein Verbündeter, ein Freund, ein Gefährte.

Irgendwann erzählt ihm der Junge von einer Tante Anne in Mulhouse, was den Mann veranlasst, dort eine Pause einzulegen und der Tante einen Besuch abzustatten. Sie deponieren das schwere Gepäck des Jungen in einem Kiosk, trinken heisse Schokolade in einem Café und sind, weil die eisernen Jalousien des Kiosk ganz überraschend geschlossen sind, gezwungen, in Mulhouse ein Hotel zu suchen. Was sich in dem Zimmer zwischen dem Mann und dem Jungen abspielt, ist eine Mischung aus verschrobenen Kindereien und unverständlichen Verrücktheiten. So wie sich Mattias Zschokke mit keinem seiner Bücher um Konventionen schert, so sehr weigert sich der Protagonist, „gesunden Menschenverstand“ walten zu lassen. Nichts an Zschokkes Roman folgt allgemeingültiger Logik. Zschokke, den man auf Fotos mit Nadelstreifenanzug und Taschenuhr fotografiert sieht, der wie sein Protagonist wohl nie ein Smartphone mit sich herumtragen würde und an der Rezeption jenes Hotels die Rezeptionistin fragen muss, ob er kurz seine Frau verständigen könne, es werde etwas später, ist nicht an der Art des Geschichtenerzählens interessiert, die sich mir als Leser anbiedert. Zschokke erzählt seine Bilder, seine Kleinstgeschichten, leicht verrückt, aber dafür gemalt, als wären sie kubistisch erzählt.

Es braucht mehr als die Suche nach Unterhaltung, will man den Büchern Matthias Zschokkes gerecht werden. „Der graue Peter“ entzieht sich aller Strömungen, aller Vorsicht. Die Lektüre seines Romans wird zu einer Achterbahnfahrt im Nebel. Zschokkes Literatur ist ein Monolith in der immer seichter werdenden Masse.

Interview

Ihr Buch ist ein besonderes Buch, so wie alle Ihre Bücher besondere sind. Zum einen scheinen sie nicht in die aktuellen Themen zu passen, entziehen sich all den Strömungen, denen sich viele Bücher anbiedern. Ihr Schreiben ist solitär, einzigartig. Zum andern sind die Handlungen Ihrer Bücher so gar nicht voraussehbar, bewegen sich weit weg von Klischees. Das muss man als Lesende aushalten können. Erstaunlicherweise akzeptiert man das in der Musik, der Malerei oder Bildhauerei. Man muss nicht verstehen. Und ausgerechnet in der Literatur soll alles erklärbar, logisch, rational, durchsichtig sein. Das verstehe ich nicht. Aber vielleicht hat das damit zu tun, dass der gegenwärtige Mensch das Nicht- und Unerklärbare gar nicht mehr aushält. Die Medien sind voll von Erklärern. Und die meisten widern mich an.

Sie sind lustig! Für mein Empfinden plansche ich permanent mitten drin. Vielleicht schwimme ich gegen die Themen an oder quer zu den Strömungen, aber ich fühle mich jederzeit bis in die letzte Pore getränkt von ihnen. 
Zum Beispiel erwähne ich auf einer der ersten Seiten in zwei Nebensätzen, Peter habe als Kind fürs Leben gern auf Baustellen gespielt. Das schönste sei für ihn gewesen, von Lastwagenfahrern hochgehoben, auf den Beifahrersitz gesetzt und mitgenommen zu werden, wenn frischer Teer oder Zement geholt werden musste. Der in der Gegenwart verpeilte Leser vermutet darin reflexartig einen Hinweis auf Missbrauch. Der LKW-Fahrer gehört seiner Meinung nach angezeigt, dem Kind wird drastisch auseinandergesetzt, was alles hätte passieren können. Es zieht sich verängstigt in sein Zimmer zurück, setzt sich vor seinen Computer und spielt mit Kopfhörern über den Ohren Onlinegames – das ist mir alles selbstverständlich bewusst, und während ich das sage, fällt mir siedendheiss ein, dass das vielleicht inzwischen Kopfhörerinnen heissen muss. So bestimmt die Gegenwart permanent mein Denken und beeinflusst das, was ich aufschreibe, bis ins letzte Komma.
Oder das Beispiel, das Sie erwähnen: Im ersten Satz erfährt Peter, dass sein Kind überfahren worden ist. Jede Woche mindestens einmal wird in Deutschland am Fernsehen ein Krimi gezeigt. Da wird innerhalb der ersten Minute mindestens eine Leiche präsentiert – das ist die Vorgabe der Redaktionen –, von der aus sich dann der Fall entwickelt. Jahrelang sah man abends also eine Haustür, an der zwei Polizisten klingelten. Die Tür wurde von einer Frau oder einem Mann geöffnet. Ihr oder ihm wurde mitgeteilt, dass der Partner oder das Kind oder die Mutter oder sonst jemand Vertrautes überfahren oder erstochen oder ertränkt worden sei. Daraufhin bemühte sich der Mann oder die Frau, sich auf besonders expressive Weise erschüttert zu zeigen. Diese Art von Erschütterung wurde früher an den Schauspielschulen „ein Ausbruch“ genannt. Bei Aufnahmeprüfungen musste man „einen Ausbruch“ improvisieren: „Stellen Sie sich vor, Ihre Geliebte wurde eben vor Ihren Augen erstochen. Los!“
Ich meine, mein Protagonist reagiere so nah an sich wie nur möglich. Er bemüht sich, von seinen Empfindungen nur die zuzulassen, die er beim besten Willen nicht verstecken kann. Weil wir Normalsterblichen schliesslich nicht ans grosse Drama gewöhnt sind. Wir haben gelernt, so was tut man nicht; man beherrscht sich.
Das erkläre ich selbstverständlich nicht im Buch, denn das weiss der Held ja nicht von sich. Er hat es in seinen Genen.

Peter erträgt Mitmenschen nur schwer.  Seine Frau ist die einzige, die er neben sich erträgt.  Selbst seine Eltern waren dem „grauen Peter“ fremd geblieben. Sie leben seit Jahrzehnten in Berlin. Muss es eine grosse Stadt sein, um darin verschwinden zu können? Um sich vor den Menschen zu schützen?

Ich kenne nur wenige, die die Frage vorbehaltlos bejahen würden. Es ist kaum ein Zufall, dass sich immer mehr von uns in den virtuellen Raum zurückziehen. Menschen reagieren unberechenbar. Das ist auf die Dauer ermüdend. Im Internet wird man nicht dauernd unterbrochen. Das ist leichter auszuhalten. Berlin ist besonders gut geeignet dafür, niemandem zu begegnen, da haben Sie recht. Die Distanzen sind hier gross. Wenn ich jemanden treffen möchte, den ich kenne, muss ich lange Wege auf mich nehmen und viel Zeit investieren. Selbst auf der Strasse sind die Distanzen zueinander sehr viel grösser als gewöhnlich. Wenn man jemandem begegnet, muss keiner ausweichen. Man geht mit zwei Metern Abstand aneinander vorbei. Das ist angenehm. Ein wenig traurig vielleicht, aber angenehm.

Zéphyr, der Junge, der von seiner verzweifelten Mutter im Zug in die Obhut von Peter gerät, trägt eine orange Schwimmweste und schleppt einen bleischweren Skisack mit sich herum. Ist Zéphyr Peters Spiegelbild?

Die Schwimmweste wie auch das Gewicht des Skisacks sind beide erklärt. Die Mutter des Jungen hat in den Medien von einem Fluss gelesen, der über die Ufer trat, und möchte ihr Kind vor dem Ertrinken schützen. Und sie las von Winterorkanen in den Alpen und bittet den Jungen, Bleigewichte in die Taschen zu stecken, bevor er auf die Piste geht. Ob diese beiden Informationen zusätzlich symbolische Bedeutung haben, weiss ich nicht. Ich meine, auch das ist die Gegenwart, die mitschreibt: Ich empfinde eine permanente Überfürsorge, eine Begluckung, die mir zunehmend die Luft abklemmt.

Auf aktuellen Fotos sieht man Sie mit dunklem Nadelstreifenanzug und Uhrenkette. Nicht nur ihres Aussehen wegen, denke ich oft an Robert Walser. Auch er war ein Unikat, ein Monolith. Ihre Romane scheren sich nicht um Stringenz, Plott und Spannung. Es ist das Bild des Ganzen, der Pinselstrich. Es ist die Sprache. Es sind die Fragen, die ich mir während des Lesens stelle, Fragen, die sich manchmal weit weg vom Geschehen in ihrem Roman aufzwängen. Wieviel Walserisches steckt in Ihnen?

Der Anzug hat eine Geschichte. Die ist zu lang zum Erzählen. Ich habe ihn geschenkt bekommen. Und fand, je öfter ich ihn trug, desto mehr, ein dreiteiliger Anzug sei ein perfektes Kleidungsstück, durch Jahrhunderte verfeinert, durchdacht. Mit den richtigen Taschen an den richtigen Stellen, mit der Möglichkeit, ein Teil davon auszuziehen, wenn’s zu warm wird, und umgekehrt. Ich muss fast nichts mehr einpacken, wenn ich zwei, drei Tage irgendwo hinfahre. Alles hat Platz in ihm. Es ist eine ideale Berufskleidung (fotografiert werden gehört zur Arbeit; privat mag ich mich nicht fotografieren lassen). Wenn man heimkommt, kann man ihn ausziehen und an die frische Luft hängen. Nach zwei Tagen ist er wieder wie neu. Ein grossartiges Kostüm. Privat ziehe ich ihn selten an. Da brauche ich nicht so viele Taschen.

Zur Taschenuhr: Von Armbanduhren habe ich am Handgelenk in meiner Jugend einen Ausschlag bekommen. Und ich schlug oft mit ihnen an Gegenstände und fühlte mich eingeschränkt in der Bewegung. Darum habe ich früh angefangen, Taschenuhren zu tragen. Und ich mag das Aufziehen.
Zu Robert Walser: Jeder von uns ist ein Unikat. Die meisten schleifen an sich herum, um weniger anzuecken und leichter durchs Leben zu kommen. Walser war darin wohl besonders unbegabt und musste es aushalten, ein Monolith zu sein. Ich hoffe, es steckt nicht allzu viel von ihm in mir drin. Es war bestimmt anstrengend, er zu sein.

Ihre ersten Romane erschienen bei List und Luchterhand, grossen Verlagen, später bei Ammann, dem damals renommiertesten Verlag in der Schweiz. Als Amman von der Bildfläche verschwand, war es Wallstein. Nun Rotpunkt. War Wallstein Ihr Buch zu heftig, zu risikoreich?

Keine Ahnung. In Deutschland ist die Stimmung zurzeit extrem angespannt. Jedermann und jedefrau reagiert auf alles überempfindlich. Man ist panisch darum bemüht, sich nach den Vorgaben des Justemilieu auszudrücken und bloss nicht aus Versehen zu sagen, heute sei ein besonders kalter Tag (wegen der Klimaerwärmung gibt es nur besonders warme Tage) oder die Nato habe … oder Corona …
Mag sein, es ist eine Gratwanderung, was ich im Buch mache. Da Deutschland nicht viele hohe Berge mit Grat hat, scheut man hier vielleicht mehr zurück vor solchen Wanderungen als in der Schweiz?

Matthias Zschokke, geboren 1954 in Bern, ist Schriftsteller und Filmemacher und lebt seit 1979 in Berlin. Für seinen Debütroman Max erhielt er 1982 den Robert-Walser-Preis. Später wurde er u.a. mit dem Solothurner Literaturpreis, dem Grossen Berner Literaturpreis, dem Eidgenössischen Literaturpreis, dem Gerhart-Hauptmann- und dem Schillerpreis geehrt – und, als bislang einziger deutschsprachiger Autor, mit dem französischen Prix Femina étranger für Maurice mit Huhn.

Beitragsbild © Suzanne Schwiertz

Eleonore Frey «Cristina», Engeler

Dass Eleonore Frey mit ihrer Erzählung „Cristina“ an die Solothurner Literaturtage eingeladen wurde, ist ein erster Schritt. Eigentlich würde der Autorin nichts weniger als einer der grossen Literaturpreise zustehen, sei es für ihre neuste Erzählung „Cristina“ oder für ihr Gesamtwerk, mit dem die Dichterin seit über dreissig Jahren für Eingeweihte zum Fixstern am deutschsprachigen Literaturhimmel gehört.

Woran es liegt, dass sich nur ein einziges Buch, das Eleonore Frey je schrieb, Roman nennt, mag ein Geheimnis sein. Vielleicht ist es aber auch nur Teil genau jener Bescheidenheit, die diese Autorin ausmacht, sei es in der Art und Weise ihres Auftritts oder in den Themen, aus denen Eleonore Frey Literatur macht. Ihr Schreiben ist ein Veredelungsprozess. Die ehemalige Professorin für Neuere Deutsche Literatur verwendet ihr Instrumentarium unspektakulär, nie explizit, sondern immer im Dienst des Kunstwerks. Klar ist da eine Geschichte, die erzählt werden will, aber Eleonore Frey durchsetzt ihren Stoff mit feinen Linien, denen sie mit aller Konsequenz folgt, ohne jede Vorhersehbarkeit. Sie umkreist ihren Stoff in verschiedenen Perspektiven, leuchtet ihn nie aus, sondern spürt der Wirkung nach, die Sprache und Inhalt entwickeln. So bescheiden sich ihre Erzählung „Cristina“ auf Verkaufstischen gibt, so dicht, überraschend und überzeugend ist „Cristina“. Was Eleonore Frey kann, ist selten genug – Sprache, die funkelt!

Eleonore Frey «Cristina», Engeler, 2022, 168 Seiten, CHF 18.00, ISBN 978-3-907369-06-7

Cristina ist eine noch junge Frau, die mit Hilfe ihres Mannes auf eine Vergangenheit zurückschaut, die ihr beinahe alles genommen hat. Ein Kind, ein selbst bestimmtes Leben, eine Zukunft und die Hoffnung. Cristine war schon immer ein Kind, das Grenzen auslotete, dass schon früh spüren musste, dass ein Mädchen- oder Frauenleben im Portugal des ausgehenden 19. Jahrhunderts nicht viel zählt. Frauen hatten zu dienen, zu funktionieren. Und als sie nach einer wilden Bekanntschaft mit dem Matrosen Fernando mit siebzehn schwanger wird, ist die Katastrophe besiegelt. Nicht so sehr jene der jungen Frau, als die der Familie, der Mutter, des Vaters, einer ganzen Stadt. Und weil die Schande verborgen werden muss, schickt Cristinas Mutter die junge Schwangere gegen ihren Willen zu einer Tante weit weg aus Land. Die Tante ist Hebamme und mit der wachsenden Freundschaft der beiden Frauen wächst auch die Hoffnung auf eine Zukunft zusammen mit dem werdenden Kind. Aber Cristinas Mutter erweist sich bei der Geburt des Kindes als böser Engel. Zusammen mit einem Pfarrer lässt sie den neugeborenen Jungen von Cristina ungesehen wegbringen, behauptet er sei tot und gibt ihn zur Adoption frei. Der Schmerz für die junge Mutter ist unsäglich. Noch bleibt sie bei der Tante, beginnt eine Ausbildung als Hebamme, aber ihr Entschluss, ihr Kind zu finden, wird zur Manie. Jeden Jungen, der im Alter ihres Sohnes sein könnte, spricht sie an, stets in der Hoffnung, dieser würde ihre Stimme erkennen.

Jahre später trifft Cristina ein letztes Mal ihre Mutter und stellt all die Fragen, die sich nie beantworten liessen. Aber ihre Mutter antwortet nur: Ein Kind? Du hast nie ein Kind gehabt. Das hast du geträumt. Für Cristina ist ihre Mutter gestorben, Jahre vor ihrem eigentlichen Tod.

Wie viel Schmerz kann man ertragen? Gibt es Wunden, die sich nie verschliessen? Eleonore Freys Erzählung spiegelt die Unverträglichkeiten in den Leben vieler Frauen damals, Leben die sich bis in die Gegenwart spiegeln. Geschichten, die offenbaren, dass nicht das Leben selbst wichtig ist, sondern bloss dessen Wirkung. Wie leicht wirft man drohender Schande gegenüber alles in einen Topf! „Cristina“ ist ein mit aller Zartheit nacherzähltes Stück Frauenschicksal, eine Erzählung, die einem in die Knochen fährt, über die Mechanismen einer Zeit, die weder geografisch noch zeitlich weit von der unseren entfernt ist. „Cristina“ ist eine starke Erzählung über eine starke junge Frau, der Familie und Kirche das Rückgrat brechen wollten – und es nicht schafften.

Ich verneige mich tief vor einer grossen Erzählerin!

Eleonore Frey, geboren 1939 in Frauenfeld, lebt in Zürich. Von 1958 bis 1966 studierte sie Germanistik, Romanistik und Komparatistik an der Universität Zürich und der Sorbonne. 1966 promovierte sie mit einer Arbeit über Franz Grillparzer; 1972 erfolgte ihre Habilitation. Von 1982 bis 1997 wirkte sie als Titularprofessorin für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Zürich.

Hansjörg Schertenleib «Im Schilf», Atlantis

Väter und Mütter sucht sich niemand aus. Was sie einem mitgeben, lässt sich sehr oft erst nach Jahren umschreiben. Manchmal bleibt Dankbarkeit, manchmal der Wunsch, es besser zu machen und viel zu oft vernarbte Verletzungen, verschorfte Seelen und die permanente Angst, es würde etwas aufbrechen, was nicht mehr zu schliessen wäre.

Zwischen Schilf, noch in den Morgenstunden im Ruderboot erhält Viktor einen behördlichen Anruf; sein Vater sei gestorben. Was bei anderen Trauer auslöst, ist für Viktor eine Befreiung. Auch wenn er sich von seinem Vater vor Jahrzehnten losgesagt hatte, war die Gleichzeitigkeit beider Leben ein permanenter Vorwurf. Mit vierzehn stellte ich mir zum ersten Mal vor, er sei tot, mit fünfzehn brachte ich ihn zum ersten Mal in Gedanken um, mit sechzehn zog ich von zu Hause aus. Aber weil man sich von Vätern und Müttern wohl lossagen kann, nie aber gänzlich befreien, bleibt der Alp und die Nachricht vom Tod seines Vaters Anlass genug, dass Erinnerungen aufploppen, denen sich Viktor nicht entziehen kann. Viktors Vater war nie der Vater, der er hätte sein sollen – und er nie der Sohn, den sich der Vater gewünscht hatte. Aus gegenseitigem Unverständnis, den Erwartungen, die ausgesprochen und unausgesprochen nie Wirklichkeiten wurden, entstand eine Mauer, deren Mörtel sich mit blankem Hass mischte.

Viktor erinnert sich an Max, den Vater seiner geschiedenen Frau. Von Max erbte er das kleine Angelhäuschen am See und das Boot. Und von Max bekam er damals das Gefühl, das es auch ganz anders hätte sein können. Zusammen mit Max erlebte er Tage und Stunden, die in väterlicher Freundschaft den Schmerz darüber nicht verkleinerten, was Familie hätte sein können. Viktor erinnert sich an den Anruf seiner Ex-Frau Charlotte, die ihm vor ein paar Jahren am Telefon mitteilte, er müsse sie ans Sterbebett ihres Vaters nach Irland begleiten. Max hätte keine Ahnung, dass sie beide kein Paar mehr seien. „Es wird dir leichtfallen, nur zu spielen, mit mir verheiratet zu sein.“

So fliegt man zusammen, arrangiert sich für dieses eine Mal, als wäre das Zusammensein vertraglich festgelegt, emotional distanziert und zeitlich befristet. Aber weil schnell klar ist, dass da Altes wieder aufgekocht wird, man alten Mustern nichts entgegenzusetzen weiss, wird die Reise ans Sterbebett des alten Mannes eine ungewisse Reise in zwei Leben, die sich längst verabschiedet hatten. Was wird, wenn sich zwei, die sich einst liebten und für immer brachen, in der Not zusammenfinden?

Hansjörg Schertenleib «Im Schilf», Atlantis, 2023, 176 Seiten, CHF 29.00, ISBN 978-3-7152-5025-0

Während sich die beiden auf dieser Reise immer mehr dem einen Ziel nähern, die Zeit am Sterbebett von Max aber nur ganz kurz wird und man sich dort auch noch mit Renate herumschlagen muss, der Frau, mit der Max seine letzten Lebensjahre teilte, als man über die Art und Weise seiner Bestattung zu streiten beginnt, werden Viktors Bilder und Fragen immer drängender. Viktor erinnert sich. Und weil man in dem Gefüge, was seine Familie hätte sein sollen, nie erzählte, keine Fragen stellte und Nähe in keiner Form zuliess,  erinnert sich Viktor auch an eine Vergangeneheit, die hätte sein können. An einen Vater, den er sich herbeizeichnet, den er zu verstehen versucht, weil Viktor weiss, dass Erinnerungen zu Mühlsteinen werden, die ihn in Abgründe reissen können.

Hansjörg Schertenleibs Roman ist viel mehr als ein Erinnerungsbuch eines Versehrten. Viktor macht sich auf. Das alleine beschreibt den Unterschied zu den meisten anderen, die die zerstörerische Wucht der Vergangenheit geschehen lassen. Da geht einer auf eine Reise, weil er weiss, dass es nur wenige Chancen gibt, die Dynamik der schmerzhaften Erinnerung zu brechen. „Im Schilf“ ist ein zärtliches Buch, weder Abrechnung noch Aufarbeitung, aber die Geschichte eines älter werdenenden Mannes, der die Richtung seiner letzten Jahre selbst bestimmen will. Die Geschichte eines Mannes, der sich stellt und in den Trümmern seiner Vergangenheit das sucht, was ihm seine Ruhe zurückgeben kann.

Hansjörg Schertenleib, geboren 1957 in Zürich, gelernter Schriftsetzer und Typograph, ist seit 1982 freier Schriftsteller. Seine Novellen, Erzählbände und Romane wie die Bestseller «Das Zimmer der Signora» und «Das Regenorchester» wurden in ein Dutzend Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, seine Theaterstücke auf der ganzen Welt gezeigt. Schertenleib, der auch aus dem Englischen übersetzt, lebte zwanzig Jahre in Irland, vier Jahre auf Spruce Head Island in Maine und wohnt seit Sommer 2020 bei Autun im Burgund. Im Kampa Verlag sind bislang erschienen: «Die Fliegengöttin«, «Palast der Stille» und «Offene Fenster, offene Türen» sowie die Maine-Krimis «Die Hummerzange» und «Im Schatten der Flügel».

Betragsbild © leafrei.com

Juan Gómez Bárcena «Auch die Toten», Secession

„Auch die Toten“ von Juan Gómez Bárcena ist keine leichte Kost. Aber wer sich an das Monument traut, taucht ein in einen Spiegelsaal der Geschichte. Ein Söldner macht sich auf eine Reise durch Raum und Zeit. „Auch die Toten“ ist ein Tripp durch die Menschheitsgeschichte der letzten 500 Jahre, eine Zeit, die nicht viel Gutes verspricht.

Manchmal werde ich gefragt, was es denn ausmache, dass mir ein Buch mehr als bloss gefällt. Keine leichte Frage, denn es sind bei weitem keine objektiven Parameter, die entscheiden, wie heftig mein literarisches Schwingungsmessgerät nach rechts ausschlägt. Aber ein Kriterium ist mit Sicherheit das der Überraschung. Und „Auch die Toten“ von Juan Gómez Bárcena hat mich so sehr überrascht, dass ich nach der Lektüre eine ganze Weile brauchte, um meine Eindrücke sammeln zu können, um das Buch nicht nur materiell zur Seite legen zu können. „Auch die Toten“ hat etwas Einmaliges, Singuläres. Da schrieb sich einer in einen Rausch, der auf mich übergeht. Ein Fest der Sinne, der Überraschungen, ein Buch, das man eigentlich sofort ein zweites Mal lesen sollte, um all die kleinen und grossen Geschichten, die es birgt, in ihrer Mächtigkeit mit- und nacherleben zu können.

Juan hat eigentlich ausgedient und führt mit seiner Frau eine kleine, ärmliche Schenke irgendwo in Mexiko. Juan war Söldner in den Diensten des spanischen Königs, kämpfte gegen die Azteken, brachte die „Neue Welt“ auf den Kontinent der Wilden, vor einem halben Jahrtausend. Er hat Blut an seinen Händen und will eigentlich nur seine wohl verdiente Ruhe haben.
Eines Tages erscheinen zwei Gesandte in seiner Schenke und fordern Juan auf, gegen fürstliche Bezahlung einen Indio zu suchen und an die Besatzer auszuliefern, einen Mann, den man verantwortlich macht für Auflehnung und Gegenwehr. Einen Mann, den man wie ihn Juan nennt. Man würde ihm bei seiner Rückkehr noch weiteres Gold aushändigen, wenn er diesen Juan und das Buch, das es stets mit sich trägt, ausliefere. Juan erliegt den Verlockungen des Goldes und macht sich auf die Suche nach Juan. Eine Reise, die ein paar wenige Wochen hätte dauern sollen, eine Suche, die den Jäger Juan wie den Gejagten Juan zu einem ewig Jagenden und ewig Gejagten machen. Eine Reise nicht nur quer durch einen Kontinent, der mit der Eroberung durch fremde Mächte zu einem Sumpf aus Krankheit, Gier, Gewalt und Entfremdung wird. Eine Reise durch die Zeit, vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Durch Wüsten aus Sand, Tod, Verlorenheit, durch Wüsten aus Leere, Verblendung und Abweisung.

Juan Gómez Bárcena «Auch die Toten», Secession, aus dem Spanischen von Matthias Strobel, 2022, 450 Seiten, CHF 49.90, ISBN 978-3-96639-058-3

„Auch die Toten“ ist die Geschichte einer nicht enden wollenden Reise durch die Zeit. Das, was als Menschenjagd beginnt, ist die endlose Suche nach einem sich wandelnden Geist, einem unfassbaren Phantom, das sich hinter Masken zu verbergen weiss, die sich dauernd wandeln, denen man aufsitzt und verfällt, denen man zujubelt oder die man hasst. Es ist die Jagd nach dem Bösen, das aber nur aus der jeweiligen Perspektive böse erscheint. Es ist die Ernüchterung darüber, dass es weder das rein Gute wie das rein Böse gibt. Dass sich beides mehrdeutig wandeln kann, dass beides unfassbar bleibt.

Je länger die Reise des Jägers dauert, je mehr er über den Gejagten erfährt, desto grösser wird die Distanz, desto undeutlicher die Kontur eines Mannes, der in Wirklichkeit unfassbar ist und bleibt. Juan der Jäger macht sich auf einen langen Weg durch die Jahrhunderte, durch Krankheiten, Pest, Sklaverei, Kriege – auch die Hölle. Juan, der Gejagte, wandelt sich, ist nie der, der er scheint, blendet und täuscht, spaltet und zerreisst, gibt und nimmt.

„Auch die Toten“ ist ein Höllentripp eines Verlorenen entlang der Spuren, die eine halbes Jahrhundert der Kolonialisierung des „Westens“ jenen ewig fernen Kontinent blutrot einfärbt, bis in die Gegenwart hinein. Was an dem Roman beeindruckt, ist neben seiner Sprachgewalt (Wie sehr der Begriff hier passt.) die Vielfalt an Figuren und deren Geschichten. Ich reise an der Seite dieses ewig Suchenden durch die Zeit und lerne Menschen und Schicksale kennen, die sich wie eine lange Kette aneinanderhängen, Binnengeschichten, die zeigen, wie sehr sich der Mensch in seiner jeweiligen Zeit verstrickt, wie sehr er sich blenden lässt, wie der stete Kampf ums Überleben das Mass an Schrecken nie schwinden lässt. „Auch die Toten“ ist ein literarisches Monument, ein gigantisches Sittenbild menschlicher Unvollkommenheit, ein düsteres Fresko über ein verlorenes Paradies.

Juan Gómez Bárcena, in Santander, Spanien geboren, studierte Geschichte und Literaturwissenschaften in Madrid. Sein Band mit Erzählungen «Los que duermen» (Die, die schlafen) wurde 2012 von der spanischen Zeitschrift «El Cultural» als eines der besten Debüts des Jahres ausgezeichnet. Er ist Herausgeber einer Anthologie mit Texten spanischer Autoren unter dreissig. Er lebt als Schriftsteller und Dozent für Kreatives Schreiben in Madrid.

Matthias Strobel, geboren 1967, übersetzt aus dem Spanischen und Englischen, u.a. Alfredo Bryce Echenique, Federico Axat und Daniel Griffin. 2014 wurde er mit dem Europäischen Übersetzerpreis Offenburg ausgezeichnet (Förderpreis), 2017 gehörte er mit einer Übersetzung von Alberto Barrera Tyszka zu den Finalisten des Internationalen Literaturpreises. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.

Beitragsbild © Isabel Wagemann