Lubna Abou Kheir kam 2016 aus Syrien in die Schweiz, zuerst eingeladen von hiesigen Theaterveranstaltern, später blieben sie, weil die politischen und kriegerischen Verhältnisse in ihrem Land nicht mehr auszuhalten waren. Zusammen mit ihrer «Künstlerschwester», der Theaterautorin und Regisseurin Ivna Žic lud das Literaturhaus Thurgau zu einem literarischen Gespräch ein.

weiterschreiben-schweiz.jetzt ist eine Plattform für Autor:innen aus Kriegs- und Krisengebieten. Seit Mai 2017 veröffentlichen monatlich 2 – 4 Autor:innen aus Syrien, dem Irak, dem Iran, dem Jemen, dem Sudan, Afghanistan sowie Angehörige der Roma und Sinti Kurzprosa, Gedichte und Erzählungen auf diesem Online-Portal und arbeiten mit bekannten deutschsprachigen Autor.innen im Tandem. Die Texte werden zudem von Künstler:innen aus Kriegs- und Krisengebieten illustriert. Im Rahmen von Literatur- und Musik-Veranstaltungen treten die Autor:innen mit ihren Tandem-Partner:innen auf.
Ziel dieses Projektes ist es, dass renommierte geflüchtete Autor:innen in der Schweiz weiterschreiben können, die literarischen Perspektiven der neuangekommenen Autor:innen im deutschsprachigen Diskurs sichtbarer zu machen, Türen zum hiesigen Literaturbetrieb zu öffnen und einen künstlerischen Austausch zu ermöglichen.

«Schreiben ist ein Versuch, die Freiheit in der Sprache zu entdecken.“ Ivna Žic
Lubna Abou Kheir ist in Damaskus geboren und aufgewachsen. Sie ist Autorin, Theaterwissenschaftlerin und Schauspielerin. Lubna Abou Kheir studierte und arbeitete in diversen Kontexten in Damaskus und Beirut. Seit 2016 lebt Lubna Abou Kheir in die Schweiz, lernt Deutsch und arbeitet als Freelance-Journalistin. Sie schreibt Theatertexte und ist in verschiedene Projekte u.a. am Schauspielhaus Zürich und an der Zürcher Hochschule der Künste involviert. Im August 2018 brachte sie ihr Kurzstück «Damaszener Café» in Zusammenarbeit mit Isabelle Menke und Barbara Peter im Theater Tuchlaube Aarau zur Premiere. Es folgten im September Aufführungen in der Kaserne Basel, Anfang Februar wurde es auf dem Festival «Moussem Cities» in Brüssel gezeigt. Am Theater Neumarkt kam 2019 ihr Stück «Gebrochenes Licht» in der Regie von Ivna Žic zur Uraufführung.

«Wer schreibt, ist in erster Linie Autor oder Autorin, egal, aus welchem Land er oder sie stammt. Die Herkunft eines Menschen darf kein Grund sein, dass ihm das Schreiben und das Publizieren verunmöglicht wird.» Peter Stamm

«Wenn wir sprechen, sprechen wir Gegenwart– so hat sich der Abend gestern im Bodmanhaus angefühlt, gemeinsam durch Sprachen, Länder und Zeiten wandernd– du, lieber Gallus, mit Lubna und mir. Danke für deine genauen Frage und die schöne, intensive Atmospähre, die dadurch entstanden ist. Danke fürs Hinhören, Zuhören. Ja, vielleicht sind Arabisch und Deutsch wie Wasser und Öl im Glas. Aber sie können sich im gleichen Raum bewegen und sich gegenseitig in Bewegung bringen. Dafür danke ich Lubna und Weiterschreiben Schweiz.» Ivna Žic



Buchvernissage mit Laura Vogt
In der Reihe Luise stellt zum Beispiel die Autorin Karen Köhler ihr Romandebüt «
hochschwanger zu Boris zieht und ihre Karriere als Jazzsängerin aufgibt? Nichts für mich, findet ihre Schwester Fenna, die eines Tages vor der Tür steht, um auf unbestimmte Zeit zu bleiben. Während sich Fenna an ihrer leidenschaftlichen und schwierigen Beziehung zu Luc abarbeitet und die Schwester mit ihrer ganz eigenen Sicht auf die Welt konfrontiert, kämpft Rahel seit der Geburt ihres zweiten Kindes mit einer postnatalen Depression und den Erinnerungen an ihre Kunst sowie an ihren Vater, der die Familie längst verlassen hat. Als auch noch die kranke Mutter an- und Boris mit den Kindern abreist, scheint Rahel den Boden unter den Füssen ganz zu verlieren.
Laura Vogt, geb. 1989 in Teufen (AR), studierte am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel, davor einige Semester Kulturwissenschaften an der Uni Luzern. Sie schreibt neben Prosa auch lyrische, dramatische und journalistische Texte und ist als Schriftdolmetscherin und Mentorin tätig. 2016 erschien ihr Debütroman ‹So einfach war es also zu gehen›. Laura Vogt lebt im Kanton St. Gallen.
Ich gratuliere Sibylle Berg als Schweizer Buchpreisträgerin 2019. Ich gratuliere ihr zu ihrem Buch, ihrem Schreiben, weil sie es durch Sprache und Erzählen schafft, viel mehr als bloss Geschichten zu transportieren. Ich gratuliere ihr zu dieser Kraft, die aus dem Buch entströmt, dass sie sich mit jedem Buch neu erfindet, ihrem Bestreben, mit ihrem Schreiben nicht nur sich selbst und ihren LeserInnen schmeicheln zu wollen.
Nora Jones, Brad Pitt mit Martina Gedeck. Wer glaubt schon wirklich, den besten Film des Jahres zu sehen, wenn man der Oscarjury folgt.
Ivna Žic erzählt vom Unterwegssein, der Unmöglichkeit, wahrhaftig an einem Ort zu sein oder an der sicheren Seite eines Menschen. Alles wandelt sich, nichts bleibt, wie es ist. Wer dort ist, soll da sein. Sie erzählt vom Verlust von Heimat, der Suche nach ihr, den Verpflichtungen und Rufen einer Sippe, dem Wunsch, ein eigenständiges Leben zu führen, ungebunden und doch irgendwo zuhause zu sein, der Sehnsucht all jener, die sich nach inneren Bildern sehnen, die von der Gegenwart vergessen sind. Die Sehnsucht, sich nahe zu kommen und die Ernüchterung darüber, dass zum andern und gar zu sich selbst unüberwindbare Distanz bleibt.




