Wortlaut 2021.digital – Alternativ-Programm des 13. Sankt Galler Literaturfestivals

„Was möglich ist“ – das ist nicht nur der Titel von Werner Rohners neustem Roman, aus welchem der Autor am 13. Wortlaut St. Galler Literaturfestival vorgelesen hätte, sondern auch das Motto vom digitalen Alternativprogramm. Oder anders gesagt: eine wirkliche Alternative sind digitale Formate nicht aber eben „was möglich ist“.

Aufgrund der aktuell geltenden behördlichen Massnahmen kann das diesjährige Wortlaut nicht wie geplant stattfinden. Ein weiteres Jahr müssen wir auf spannende Lesungen, literarische Entdeckungen und Begegnungen zwischen Literaturschaffenden und Publikum verzichten. Ein schwerer Schlag für alle Mitwirkenden.

Es ist uns ein Anliegen trotz dem abgesagten Wortlaut wenigstens ein paar Autor*innen und Künstler*innen, welche am Literaturfestival auf den kleinen und grossen Bühnen der Stadt aufgetreten wären, zu Wort kommen zu lassen. Oder eben zu Bild.

Alle Formate – Videos, Live-Streams, Zoom – stehen kostenlos zur Verfügung. Wer Wortlaut unterstützen möchte, kann ein Solidaritäts-Ticket erwerben via eventfrog.ch.

Alternativ-Programm Wortlaut 2021.digital
 
Donnerstag, 25. März
 
Vorschau «Ich hätte grosse Lust auf einen Spaziergang»      
Publizist und Kulturvermittler Richard Butz unternimmt in seinem neuen Stadtführer neun literarische, mit Fotografien von Regina Kühne angereicherte Spaziergänge durch St.Gallen. Sie führen zu Orten der Literatur, zitieren Textpassagen und Gedichte von St.Galler sowie auswärtigen SchriftstellerInnen, geben Hinweise zum Weiterlesen, zu Kultur und Geschichte der Stadt. Das Werk, in neun einzelnen Heften, erscheint neu am 2. Mai im Verlag VGS St.Gallen.
 
Richard Butz und die Schauspielerin Nathalie Hubler stellen die Publikation in einem Kurzfilm vor. Film: Fabian Engeler
 
 
 
Freitag, 26. März
 
Live-Stream «Nachtgestalten»
 
Mit der Eröffnung vom 13. Wortlaut hätten wir eine doppelte Premiere gefeiert: Das Theater am Tisch spannt zum ersten Mal mit Schriftsteller Jaroslav Rudis zusammen. Dieser wiederum hat erstmals mit dem mehrfach preisgekrönten Wiener Illustrator und Comic-Zeichner Nicolas Mahler die Graphic Novel «Nachtgestalten» verfasst.
Eine prächtige melancholisch-süffige Nachtgeschichte: Eine Stadt und zwei Freunde, die wissen, dass es nichts Grösseres gibt als die Wahrheit des Moments, in dem die Kneipe schliesst. Von Bier zu Bier und von Geschichte zu Geschichte treibend erzählen die beiden Nachtgestalten scharfsinnig und aberwitzig von der Tragik der Liebe, dem Wahnsinn des Lebens sowie den Spuren der Geschichte, die allem zugrunde liegt und nie ganz verschwindet.
 
Diese Premiere bringen wir nun per Live-Stream aus dem Palace in die heimischen Stuben: Schauspieler Marcus Schäfer und Oliver Losehand beleben das Zwiegespräch der Nachtgestalten anschaulich für die Bühne – und den Bildschirm, die E-Gitarristen Peter Lutz und Marcel Elsener geben ihr einen nachttrunken ausufernden Sound, Grafiker Jurek Edel animiert die Bilder vom blutigen Vollmond bis zum toten Hund.
 
Freitag, 26. März um 19 Uhr, Livestream auf wortlaut.ch
 
 
 
Samstag, 27. März
 
Live-Stream LECHTS: Simone Baumann & Thomas Ott
 
Graphic-Novel direkt ins eigene Wohnzimmer: am Samstagnachmittag melden sich gleich zwei Mitwirkende vom abgesagten Wortlaut mit ihren neuen Werken live aus dem Palace.
 
Es flimmert in der Finsternis, es flimmert überall in Simone Baumanns erstem Buch «Zwang»: in Mensch, Tier und Szenerie. Dubiose Gestalten bewegen sich durch dubiose Orte, wirken ihrem Schicksal ausgeliefert. Zwar blitzt fast überall die Infrastruktur eines gängigen Schweizer Städte-Alltags hindurch, aber die Atmosphäre bleibt dem gefahrlosen Alltag fern. Es geschehen morbide und komische Dinge, das wird schnell klar. Manche sind nachvollziehbar, andere kryptisch. In den meisten Bildern taucht eine Hauptfigur auf, die autobiografisch angelegt wirkt. Passieren ihr diese Dinge? Stellt sie sie sich nur vor? Oder geht es um genau diesen Ort, wo Realität und Fantasie zusammenfliessen?
 
Thomas Ott erzählt in seinem neuesten Buch «La Forêt» die Geschichte eines Jungen, der sich ganz alleine tief in den dunklen Wald wagt, dabei mit seinen kleinen und grossen Ängsten konfrontiert wird und schliesslich lernt, ohne Furcht oder Zweifel seinen eigenen Weg zu gehen. Die vom Autor wohl bisher berührendste Graphic Novel über den Mut und die Kraft zum Leben. Der Schweizer Comic-Künstler liefert seit Jahren die schwärzesten Visionen zur Absurdität der modernen Zivilisation und beweist einmal mehr sein Herz für die Pechvögel dieser Welt und seinen Sinn für die wirklich tragischen Geschichten.
 
Die Künstlerin und der Künstler stellen ihre neuen Bücher vor und diskutieren mit Lika Nüssli und Julia Kubik.

Samstag, 27. März um 14 Uhr, Livestream auf wortlaut.ch
 
 
 
Gassenhauer digital
 
Einmal im Jahr stellt der Gassenhauer am Wortlaut die Lage der Dinge vom Kopf auf die Füsse. Günter und Emmi, die beiden Unverwüstlichen, mischen sich in die Stadtdebatten und pfuschen sich gegenseitig ins Hand- und Mundwerk. Bis 2016 war der Pelikanerker in der Schmiedgasse Schauplatz der nächtlichen Gassenhauerei. Nach einem kurzen Abstecher ins Waaghaus wurde 2019 auf die Metzgergasse gehauen – unausgewogen und aufmüpfig wie eh und je. 2020 hatte jemand anders die Klappe noch weiter offen: Corona. Günter und Emmi schlugen drum klammheimlich aus dem Lockdown zu. Und auch dieses Jahr melden sich die zwei gezwungenermassen aus den eigenen vier Wänden.
Mit Diana Dengler und Marcus Schäfer von Theater am Tisch und dem Kulturmagazin Saiten.

 
Schnitt: Jurek Edel    

Ab Samstag, 18 Uhr auf www.wortlaut.ch und vimeo.ch
 
 
 
Late-Night Ladies: Mit Hildegard in der Zoom-Bar
 
Willkommen in der Zoom-Bar. Die Gastgeberin, Hildegard E. Keller, serviert Geschichten und der Barmann einen Cocktail. Diesmal empfängt sie drei Ladies, die in ihrem soeben erschienen Roman WAS WIR SCHEINEN eine wichtige Rolle spielen: Hannah Arendt, Ingeborg Bachmann und Alfonsina Storni. Drei Frauen, die viel gewagt haben. Von ihnen erfahren wir: «Wer selbst denkt und fühlt und sich ausdrückt, lebt! Ganz ohne Gefahr geht das aber nicht.» Deshalb tun wir gut daran, uns immer wieder mal kräftig Mut anzutrinken – am besten in Gemeinschaft.
 
Die Gastgeberin: Die in St. Gallen geborene Autorin, Verlegerin, Literaturkritikerin und Professorin Hildegard E. Keller, wirft einen frischen Blick auf Künstlerinnenbiografien, mit Hörspiel, Theater, Film und nun auch in ihrem ersten Roman. Sie wird aus ihren jüngsten Büchern lesen (Hildegard Keller: WAS WIR SCHEINEN, Eichborn, 2021; Alfonsina Storni: CHICAS und CUCA, Edition Maulhelden 2021).
 
Der Barmann: Christof Burkard betreibt mit Hildegard Keller die Edition Maulhelden und tritt mit ihr als Duo unter dem Namen «Maulhelden» auf. Seine Domäne ist die Küchenkultur, aber wenn’s sein muss, mixt er auch Cocktails.
 
Samstag, 27. März um 21 Uhr via Zoom    
Den Link zur Teilnahme erhalten Sie auf Anfrage via info@wortlaut.ch   
Eintritt frei      

In Zusammenarbeit mit Edition Maulhelden und in Kooperation mit dem Literaturhaus Wyborada
 
 
 
Sonntag, 28. März
 
«Bericht: im Hallenbad» – Video-Essay aus dem Volksbad mit Maya Olah
 
„Bericht: im Hallenbad» ist ein Konglomerat aus Texten, die sich ums Schwimmen drehen. Das Hallenbad wird als Gegenraum zur Alltagswelt angesehen, das Schwimmen als Schwellenzustand betrachtet. Im Textteppich ist das Wasser der Ort der Ambivalenz, des Unterdrückten und Unterbewussten. Erinnerungen, Träume von Untieren, die im Wasser treiben und Beobachtungen werden miteinander verwebt.      

Die Autorin Maya Olah liest im leeren Volksbad St. Gallen. Film: Juan Ferrari und Pascale Lustenberger.
 
Ab Sonntag, 11 Uhr auf www.wortlaut.ch
 
 
Virtueller Autor*innen-Spaziergang mit Laura Vogt und Werner Rohner
 
Beide wären zum Wortlaut 2021 für eine Lesung aus ihren neuen Büchern eingeladen gewesen: In ihrem zweiten Roman «Was uns betrifft» beleuchtet Laura Vogt Fragen wie «Was bedeutet es in der heutigen Zeit, Mutter zu sein?», «Was ist Weiblichkeit?», oder «Welche Beziehungen sind möglich und wie bleibt man darin selbstbestimmt?».
 
Einfühlsam und unaufgeregt erzählt Werner Rohner in „Was möglich ist“ von drei mutigen Frauen und drei mutigen Neuanfängen; von Sehnsucht und Begehren, von Aufbruch und Verlust.
 
Nun treffen sich Laura Vogt und Werner Rohner auf einen Spaziergang. Sie sprechen über ihre Bücher, lesen sich gegenseitig Lieblingsstellen daraus und reden über eigene Sätze, die man später nicht mehr schreiben würde. Vielleicht. Vielleicht locken sie sich gegenseitig auch anderweitig aus der Reserve, reden über abgesagte Lesungen, vielleicht auch über Fussball. Beim Promenieren kann so mancher Art Gespräch entstehen… Wir laden Sie ein auf einen virtuellen Spaziergang mit zwei spannenden Stimmen der Schweizer Literatur.
 
Ab Sonntag, 15 Uhr auf www.wortlaut.ch
 
 
 
Leerbuch im Museum of Emptiness
 
Zum Glück ist Wortlaut nicht nur auf den grossen und kleinen Bühnen der Stadt Zuhause, sondern auch in einem Museum zu Besuch. Und dieses hat geöffnet!        

Ein Jahr nach dem ersten Shutdown erscheint ein Buch zur Leere. Beim Durchblättern begegnen den Leserinnen und Lesern 24 leere Orte, die von den Fotografen Daniele und Ben Lupini festgehalten wurden, zu 24 Interviewbeiträgen von Gilgi Guggenheim mit Margrith Bigler, Barbara Bleisch, Jon Bollmann, Jacquelin Burckhardt, Marcy Goldberg, Hedy Graber, Simon Grand, Hanna B. Hölling, Gardi Hutter, Theres Inauen, Marc Jenny, Hildegard E. Keller, Daniel Koch, Olivia Kühni, Walter Leimgruber, Josef Muggli, Bertrand Piccard, Hans Reckhaus, Peter Schneider, David Signer, Juri Steiner, Mirjam Varadinis, Ursus Wehrli und Fanny Wissler.
 
Das Leerbuch liegt am Wortlaut-Sonntag erstmals öffentlich im Museum of Emptiness auf. In den Räumlichkeiten des MoE finden Sie einen ruhigen Ort für entspanntes Lesen und Betrachten. Tauchen Sie in die Bilder und in die persönlichen Texte der Autor*innen ein. So widersprüchlich es klingt, so erfüllend ist die Leere.
 
Sonntag, 11-16 Uhr   
Museum of Emptiness, Haldenstrasse 5, St. Gallen           
 
 
 
Allgemeine Info
 
Wortlaut ist das literarische Frühjahrsereignis der Ostschweiz. Alljährlich findet es Ende März in St.Gallen statt. Das Festival bietet literarische Entdeckungsmöglichkeiten in den vier Reihen Laut und Luise, Lechts und Rinks – eine Hommage an Ernst Jandl, einen der grössten deutschsprachigen Sprach- und Wortlautspieler des 20. Jahrhunderts. 

«Was uns betrifft» Laura Vogt im Literaturhaus Thurgau

Laura Vogt las im Literaturhaus Thurgau aus ihrem bei Zytglogge erschienenen Roman «Was uns betrifft». Eine Reise in die Seele einer zerrissenen Frau, einer Frau, die aufbricht. Eine Lesung, die beeindruckte, weil es Laura Vogt schafft, Themen zu Literatur werden zu lassen, die sonst gerne aussen vor bleiben.

„Was uns betrifft“ betrifft mich, betrifft jeden, der Laura Vogts Roman liest. Vielleicht, weil das Buch von den Urängsten einer jungen Frau erzählt, einer werdenden und gewordenen Mutter. Vielleicht weil der Roman nichts beschönigt und Fragen stellt. Vielleicht weil Ihr Roman derart ehrlich ist, nicht verklärt und idealisiert. Vielleicht aber auch, weil Laura Vogt einen Roman geschrieben hat, den sie nie hätte schreiben können, wäre sie nicht selbst Mutter geworden. 

Schon die erste Szene im ersten Teil ihres Romans fährt einem in den Unterleib. Rahel, die junge Protagonistin sitzt in einer Lesung und mir wird geschildert, wie sich in ihrem Unterleib ein männliches Spermium mit der Eizelle Rahels vereint. Als hätte man dem Erzählmotor schon zu Beginn eine Einspritzung verpasst. Ein Einstieg, der einem als Bild unauslöschlich hängen bleibt.

Es sind drei Frauen im Roman der jungen Ostschweizerin; Verena, die an Krebs erkrankte Mutter, Rahel die Protagonistin und Fenna ihre Schwester. In keinem der drei Frauenleben scheinen Männer eine wirklich gute Rolle zu spielen. Martin, Rahels Freund setzt sich ab. Verena trennt sich von Erik, Rahels Vater, schon früh. Und Fenna kämpft sich an Luc ab. Als ob unter allem die Einsicht stünde, dass Beziehungen zwischen Menschen permanentes Wagnis sind und bleiben. Vielleicht sogar die Mahnung, endlich von den festgefahrenen Vorstellungen von „Familie“ Abstand zu nehmen.



Laura Vogt schreibt sich extrem nahe an ihre Protagonistin, bildlich und emotional. „Was uns berifft“ ist ein Buch von selten weiblicher Dominanz. Ein Buch, dass so nie von einem Mann hätte geschrieben werden können und deshalb für den Mann zu einem wahren Leseabenteuer werden kann.

Rezension auf literaturblatt.ch

Interview mit Laura Vogt auf literaturblatt.ch

Beitragsbilder © Sandra Kottonau / Literaturhaus Thurgau

«Was uns betrifft» literaturblatt.ch fragt, Laura Vogt antwortet

Wegen der grassierenden Pandemie konnte die Buchtaufe von Laura Vogts neuem Roman «Was uns betrifft» anlässlich des St. Galler Literaturfestivals Wortlaut nicht stattfinden. Aber das Buch ist da und bietet Gründe zuhauf, es zu kaufen und zu lesen. Statt die Fragen an der Buchtaufe zu stellen, hier ein Mailinterview mit der Schriftstellerin:

Ein Haus auf dem Land, ein Mann, ein Kind – ist es das, was Rahel sucht, als sie hochschwanger zu Boris zieht und ihre Karriere als Jazzsängerin aufgibt? Nichts für mich, findet ihre Schwester Fenna, die eines Tages vor der Tür steht, um auf unbestimmte Zeit zu bleiben. Während sich Fenna an ihrer leidenschaftlichen und schwierigen Beziehung zu Luc abarbeitet und die Schwester mit ihrer ganz eigenen Sicht auf die Welt konfrontiert, kämpft Rahel seit der Geburt ihres zweiten Kindes mit einer postnatalen Depression und den Erinnerungen an ihre Kunst sowie an ihren Vater, der die Familie längst verlassen hat. Als auch noch die kranke Mutter an- und Boris mit den Kindern abreist, scheint Rahel den Boden unter den Füssen ganz zu verlieren.

„Was uns betrifft“ betrifft jeden, der dein Buch liest. Vielleicht, weil es von den Urängsten einer jungen Frau erzählt, einer werdenden und gewordenen Mutter. Du hättest dieses Buch nie schreiben können, wärst du selbst nicht Mutter geworden. Warum betrifft es mich als Mann?
Es geht doch im Grunde um urmenschliche Themen, die alle betreffen: um die Frage nach dem guten Leben, um Beziehungen, Familie, Ängste und den eigenen Raum. Im Zentrum steht eine junge Frau, und einige ihrer Fragen beziehen sich explizit auf ihr Frau-Sein. Ich wollte die Polarisierung der Geschlechter aber keinesfalls noch stärker machen, sondern darüber schreiben, welchen Problemen Frauen auch heute noch ausgesetzt sind. Dermassen zwischen Berufs- und Familienwelt hin- und hergerissen zu sein, das ist etwas, mit dem Frauen noch immer viel öfter und stärker konfrontiert sind als Männer. Sich damit auseinanderzusetzen bedeutet für Rahel aus „Was uns betrifft“ schliesslich Ermächtigung. Überhaupt ist das für mich ein Schlüsselwort, wenn ich über den Roman spreche: Ermächtigung.

Schon die erste Szene im ersten Teil deines Romans fährt einem in den Unterleib. Rahel, die junge Protagonistin, sitzt in der Lesung eines Schriftstellers namens Boris und mir wird geschildert, wie sich in ihrem Unterleib ein Spermium mit Rahels Eizelle vereint. Als hätte man dem Erzählmotor schon zu Beginn eine Einspritzung verpasst. Wie kommt man auf eine solche Idee?
Bei mir beginnt der Schreibprozess immer sehr intuitiv. Ich schreibe einfach drauflos. Erst später schaue ich nochmals darauf, was da konkret zu Text geworden ist, welche Figuren und Themen sich im Geschriebenen zeigen. So war das auch bei besagter Anfangsszene. Obwohl ich grundsätzlich nicht stringent chronologisch schreibe, stand diese Szene aus dem ersten Kapitel übrigens tatsächlich von Beginn weg am Anfang.

Wenig später zieht Rahel in das Haus eben dieses Schriftstellers. Ein grosses, leeres Haus, weit weg von der Stadt. Boris, der Schriftsteller, gewährt der Schwangeren Asyl, einen Platz. Eigenartigerweise scheint dem Schriftsteller aber ausgerechnet mit Rahels Einzug das Schreiben zu entgleiten. Unleugbare Tatsache, dass sich „Familie“ mit Schreiben nicht verträgt?
Das sehe ich anders. Boris schreibt ja weiter in seinem Atelier unterm Dach, aber das bekommen die LeserInnen weniger mit, da Rahel in „Was uns betrifft“ die zentralere Figur ist. Für Boris geht Familie und Schreiben gut zusammen. Und auch ich selbst erlebe das so: Es geht! Natürlich mit Einschränkungen, mit Kompromissen auf allen Seiten. Es ist ein Privileg, so leben zu können. Viele Frauen haben die Möglichkeiten nicht, relativ frei für sich zu entscheiden, was sie wollen. Dazu kommt, dass uns gewisse Normen nach wie vor prägen. Eine davon besagt, dass die Mutter die wichtigste Bezugsperson für ihre Kinder sei. Erstaunlich oft ist es noch immer die Frau, die nach der Geburt eines Kindes zu Hause bleibt oder niederprozentig arbeitet und gleichzeitig für Erziehung und Hausarbeit hauptzuständig ist. Dieses Thema ist nicht neu, aber es ist leider noch immer aktuell! Es bräuchte Bewegung in diesem Bereich: Einerseits im Individuellen, dadurch nämlich, dass über gewisse Themen endlich im grösseren Rahmen gesprochen wird: Rollenbilder, Stereotype, usw. Und natürlich müsste auch politisch einiges geschehen. Es geht um Lohngleichheit, Vaterschaftsurlaub, Teilzeit- und Care-Arbeit – um nur einige von vielen Begriffen zu nennen.

Es sind drei wichtige Frauen in deinem Roman; Verena, die an Krebs erkrankte Mutter, Rahel, die Jazzsängerin, und Fenna, ihre Schwester. In keinem der drei Frauenleben scheinen Männer eine wirklich gute Rolle zu spielen. Martin, Rahels Freund setzt sich ab. Erik verlässt die schwangere Verena und Rahel schon früh. Und Fenna kämpft sich an Luc ab. Muss mich das als Mann beunruhigen oder ist das der Erkenntnis geschuldet, dass Beziehungen zwischen Menschen permanentes Wagnis sind?
Beziehungen sind Wagnisse, ja. Würde man die Geschichte aus der Sicht der Männer zeigen, wäre das Bild ein anderes, denn auch Verena, Fenna und Rahel sind nicht „perfekt“, sondern teilweise verfangen in Rollenbildern und Zwängen, die ihnen die Gesellschaft auferlegt – oder sie sich auferlegen lassen. Ich habe mich allerdings bewusst für den Fokus auf die Frauen entschieden. Es ist Fakt, dass sich für Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch immer viel schwieriger gestaltet. Dass Frauen in vielen Lebensbereichen noch immer nicht dieselben Chancen haben wie Männer. Dass – laut Amnesty International – mindestens jede fünfte Frau bereits einen sexuellen Übergriff erlebt hat. Über solche Themen wollte ich in „Was uns betrifft“ schreiben, ohne über „die Männer“ zu werten.

Rahel ist Musikerin, wohnte einst mit ihrer Freundin Maya in einer WG zusammen und träumte von einem Leben als Sängerin und Songschreiberin. Dann ereilt sie das Schicksal vieler Frauen. Sie wird ungewollt schwanger und gezwungen, ein Leben zu leben, das sie sich nicht aussuchte. Der Vater des Kindes seilt sich ab, verschwindet von der Bildfläche. Ist dein Roman die Suche nach einer verlorenen Stimme?
Es ist vielmehr die Suche nach Zwischenräumen. Am Anfang ist sich Rahel ja klar: Entweder Kind oder Kunst, beides zusammen scheint ihr unmöglich. Erst nach einer grossen Krise – nach der Geburt ihres zweiten Kindes -, beginnt Rahel, nach neuen Möglichkeiten zu suchen, zu ahnen, dass es auch ein „Dazwischen“ gibt, einen Bereich also, in dem sie aktiv Entscheidungen treffen kann. Zum Glück macht es Boris ihr einfach. Von Anfang an wollte er ihr dabei helfen, beides zu leben: Familie und Kunst. Aber das war Rahel aus verschiedenen Gründen nicht möglich.

Du schreibst dich extrem nahe an deine Protagonistin, bildlich und emotional. „Was uns betrifft“ ist ein Buch von selten weiblicher Dominanz. Ein Buch, dass so nie von einem Mann geschrieben werden könnte und deshalb für den Mann zu einem wahren Leseabenteuer werden kann. Ist der Titel auch eine Mahnung an das andere Geschlecht?
Es geht mir darum, auszudrücken, dass die Themen, die das Buch behandelt, uns alle etwas angehen, egal, welchem Geschlecht wir uns zugehörig fühlen. Postnatale Depression, Geburt, Beziehungen, das sind keine „Frauenthemen“, sondern gesellschaftsrelevante Themen. Ich finde es extrem wichtig, sie aus allen möglichen Blickwinkeln zu betrachten. Sehr lange – und noch immer zu grossen Teilen – wurde die Literatur vom männlichen Blick geprägt. Wie schon Virginia Woolf in ihrem Essay „Ein Zimmer für sich allein“ bemerkte: Frauen hatten keinen Raum und kaum Möglichkeiten, zu schreiben. Sie wurden vielmehr vom Mann beschrieben. Über die eigene Körperlichkeit, über Sexualität und Geburt zu schreiben, das bedeutet meines Erachtens Ermächtigung. Und diese Ermächtigung, die in „Was uns betrifft“ von Frauen ausgeht, betrifft alle Menschen, denn über diese Themen zu sprechen und zu schreiben, verändert am Ende die gesamte Gesellschaft. Es geht ums Neu-Denken, um Gleichberechtigung. Um ein Umdenken von „Familie“ auch.

„Was uns betrifft“ ist auch ein Roman über die gescheiterten Ausbruchsversuche einer Mutter. Manchmal liest man regelrechte Hilferufe; Ich will weg! Ein solches Schreiben braucht doch auch Mut, zumal man schnell darauf angesprochen wird, ob das nun der eigenen Biographie entspringe. Bist du mutig?
In diesem Sinne vielleicht schon. Beim Schreiben folge ich den Figuren und Themen, die mich um- und antreiben, ohne Angst. Lange bin ich damit im „stillen Kämmerchen“. Manchmal, wenn ich mich dann aus diesem Schreibraum heraus begebe, erstaunt es mich, wenn mir Leute sagen, sie fänden es mutig, dass ich in meinen Texten bestimmte Themen anspreche oder gewisse Textstellen auf der Bühne vorlese, zum Beispiel Szenen, bei denen es um Sexualität geht. Aber hey, fast alle Menschen haben Sex. Die meisten Menschen sind durch Sex entstanden. Wäre es nicht an der Zeit, öfters und schamloser über diese Themen zu sprechen? Gewisse Begriffe in unser Alltagsvokabular zu integrieren? In „Was uns betrifft“ sprechen Fenna, Rahel und Verena auch darüber, zum Beispiel über Bezeichnungen des weiblichen Geschlechts. Fotze, Möse, Vulva; das sind Wörter, die es neu zu betrachten und in den Mund zu nehmen gilt, finde ich.

Zwischen Mann und Frau liegt nur ein Chromosom. Wenn ich dein Buch lese, breitet sich aber ein Meer an Unterschieden aus, urmenschliche, soziale, echte und aufgezwungene. Bist du nach diesem Roman eine andere Frau? Eine Frau mit anderer Sichtweise?
Wie gesagt, ich würde die Polarisierung Frau-Mann lieber auflösen statt noch stärker zu machen. Urmenschliche Unterschiede? Ist das wirklich so? Geht es nicht vielmehr um die Sozialisierung, um jahrhundertelange Anschauungen, die sich eingenistet haben und als „biologisch gegeben“ betrachtet werden? Geht es nicht sehr stark um Rollenbilder, die wir unseren Kindern schon ganz früh aufzwingen, bewusst oder unbewusst?
Mich beim Schreiben von „Was uns betrifft“ mit Themen wie Feminismus, Sexismus, Postnatale Depression, und so weiter, auseinanderzusetzen, hat mich wahrscheinlich schon ein wenig verändert. So oder so, Schreiben ist für mich immer ein Prozess. Nach der Arbeit an einem Text blicke ich immer etwas anders auf die Welt und habe das Gefühl, ein klitzekleines bisschen mehr verstanden zu haben.

„Was uns betrifft“ erzählt von einer Mutter, die Zeit zum Schreiben sucht. Mit Sicherheit etwas, was Schriftstellerin und Protagonistin gemeinsam haben. Schwierig, weil Muttersein nicht einfach so zur Seite geschoben werden kann. Wie kann das Laura Vogt?
Mein Partner und ich teilen uns die Kinderbetreuung fifty-fifty. Es geht ihm als Vater also gleich wie mir: Die Zeit für die eigenen Arbeiten ist beschränkt. Aber weil die Kinder uns beide gut kennen und wir beide alle Aufgaben in der Erziehung und im Haushalt übernehmen, brauche ich mir keine Gedanken zu machen, wenn ich nicht zu Hause bin. Meine Kinder haben dann den Vater, der sie tröstet, wenn sie nicht einschlafen können oder krank sind.
Würde allgemein breiter gedacht und nicht bloss im Kleinfamilien-System, dann würde den Eltern viel Stress erspart, davon bin ich überzeugt. Kinder brauchen andere Kinder. Erwachsene brauchen andere Erwachsene. Wir selbst leben in einer kleinen Genossenschaft mit neun Kindern und neun Erwachsenen. Diese Art von Gemeinschaft ermöglicht ein Miteinander: man hilft sich aus, verbringt Zeit beisammen, lernt voneinander.

Dein Roman ist immer wieder von kursiv geschriebenen Texten durchsetzt, die dann im dritten Teil ihre Fortsetzung finden. Texte, die ebenso an Tagebucheinträge erinnern wie in ihrer Art, wie sie gesetzt sind, an Gedichte. Entstanden beide zeitgleich?
Die kursiven Texte entstanden, als ich den zweiten Teil des Romans zu schreiben begann, in dem es eine Art Zoom-Bewegung gibt. Nun sind die Mutter Verena und die Schwester Fenna zu Rahel gereist, und zwei Tage der intensiven Auseinandersetzung beginnen. In diesem Teil gibt es ausserdem Rückblicke zu Rahels Versuch, aus ihrem Leben auszubrechen, den sie wenige Wochen zuvor unternahm. Rahel kommt in diesem Teil des Romans endlich wieder ins Schreiben und damit auch wieder näher zu sich selbst. Das zeigen die kursiven Texte aus ihrem Tagebuch. Und ja: sie entstanden gleichzeitig wie die übrigen Textstellen aus dem zweiten Teil von „Was uns betrifft“.

Im zweiten Teil deines Roman treffen sich die kranke Mutter und die beiden Töchter in Boris Haus. War von Anfang an klar, wie dieses Treffen ausgehen würde oder bist du mit den drei Frauen in dieses Treffen hineingegangen?
Ich arbeite im ersten Moment immer sehr intuitiv. Als erstes stehen die Figuren mit ihren Fragen und Themen. Im Verlaufe der Texterarbeitung gehe ich mit ihnen mit – ich weiss immer erst nach und nach, was geschieht, und bin somit sehr nah an ihren Erlebnissen dran. Wie das Treffen im zweiten Teil konkret ausgehen würde, war lange Zeit sehr offen. Dass es am Ende eine Art Lösung, eine Art Öffnung gibt, ahnte ich hingegen früh. Es ging ja darum, dass die drei endlich über Dinge sprechen, die sie lange bei sich behalten haben. Durch ihre Gespräche beginnt ein Abstreifen von Altem, ein Zusammenrücken und Weitergehen. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich die Szene schrieb, in der sich Verena, Rahel und Fenna über das Eingemachte von Rahel hermachen. Damals hielt ich mich für eine Woche in einer Jurte in der Nähe von Bischofszell auf, um zu schreiben. Es war ein Befreiungsakt, auch für mich.

Es gibt den Muttermund. Wo ist der Vatermund?
Ich freue mich darauf, das erzählt zu bekommen!

Laura Vogt, geb. 1989 in Teufen (AR), studierte am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel, davor einige Semester Kulturwissenschaften an der Uni Luzern. Sie schreibt neben Prosa auch lyrische, dramatische und journalistische Texte und ist als Schriftdolmetscherin und Mentorin tätig. 2016 erschien ihr Debütroman «So einfach war es also zu gehen». Laura Vogt lebt im Kanton St. Gallen.

Beitragsbilder © Laura Vogt (Atelier St. Gallen)

Laura Vogt «Was uns betrifft», Zytglogge

Laura Vogts zweiter Roman strotzt von beinah triefender Weiblichkeit. Ob Mann oder Frau; wer den Roman „Was uns betrifft“ liest, sinkt immer tiefer in ein enges Geflecht von Intimitäten, die nie entblössend, nie voyeuristisch, nie beschämend, aber unsäglich ehrlich und direkt sind. „Was uns betrifft“ betrifft uns, ob Mann oder Frau.

Fenna, Verena und Rahel. Drei Frauen. Verena die Mutter, die sich einst von Erik trennte und mit Ida ein neues Leben begann, die krank und geschwächt die Nähe zu ihren Töchtern sucht. Fenna, die jüngere der Töchter, schwanger von Luc, gleichsam verunsichert wie entschlossen. Und Rahel, die Erzählende, die von Martin schwanger sitzengelassen wurde und bei Boris in seinem grossen Haus Asyl findet, wieder schwanger wird und sich immer tiefer in den Verstrickungen von Mutterschaft, Selbstzweifeln, Enge und Verunsicherung wiederfindet.

„Rahel trommelte mit beiden Fäusten auf ihre Stirn…. Hier drin ist alles weg. Absolut leer!»

Wäre Rahels Leben nicht von den Pflichten einer Mutterschaft zugedeckt worden, wäre sie Sängerin, Texterin geblieben. Aber was in ihrem Bauch zu wachsen begann, nahm ihr die Freiheit, auch jene, jener Stimme nachzugehen, von der sie einst glaubte, es mache ein ganzes Leben aus. Und weil sich mit dem Schriftsteller Boris, seinem grossen Haus, seiner Unaufdringlichkeit und seiner Fürsorge alles wie von selbst zu fügen schien, gibt sich Rahel auch in eine zweite Schwangerschaft. Ein Kind allerdings, dass sich in eine nicht bereite Welt verirrt hat, das sich nach der Geburt fremd anfühlt. Zeichen, die Boris nicht verstehen kann, denen Boris immer hilfloser gegenübersteht.

„Sie wollte fort, weit weg.“

„Was uns betrifft“ ist keine Beziehungskiste. „Was uns betrifft“ ist eine wilde Reise durch die Weiblichkeit. Selten verunsicherte mich die Lektüre eines Buches so sehr – weil ich ein Mann bin. Nicht weil ich nicht verstehen könnte, was geschrieben steht, was erzählt und gefühlt wird. Aber ich bin ein Mann. Ich lese diesen Roman mit dem Blick eines Mannes, eines Vaters, lese ihn von der anderen Seite, von gegenüber, in einer seltsamen, bei der Lektüre eigenartigen Distanz. Noch verstärkt darin, weil der Roman aus maximaler Nähe erzählt, weil mich die Weiblichkeit wie ein Strudel mitnimmt, ohne mich zu erschlagen.

„Jede webt ihre Geschichten aus ihren Erfahrungen und trägt sie anders.“

„Was uns betrifft“ betrifft so sehr, weil Laura Vogt mich auf eine Reise mitnimmt in jenes Reich, dass sich scheinbar unendlich weit weg von Freiheit befindet, erdrückende Enge bedeutet, die alles zudeckt, alles vereinnahmt und doch durch nichts gleichzusetzen ist, dass in seiner Einmaligkeit berauscht, das von etwas kosten lässt, was sonst verborgen bliebe.
„Was uns betrifft“ ist kein Frauenbuch, aber ein Buch, das so nur von einer Frau geschrieben werden kann. Umso aufschlussreicher für den Mann. Umso kraftvoller und unmittelbarer für die Frau! Unglaublich sensible Beobachtungen und Schilderungen. Frausein wird Wahrnehmung, für mich als lesenden Mann zum Abenteuer. Dieses Frausein, das mit Zeugung, Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft untrennbar verbunden ist und für mich durchs Lesen zur Tiefenerfahrung wird! Laura Vogt schreibt sich durch die Haut hindurch in den Bauch der Frau. Vielleicht auch in die Erkenntnis, dass es zwischen Frau und Mann letztlich nur zum liebenden Verständnis kommen kann, ohne die Geheimnisse des jeweils anderen Geschlechts ergründen zu können. Dass ich als Mann Eindringling und Ausgeschlossner bleibe.

„Ein Haus, ein Mann, ein Sohn, eine Tochter, ein Stück Garten und dann doch auf einmal diese Leere.“

Rahel trifft sich mit ihrer Schwester und ihrer vom Krebs geschwächten Mutter. Zwei Tage allein, ohne Kinder, weil Boris mit ihnen weggefahren ist. Sie sind allein in seinem Haus, wie damals, als sie allein waren, bei ihren „Dämlichabenden“. Aus Distanz wird mit einem Mal Nähe, gewinnen sie zurück, was sie verloren glaubten. Verena ihre Familie, Fenna ihre Entschlossenheit und Ruhe und Rahel ihre Stimme, ihre Sprache, ihr Schreiben. Laura Vogts Roman ist vielschichtig, entblättert sich nur bis zu einem Kern, der verschlossen bleibt und die Fragen, was uns denn zusammenhält nicht beantworten kann und will.

„Ich habe immer gemeint, Singen und Schreiben bedeutet vor allem Loslassen und Abschied. Abstand nehmen … Aber es ist viel mehr als das. Es ist auch Neuanfang. Weitergehen.“

„Was uns betrifft“ ist eine Reise. Die Reise einer Mutter mit ihrem Kind, von der unmittelbaren Verbindung über die permanente Entfremdung und Entfernung ab Geburt bis zum Gefühl, dass damit auch Entfernung und Entfremdung mit sich selbst einhergeht. Eine Reise weg von den festgelegten Vorstellungen von Familie aus der Vergangenheit in die Weite einer Gegenwart, in der man sich zu verlieren droht. Eine Reise von aussen in die Fänge einer Familie und wieder hinaus. Eine Reise zwischen Tochter- und Muttersein.

Grossartig!

Die Buchvernissage am 26. März 2020, 19:30 Uhr, Raum für Literatur, St. Gallen ist abgesagt. Lesen Sie das Buch erst recht!!!

Laura Vogt, 1989 in Teufen (AR), studierte am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel, davor einige Semester Kulturwissenschaften an der Uni Luzern. Sie schreibt neben Prosa auch lyrische, dramatische und journalistische Texte und ist als Schriftdolmetscherin und Mentorin tätig. 2016 erschien ihr Debütroman «So einfach war es also zu gehen». Laura Vogt lebt im Kanton St. Gallen.

Programm Wortlaut-Literaturfestival St. Gallen

Webseite der Autorin

Beitragsbild © Lea Frei

12. Sankt Galler Literaturfestival Wortlaut

Vom 26. bis 29. März 2020 erwartet die Besucherinnen und Besucher eine grosse Auswahl wortlauter Kunst in den vier etablierten Programmreihen Luise, Laut, Lechts und Rinks. Die vier Reihen strukturieren das Programm und fordern zu literarischen Grenzüberschreitungen auf. Insgesamt bietet das Sankt Galler Literaturfestival an vier Tagen 25 Veranstaltungen an den unterschiedlichsten Orten der Stadt, allesamt fussläufig erreichbar. Ab heute (06. Februar) ist das Gesamtprogramm des Literaturfestivals auf der neu programmierten sowie neu gestalteten Webseite wortlaut.ch abrufbar.

Buchvernissage mit Laura Vogt
Was bedeutet es in der heutigen Zeit, Mutter zu sein? Was ist Weiblichkeit? Welche Beziehungen sind ­möglich und wie bleibt man darin selbstbestimmt?  Zusammen mit dem Basler Zytglogge Verlag feiert Wortlaut die Buchvernissage von Laura Vogts neuem Roman «Was uns betrifft«. Die Ostschweizer Autorin liest am Donnerstag, den 26. März, um 19:30 Uhr im Raum für Literatur. Musikalisch begleitet wird sie von Andi Bissig. Die Moderation übernimmt der Literaturvermittler Gallus Frei-Tomic.

Eröffnungsveranstaltung und Dialekt-Poetry-Slam
Zur Eröffnungsveranstaltung im Palace wird erst einmal eine Partie «Print-Pong» gespielt. Das ist sowas wie Ping-Pong nur ohne Ball und mit Worten. Wer das Kleinkunst-Duo «Ohne Rolf» kennt, wird diese Spielart bereits lieben gelernt haben. Sie ist gespickt mit seitenweise überraschenden Momenten. Was als Strassenaktion vor eineinhalb Jahrzehnten begann, tourt vier abendfüllende Programme und einige Preise später erfolgreich durch den ganzen deutschsprachigen Raum. Wortlaut präsentiert das sehens- und hörenswerte Künstler-Duo Christof Wolfisberg und Jonas Anderhub am Freitag, den 27. März, um 19 Uhr. Eine kurze Begrüssungsrede hält die Wortlaut-Festivalleiterin Rebecca C. Schnyder.

Am gleichen Abend, um 21 Uhr, findet in der Grabenhalle, nur einen Steinwurf vom Palace entfernt, der schweizweit einzigartige Dialekt-Poetry-Slam (Säg rächt!) statt, bei dem Mundarten aus der Schweiz und dem angrenzenden deutschsprachigen Raum aufeinandertreffen.

Tour littéraire in den vier Reihen
Vier Reihen strukturieren das Wortlaut-Programm und fordern insbesondere am Wortlaut-Samstag, dem 28. März, zu literarischen Grenzüberschreitungen auf: Comic-Autorinnen lassen ihre Zeichnungen zu Wort kommen, es reden und singen Kabarettisten, Spoken-Word-Poetinnen performen die Sprache und Autoren lesen aus ihren aktuellen Werken.

In der Reihe Luise stellt zum Beispiel die Autorin Karen Köhler ihr Romandebüt «Miroloi» vor. Das Buch stand im letzten Herbst auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Ähnlich wahrgenommen bzw. rezipiert wurde das Buch «Die Nachkommende» von Ivna Žic. Mit ihrem Erstling war sie u.a. für den Schweizer Buchpreis 2019 nominiert. Die Moderation der Lesung übernimmt die Schriftstellerin Tabea Steiner, die im letzten Jahr ebenfalls für den Schweizer Buchpreis nominiert war. Mit einem bildstarken, und vor kurzem mit dem Basler Lyrikpreis ausgezeichneten Debüt, zeigt Eva Maria Leuenberger, welche eigene Kraft Lyrik entfalten kann. Sie liest am Samstag, um 14 Uhr, im Raum für Literatur.

Einen Webteppich aus Kurztexten und Celloimprovisationen (Hommage an John Cage) präsentieren Christine Fischer (Text)  und Brigitte Meyer (Musik) am Sonntag, 16 Uhr, im Museum of Emptiness.

Ostschweizer Bühne: Neben weiteren Autorinnen und Autoren aus dem deutschsprachigen Raum betreten am Wortlaut-Samstag vier Literaturschaffende aus dem Literaturnetz Ostschweiz die Bühne im Splügeneck. Ab 13 Uhr treten auf:  Tobias Bauer, Liv Naran, Mathias Ninck und René Oberholzer. Es moderiert Tamara Hostettler.

In der Reihe Lechts stellt das Festival bekanntlich Werke aus dem Bereich «Comic und Graphic Novel» vor. Veranstaltungsort ist das Palace. Dieses Jahr wird neben der Hamburger Illustratorin Orphea Heutling, dem Cartoon-Kollektiv «Pause ohne Ende» und dem Comic-Künstler Frank Schmolke («Nachts im Paradies»), der Illustrator Nando von Arb mit seinem Buch «Drei Väter» zu Gast sein. Ihm verdankt Wortlaut das aktuelle Plakatmotiv, das in enger Kooperation mit dem Büro Sequenz entstanden ist. Ab heute, den 06. Februar, hängen die grossformatigen Wortlaut-Plakate an den Kultursäulen der Stadt.

Die Reihen Laut und Rinks werden divers bespielt: So wird in der Reihe Laut neben «Ohne Rolf» auch Lisa Christ ihren Auftritt mit dem Programm «Ich brauche neue Schuhe» haben. Sie präsentiert ihr einstündiges Programm ab 21 Uhr in der Kellerbühne. Bei Rinks stellt u.a. der Slam-Poet Nektarios Vlachopoulos sein zweites Bühnenprogramm mit dem Titel «Ein ganz klares Jein» vor. Mal geht’s dabei um Rechtspopulismus, mal um mitgebrachte Rotweingläser bei der Studentenparty, mal um die Liebe, mal um morphogenetische Spektralbarometer. Weitere Spoken-Word-Künstler an diesem Samstag werden sein: Rolf Hermann/Trio Chäslädeli, Jan Rutishauser, Cruise Ship Misery, Diana Dengler und Marcus Schäfer (Gassenhauer). Nähere Infos dazu finden sich auf wortlaut.ch oder im Wortlaut-Programmheft.

Festivalzentrum mit Illustrationskiosk
Die Buchbeiz ist zentrale Ticket-Verkaufsstelle. Hier können Tagespässe erstanden, reservierte Tickets abgeholt und sich über das aktuelle Programm informiert werden. Achtung: Tickets für einzelne Veranstaltungen können nur an den jeweiligen Kassen in den Lokalitäten erworben werden.

«Wir weben den Teppich den Teppich des Lebens, fliessen ineinander. Alles ist miteinander verbunden.» gezeichnet von Jana Siegmund

Illustrationskiosk: Angehende Illustratorinnen und Illustratoren zeichnen für Besucherinnen und Besucher des Festivals: Textpassagen werden in Zeichnungen übersetzt – überraschend, vielfältig, kreativ. Ab 13 Uhr, Eintritt frei, Kollekte. Speis und Trank.

TeilnehmerInnen Wortlaut 2020 – nach Programmreihen
Luise (Lesungen und Gespräche): Laura Vogt (musikalische Begleitung: Andi Bissig), Tobias Bauer, Liv Naran, Eva Maria Leuenberger, Mathias Ninck, Ivna Žic, René Oberholzer, Andreas Neeser, Lorenz Langenegger, Karen Köhler, Richard Butz und Nathalie Hubler (Literatur in der Stadt), Christine Fischer (musikalische Begleitung: Brigitte Meyer)

Laut (Musik- und Sprechkabarett): Ohne Rolf (Christof Wolfisberg und Jonas Anderhub), Lisa Christ

Lechts (Comic und Graphic Novel): Orphea Heutling, Frank Schmolke, Nando von Arb, Pause ohne Ende

Rinks (Slam Poetry und Spoken Word): Säg rächt! Dialekt-Poetry-Slam mit: Teresa Reichl (Regensburg), Emil Kaschka (Tirol), Jan Rutishauser (St.Gallen), Sven Hirsbrunner (Thurgau), Remo Rickenbacher (Thun), Valerio Moser (Langenthal), Diego Häberli (Schaffhausen) und Simon Libsig (Baden), Spoken Word: Nektarios Vlachopoulos, Rolf Hermann/Trio Chäslädeli, Jan Rutishauser, Cruise Ship Misery, Diana Dengler und Marcus Schäfer (Gassenhauer)

Der Wortlaut-Pass: das ideale Kulturgeschenk zu Weihnachten

Wer ein eindrückliches Geschenk zu Weihnachten sucht, wird in diesem Jahr bei Wortlaut fündig. Das im kommenden März zum 12. Mal stattfindende Sankt Galler Literaturfestival bietet allen Kulturinteressierten den preislich reduzierten Wortlaut-Festival-Pass für 65 Franken (Normalpreis: 70 Franken). Damit können Besucherinnen und Besucher die gesamte Festivalzeit, sprich: volle vier Tage, an allen 25 Kulturveranstaltungen der Reihen Laut, Luise, Lechts und Rinks teilnehmen.

Da Wortlaut das gesamte Festivalprogramm erst Anfang Februar bekannt geben wird, sollen an dieser Stelle lediglich ein paar geladene Künstlerinnen und Künstler genannt werden: Da ist zum einen die junge Ostschweizer Autorin Laura Vogt, die bei ihrer Buchvernissage im Raum für Literatur aus ihrem zweiten Roman mit dem Titel «Was uns betrifft» lesen wird. Zum anderen der Grafiker und Illustrator Nando von Arb, der mit seinem originellen Comic «Drei Väter» zu Wortlaut eingeladen wurde. Die zuletzt für den Schweizer Buchpreis nominierte Autorin Ivna Žic wird in der Kellerbühne ihr Buch «Die Nachkommende» vorstellen. Das Mundart Pop Duo Cruise Ship Misery präsentiert in seiner Show «Urteil» eine unbeschönigte und bunte Palette an Berichten rund um die physischen und mentalen Gefangenschaften des Lebens. Nicht zuletzt plant Lisa Christ, ihres Zeichens schweizweit bekannte Slam Poetin, einen fulminanten Auftritt in der Reihe Laut.

Der Wortlaut-Pass als Weihnachts-Kultur-Geschenk und Gutschein kann direkt über die Mailadresse info@wortlaut.ch bestellt werden. Die Veranstalter garantieren die postalische Zusendung des schön gestalteten Gutscheins rechtzeitig vor Weihnachten.

Ganz speziell lädt literaturblatt.ch am 6. März 2020, 19:30 Uhr, Raum für Literatur, St. Gallen zur Buchvernissage von «Was uns betrifft» im Rahmen des St. Galler Literaturfestival «Wortlaut» ein. Moderiert wird die Buchtaufe von Gallus Frei-Tomic.

«Manchmal träume ich von Lücken»
Ein Haus auf dem Land, ein Mann, ein Kind – ist es das, was Rahel sucht, als sie hochschwanger zu Boris zieht und ihre Karriere als Jazzsängerin aufgibt? Nichts für mich, findet ihre Schwester Fenna, die eines Tages vor der Tür steht, um auf unbestimmte Zeit zu bleiben. Während sich Fenna an ihrer leidenschaftlichen und schwierigen Beziehung zu Luc abarbeitet und die Schwester mit ihrer ganz eigenen Sicht auf die Welt konfrontiert, kämpft Rahel seit der Geburt ihres zweiten Kindes mit einer postnatalen Depression und den Erinnerungen an ihre Kunst sowie an ihren Vater, der die Familie längst verlassen hat. Als auch noch die kranke Mutter an- und Boris mit den Kindern abreist, scheint Rahel den Boden unter den Füssen ganz zu verlieren.

Was bedeutet es in der heutigen Zeit, Mutter zu sein? Was ist Weiblichkeit? Welche Beziehungen sind möglich, und wie bleibt man darin selbstbestimmt? Ein kluger zweiter Roman der Ostschweizer Autorin Laura Vogt.

Laura Vogt, geb. 1989 in Teufen (AR), studierte am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel, davor einige Semester Kulturwissenschaften an der Uni Luzern. Sie schreibt neben Prosa auch lyrische, dramatische und journalistische Texte und ist als Schriftdolmetscherin und Mentorin tätig. 2016 erschien ihr Debütroman ‹So einfach war es also zu gehen›. Laura Vogt lebt im Kanton St. Gallen.

Webseite Wortlaut Literaturfestival

Webseite Laura Vogt