Ariela Sarbacher «Der Sommer im Garten meiner Mutter», Bilger

Geheimnisse gibt es in jedem Leben, in jeder Familie. Geheimnisse, die unausgesprochen, verschwiegen oder scheinbar vergessen wie schwarze Locher ein Familiengefüge bedrohen können. Ariela Sarbacher erzählt von einer Frau, die durch ihre sterbenskranke Mutter und ihren Willen auch den letzten Schritt selbstbestimmt zu gehen, jenes Licht zurückbekommt, das jene Löcher ein Leben lang zu schlucken drohte.

Samstag, 22. August!

Ich kenne Ariela Sarbacher als Schauspielerin, als Stimme. In einem Sommer sass ich ihr und ihrem Mann im Zug schräg gegenüber auf der Fahrt nach Leukerbad im Wallis. Dort gaben die beiden ihre Stimmen jenen Autorinnen und Autoren, die ihre Texte in deutsch nicht lesen wollten oder konnten.
Und in diesem Frühling hat Ariela Sarbacher sich selbst eine Stimme gegeben. Eine Stimme, die wegen der Pandemie aber des öftern zurückgepfiffen werden musste. So auch im Literaturhaus Thurgau, wo die programmierte Lesung am 2. April dieses Jahres den strikten Massnahmen zum Opfer fiel. Eine Stimme, der sich nun glücklicherweise doch noch ein Fenster öffnet, denn die Autorin wird ihren Debütroman am 22. August doch noch im Literaturhaus Thurgau präsentieren können. Eine Veranstaltung, die mit Musik, Speis und Trank zu einem kleinen Sommerfest werden soll, zum Start in eine neue Saison.

Ariela Sarbacher erzählt von Francesca und ihrer Mutter. Vielleicht erzählt Ariela von sich und ihrer Mutter. Aber eigentlich spielt das nur eine untergeordnete Rolle, denn Ariela Sarbacher schildert eine Mutter-Tochter-Geschichte, eine mitunter schwierige Geschichte. Die Geschichte einer grossen Familie, halb an der ligurischen Küste in Chiavari zuhause, halb am Zürichsee in der Schweiz. Ariela Sarbacher erzählt aus der Ich-Perspektive nach dem Tod, nach einer unheilbaren Krankheit, nach dem selbstbestimmten Sterben der Mutter. 

Ariela Sarbacher «Der Sommer im Garten meiner Mutter», Bilger, 2020, 155 Seiten, CHF 28.00, ISBN 978-3-03762-083-0

Francesca hat ihre Mutter bis zum letzten Moment begleitet, einer Nähe, die in starkem Kontrast zu den wenigen Gemeinsamkeiten der beiden sonst steht. Sie ist da, als die Tropfen durch die Kanüle den Geist der Mutter nach wenigen Atemzügen wegdämmern lassen. Sie bleibt. Sie bleibt in der Wohnung. Die Mutter bleibt im Kopf, im Herzen, in den Dingen, die zurückbleiben und nicht einfach zu Staub zerbröseln. „Der Sommer im Garten meiner Mutter“ ist der letzte Sommer. Jene Wochen, in denen sie zusammen sind, aufräumen, ordnen, das Sterben organisieren, Filme schauen, erzählen, streiten, lachen und weinen. So liest sich auch der Roman. Es sind Bilder, die auftauchen, ein langer Gang durch die Geschichte einer ganzen Familie. Nicht chronologisch erzählt, denn niemand erzählt chronologisch. Es sind Geschichten aus den Tiefen der Vergangenheit, Geschichten, die erst auftauchen, wenn sich das Ende abzeichnet. Geschichten, die eine Erklärung sein sollen und wollen dafür, was in diesem Sommer, dem letzten gemeinsamen Sommer, geschieht.

Francescas Mutter, die als Zwölfjährige durch eine schlimme Blutvergiftung für drei Jahre ans Bett gefesselt war, sich ganz der Hilfe anderer ergeben musste, die die Welt in Büchern an ihr Bett holte und Zeit ihres Lebens alles daran setzte, selbstbestimmt durch ihr Leben zu schreiten, will auch in den letzten Wochen keiner Krankheit, keinem Zustand die Kontrolle über ihr eigenes Selbst, nicht einmal über ihr Sterben übergeben. Ein Entschluss, der für ihre Familie, für Francesca ein Kampf wird, der nicht mit dem Sterben der Mutter zu Ende ist, sondern erst durch das Erzählen ein langsames Ende, eine Versöhnung findet.

So ist die Stärke des Buches auch ihre Achillesferse. Die erzählerische Nähe der Autorin zu ihren Protagonisten suggeriert unweigerlich, dass vieles im Roman autobiographisch sein muss. Dabei spielt das für Literatur eine völlig unwichtige Rolle. Diese Nähe macht den Text zerbrechlich, führt mich ganz nahe an starke Emotionen. Dabei passiert diese Auseinandersetzung im und um den Tod mit allen, die zurückgelassen werden. Mit dem kleinen, grossen Unterschied, dass es im Sterben dieser Mutter im Roman eine Alternative zu geben scheint.

Aber wenn man „Der Sommer im Garten meiner Mutter“ auf ein „Sterbe-Buch“ reduziert, wird man dem Roman nicht gerecht. Ariela Sarbacher erzählt die Geschichte von Francesca, ihrer Kindheit zwischen den Kulturen, zwischen Italien und der Schweiz. Francesca erfährt, was es bedeutet, hin- und hergerissen zu werden, nicht nur zwischen den Kulturen, auch zwischen Eltern, die sich irgendwann trennen, in den Gegensätzen dieser Welten. Francesca muss erfahren, dass es mit dem Sterbewunsch ihrer Mutter auch ein anderes Sterben gibt, als all jene Tode, die sich im Laufe ihres Lebens in die Erinnerung gruben. Ariela Sarbacher erzählt die Geschichte einer hellen Kindheit, wie sich der Wunsch, Schauspielerin zu werden, eingräbt, vom Kampf bis der Wunsch Realität wird. Von unsäglicher Fremdheit und schmerzhafter Nähe. Davon, dass aus jahrzehntelanger Distanz zwischen Mutter und Tochter nicht mit einem Mal Nähe entstehen kann, schon gar nicht unter dem Zwang einer lebensbedrohenden Krankheit. Sie erzählt von einem Leben, in dem Sprache schon immer nicht nur Mittel zum Zweck des Erzählens war, sondern Elixier, der Stoff, aus dem Leben entsteht, Freiheit und Halt. 

Ein ungeheuer bewegendes Buch.

Ariela Sarbacher wurde 1965 in Zürich geboren. An der Schauspiel-Akademie Zürich wurde sie als Schauspielerin ausgebildet. Ihre ersten Engagements führten sie ans Stadttheater Heidelberg und an die Bremer Shakespeare Company. Nach der Geburt ihrer beiden Töchter liess sie sich zur Taiji-, Qi Gong- und Pilateslehrerin ausbilden. 2002 gründete sie ihre Schule »Einfluss«. Sie hat ein eigenes Präsenztraining entwickelt, mit dem sie Menschen für ihre Auftritte vor Publikum vorbereitet. Von 2017 – 2018 Ausbildung Literarisches Schreiben am EB Zürich. Heute arbeitet sie als Schauspielerin, Sprecherin, Schriftstellerin und Präsenztrainerin.

Webseite der Autorin

© Elke Hegemann

Das Sommerfest im Literaturhaus Thurgau wird musikalisch begleitet von «Stories»: Christian Berger (Gitarren, Loop, Electronics, Büchel, Sansula, Framedrum) und Dominic Doppler (Schlagzeug, Schlitztrommel, Perkussion, Sansula).

Webseite von Stories

«Das Literaturhaus Thurgau muss noch bekannter werden.»

Der Amriswiler Gallus Frei übernimmt ab dem Sommer die Programmleitung des Literaturhauses Thurgau für die kommenden drei Jahre. Er ist Literaturvermittler aus Leidenschaft und begeistert sich für neue Formate, die er auch in Gottlieben ausprobieren will.

Beitrag auf Thurgaukultur.ch
von Bettina Schnerr

Die berühmte Nacht hat er schon über die Anfrage der Bodman-Stiftung geschlafen, ob er die Programmleitung des Literaturhauses Thurgau übernehmen wolle. Doch die Zusage von Gallus Frei kam schnell, von Herzen und das spürt man, wenn man sich mit ihm darüber unterhält: „Nach meiner Zusage gingen mir sofort zahlreiche Ideen durch den Kopf, die ich alle realisieren wollte,“ erzählt er.

„Ich habe eine lange Liste von AutorInnen, die ich nach Gottlieben einladen will.“ Seine Begeisterung füllt das Programm des ersten Quartals gleich mit drei Veranstaltungen mehr als eigentlich vorgesehen. „Ich kann nichts dafür, dass ausnahmslos alle zusagten, die ich angefragt hatte,“ entschuldigt sich Frei augenzwinkernd.

„Es gibt viele Literaturbegeisterte, die nicht wissen, dass der Kanton ein eigenes Literaturhaus hat.“

Gallus Frei beginnt seine Arbeit für das Literaturhaus Thurgau mit derselben Energie und Verve, mit der er seit vielen Jahren für die Literaturvermittlung tätig ist. Bekannt ist er unter anderem als Blogger, der den Schweizer Buchpreis begleitet sowie als Rezensent, der dem Namen seines Blogs auf besondere Weise Leben einhaucht: Literaturblatt ist nicht nur das Zuhause seiner Buchbesprechungen, sondern auch der Begriff für seine handschriftlich verfassten und illustrierten Rezensionen, die er mehrmals jährlich an Abonnenten verschickt. Soeben versandte er mit dem 50. Literaturblatt eine Jubiläumsausgabe, wie immer verfasst mit kleiner, gleichmässiger Schrift und schwarzem Kugelschreiber.

Literaturvermittlung per Handschrift und gutem Essen

Diese Literaturblätter sind ein Markenzeichen des Amriswilers geworden, abonniert von mittlerweile mehr als 200 Personen aus Deutschland, Österreich, Frankreich und der Schweiz. Angefangen hatte er damit, weil die üblichen Computerausdrucke ziemlich lapidar zur Kenntnis genommen wurden. Er probierte eine handschriftliche Version mit grafischer Gestaltung aus und die Rückmeldungen waren, wie er sagt, „umwerfend“. Seither behält er die Technik bei und empfiehlt alle zwei Monate je vier ausgewählte Titel.

Über Jahre hinweg war sein Wohnzimmer auch das Zuhause von „Literatur am Tisch“, einem Format, bei dem er einen Autor oder eine Autorin nach Hause einlud und bei „Leckereien und Wein“ direkt mit seinen Leser:innen in Kontakt brachte. „Als Leser schätze ich die persönliche Begegnung mit einem Autor sehr,“ erzählt Frei. „Das verleiht dem Leseerleben immer eine zusätzliche Dimension.“

Dieses Format will Gallus Frei aus diesem Grund auch ins kommende Programm in Gottlieben aufnehmen. Nicht nur für die Leser:innen, sondern auch, weil seiner Erfahrung nach die Schreibenden diese Begegnungen geniessen: „Bei einer Lesung muss man das Buch nicht kennen und mitunter ist nur das moderierte Gespräch das, was die Zuhörer mit nach Hause nehmen. Doch wenn man mit den Künstlern an einem Tisch sitzt, ergeben sich vertiefte und neue Einblicke in das Werk,“ so sein Fazit.

© Bettina Schnerr

„Ich möchte Bücher mit einer gewissen literarischen Relevanz im Programm haben. Das Buch muss etwas mit mir machen, in mir auslösen.“
Gallus Frei, Programmchef Literaturhaus Thurgau

Was er generell ins Programm holen wird, sind „Bücher mit einer gewissen literarischen Relevanz. Das Buch muss etwas mit mir machen, in mir auslösen,“ beschreibt er sein Auswahlkriterium. Im Genre legt er sich nicht allzusehr fest. Das kommt seiner Idee zugute, künftig bewährte Formate mit neuen Konzepten zu mischen und die beruhen vor allem darauf, dass er verschiedene Sparten miteinander verbinden möchte.

Mit der Übergabe des Staffelstabs von Marianne Sax an Gallus Frei setzt sich zudem ein wichtiges Element in der Literaturvermittlung im Kanton fort: Das Literaturhaus soll stärker im Bewusstsein verankert werden. Sax veranlasste dafür bereits eine klarere Namensgebung, Frei wird die Bestrebungen fortsetzen. „Es gibt viele Literaturbegeisterte, die nicht wissen, dass der Kanton ein eigenes Literaturhaus hat“, stellt Frei immer noch fest. „Dabei ist dieses Angebot schon etwas Besonderes. In der gesamten Schweiz gibt es überhaupt nur sechs Stück und in Gottlieben steht tatsächlich eines der ersten.“

Dass Gallus Frei just in jenem Jahr übernimmt, in dem das Literaturhaus sein zwanzigjähriges Bestehen feiert, ist Zufall. Doch es fügt sich ausgezeichnet, dass das diesjährige Programm ab dem Sommer — da es Corona-bedingt ohne Feierlichkeiten auskommen muss — mit neuen Formaten geschmückt wird.

Den Start im August macht ein Abend mit Kat Menschik. Sie arbeitet als Illustratorin und Bücher mit ihren Bildern haben bei vielen Leser:innen Sammlerstatus. „Der Literaturabend mit ihr verspricht einen anderen Blick auf Literatur und ihre Wirkung,“ sagt Frei. Ein anderes Format folgt im November, wenn er Lyrik mit Musik verknüpfen wird.

Ein Konzept auf Improvisationsbasis, das er in Basel entdeckte: „Die Lyrikerin und die Musikerin treffen sich erst am Tag der Aufführung persönlich und haben einen Tag Zeit, die Lesung zu gestalten. Das Format braucht keine Moderation, ist sehr offen und wegen seiner Spontaneität sehr beliebt.“ Auch die Fans der klassischen Lesungen werden bei Gallus Frei auf ihre Kosten kommen. Das Programm läuft derzeit durch die Druckerpresse und wird Anfang Juli auf der Website des Literaturhauses bekannt gegeben.

20 Jahre Bodmanhaus Gottlieben: Literaturhaus Thurgau

Das Bodmanhaus in Gottlieben, die Stiftung, das Literaturhaus Thurgau feiern «20 Jahre Literaturhaus»! Nach Zürich und Basel war Gottlieben das dritte Literaturhaus in der Schweiz. Was damals mit Sicherheit Mut brauchte, ist heute Institution und ein Ort mit besonderer Strahlkraft!

„Härzlichi Gratulazio dum Bodmaahüs va Gottliäbu, dum künftigu Literaturhüs vam Kantoo Thurgau. Ja, hei wär du Biächär witärhi Sorg, will was weeri iischi Läbu ooni Biächär: Woll wiän äs zärtrikkts Gornischo ooni Ragglett. Heit sus güät! Tschau zämu!“
Rolf Hermann, Schriftsteller

Zu einem Jubiläum gehören neben einem Fest GratulantInnen. So versammelt sich in diesem Bericht ein ganzer Chor von unterschiedlichsten Stimmen, die genau wissen, wie wichtig ein Literaturhaus als Kultur- und Identivikationsort ist:

«Ich habe auf meinen Lesereisen viele Literaturhäuser kennengelernt, mondäne wie in München oder Frankfurt, moderne wie in Basel oder Innsbruck, kleine, gemütliche wie in Kiel oder Oldenburg, Häuser, die Treffpunkte für die Literaturszene waren wie in Stockholm oder Istanbul, aber das Bodmanhaus hat für mich eine ganz besondere Bedeutung. Nicht nur als ein Haus des Lesens, sondern auch als eines des Schreibens. Immer wieder habe ich mich hier eingemietet und an meinen Texten gearbeitet, an diesem stillen und doch nicht abgelegenen Ort, der Literatur nicht nur ausstellt, sondern auch ihre Entstehung ermöglicht. Und was Schöneres kann ein Literaturhaus tun.»
Peter Stamm, Schriftsteller 

„Es gibt Schreib-Orte und es gibt Orte des Lesens und beide sind Wort-Orte. Und Orte von Ankunft und vorläufiger Heimat: das ist das Bodmanhaus in Gottlieben geworden und gewesen in den letzten zwei Dekaden: für Schreibende, für Lesende, auch für mich. Ein Gruss. Ein Dank. Eine Gratulation. Für engagiertes Wirken im Zeichen von Buch und Schrift, von Schreiben.
Die Schreib-Orte sind jene, wo der Text Ort, Gestalt und Sprache findet, eine vorläufige Ankunft: das Schreiben, das gelingt.
Und der Lese-Ort ist jener, wo der Text zum Lesenden findet, zum Dialog, zum Gespräch und damit erst Buch wird: in der Begegnung. 
Gottlieben war immer beides.
Ein Ort hat immer etwas Unverwechselbares, ein besonderes Licht in der Dämmerung, ein Duft von See und Grenze, eine Verfärbung der Erde, ein Ufer mit Schattenspiel, Wasser, wo Schiffe treiben, ein Haus mit knarrenden Treppen und Atmosphäre von alten Schriften und sirrenden Balken, die Atmosphäre des Besonderen – Magie, die zum Bleiben einlädt.
Erwartungsvoll gespannte Gesichter von Lesenden.
Das alles hat das Bodman-Haus in Gottlieben, diesen Hauch von Grenze und grossen Dingen, von Verheissung und Magie. Und es ist alles: Ist Schreib-Ort, wo einer Sprache finden kann, Lese-Ort, wo Lesende Lauschende werden, Sehnsuchtsziel und ein wenig Wallfahrt: zu Schreibenden und Büchern, zu Begegnungen und Gesprächen, ein Ort zum Finden des Eigenen im Fremden.
Das wurde im Bodmanhaus gelebt – 20 Jahre, mit Engagement von vielen Einzelnen (ihre Namen mögen bleiben und genannt werden), mit jener Leidenschaft, die das Besondere schafft, mit jener Menschlichkeit der Begegnung, die bewegt und in Erinnerung bleibt.
All das möge aufgehoben sein im neuen Literaturhaus Thurgau, ein Ort von Geheimnis und Ankunft, von Begegnung und Gespräch, von erfüllten Augenblicken in denen die Zeit stillsteht: gestundet in der Ahnung von Zuhause-sein, das wir nach Novalis immer suchen, von Heimat vielleicht.“
Urs Faes, Schriftsteller

In der Schweiz existieren heute sechs Literaturhäuser, wenn auch nicht alle in der gleichen «Qualität», mit der gleichen Veranstaltungsdichte oder ähnlicher Tradition: 
das Literaturhaus Zürich, seit 1999, von einer grossen Bank ebenso grosszügig unterstützt, mit über 100 Veranstaltungen pro Jahr mit dem entsprechenden Selbstbewusstsein,
seit 2000 das Literaturhaus Basel mit ähnlich hoher Veranstaltungsdichte, mitgetragen von einer grossen Stiftung, die auch das Literaturfestival BuchBasel und die Vergabe des Schweizer Buchpreises mitfinanziert,
das Aargauer Literaturhaus in Lenzburg, das seit 2004 mit einem äusserst kompetenten Team neben Veranstaltungen grossen AutorInnen einen dreimonatigen Schreibplatz im Haus bietet
und das Literaturhaus Zentralschweiz in Stans, 2014 eröffnet, gut vernetzt und mit einem überraschungsreichen Programm überzeugend.
Seit letztem Jahr wächst auch in St. Gallen das Literaturhaus und Bibliothek Wyborada, auch wenn das Pflänzchen noch jung ist.

„In einer Zeit, in der das Lesen sich dramatisch wandelt, braucht die Literatur mehr denn je ihre Lagerfeuer. Zu diesen gehören die Literaturhäuser. In ihrem Widerschein beginnen Texte erst richtig zu glimmen. Ein ganz besonderes Feuer, weil nicht in der urbanen Mitte angefacht, trägt neuerdings den Namen «Literaturhaus Thurgau». An der Kreuzung der zwei Übergänge Seerhein und deutsch-schweizerische Grenze befindet es sich in einer ganz anderen Mitte, die unsere Aufmerksamkeit genauso verdient wie der Trubel der Metropolen. Ich gratuliere dem Bodmanhaus und allen, die zu seinem Erhalt beigetragen haben, für die letzten 20 Jahre und wünsche dem Literaturhaus Thurgau eine erquickliche Zukunft.“
Jens Steiner, Schweizer Buchpreisträger 2013 und Stipendiat 2020 im Literaturhaus Thurgau

Und das Literaturhaus Thurgau?
Es hiess 20 Jahre lang «Bodmanhaus Literaturhaus Gottlieben» und darf stolz sein, in diesen 20 Jahren vielen, die im deutschen Sprachraum literarisch Rang und Name haben, eine Bühne für ihr Schaffen geboten zu haben. Wenn ich die Namen auf der langen Listen lese, schmerzen mich noch jetzt all jene, die ich aus was für Gründen auch immer versäumt und verpasst habe. Aber es sind auch «kleine Namen», Namen, die es wert sind, entdeckt zu werden, die allzu leicht von den grossen verdrängt werden. Namen, denen sich das Literaturhaus Thurgau ebenso verpflichtet fühlte und fühlt.

„Es ist ein grosser Tag, wenn man zwanzig wird. Man ist kein Teenie mehr, aber man muss auch noch nicht erwachsen sein. Man ist noch übermütig, aber man weiss doch schon zu schätzen, was vorhergehende Generationen geleistet haben. Die Welt steht einem offen, ist aber grosszügig genug, noch keine allzu hohen Anforderungen an einem zu stellen. 
In diesem Sinn wünsche ich dem Literaturhaus Thurgau, dass es auf immer zwanzig bleiben kann! Möge die Neugierde auf Literatur nie abflachen, weder auf Seiten des Publikums noch auf Seiten der Macherinnen und Macher, und mögen die Förderstellen grosszügig bleiben, ohne einengende Forderungen zu stellen. Die Literatinnen und Literaten werden es zu schätzen wissen – die jungen Übermütigen genauso wie die reifen Erfahrenen. 
Auf die nächsten zwanzig Jugendjahre in diesem gediegenen, ehrwürdigen Haus.“
Tabea Steiner, Schriftstellerin

„Das Literaturhaus Thurgau ist ein magisches Haus an einem magischen Ort. Müsste ich es einer literarischen Strömung zuordnen, zählte ich es zum magischen Realismus. Zum Geburtstag wünsche ich dem Literaturhaus ein langes, frohes Leben!“
Pedro Lenz, Schriftsteller

Aber warum mit einem Mal «Literaturhaus Thurgau»?
Nicht nur weil ein Haus zuweilen einen neuen Anstrich braucht. Auch nicht, weil das kleine feine Literaturhaus am Seerhein mit einer Tradition brechen, sich schon gar nicht von der Stiftung Bodman distanzieren will, die seit 20 Jahren alles daran setzt, dass dieses Haus gedeiht und sich weiter entwickelt.

«Ganz herzliche Grüsse von ganz im Osten nach ganz im Norden. Die Grenzregionen sind ja gern die Orte, an denen es brodelt, wo es kratzt und sich reibt und sich Feuer an der Kollision von scheinbar Unverträglichem entzündet, aus dessen Asche dann die schönste Kunst in ihrer ganzen Jungfräulichkeit und Ungeschütztheit entsteht. Ihr seid ein Ort, an den man immer mit Freuden wiederkehrt, belebt und betreut von herzlichen Menschen, und ich zweifle nicht daran, dass es euch noch weitere zwanzig und vierzig und zweihundert Jahre geben wird. Einen herzlichen Toast auf Bodmans Literaturhaus.»
Tim Krohn, Schriftsteller

Das Literaturhaus Thurgau hat allen Grund, sich mit Selbstbewusstsein in die Reihe der grossen Häuser zu hieven, auch wenn die dörflich, schmucke Kulisse eine ganz andere ist als in Zürich, Basel oder St. Gallen. Dafür aber werden die Gäste nachweislich um ein Vielfaches mehr verzückt, ihre Auftritte für sie unvergesslich.

„So wie das schöne Bodmanhaus ist auch die wertvolle Literatur: Nicht an der grossen Strasse gelegen, sondern eher fern des Rummels, letzten Endes aber doch erreichbar. Sie ist immer da, wo sich Grenzen aufheben und wir, mit der nötigen Musse, dem Näherkommen, was die Welt zusammenhält. 
Ich möchte mich feierlich in die Reihe der Gratulantinnen und Gratulanten stellen und diesem wunderbaren Literaturhaus, seinen Unterstützerinnen und Unterstützern sowie allen seinen treuen Besucherinnen und Besuchern meinen herzlichen Glückwunsch ausdrücken. Möge das Literaturhaus noch viele schöne Jahre seine Stellung als literarisches Leuchtfeuer am Bodensee bewahren!“
 
Dana Grigorcea, Schriftstellerin

Es müsste eine ganze Gegend, der Kanton selbst dieses Selbstbewusstsein entwickeln, diesen Stolz darüber, eine Perle zu besitzen, einen schlicht glänzenden Schatz, einen Ort, an dem Kunst lebendig wird, Literatur seinen Atem holt. Und für dieses Selbstbewusstsein braucht es den Namen «Literaturhaus Thurgau», gekoppelt mit der Hoffnung, dass dieses Haus an Ausstrahlung zunimmt und es nicht mehr passiert, dass durchaus Literaturbegeisterte den Namen dieses Hauses nicht einzuordnen wissen.

«Falls Literatur tatsächlich mit Poesie zu tun hat – Gottlieben i s t ein poetischer Ort. Nicht in erste Linie der Literatur wegen. Sondern von Natur aus. Des Rheins wegen, dieses kleinen Stücks sogenannten Seerheins wegen, das glücklicherweise, neben der Thur, auch noch zum Thurgau gehört. Max Frisch hat zwar nicht dieses Stück Seerhein im Sinn, sondern den Rhein bei Basel, vom Münster aus gesehen, wenn er in seinem kurz nach Kriegsende entstandenen Tagebuch, im März 1946 schreibt: 
„… der Rhein, wie er in silbernem Bogen hinauszieht, die Brücken, die Schlote im Dunst, die beglückende Ahnung von flandrischem Himmel –

Wie klein unser Land ist.
Unsere Sehnsucht nach Welt, unser Verlangen nach grossen und flachen Horizonten, nach Masten und Molen, nach Gras auf den Dünen, nach spiegelnden Grachten, nach Wolken über dem offenen Meer; unser Verlangen nach Wasser, das uns verbindet mit allen Küsten dieser Erde; unser Heimweh nach der Fremde…»
Ein nicht gleiches, aber vergleichbares Heimweh kann man verspüren, wenn man an einem schönen Sommerabend auf der Terrasse des Waaghauses sitzt und über das spiegelnde Stück Seerhein, den glänzenden Untersee hinweg die Erhebungen des Hegaus, das hügelige Land von Baden-Württemberg sieht, von dem man weiss, dass es nicht sehr weit entfernt, aber doch jedenfalls nicht mehr in der Schweiz liegt. In einem Jenseits, das im Sonnenuntergangslicht sich verbündet mit einem Verlangen in uns, das vielleicht Frischs „Heimweh nach der Fremde“ entspricht. Wobei wir nicht an fremde Länder dabei denken, sondern ein ganz und gar unpolitisches – eben poetisches Verlangen in uns erwacht nach jener schönen Fremde, jener Anderswelt, Gegenwelt, die auch die Literatur verkörpert. Ohne die wir – auch in Zeiten von Corona – nicht leben wollen, sollen und können. 
Aus diesem Grund ist das nun seit zwanzig Jahren bestehende Literaturhaus in Gottlieben vielleicht das poetischste der Schweiz. Ich danke dem alten Bodmanhaus für manche schöne Einladung und dem neuen Literaturhaus Thurgau wünsche ich viel – poetisches – Glück!»

Elisabeth Binder, Schriftstellerin und Verlegerin

Nebst vielen Zentren für bildende Kunst, Museen, Theatern, Kinos und einem Mekka für den modernen Tanz, spielen im Kanton Thurgau zwei Zentren der Literatur; die Kantonsbibliothek in Frauenfeld und das Literaturhaus Thurgau. Schon allein die Tatsache, dass das eine in der Hauptstadt wirkt und das andere, auf dem Land, an der Peripherie, dort wo sich der Kanton seinem Nachbarland hin öffnet, ist perfekte Synchronisation; Kantonsbibliothek Thurgau und Literaturhaus Thurgau. Wenn daraus eine noch intensivere Partnerschaft erwächst, ist das nur wünschenswert.

„Im ersten Moment erinnere ich mich an das Bett, auf dem ich etwas von Blanchot lese, draussen eiskalter Winter 2015, ich schreibe bei Goethe ab: «Es wird immer kälter, man mag gar nicht von dem Ofen weg», laufe durch das Dorf am frühen Abend. Dann fallen mir die Hunde im Erdgeschoss ein, riesige, zuverlässige Wächter, das Fahrrad, das ich einem Lehrling abkaufe, um damit nach Konstanz zu fahren, zu meiner Linken der stille, glänzende See. Schliesslich Emanuel von Bodmans unheimliche Kammer, überhaupt die Räume und Flure, nächtliche Lichter, wie von Geisterhand angezündet. Viel Glück zum Geburtstag, liebes Bodmanhaus!“
Dorothee Elmiger, Schriftstellerin

So feiert die Bodman-Stiftung am 20. Juni, ganz bescheiden aber mit berechtigtem Stolz. Was im Haus am Dorfplatz in Gottlieben alles passierte, wer dort in diesen zwei Jahrzehnten auftrat, das darf sich mehr als sehen lassen. Das Bodman-Haus, das nach dem Dichter Freiherr Emanuel von Bodman (1874–1946) benannt ist, lebt mehr den je. Der Dichter lebte von 1920 bis zu seinem Tod in diesem Haus. Auf Initiative der 1996 gegründeten thurgauischen Bodman-Stiftung wurde es fachgerecht restauriert und als Haus des Buches und der Literatur wieder mit Leben gefüllt.

„…In Zürich wie auch in Gottlieben durfte ich immer wieder mit Veranstaltungen – zweimal sogar mit Theaterstücken! –  zu Gast sein, und gegenüber den zwei anderen Häusern, die auf lange Zeit hinaus von den gleichen Personen geleitet wurden, fand ich es in Gottlieben schon deshalb spannend, weil immer wieder andere Persönlichkeiten die Leitung übernehmen und dem Programm wieder eine neue Richtung geben. So erinnere ich mich mit Dankbarkeit an das Wirken von Hans Rudolf Frey, aber auch an jenes von Stephan Keller, und auch bei Marianne Sax, die dank ihrem Background als Buchhändlerin und ihrer Tätigkeit als Jurorin in Deutschland eine ganze Reihe Korophäen an den Bodensee locken konnte, durfte ich ab und zu mitmachen. Nun freue ich mich sehr auf das Wirken des Amriswiler Literaturvermittlers Gallus Frei Tomic, von dem ich u.a. in «Saiten» immer wieder Spannendes gelesen habe. Es ist wunderbar, dass der Kanton Thurgau an diesem schönen Ort am Bodensee ein Literaturhaus besitzt, um das ihn viele grössere Orte in der Schweiz beneiden und dem eine erfolgreiche Zukunft mit immer wieder neuen inspirierten Leitungspersönlichkeiten und einem begeisterungsfähigen Publikum zu wünschen ist.“
Charles Linsmayer, Autor und Literaturvermittler

Heute ist das Bodman-Haus wieder eine Stätte der Kultur, der Begegnung und des Austauschs, was es bereits zu Lebzeiten Bodmans war, als es in Gottlieben eine Künstlerkolonie gab. Das Bodman-Haus beherbergt Stipendiaten, bemüht sich um ein hochkarätiges literarisches Programm und bereichert im Erdgeschoss mit einer Handbuchbinderei, in der sich Sandra Merten weit über Buchdeckel hinaus um das Kulturgut bemüht.

„Das Bodmanhaus fällt mir immer wieder durch sein abwechslungsreiches und interessantes Programm auf. Ohne gutes Knowhow und viel Herzblut wäre das nicht möglich. Immer wieder staue ich darüber, wen die engagierten LeiterInnen und Programmverantwortlichen alles ins kleine Gottlieben locken. Dass diese Begegnungen schon seit 20 Jahren gelingen, ist in der Tat ein Grund zum Feiern. Ich gratuliere herzlich und wünsche dem zukünftigen Literaturhaus Thurgau weiterhin viel Erfolg!“
Katrin Eckert, Leiterin Literaturhaus Basel, das im April 20 Jahre alt geworden ist

Ich gratuliere dem Stiftungsrat, all den treuen Besucherinnen und Besuchern, den Geldgebern und den bisherigen Programmmachern. Ganz besonders bedanke ich mich bei der Stiftungssekretärin Brigitte Conrad, die sich mit Ruhe, Umsicht und grösstem Engagement seit Jahr und Tag um Literatur, Haus und Gäste bemüht. Eine Kraft, die unschätzbare Arbeit leistet!

«Landschaften wie die, in der sich das Bodmanhaus befindet, hat man früher ‹gesegnete› genannt, weil das Zusammenwirken der Naturgegebenheiten und der 2000jährigen Kultivierung der Natur etwas hat entstehen lassen, das man nur als Schönheit bezeichnen kann. Und deshalb ist mir, wenn ich dort zu Gast war, auch immer eine wichtige und oft vergessene Aufgabe der Literatur wieder bewußt geworden: die Schaffung von Schönheit in und mittels der Sprache. Denn auch Schönheit kreieren zu wollen, ist eine Gesinnung, und vielleicht von allen Gesinnungen, die dem Schriftsteller abverlangt werden, nicht die Unwichtigste.»
Michael Kleeberg, Schriftsteller

Anfang Juli wird das neue Programm von August bis Oktober 2020 bekannt gegeben!

Literaturhaus Thurgau

Handbuchbinderei Merten

„Ich wünsche dem schönen Bodman-Haus in Gottlieben ein stetes weiteres Aufblühen, Wachsen, Erstarken und Ausstrahlen – immer mit dem Wissen darum, dass das Wachsen an sich für ein Kulturhaus immer auch viele Aspekte des Erfolgs mit sich bringt, die wenig mit Kunst zu tun haben und mit dieser auch in Konflikt kommen können. Wachstum, mehr Aktivitäten von Jahr zu Jahr, dieser Dynamik entgeht beinahe kein Kulturort und kein Literaturhaus – umso mehr braucht es heutzutage die Reflexion darüber, was Kulturförderung, was Literaturförderung soll und warum und für wen. Den Hausverantwortlichen, den Programmverantwortlichen wünsche ich deshalb viel Weisheit, Einsicht und Weitsicht bei ihren Entscheidungen, viel Mut zur Eigenständigkeit und Gelassenheit angesichts der Erwartungen von Geldgebern, politischen Entscheidungsträgern, Partnern, Autor/innen und Publikum – und viele Portionen Extrahumor und überbordenden Enthusiasmus. Die Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die Literaturbegeisterten, die wiederkehrenden Besucherinnen und Besucher, die treuen Seelen werden es euch danken. Letztlich sind es nicht die Zahlen, weder die der Besucher noch die der Einnahmen oder die einer Veranstaltungsstatistik, um die sich alles drehen sollte, sondern diese Sternschnuppenmomente in einem Gespräch über einen Text, eine unerwartete, erhellende Perspektive, der Widerhall von Worten, Ideen, Sprachklängen an den Wänden eines Ortes, dieses tiefe Leuchten in den Augen.“
Bettina Spoerri, Schriftstellerin und Leiterin Aargauer Literaturhaus Lenzburg

Hansjörg Schertenleib «Palast der Stille», Kampa Gatsby

Hansjörg Schertenleib veröffentlichte seinen ersten Erzählband «Grip» 1982, mit 25 Jahren. Seither ist die «Bibliothek Schertenleib» auf eine stattliche Länge gewachsen, der Autor ein Eckpfeiler der CH-Literatur. Aber keines seiner Bücher ist ihm selbst so nah wie sein jüngstes, «Palast der Stille», eine Perle aus der Gatsby-Reihe des Kampa Verlags.

Mag sein, dass die Lektüre dieses Buches für all jene ein ganz anderer Genuss ist, die seine Bücher und den Autor kennen. Mag sein, dass es für die NeueinsteigerInnen in den schertenleibschen Kosmos ein Erinnerungsbuch eines in die Jahre gekommenen Schriftstellers ist, ein Begleitbuch durch einen eiskalten Wintertag in Maine USA, wo der Autor seit ein paar Jahren zusammen mit seiner Frau ein kleines Cottage direkt am Meer mit Sicht auf einen kleinen Hafen mit Lobsterbooten von Hummerfischern bewohnt. Ein Tag von vielen, ganz allein mit sich selbst, um sich der Stille hinzugeben, aus der das Schreiben erwachen soll. Dann ist dieses Buch ein Spaziergang durch das Leben des Autors, als wäre ich Zeuge davon, wie Bilder im Kopf des Autors aufploppen; Erinnerungen, Ideenfetzen, Gedanken, Erklärungen, manchmal ganz nach innen gerichtet, manchmal mit cineastischem Geschick an die grosse Leinwand gemalt.

Wer Hansjörg Schertenleib kennt, dem begegnet in diesem Buch der Autor unmittelbar, als würde er mich an der Hand nehmen. Als wolle er mir zeigen, wie es sich schreibt, irgendwo zwischen Realität und Ideal. In diesem kleinen Haus am Meer auf Spruce Head Island, das er in der gleichen Sehnsucht kaufte, wie er vor Jahren einst den Ort besuchte, wo Henry David Thoreau seine Blockhütte baute und sein heute berühmtestes Werk «Walden. Oder das Leben in den Wäldern» zu schreiben begann. Schertenleib ist ein Suchender. Und das kleine Haus in Maine mit Blick aufs Meer ein real gewordener Sehnsuchtsort. Vorläufiger Endpunkt einer langen Reise, die immer auch Flucht war, vom ersten Moment seines Schreibens weg. Keine Flucht vor sich selbst, aber stets eine aus der Enge heraus in die Sehnsucht noch Offenheit, Weite und Unabhängigkeit.

Hansjörg Schertenleib «Palast der Stille», Kampa, 2020, 176 Seiten, CHF 24.50, ISBN 978-3-311-21013-9

Es schneit fast ununterbrochen und das Thermometer ist tief in den Minusgraden. In dem kleinen Haus mit Wohnküche, Schlafzimmer und Arbeitszimmer knacken Birkenscheiter im Ofen. Die Katze schleicht um seine Füsse, er liest, sinniert, packt sich ein, um sich einen Weg zur Garage freizuschaufeln. Ich gehe mit, wenn ihn seine Gedanken in seine Kindheit am Fusse des Uetliberg in Zürich tragen, in die Enge seiner Familie, aus der er nur in seinen Streifzügen mit seinen Freunden ausbrechen konnte. Wie aus dem geselligen Jungen plötzlich ein Einzelgänger wird, der erst spät zu lesen beginnt, dann aber unheilbar von diesem Virus befallen wird. Wie er nach einer Schriftsetzerlehre im Rausch zu schreiben beginnt und von seinem Idol Urs Widmer ermuntert wird, wie ihn die Zürcher Unruhen 1980 aus Zürich vertreiben, später für vierzehn Jahre in ein altes Schulhaus in Irland, bis in seinen Palast der Stille, den Ort, der ihm alles gibt, was sein Schreiben und Leben braucht, in maximaler Distanz.

Er verrät mir die Geschichte seines kleinen Schreibtischs, jene seiner ersten Liebe, die Geschichten seines österreichischen Onkels, der den Weltkrieg nicht abzuschütteln vermochte. Er nimmt mich mit in sein Schreiben, das permanente Reflektieren eines Künstlers, den Kampf gegen die Rechtfertigung von Müssiggang und Distanzierung in einer Welt, die nach Effizienz und Aufmerksamkeit geifert. Er nimmt mich mit und ich bin stiller Gast in seinem Haus in Maine.

Dabei hat sein Buch nichts Exhibitionistisches, strömt Stille aus, fast Beschaulichkeit. Und wenn sich die Dramaturgie des Buches am Schluss dann doch noch aufbäumt und der 4. September 1980 im Leben des Schriftstellers mehr als einen Bruch zugefügt wird, schliesst sich der Kreis und die müssige Frage, warum es Maine sein müsse.

Ich mag seine Leidenschaft, in der eine Prise Zorn mitmischt. Seine Ehrlichkeit, die kombiniert mit seiner Leidenschaft Stürme entfachen kann. Das Quantum Eitelkeit, das ihn nicht zum Übermenschen macht. Die noch immer jugendliche Kraft, die seinen Blick beseelt und ihn zu einem stolzen Ritter der Literatur macht.

© David Clough, Kampa Verlag

Hansjörg Schertenleib, geboren 1957 in Zürich, ist gelernter Schriftsetzer und Typograph. Seine Romane wie der Bestseller «Das Regenorchester» wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Zwanzig Jahre lang lebte Schertenleib, der auch aus dem Englischen übersetzt, in Irland. Heute pendelt er zwischen der Schweiz und Spruce Head Island in Maine, USA. Der Transport seiner Bibliothek und Plattensammlung über den Atlantik dauerte per Containerschiff mehrere Monate. Aber literarisch sass Schertenleib in seiner neuen Heimat dennoch nicht auf dem Trockenen: The Lobster Lane Book Shop mit schätzungsweise 100 000 Büchern liegt nur eine Meile von seinem Haus entfernt.¨

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Andreas Neeser «Alpefisch», Zytglogge

Eine junge Frau, Jus-Studentin, ein junger Mann, Heilpädagoge. Sie lieben sich. Sie brauchen sich. Aber weil Liebe Nähe ist, bricht in dieser Nähe bei beiden das auf, wovor sie sich lieber verschliessen würden, beginnt aus Liebe Kampf zu werden, an dem beide zu zerbrechen drohen. Andreas Neeser leuchtet aus, was sonst nur Schatten wirft.

Brunner sitzt in seiner kleinen Wohnung in der Küche an einem Holztisch, den er einst aus einer Brockenstube mitgenommen hatte. Ein Tisch voller Spuren im Holz, tiefer Kerben und Ritzen. Das Geschirr in der kleinen Küche türmt sich, er trinkt Tunesier, der im längst sauer aufstösst, sitzt da und schaut aus dem Küchenfenster. Er zweifelt und verzweifelt am Hin und Her zu einer Frau, die er liebt, aber nicht lieben kann, vielleicht nicht einmal darf. Eine Liebe, die an einer inneren Hitze zu verglühen droht, je mehr man Nähe zulässt, je mehr man sich ihr hingibt. Es ist der Schmerz, der ihn einschliesst. Ein Schmerz, der ihn nicht einmal loslässt, wenn er durch den Schnee über den Nebel stapft und in die Weite schaut und dem Alpenfisch nachhängt, der vom Blau des Himmels ins Weisse des Nebels taucht, immer wieder hinein ins Undurchsichtige, um nur ganz kurz aufzutauchen, einen Moment, einen Augenblick.

Brunner weiss, dass Kathrin eine Geschichte mit sich herumschleppt. Eine Geschichte, aus der sie sich noch immer nicht herausgewunden hat, die noch nicht einmal Vergangenheit ist. Geschichten, die ihr die Fähigkeit nahmen, Nähe zuzulassen, die tausend Anfänge zu Nichte, Brunners Liebe unmöglich, zu blossem Drängen machen. Je mehr Brunner fordert, je mehr er sich hineingibt, desto stärker wird Kathrins Widerstand.

Andreas Neeser «Alpefisch», Zytglogge, 2020, 109 Seiten, CHF 29.00, ISBN 978-3-7296-5035-0

Brunner wartet. Er wartet auf einen Anruf, eine SMS, Stunden auf ihr Erscheinen, ein Zeichen, einen Anfang, ein Ende. Kathrin ist ein Fisch, der sich nicht halten lässt. Sie wohnt noch immer zuhause bei ihrem Vater, einem schwerreichen Bauunternehmer, seit dem Tod ihrer Mutter die einzige Frau im grossen Haus. Aber wenn Brunner Kathrin ausführt, wenn sie alleine sind, dann ist da immer das Gespenst, das Kathrin schon zehn Jahre mit sich herumschleppt. Dieser Mann im Haus ihres Vaters, dieser Mann, der Tochter und Vater in die Ferien begleitet. Dieser Mann, der Kathrin auch in ihren Träumen nicht in Ruhe lässt. Dieser Mann, der der jungen Frau längst den Boden unter den Füssen weggerissen hat, der sie im unendlichen Dazwischen hängen lässt, wo auch Brunner nichts auszurichten hat.

Beide schleppen den Tod mit sich, Brunner jenen seines Bruders, der vor seinen Augen von einem Lastwagen weggerissen wurde, Kathrin den partiellen Tod ihrer selbst, das Wegsterben ihrer Leichtigkeit, ihrer Hoffnung, den Würgegriff eines nicht enden wollenden Alps. Brunner kämpft gegen seine Machtlosigkeit genauso wie Kathrin. Andreas Neeser beschreibt diesen Kampf in bestechender Unmittelbarkeit. Den Kampf gegen das Schweigen, den Kampf gegen das Verlieren, den Kampf gegen die Ohnmacht.

Dass dabei die Mundart die Unmittelbarkeit noch verstärkt, liegt in der Musik Neesers Sprache, in den Worten, die mir, der ich mich sonst nur selten von Mundartliteratur verführen lasse, Resonanzen erzeugen, die sonst nur selten mitschwingen, in seiner Wärme, selbst dann, wenn sie vor Heftigkeit strotzen. Resonanzen, die durch die melodiöse Nähe der Sprache ganz unerwartet in Schwingungen geraten, die mich mehr als nur berühren. «Alpefisch» ist ein Ereignis. Auch wenn einem das Ungewohnte der Sprache zu einem anderen, viel, viel langsameren Lesen zwingt. Kein Problem bei 107 Seiten feinster Prosa!

Andreas Neeser, geboren 1964, studierte Germanistik, Anglistik und Literaturkritik an der Universität Zürich. Von 2003 bis 2011 Aufbau und Leitung des Aargauer Literaturhauses Lenzburg. Seit 2012 lebt er als Schriftsteller in Suhr. Für sein formal und inhaltlich vielfältiges Werk wurde er mit zahlreichen Auszeichnungen und Preisen bedacht.
Mitglied von Autor/innen der Schweiz (AdS), Deutschschweizerisches PEN-Zentrum und VAA. Mitglied der Jury für den Franz-Tumler-Preis. Neben seiner bei Zytglogge erscheinenden Mundartliteratur glänzt Andreas Neeser bei Haymon mit seinem neusten Roman «Wie wir gehen».

Rezension von «Wie wir gehen» auf literaturblatt.ch

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«Was uns betrifft» literaturblatt.ch fragt, Laura Vogt antwortet

Wegen der grassierenden Pandemie konnte die Buchtaufe von Laura Vogts neuem Roman «Was uns betrifft» anlässlich des St. Galler Literaturfestivals Wortlaut nicht stattfinden. Aber das Buch ist da und bietet Gründe zuhauf, es zu kaufen und zu lesen. Statt die Fragen an der Buchtaufe zu stellen, hier ein Mailinterview mit der Schriftstellerin:

Ein Haus auf dem Land, ein Mann, ein Kind – ist es das, was Rahel sucht, als sie hochschwanger zu Boris zieht und ihre Karriere als Jazzsängerin aufgibt? Nichts für mich, findet ihre Schwester Fenna, die eines Tages vor der Tür steht, um auf unbestimmte Zeit zu bleiben. Während sich Fenna an ihrer leidenschaftlichen und schwierigen Beziehung zu Luc abarbeitet und die Schwester mit ihrer ganz eigenen Sicht auf die Welt konfrontiert, kämpft Rahel seit der Geburt ihres zweiten Kindes mit einer postnatalen Depression und den Erinnerungen an ihre Kunst sowie an ihren Vater, der die Familie längst verlassen hat. Als auch noch die kranke Mutter an- und Boris mit den Kindern abreist, scheint Rahel den Boden unter den Füssen ganz zu verlieren.

„Was uns betrifft“ betrifft jeden, der dein Buch liest. Vielleicht, weil es von den Urängsten einer jungen Frau erzählt, einer werdenden und gewordenen Mutter. Du hättest dieses Buch nie schreiben können, wärst du selbst nicht Mutter geworden. Warum betrifft es mich als Mann?
Es geht doch im Grunde um urmenschliche Themen, die alle betreffen: um die Frage nach dem guten Leben, um Beziehungen, Familie, Ängste und den eigenen Raum. Im Zentrum steht eine junge Frau, und einige ihrer Fragen beziehen sich explizit auf ihr Frau-Sein. Ich wollte die Polarisierung der Geschlechter aber keinesfalls noch stärker machen, sondern darüber schreiben, welchen Problemen Frauen auch heute noch ausgesetzt sind. Dermassen zwischen Berufs- und Familienwelt hin- und hergerissen zu sein, das ist etwas, mit dem Frauen noch immer viel öfter und stärker konfrontiert sind als Männer. Sich damit auseinanderzusetzen bedeutet für Rahel aus „Was uns betrifft“ schliesslich Ermächtigung. Überhaupt ist das für mich ein Schlüsselwort, wenn ich über den Roman spreche: Ermächtigung.

Schon die erste Szene im ersten Teil deines Romans fährt einem in den Unterleib. Rahel, die junge Protagonistin, sitzt in der Lesung eines Schriftstellers namens Boris und mir wird geschildert, wie sich in ihrem Unterleib ein Spermium mit Rahels Eizelle vereint. Als hätte man dem Erzählmotor schon zu Beginn eine Einspritzung verpasst. Wie kommt man auf eine solche Idee?
Bei mir beginnt der Schreibprozess immer sehr intuitiv. Ich schreibe einfach drauflos. Erst später schaue ich nochmals darauf, was da konkret zu Text geworden ist, welche Figuren und Themen sich im Geschriebenen zeigen. So war das auch bei besagter Anfangsszene. Obwohl ich grundsätzlich nicht stringent chronologisch schreibe, stand diese Szene aus dem ersten Kapitel übrigens tatsächlich von Beginn weg am Anfang.

Wenig später zieht Rahel in das Haus eben dieses Schriftstellers. Ein grosses, leeres Haus, weit weg von der Stadt. Boris, der Schriftsteller, gewährt der Schwangeren Asyl, einen Platz. Eigenartigerweise scheint dem Schriftsteller aber ausgerechnet mit Rahels Einzug das Schreiben zu entgleiten. Unleugbare Tatsache, dass sich „Familie“ mit Schreiben nicht verträgt?
Das sehe ich anders. Boris schreibt ja weiter in seinem Atelier unterm Dach, aber das bekommen die LeserInnen weniger mit, da Rahel in „Was uns betrifft“ die zentralere Figur ist. Für Boris geht Familie und Schreiben gut zusammen. Und auch ich selbst erlebe das so: Es geht! Natürlich mit Einschränkungen, mit Kompromissen auf allen Seiten. Es ist ein Privileg, so leben zu können. Viele Frauen haben die Möglichkeiten nicht, relativ frei für sich zu entscheiden, was sie wollen. Dazu kommt, dass uns gewisse Normen nach wie vor prägen. Eine davon besagt, dass die Mutter die wichtigste Bezugsperson für ihre Kinder sei. Erstaunlich oft ist es noch immer die Frau, die nach der Geburt eines Kindes zu Hause bleibt oder niederprozentig arbeitet und gleichzeitig für Erziehung und Hausarbeit hauptzuständig ist. Dieses Thema ist nicht neu, aber es ist leider noch immer aktuell! Es bräuchte Bewegung in diesem Bereich: Einerseits im Individuellen, dadurch nämlich, dass über gewisse Themen endlich im grösseren Rahmen gesprochen wird: Rollenbilder, Stereotype, usw. Und natürlich müsste auch politisch einiges geschehen. Es geht um Lohngleichheit, Vaterschaftsurlaub, Teilzeit- und Care-Arbeit – um nur einige von vielen Begriffen zu nennen.

Es sind drei wichtige Frauen in deinem Roman; Verena, die an Krebs erkrankte Mutter, Rahel, die Jazzsängerin, und Fenna, ihre Schwester. In keinem der drei Frauenleben scheinen Männer eine wirklich gute Rolle zu spielen. Martin, Rahels Freund setzt sich ab. Erik verlässt die schwangere Verena und Rahel schon früh. Und Fenna kämpft sich an Luc ab. Muss mich das als Mann beunruhigen oder ist das der Erkenntnis geschuldet, dass Beziehungen zwischen Menschen permanentes Wagnis sind?
Beziehungen sind Wagnisse, ja. Würde man die Geschichte aus der Sicht der Männer zeigen, wäre das Bild ein anderes, denn auch Verena, Fenna und Rahel sind nicht „perfekt“, sondern teilweise verfangen in Rollenbildern und Zwängen, die ihnen die Gesellschaft auferlegt – oder sie sich auferlegen lassen. Ich habe mich allerdings bewusst für den Fokus auf die Frauen entschieden. Es ist Fakt, dass sich für Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch immer viel schwieriger gestaltet. Dass Frauen in vielen Lebensbereichen noch immer nicht dieselben Chancen haben wie Männer. Dass – laut Amnesty International – mindestens jede fünfte Frau bereits einen sexuellen Übergriff erlebt hat. Über solche Themen wollte ich in „Was uns betrifft“ schreiben, ohne über „die Männer“ zu werten.

Rahel ist Musikerin, wohnte einst mit ihrer Freundin Maya in einer WG zusammen und träumte von einem Leben als Sängerin und Songschreiberin. Dann ereilt sie das Schicksal vieler Frauen. Sie wird ungewollt schwanger und gezwungen, ein Leben zu leben, das sie sich nicht aussuchte. Der Vater des Kindes seilt sich ab, verschwindet von der Bildfläche. Ist dein Roman die Suche nach einer verlorenen Stimme?
Es ist vielmehr die Suche nach Zwischenräumen. Am Anfang ist sich Rahel ja klar: Entweder Kind oder Kunst, beides zusammen scheint ihr unmöglich. Erst nach einer grossen Krise – nach der Geburt ihres zweiten Kindes -, beginnt Rahel, nach neuen Möglichkeiten zu suchen, zu ahnen, dass es auch ein „Dazwischen“ gibt, einen Bereich also, in dem sie aktiv Entscheidungen treffen kann. Zum Glück macht es Boris ihr einfach. Von Anfang an wollte er ihr dabei helfen, beides zu leben: Familie und Kunst. Aber das war Rahel aus verschiedenen Gründen nicht möglich.

Du schreibst dich extrem nahe an deine Protagonistin, bildlich und emotional. „Was uns betrifft“ ist ein Buch von selten weiblicher Dominanz. Ein Buch, dass so nie von einem Mann geschrieben werden könnte und deshalb für den Mann zu einem wahren Leseabenteuer werden kann. Ist der Titel auch eine Mahnung an das andere Geschlecht?
Es geht mir darum, auszudrücken, dass die Themen, die das Buch behandelt, uns alle etwas angehen, egal, welchem Geschlecht wir uns zugehörig fühlen. Postnatale Depression, Geburt, Beziehungen, das sind keine „Frauenthemen“, sondern gesellschaftsrelevante Themen. Ich finde es extrem wichtig, sie aus allen möglichen Blickwinkeln zu betrachten. Sehr lange – und noch immer zu grossen Teilen – wurde die Literatur vom männlichen Blick geprägt. Wie schon Virginia Woolf in ihrem Essay „Ein Zimmer für sich allein“ bemerkte: Frauen hatten keinen Raum und kaum Möglichkeiten, zu schreiben. Sie wurden vielmehr vom Mann beschrieben. Über die eigene Körperlichkeit, über Sexualität und Geburt zu schreiben, das bedeutet meines Erachtens Ermächtigung. Und diese Ermächtigung, die in „Was uns betrifft“ von Frauen ausgeht, betrifft alle Menschen, denn über diese Themen zu sprechen und zu schreiben, verändert am Ende die gesamte Gesellschaft. Es geht ums Neu-Denken, um Gleichberechtigung. Um ein Umdenken von „Familie“ auch.

„Was uns betrifft“ ist auch ein Roman über die gescheiterten Ausbruchsversuche einer Mutter. Manchmal liest man regelrechte Hilferufe; Ich will weg! Ein solches Schreiben braucht doch auch Mut, zumal man schnell darauf angesprochen wird, ob das nun der eigenen Biographie entspringe. Bist du mutig?
In diesem Sinne vielleicht schon. Beim Schreiben folge ich den Figuren und Themen, die mich um- und antreiben, ohne Angst. Lange bin ich damit im „stillen Kämmerchen“. Manchmal, wenn ich mich dann aus diesem Schreibraum heraus begebe, erstaunt es mich, wenn mir Leute sagen, sie fänden es mutig, dass ich in meinen Texten bestimmte Themen anspreche oder gewisse Textstellen auf der Bühne vorlese, zum Beispiel Szenen, bei denen es um Sexualität geht. Aber hey, fast alle Menschen haben Sex. Die meisten Menschen sind durch Sex entstanden. Wäre es nicht an der Zeit, öfters und schamloser über diese Themen zu sprechen? Gewisse Begriffe in unser Alltagsvokabular zu integrieren? In „Was uns betrifft“ sprechen Fenna, Rahel und Verena auch darüber, zum Beispiel über Bezeichnungen des weiblichen Geschlechts. Fotze, Möse, Vulva; das sind Wörter, die es neu zu betrachten und in den Mund zu nehmen gilt, finde ich.

Zwischen Mann und Frau liegt nur ein Chromosom. Wenn ich dein Buch lese, breitet sich aber ein Meer an Unterschieden aus, urmenschliche, soziale, echte und aufgezwungene. Bist du nach diesem Roman eine andere Frau? Eine Frau mit anderer Sichtweise?
Wie gesagt, ich würde die Polarisierung Frau-Mann lieber auflösen statt noch stärker zu machen. Urmenschliche Unterschiede? Ist das wirklich so? Geht es nicht vielmehr um die Sozialisierung, um jahrhundertelange Anschauungen, die sich eingenistet haben und als „biologisch gegeben“ betrachtet werden? Geht es nicht sehr stark um Rollenbilder, die wir unseren Kindern schon ganz früh aufzwingen, bewusst oder unbewusst?
Mich beim Schreiben von „Was uns betrifft“ mit Themen wie Feminismus, Sexismus, Postnatale Depression, und so weiter, auseinanderzusetzen, hat mich wahrscheinlich schon ein wenig verändert. So oder so, Schreiben ist für mich immer ein Prozess. Nach der Arbeit an einem Text blicke ich immer etwas anders auf die Welt und habe das Gefühl, ein klitzekleines bisschen mehr verstanden zu haben.

„Was uns betrifft“ erzählt von einer Mutter, die Zeit zum Schreiben sucht. Mit Sicherheit etwas, was Schriftstellerin und Protagonistin gemeinsam haben. Schwierig, weil Muttersein nicht einfach so zur Seite geschoben werden kann. Wie kann das Laura Vogt?
Mein Partner und ich teilen uns die Kinderbetreuung fifty-fifty. Es geht ihm als Vater also gleich wie mir: Die Zeit für die eigenen Arbeiten ist beschränkt. Aber weil die Kinder uns beide gut kennen und wir beide alle Aufgaben in der Erziehung und im Haushalt übernehmen, brauche ich mir keine Gedanken zu machen, wenn ich nicht zu Hause bin. Meine Kinder haben dann den Vater, der sie tröstet, wenn sie nicht einschlafen können oder krank sind.
Würde allgemein breiter gedacht und nicht bloss im Kleinfamilien-System, dann würde den Eltern viel Stress erspart, davon bin ich überzeugt. Kinder brauchen andere Kinder. Erwachsene brauchen andere Erwachsene. Wir selbst leben in einer kleinen Genossenschaft mit neun Kindern und neun Erwachsenen. Diese Art von Gemeinschaft ermöglicht ein Miteinander: man hilft sich aus, verbringt Zeit beisammen, lernt voneinander.

Dein Roman ist immer wieder von kursiv geschriebenen Texten durchsetzt, die dann im dritten Teil ihre Fortsetzung finden. Texte, die ebenso an Tagebucheinträge erinnern wie in ihrer Art, wie sie gesetzt sind, an Gedichte. Entstanden beide zeitgleich?
Die kursiven Texte entstanden, als ich den zweiten Teil des Romans zu schreiben begann, in dem es eine Art Zoom-Bewegung gibt. Nun sind die Mutter Verena und die Schwester Fenna zu Rahel gereist, und zwei Tage der intensiven Auseinandersetzung beginnen. In diesem Teil gibt es ausserdem Rückblicke zu Rahels Versuch, aus ihrem Leben auszubrechen, den sie wenige Wochen zuvor unternahm. Rahel kommt in diesem Teil des Romans endlich wieder ins Schreiben und damit auch wieder näher zu sich selbst. Das zeigen die kursiven Texte aus ihrem Tagebuch. Und ja: sie entstanden gleichzeitig wie die übrigen Textstellen aus dem zweiten Teil von „Was uns betrifft“.

Im zweiten Teil deines Roman treffen sich die kranke Mutter und die beiden Töchter in Boris Haus. War von Anfang an klar, wie dieses Treffen ausgehen würde oder bist du mit den drei Frauen in dieses Treffen hineingegangen?
Ich arbeite im ersten Moment immer sehr intuitiv. Als erstes stehen die Figuren mit ihren Fragen und Themen. Im Verlaufe der Texterarbeitung gehe ich mit ihnen mit – ich weiss immer erst nach und nach, was geschieht, und bin somit sehr nah an ihren Erlebnissen dran. Wie das Treffen im zweiten Teil konkret ausgehen würde, war lange Zeit sehr offen. Dass es am Ende eine Art Lösung, eine Art Öffnung gibt, ahnte ich hingegen früh. Es ging ja darum, dass die drei endlich über Dinge sprechen, die sie lange bei sich behalten haben. Durch ihre Gespräche beginnt ein Abstreifen von Altem, ein Zusammenrücken und Weitergehen. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich die Szene schrieb, in der sich Verena, Rahel und Fenna über das Eingemachte von Rahel hermachen. Damals hielt ich mich für eine Woche in einer Jurte in der Nähe von Bischofszell auf, um zu schreiben. Es war ein Befreiungsakt, auch für mich.

Es gibt den Muttermund. Wo ist der Vatermund?
Ich freue mich darauf, das erzählt zu bekommen!

Laura Vogt, geb. 1989 in Teufen (AR), studierte am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel, davor einige Semester Kulturwissenschaften an der Uni Luzern. Sie schreibt neben Prosa auch lyrische, dramatische und journalistische Texte und ist als Schriftdolmetscherin und Mentorin tätig. 2016 erschien ihr Debütroman «So einfach war es also zu gehen». Laura Vogt lebt im Kanton St. Gallen.

Beitragsbilder © Laura Vogt (Atelier St. Gallen)

Laura Vogt «Was uns betrifft», Zytglogge

Laura Vogts zweiter Roman strotzt von beinah triefender Weiblichkeit. Ob Mann oder Frau; wer den Roman „Was uns betrifft“ liest, sinkt immer tiefer in ein enges Geflecht von Intimitäten, die nie entblössend, nie voyeuristisch, nie beschämend, aber unsäglich ehrlich und direkt sind. „Was uns betrifft“ betrifft uns, ob Mann oder Frau.

Fenna, Verena und Rahel. Drei Frauen. Verena die Mutter, die sich einst von Erik trennte und mit Ida ein neues Leben begann, die krank und geschwächt die Nähe zu ihren Töchtern sucht. Fenna, die jüngere der Töchter, schwanger von Luc, gleichsam verunsichert wie entschlossen. Und Rahel, die Erzählende, die von Martin schwanger sitzengelassen wurde und bei Boris in seinem grossen Haus Asyl findet, wieder schwanger wird und sich immer tiefer in den Verstrickungen von Mutterschaft, Selbstzweifeln, Enge und Verunsicherung wiederfindet.

„Rahel trommelte mit beiden Fäusten auf ihre Stirn…. Hier drin ist alles weg. Absolut leer!»

Wäre Rahels Leben nicht von den Pflichten einer Mutterschaft zugedeckt worden, wäre sie Sängerin, Texterin geblieben. Aber was in ihrem Bauch zu wachsen begann, nahm ihr die Freiheit, auch jene, jener Stimme nachzugehen, von der sie einst glaubte, es mache ein ganzes Leben aus. Und weil sich mit dem Schriftsteller Boris, seinem grossen Haus, seiner Unaufdringlichkeit und seiner Fürsorge alles wie von selbst zu fügen schien, gibt sich Rahel auch in eine zweite Schwangerschaft. Ein Kind allerdings, dass sich in eine nicht bereite Welt verirrt hat, das sich nach der Geburt fremd anfühlt. Zeichen, die Boris nicht verstehen kann, denen Boris immer hilfloser gegenübersteht.

„Sie wollte fort, weit weg.“

„Was uns betrifft“ ist keine Beziehungskiste. „Was uns betrifft“ ist eine wilde Reise durch die Weiblichkeit. Selten verunsicherte mich die Lektüre eines Buches so sehr – weil ich ein Mann bin. Nicht weil ich nicht verstehen könnte, was geschrieben steht, was erzählt und gefühlt wird. Aber ich bin ein Mann. Ich lese diesen Roman mit dem Blick eines Mannes, eines Vaters, lese ihn von der anderen Seite, von gegenüber, in einer seltsamen, bei der Lektüre eigenartigen Distanz. Noch verstärkt darin, weil der Roman aus maximaler Nähe erzählt, weil mich die Weiblichkeit wie ein Strudel mitnimmt, ohne mich zu erschlagen.

„Jede webt ihre Geschichten aus ihren Erfahrungen und trägt sie anders.“

„Was uns betrifft“ betrifft so sehr, weil Laura Vogt mich auf eine Reise mitnimmt in jenes Reich, dass sich scheinbar unendlich weit weg von Freiheit befindet, erdrückende Enge bedeutet, die alles zudeckt, alles vereinnahmt und doch durch nichts gleichzusetzen ist, dass in seiner Einmaligkeit berauscht, das von etwas kosten lässt, was sonst verborgen bliebe.
„Was uns betrifft“ ist kein Frauenbuch, aber ein Buch, das so nur von einer Frau geschrieben werden kann. Umso aufschlussreicher für den Mann. Umso kraftvoller und unmittelbarer für die Frau! Unglaublich sensible Beobachtungen und Schilderungen. Frausein wird Wahrnehmung, für mich als lesenden Mann zum Abenteuer. Dieses Frausein, das mit Zeugung, Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft untrennbar verbunden ist und für mich durchs Lesen zur Tiefenerfahrung wird! Laura Vogt schreibt sich durch die Haut hindurch in den Bauch der Frau. Vielleicht auch in die Erkenntnis, dass es zwischen Frau und Mann letztlich nur zum liebenden Verständnis kommen kann, ohne die Geheimnisse des jeweils anderen Geschlechts ergründen zu können. Dass ich als Mann Eindringling und Ausgeschlossner bleibe.

„Ein Haus, ein Mann, ein Sohn, eine Tochter, ein Stück Garten und dann doch auf einmal diese Leere.“

Rahel trifft sich mit ihrer Schwester und ihrer vom Krebs geschwächten Mutter. Zwei Tage allein, ohne Kinder, weil Boris mit ihnen weggefahren ist. Sie sind allein in seinem Haus, wie damals, als sie allein waren, bei ihren „Dämlichabenden“. Aus Distanz wird mit einem Mal Nähe, gewinnen sie zurück, was sie verloren glaubten. Verena ihre Familie, Fenna ihre Entschlossenheit und Ruhe und Rahel ihre Stimme, ihre Sprache, ihr Schreiben. Laura Vogts Roman ist vielschichtig, entblättert sich nur bis zu einem Kern, der verschlossen bleibt und die Fragen, was uns denn zusammenhält nicht beantworten kann und will.

„Ich habe immer gemeint, Singen und Schreiben bedeutet vor allem Loslassen und Abschied. Abstand nehmen … Aber es ist viel mehr als das. Es ist auch Neuanfang. Weitergehen.“

„Was uns betrifft“ ist eine Reise. Die Reise einer Mutter mit ihrem Kind, von der unmittelbaren Verbindung über die permanente Entfremdung und Entfernung ab Geburt bis zum Gefühl, dass damit auch Entfernung und Entfremdung mit sich selbst einhergeht. Eine Reise weg von den festgelegten Vorstellungen von Familie aus der Vergangenheit in die Weite einer Gegenwart, in der man sich zu verlieren droht. Eine Reise von aussen in die Fänge einer Familie und wieder hinaus. Eine Reise zwischen Tochter- und Muttersein.

Grossartig!

Die Buchvernissage am 26. März 2020, 19:30 Uhr, Raum für Literatur, St. Gallen ist abgesagt. Lesen Sie das Buch erst recht!!!

Laura Vogt, 1989 in Teufen (AR), studierte am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel, davor einige Semester Kulturwissenschaften an der Uni Luzern. Sie schreibt neben Prosa auch lyrische, dramatische und journalistische Texte und ist als Schriftdolmetscherin und Mentorin tätig. 2016 erschien ihr Debütroman «So einfach war es also zu gehen». Laura Vogt lebt im Kanton St. Gallen.

Programm Wortlaut-Literaturfestival St. Gallen

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Andreas Neeser «Wie wir gehen», Haymon

Monas Vater hat Krebs. Die Nähe zu ihrem Vater, die ihr ein Leben lang verwehrt blieb, gelingt ihr auch jetzt nicht herzustellen. Die Nähe zu all jenen, die ihr nahe stehen sollten; zu ihrer bald erwachsenen Tochter Noëlle, ihrem verloren gegangener Mann, ihrer Aufgabe in ihrem Beruf. Was zwischen Mona und ihrem Vater steht, sind all die Geschichten davor, das Gift in den Generationen und die Unfähigkeit, Worte dafür zu finden.

Es gibt Momente, die alles in Frage stellen, die einem aus der gewohnten Sicherheit kippen. Monas Vater droht zu sterben. Und mit ihm all die Geschichten, von denen sie weiss oder ahnt oder auch keine Ahnung hat. Die Geschichten, die aus ihrem Vater jenen Johannes machten, den sie als Vater zu lieben versucht. Und zwar nicht einfach, weil er ihr Vater ist. Sie möchte ihn lieben wie damals als Kind, uneingeschränkt. Mit dem Tod eines nahen Menschen sterben Geschichten, das Verstehen, all die Leben dahinter, die mit jeder Generation zurück im Nebel des Vergessens entschwinden.

Mona drückt ihrem Vater ein Diktiergerät in die Hand und fordert ihn auf zu erzählen. All das, was über die Jahrzehnte ins Schweigen fiel, was vielleicht verständlich gemacht hätte. So wie jedem Konjunktiv ein scheinbares Versäumnis vorangeht.

Andreas Neeser erzählt die Geschichte von Johannes, erzählt das, was viele mitnehmen, wenn sie gehen, sei es eine Scheidung oder der Tod. Erzählt von einem Leben als ungeliebter Sohn, verdingt an den reichen Onkel, der auf der anderen Talseite den grossen Hof bewirtschaftet. Von der Armut, die wie eine unheilbare Krankheit an der Familie klebt, sie nicht aus dem Würgegriff lässt. Wie Johannes, obwohl man ihn als Arbeitskraft schätzt, überzählig bleibt, keinen Platz findet, schon gar keine Liebe, auch dort nicht, wo sein Zuhause sein müsste.

Trotz Tuberkulose findet Johannes den Tritt, davon überzeugt, dass das Leben ein steter Kampf, niemandem zu trauen ist. Er findet Arbeit in der Fremde, bei den Bauarbeiten zum Grand-Dixance-Staudamm, wird Schweisser. Aber erneut von der Tuberkulose zurückgeworfen, schrammt er nur ganz knapp am Tod vorbei. Was Johannes in seiner Familie nie erfährt, vermag er auch in seiner Familie den Kindern nicht zu schenken, Mona, seiner Tochter nicht und schon  gar nicht Martin, seinem tot zur Welt gekommenen Sohn, der für die Eltern zum Trauma wird, das alles überschattet.

Andreas Neeser erzählt von Noëlle, Monas Tochter, die miterleben muss, wie die Ehe ihrer Eltern zerbricht, wie Noëlles Vater nach einem Raubüberfall in sein Goldschmiedeatelier den Boden unter den Füssen verliert, nicht nur wirtschaftlich. Wie Mona zur Projektionsfläche wird, es niemandem Recht zu machen versteht, nicht ihrem Vater, der ihr zu entgleiten droht, nicht ihrer Tochter, die nicht verstehen will und kann, nicht den Menschen, die sie beruflich zu betreuen hat, die einer Heimat entflohen, viel weiter als Mona, die die ihre in Sichtweite zu verlieren fürchtet.

Wie nahe kommt man den Nächsten? Wie zu einem Vater, zu einer Mutter? Braucht es Krankheit und Tod, um jene Nähe zurückzugewinnen, die man ein Leben lang Stück für Stück verliert? Wie gross muss der Schmerz sein, bis die Wunde aufreisst? Wie viel Leben versäumt man, wenn man den tiefen Schmerz in seinem Leben unausgesprochen mit sich herumschleppt? Väter und Mütter sind nie weg, nicht wenn sie sich für immer verabschieden, nicht wenn sie verschwinden, nicht wenn sie sterben. Mona verliert ihren Vater, genauso wie Noëlle den ihren. Aber Väter bleiben. Fragt sich nur wie.

Andreas Neeser erzählt in seiner gewohnt gekonnten Art, webt ein dichtes Netz, öffnet Türen, die er manchmal nur einen Spalt offen lässt, lotet nicht aus, tut genau das, was das Leben auch macht. Er erklärt nicht, öffnet sacht, manchmal nur unvollständig, bewusst lückenhaft. Andreas Neeser erzählt von Familie, diesem zarten Gefüge, das lebenslangen Schmerz und tiefsitzende Verletzung bedeuten kann.

Fast zeitgleich erscheint Andreas Neeser erster Mundartroman «Alpefisch». Nach mehreren Sammlungen mit Kurzprosa, die unter den Titeln «No alles gleich wie morn» (2009), «S wird nüme, wies nie gsii isch» (2014) und «Nüüt und anders Züüg» (2017) sein erster buchfüllender Mundartroman wieder bei Zytglogge.

© Ayse Yavas

Andreas Neeser, geboren 1964, studierte Germanistik, Anglistik und Literaturkritik an der Universität Zürich. Von 2003 bis 2011 Aufbau und Leitung des Aargauer Literaturhauses Lenzburg. Seit 2012 lebt er als Schriftsteller in Suhr. Für sein formal und inhaltlich vielfältiges Werk wurde er mit zahlreichen Auszeichnungen und Preisen bedacht.
Mitglied von Autor/innen der Schweiz (AdS), Deutschschweizerisches PEN-Zentrum und VAA. Mitglied der Jury für den Franz-Tumler-Preis.

Kurzgeschichte «Mücken» von Andreas Neeser auf der Plattform Gegenzauber

Rezension von «Nüüt und anders Züüg» auf literaturblatt.ch

Andreas Neeser liest am Literaturfestival Wortlaut St. Gallen sowohl aus seinem Roman «Wie wir gehen» wie auch aus seinem Mundartroman «Alpefisch».

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