Sprachsalz: Vladimir Sorokin » Manaraga Tagebuch eines Meisterkochs», Kiepenheuer & Witsch

2037: Das Weltgefüge hat sich nach globalen Kriegen verändert, der Kampf für Gottesstaaten ohne Ende, die Lust nach Zerstreuung ohne Ende und Bücher bloss noch Brennmaterial für ausgefallene Gastronomie der Superreichen und ewig Gelangweilten. Vladimir Sorokin schrieb eine Mischung aus Dystopie und Satire, einen Roman, der vor Witz und Seitenhieben sprüht, das Tagebuch eines von sich selbst Gefangenen.

Vladimir Sorokin erschien nicht – krank. Aber weil ich mich als Leser seiner Bücher lesend auf den Abend an den Sprachsalz Literaturtagen in Hall vorbereitete, veröffentliche ich meine Leseeindrücke als Referenz an den Abwesenden, nur schon als Respektbezeugung davor, dass da einer im Sprachenkampf gegen einen totalitär-autoritären Herrscher respektlos ehrlich bleibt.

Chefkoch Géza hetzt mit seinem Koffer von kulinarischem Hotspot zu Hotspot. Schaschlik vom Stör auf dem Idioten, Hammelschulter auf Don Quichotte oder Thunfischsteak auf Moby Dick. Géza ist Meisterkoch für Book ’n’ Grill, jettet von Kontinent zu Kontinent, kassiert für ein Kunststück, eine „Lesung“ auf einem Grill gerne 10000 Pfund. Wirklich gelesen wird schon lange nicht mehr. Ist auch gar nicht notwendig, denn wer die nötigen flüssigen Mittel zur Verfügung hat, leistet sich elektronische Flöhe, die in den Ohren eingelassen flüstern, was wissenswert ist, selbstredend auch das, was in Büchern steckt. Mit der weltweiten Cloud vernetzt scannen die kleinen Dinger im Kopf alles ab, antworten auf Gedanken, kommunizieren gar. Géza braucht daher auch keine Freunde mehr, allerhöchstens die eine oder andere weibliche Haut, wenn nicht real, so doch zumindest per Order als Traum in seinen Kopf. 

Bücher werden keine mehr gedruckt, höchstens Banknoten. Und weil man dem illegalen Genuss der Reichen einen Riegel schieben will, weil die Bibliotheken auf der ganzen Welt gerupft werden, steigen die Preise für Nachtigallen auf Puschkin, Pferdenüsse auf Majakowski oder Kalbsnüstern auf Pasternak ins Unermessliche, nicht zuletzt für die Kosten derer, die auch nicht vor Blut zurückschrecken, um an die Erstausgaben zu kommen. Géza ist stolz und selbstbewusst, schimpft jene Naiven, die glauben für seine Kunst brauche es keine besonderen Fähigkeiten, „jeder halbwegs versierte Koch könne ein Steak auf den Nackten und den Toten braten“.

Aber seine Welt wankt, als er durch einen verschlüsselten Code zu einer Sondersitzung der obersten Gilde der Edelköche gerufen wird, an irgend einen verborgenen Ort der Welt, geschützt von bis an die Zähne bewaffneten Securityleuten. Die Gilde ist bedroht, den kopierte Massenware bedroht das millionenschwere Geschäft, den sicheren Platz in der Welt der Uperclass. Am Berg Manaraga baut ein Abtrünniger eine gigantische Maschine, mit der sich hunderte absolut identische Einzelstücke unbegrenzt vervielfältigen lassen. Und weil der Gilde alle erdenklichen Mittel zur Verfügung stehen, soll Géza als Auserwählter zusammen mit einem Sonderkommando zum grossen Schlag ausholen.

Vladimir Sorokin spielt mit Sprache, Geschichte, Zukunftsängsten und all dem, was schon in der Gegenwart schräge Züge entwickelt. Genuss ist alles, das Leben ein Spielplatz. Kunst ist Spektakel, die Literatur nur noch die Glut für Fleischeslust. Da taucht im Roman auch mehrfach Tolstoi auf, der dem Original zum Verwechseln ähnlich sieht, einmal riesengross mit einem kleinen Mammut in seinem Gepäck oder in Originalgrösse auf einem Schloss mit Frau, Tochter und einem eben erst fertig geschriebenen Manuskript, das für Möhrenfrikadellen herhalten muss. Überhaupt ist der Roman ein Schaulaufen verquerer Figuren und Szenerien, voller Anspielungen, Metaphern und Seitenhieben, nicht zuletzt gegen die postsowjetische Literatur.

Ein grossartiges Literaturspektakel über Literaturspektakel der besonderen Art. Aber kein Buch für „Geschichtenverliebte“- eben ein Tagebuch.

© Maria Sorokina

Vladimir Sorokin, geboren 1955, gilt als der bedeutendste zeitgenössische Schriftsteller Russlands. Er wurde bekannt mit Werken wie «Die Schlange», «Marinas dreißigste Liebe», «Der himmelblaue Speck» und zuletzt «Der Tag des Opritschniks», «Der Zuckerkreml» und «Der Schneesturm». Zuletzt erschien von ihm der große polyphone Roman «Telluria». Sorokin ist einer der schärfsten Kritiker der politischen Eliten Russlands und sieht sich regelmäßig heftigen Angriffen regimetreuer Gruppen ausgesetzt.

St. Gallen am 30. August: Margret Kreidl und das Jazzduo STORIES

Als Gast und Stipendiatin der Bodman-Stiftung und der Kulturstiftung Thurgau weilt Margret Kreidl einen weiteren Sommermonat lang im Bodman-Haus in Gottlieben. Zusammen mit den Musikern Christian Berger (Saiteninstrumente) und Dominic Doppler (Schlagzeug), eingeführt von Gallus Frei-Tomic, performte Margret Kreidl ihre Poesie mit Musik.

Margret Kreidl, 1964 in Salzburg geboren und zusammen mit ihrem Lebenspartner Lucas Cejpek aus Wien angereist, ist genau das, was eine von ihrer Leidenschaft durchdrungene Sprach- und Wortkünstlerin ausmacht. Eine, die sich mit unerschöpflicher Kreativität und Virtuosität in vielen Sparten bewegt, sei es als klassische Dichterin, als Theater- oder Hörspielautorin oder als Performerin, die mit ihren Kunststücken die Wirkkraft von Sprache ausschöpfen kann.

Margret Kreidl bringt Ordnung in die Sprache und zerpflückt sie. Sie kostet genüsslich aus und beweist, dass sie in der textlichen Kurzform, im Kontrast zu all der Geschwätzigkeit – auch in der Literatur – in aller Dichte und Kürze episch Leben erzählen kann.

«Der Abend klingt im wahrsten Sinne des Wortes noch in mir nach. Die Performance von Margret Kreidl zusammen mit den beiden Musikern öffneten in mir ganz neue Räume was Sprache, Rhythmus und Musik betrifft. Der Abend hat mich unglaublich inspiriert.» Jacqueline Forster-Zigerli

Margret Kreidl, man wurde im Kultbau St. Gallen Zeuge davon, ist frech, bringts auf den Punkt, fabuliert und kontrastiert, schimpft und schmeichelt. Witz und Schalk in ihren Texten fegen jede Patina, alles, was Staub ansetzen könnte, weg und verleihen der Sprache eine Frische und Unmittelbarkeit, die angesichts aller Instrumentalisierung, der sie ausgesetzt ist, das zurückgibt, was ihr als Stimmmusik ganz eigen ist; Melodie, Klang, Mehrdeutigkeit, die Stimme aller Sinne. In Margret Kreidls Sprachkunst pulst überschäumendes Leben.

An diesem Abend wurde man hineingerissen in ein musikalisches Abenteuer. Margret Kreidl agierte mit dem Gitarristen Christian Berger und dem Schlagzeuger Dominic Doppler so schlaftrunken sicher, dass man hätte meinen können, die Darbietung wäre bis ins kleinste Detail choreografiert. Aber genau dort zeigte sich, dass drei VollblutkünstlerInnen am Werk sind. Musik und Poesie kongenial vereint und verwoben.

«Wer Freude an experimenteller Sprachkunst und ihrer Darbietung hat, wer die Kombination von Poesie und spontaner Musik liebt und am 30. August 2019 sich nicht bei Noisma im Kult-Bau eingefunden hat, der hat definitiv etwas verpasst: Auf höchstem Niveau haben Dominic Doppler (Percussion) und Christian Berger (Gitarren) den roten Teppich für die unverwechselbare Wortkunst von Margret Kreidl ausgebreitet und die österreichische Dichterin hat diesen in vollendeter Selbstvergessenheit und geradezu ekstatischer Performance-Lust betreten: voller Witz, Chuzpe und Charme.»
Florian Vetsch

Christos Chryssopoulos «Parthenon», Haymon

Angenommen: Der Eifelturm in Paris, das Brandenburger Tor in Berlin, das Colosseum in Rom oder der Parthenon auf der Athener Akropolis: Explosionen erschüttern nicht nur Fundamente der Bauwerke, sondern das Fundament einer ganzen Nation. So wie am 11. September 2001 mit dem Anschlag auf das World-Trade-Center in New York. Was treibt Menschen dazu? Warum das zerstören, was über die Jahrzehnte und Jahrhunderte zur Identifikation einer Stadt, einer Nation, der Menschheit gehört?

Christos Chryssopoulos stellt die Frage, ob Griechenland noch Griechenland wäre, würde man es von den marmornen Zeugen aus der Vergangenheit «befreien». Was ist Griechenland ohne seine Geschichte, ohne den Tourismus, der den antiken Mauern nachsteigt, ohne das Bewusstsein, der Nabel einer Hochkultur zu sein.

Ein Mann liebt sein Land. Er liebt den Tempel auf dem Stadtberg, von dem er nur in der dritten Person spricht, ein grosses Er, als wäre das Gemäuer die Verkörperung einer Gottheit über Stadt und Staat. Und weil er sich, seine Stadt und sein Land vor der erdrückenden und alles vereinnahmenden Omnipräsenz dieses Ers befreien will, pulverisiert er mit einem konzertierten dumpfen Krachen den Panthenon zu Staub.

«Literatur kann gefährlich sein.»*

«Panthenon» ist nicht durcherzählt, sondern eine Mischung aus verschiedenen Stimmen; jener des wahrscheinlichen Attentäters, beobachtet in einer Zelle, Zeugenaussagen, den Stimmen jener, die in der Mitte des Jahrhunderts in Manifesten in der obsessiven Antikenverehrung die Ursachen für den geistigen und ideologischen Niedergang Griechenlands sahen, und eines labilen Soldaten, der sich ausgerechnet unter jenen findet, die ins Erschiessungskommando einberufen werden, um das gefällte Todesurteil gegen den Bombenleger zu vollstrecken.

«Das kollektive griechische Bewusstsein wurde und wird in den Grundfesten erschüttert.»*

Dass Griechenland mittlerweile nicht nur geistig und ideologisch angezählt ist, sondern auch wirtschaftlich und sozial, gibt dem schlanken Roman mehr als nur eine aktuelle Komponente. «Ich hatte nicht vor, Böses zu tun. Ich wollte nicht zerstören», beschwört der Festgenommene in seiner Zelle. «Es verlangte mich nur danach, uns von dem zu befreien, was als unübertroffen vollkommen angesehen wurde. Ich empfand mich selbst als jemanden, der ein Geschenk anbietet, einen Ausweg, eine Herausforderung.» Am Morgen nach den Explosionen lichten sich Staub und Rauch und statt der ewigen Silhouette tut sich der Himmel auf. Was er tat, war kein Affekt, keine Reaktion, sondern ein Befreiungsschlag, der eine Stadt, ein Land, ein Volk aus dem Würgegriff von Tradition, Geschichte und Mythos befreien soll.

«Wie reagieren wir in der Gegenwart, wenn wir die Last der Vergangenheit auf dem Rücken tragen?»*

Christos Chryssopoulos tut dies literarisch, nicht als möglichst realistische Fiktion. «Parthenon» ist ein Kunstwerk, in dem sich Stimmen spiegeln und reflektieren. Ein Roman, der sich mit dem beschäftigt, was Identität ausmacht, worin sich Staaten spiegeln und sonnen, auch wenn jene Geschichte aus viel mehr Pathos als Wirklichkeit entspringt. «Parthenon» ist auch ein Buch der Gegensätze; es beginnt mit der Stimme eines überzeugten Machers, eines Mannes, der sich ganz und gar nicht als Zerstörer und schon gar nicht als Verbrecher sieht. Das Buch endet mit der Stimme eines Soldaten, einer von 15, die auf Befehl auf den Verurteilten schiessen sollen, eines Soldaten, der bislang immer die Augen verschloss, wenn der Abzug den Schuss auslöste.

«Die Profilierung des Nicht-Profanierbaren ist die politische Aufgabe der kommenden Generation.» Giorgio Agamben

«Parthenon» ist das erste seiner Bücher, das ins Deutsche übersetzt wurde.

(*Zitate aus dem Gespräch in Leukerbad vom 29. Juni 2019)

Christos Chryssopoulos erlebt die schwierigen Verhältnisse in Griechenland hautnah und sieht es als Pflicht, in seinen Büchern Stellung zu beziehen. Der 1968 in Athen geborene Schriftsteller, Übersetzer und Fotograf studierte Wirtschaftswissenschaften und Psychologie. Für sein Werk wurde er vielfach ausgezeichnet, u.a. verlieh ihm die Französische Republik 2015 den Titel des Ritters der Wissenschaften und Künste. Christos Chryssopoulos ist Mitglied des Europäischen Kulturparlaments und schreibt regelmäßig für die nationale und internationale Presse. Seine Bücher werden weltweit übersetzt.

Theo Votsos, geb. 1966 in Stuttgart als Sohn griechischer Arbeitsmigranten, arbeitet als freiberuflicher Übersetzer griechischer sowie deutschsprachiger Literatur. Daneben ist er für diverse Medien als Film- und Literaturredakteur tätig. Er hat in Konstanz und Tübingen Politologie, Soziologie und Philosophie studiert.

Beitragsbild © Literaturfestival Leukerbad

Container25 Wolfsberg A, Sommerfest: Maja Haderlap

Maja Haderlap gewann 2011 nicht nur den Ingeborg-Bachmann-Preis und in der Folge viele andere Preise, sondern brachte in Kärnten einen Stein, einen Fels zum Rollen, dessen Wirkung noch immer im Land zwischen den Sprachen, zwischen Deutsch und Slowenisch nachhallt.

Es gibt Bücher, die auch nach Jahren nichts von ihrer Aktualität, ihrer Wichtigkeit, ihrer Gültigkeit einbüssen. Der Roman «Engel des Vergessens» von Maja Haderlap ist einer davon. Er wird auch in Jahrzehnten ein Meilenstein der Literatur sein, wird in Schulen gelesen werden, als Beispiel dafür, was Literatur auszulösen vermag. Im besten Fall den endgültigen Versöhnungsprozess zwischen zwei scheinbar so unversöhnlichen Volksgruppen, Literatur als Brückenschlag. Aber zumindest ein Ansporn, sich mit Geschichte auseinanderzusetzen, mit den Wunden eines Konflikts, die seit Jahrzehnten schwelen und immer wieder einmal von Politik und Medien aufgerissen werden. Emotionen sind noch längst nicht geglättet, selbst bei jener Generation, die «nur» Söhne und Töchter der AgitatorInnen von damals waren. Aber Wundheilung heisst nicht Verdrängen und Vergessen.

In einer Gesellschaft, die geprägt ist von Feindschaft, Unverständnis, Hass und Neid, in der es unter idyllischer Oberfläche brodelt und kocht, in der damit unverhohlen Politik gemacht wird und man Schuldzuweisung und Abschottung zur obersten politischen Strategie erklärt, erzählt Maja Haderlap unaufgeregt die Geschichte ihrer Familie, ihrer Grossmutter, ihres Vaters, ihrer Mutter.
Im Grenzgebiet zwischen Österreich und Slowenien, wo vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg ein ganzer Landstrich zwischen den Fronten zerrissen wurde, geplagt und gepeinigt von einem Krieg, dessen Fronten sich mitten durch Ortschaften und Familien zogen, spielt «Engel des Vergessens». Von einem Mädchen, dem man über die Jahre in dem Tal in den Südkärntner Karawanken folgt, das verstehen lernt, was Geschichte anrichten kann, nicht nur regional, sondern überall, wo Hass und Krieg sein Opfer sucht.

An diesem Abend, begleitet vom Gesang eines Männerchors aus der Nachbargemeinde ihres Heimatortes, las Maja Haderlap auch aus dem letzten von ihr veröffentlichten Gedichtband «langer transit». Gedichte, die Geschichten erzählen, die Stimmungen wiedergeben, Momente, in denen sich die Autorin auf sich und die Welt einlässt. Maja Haderlap, die früh mit dem Schreiben von Gedichten begann, begleitet das Schreiben von Gedichten schon Jahrzehnte, eine Form der Kommunikation mit Vergangenheit, Sprache, Natur und Momenten, aber nicht einfach Betrachtungen, sondern intensive Auseinandersetzungen, die sich bis ins Politische ausweiten. Maja Haderlap zeigt eindrücklich, wie sehr sich Lyrik einmischen, einbringen und einsetzen kann.

was war

einmal im jähr,
wenn lesezeichen
aus meinen büchern fallen
mit vermerken wie
zählfarne,
registraturnelken;
nesselkammern,
kehre ich in kein dorf zurück.

auf aufgeschlagenen seiten
vergilbten geschichten,
die ihre waffen abgelegt haben,
den spott, den aufruhr,
den tanzschweiss,
der von den schläfen
der tänzer tropfte.

ich ziehe meinen roten kittel an,
stülpe die haare
wie einen strauch über den kopf,
trage schmutzige socken
und stiefel, die einem mann
passen könnten.
ich rieche das schweinefett
in den ungelüfteten küchen,
probiere namen aus
und ihre schattengeschichten,
die einmal losgetreten,
poltern
wie treibendes holz.

am hofeingang bleibe ich stehen.
dort habe ich einen stein
hingelegt, mit einer furche
in kalk eingeschlossen,
die mich erinnern soll,
woher ich kam.

(aus «langer transit» von Maja Haderlap, 2104 Wallstein Verlag, mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlags)

Maja Haderlap, geb. 1961 in Eisenkappel/Zelezna Kapla (Österreich). Nach dem Studium der Theaterwissenschaft und Germanistik an der Universität Wien war sie zwei Jahre Herausgeberin der Literaturzeitschrift Mladje und arbeitete danach 15 Jahre als Chefdramaturgin am Stadttheater Klagenfurt. Sie unterrichtet an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt.
Maja Haderlap veröffentlichte auf Slowenisch und Deutsch Gedichte und Essays sowie Übersetzungen aus dem Slowenischen.

Beitragsfoto © Max Amann

John Ironmonger «Der Wal und das Ende der Welt», S. Fischer

Man findet ihn nackt am Strand, nicht weit von St. Pirat, einem kleinen Fischerdorf in Cornwall. Ein junger Mann, dessen Auto im Dorf am Hafen steht – nackt. Wenig später strandet am selben Strand ein Wal, ein Finnwal. Und ausgerechnet dieser junge Mann, Joe Haak, ist es, durch dessen Initiative es das kleine Dorf schafft, den Riesen zurück ins Meer zu schaffen. Es ist der Beginn einer Geschichte, die das Ende des Ganzen bedeuten kann.

«Der Wal und das Ende der Welt» ist wieder ein Buch, das ich nicht gelesen hätte, wäre es nicht in einer meiner Leserunden, die sich zehn Mal im Jahr trifft, vorgeschlagen gewesen. Ich mochte den Titel nicht, was sich auch nach dem Ende der Lektüre nicht geändert hatte. Ich mag weder Filme noch Bücher, die den Untergang der Welt mit der grossen Kelle inszenieren. Und schon gar nicht solche, die im Titel zu viel verraten. Nichts gegen Dystopien, die in den letzten Jahren zu einer eigenen Gattung geworden sind und sich mit Romanen wie «The road» von Cormac McCarthy ins Bewusstsein von Lesenden eingebrannt haben. Aber «Der Wal und das Ende der Welt» überraschten und belohnten mich.

Joe Haak ist Analyst einer Londoner Bank, die sich darauf spezialisierte, dann die grossen Gewinne zu verzeichnen, wenn alle andern in Panik ihre Aktien abstossen. Zusammen mit einem Team entwickelt er «Cassie», ein Programm, das mit Hilfe von Algorhithmen aus dem Meer von Netzinformationen Vorhersagen generiert, die die Bank stets einen Schritt voraus reagieren lassen. Ein Programm, das riesige Gewinne erzielen soll. Aber als dem jungen Mathematiker bewusst wird, welche Auswirkungen ein solcher Rechner haben kann und erste Ergebnisse ihn das Fürchten lehren, kappt er das Wenige, was ihn in jener Welt hält, fährt los bis zu dem kleinen Fischerdorf, an dem die Strasse am Meer endet.

In das kleine Fischerdorf, in dem man an nur ganz wenigen Stellen eine Internetverbindung findet, in dem Jon Haak als Retter des Wals vom ersten Tag an als Fremder einen Sonderstatus innehat, dringen immer mehr Meldungen vor, wie eine Grippepandemie das globale Gleichgewicht durcheinanderbringt. Und weil Joe Haak mehr weiss als alle anderen im Dorf und er ein Versprechen mit sich herumträgt, kauft er mit dem, was er auf seinem Bankkonto verflüssigen kann, einen Nahrungsmittelvorrat, den er mit Hilfe von Eingeweihten im Turm der Kirche des Dorfes einlagern kann. Lebensmittel für 300 Dorfbewohner, die ein paar Wochen Aufschub leisten können. Während sich ein globales Desaster wie ein Flächenbrand auszubreiten beginnt, rüstet sich ein Dorf an der Küste gegen die drohende Anarchie nach einem «Kollaps».

«Der Wal und das Ende der Welt» ist zum einen die Geschichte dieses jungen Mannes, der die Büchse der Pandora öffnete und jene eines kleinen Dorfes und ihrer Mechanismen. Ein Buch über Hoffnung und Ängste, dass sich Menschlichkeit und Unmenschlichkeit nicht vorhersagen lassen. Ein grosser Teil des Buches beschreibt jene Wochen, in denen sich der Analyst Joe Haak zusammen mit dem Pastor Alvin Hocking in der Kirche nach dem Kontakt mit einer an der Grippe Sterbenden einschliessen, eine selbst gewählte Quarantäne. Der Mathematiker und der Theologe, beide Hüter von Geheimnissen, Analysten der Zukunft. Während sie hoffen und bangen, in den kommenden Tagen nicht von der aggressiven Grippe oder einer anderen Welle der Gewalt dahingerafft zu werden, entwickeln sich zwischen all den Kisten, Schachteln und Säcken voller Nahrungsmittelvorräte Gespräche über Existenzielles. Ein fein komponiertes Kammerspiel einer Annäherung.

Urteil der Leserunde: 4 Stimmen sind angetan bis begeistert. 2 Stimmen gaben beim Lesen auf.

«Der Wal und das Ende der Welt» ist bestens erzählte Unterhaltung, gütlich das Ende, von einem Optimisten geschrieben.

John Ironmonger kennt Cornwall und die ganze Welt. Er wuchs in Nairobi auf und zog im Alter von 17 Jahren mit seinen Eltern in den kleinen englischen Küstenort, aus dem seine Mutter stammte. John promovierte in Zoologie; nach Lehraufträgen wechselte er in die internationale IT-Branche. Schon immer hat er geschrieben; seine Romane wurden in viele Sprachen übersetzt. Inspiriert zu «Der Wal und das Ende der Welt» haben ihn unter anderem die biblische Geschichte von Jonas und dem Walfisch, das Werk des Gesellschaftsphilosophen Thomas Hobbes, Jared Diamonds Sachbuch «Kollaps» und viele andere Quellen der Phantasie und des Zeitgeschehens. John Ironmonger lebt heute in einem kleinen Ort in Cheshire, nicht weit von der Küste. Er ist mit der Zoologin Sue Newnes verheiratet; das Paar hat zwei erwachsene Kinder und zwei kleine Enkel. John Ironmongers Leidenschaft ist die Literatur – und das Reisen auf alle Kontinente.

John Ironmongers Blog

Eine Empfehlung für einen wunderschönen Sommerabend am Bodensee: «Haus zum Schiff«, ein mit viel Herzblut geführtes Restaurant direkt am See.

Beitragsbild © Andrew Richardson

24. Internationales Literaturfestival Leukerbad, Rückblick 3/3

Literaturfestivals sind Orte der Begegnungen, für Schreibende und für Lesende. Und wenn sich dann die beiden Seiten gar mischen, Gespräche entstehen über die „Lager“ hinaus, dann stellt sich dieses Gefühl von Berauschung ein, die das Lesen allein nicht erzeugen kann. Dann wird Literatur greifbar, Sprache zu Stimme Geschichten zu Geschichte.

Dem 24. Internationalen Literaturfestival gelang es zwar nicht, sich den schwindenden Besucherzahlen der meisten Literaturfestivals entgegenzustellen. Dafür beugt sich Leukerbad aber auch nicht dem Geschmack der Masse, der Lust nach Ablenkung und Abschweifung.

Hier ein Streifzug durch meine ganz persönlichen Höhepunkte:

Nell Zink, Foto © Literaturfestival Leukerbad

Wer „Virginia“ noch nicht gelesen hat, sollte es tun. Dass Nell Zink, die im länglichen Virginia aufgewachsene Amerikanerin, in Medien derart grosse Aufmerksamkeit geniesst, erstaunt nicht. Sie, die schon lange in Deutschland lebt und immer wieder in der Schweiz an Festivals anzutreffen ist, beweist mit ihrem Erfolg, den Bestsellern, dass sich der Durchbruch als Schriftstellerin nicht unbedingt mit 30 einstellen muss und man literarisches Schreiben nicht unbedingt mitten im Literaturkuchen erlernen muss/kann/soll. Ihre Romane sind eigenwillig, intelligent und schlicht sensationell erzählt.
In ihrem neusten in deutscher Sprache erschienenen Roman „Virginia“ leben die Mutter Peggy und ihre Tochter auf der Flucht aus einer gescheiterten Ehe mit erschwindelten Ausweispapieren als „Schwarze“ unerkannt in einem kleinen Ort in der Pampas, in Virginia, vergessen von der Weissen Seite der Amerikaner. „Virginia“ ist ein Familienroman mit überragendem Sound, ein Amerikaroman über das Leben in einer Kleinstadt im Schatten der grossen amerikanischen Metropolen, ein Identitätsroman über die Fragwürdigkeiten zugeschriebener und zugespielter Identitäten. Ein Roman über zwei Welten, Schwarz und Weiss, zwei Kasten, über eine Frau, die aus der einen Kaste ausbricht, um in der andern unterzutauchen, über Zufall und Glück, die Unmöglichkeiten von Schicksal, Geschlecht und Sexualität. Ein sprachliches Feuerwerk, das man auch in der deutschen Übersetzung von Michael Kellner geniessen kann.

Tanja Maljartschuk, Rolf Hermann und Pedro Lenz lesen Texte von Aglaja Veteranyi, Foto © Literaturfestival Leukerbad

Aglaja Veteranyi, 1962 in Bukarest in eine Zirkusfamilie hineingeboren, wählte 2002 in Zürich in einer seelische Krise den Freitod . Doch in Leukerbad war sie da. Nicht nur auf dem Büchertisch, wo aus dem Nachlass beim Verlag “der gesunde Menschenversand“ zwei neue Bücher zum Entdecken und Vertiefen, zum Geniessen und Eintauchen bereitlagen, nicht nur durch ihr bekanntestes Werk „Warum das Kind in der Polenta kocht“, dass sich bei vielen Leserinnen und Leser tief in die literarische Erinnerung eingegraben hat und von der schwierigen Kindheit der Schriftstellerin erzählt, sondern weil Pedro Lenz, Tanja Maljartschuk und Rolf Hermann ganz oben auf dem Berg in einer Mitternachtslesung unter dem grossen schwarzen Zelt einer sternenklaren Nacht die Texte einer Künstlerin vortrugen. Aglaja Veteranyi, die sich das Lesen und Schreiben als Kind selbst beigebracht hatte, Artistin und Tänzerin war und sich die deutsche Sprache zu ihrem wichtigsten Instrument machte, schuf als Vielschreiberin Kunstwerke, die beim Lesen ebenso schmerzen wie bezaubern, verwirren wie erheitern. „Café Papa. Fragmente“ und „Wörter statt Möbel. Fundstücke“ sind gesammelte Texte aus Notizbüchern, Makulaturblättern, Texte voller Witz und Tiefe, Einsichten in die Welt einer Künstlerin, für die Sprache viel, viel mehr als ein Medium war, sondern Manege selbst. Tanja Maljartschuk, die in der Ukraine aufwuchs und studierte, in Wien lebt und schreibend noch immer in das im Würgegriff unversöhnlicher Fronten gefangene Herkunftsland eingreift, nennt Aglaja Veteranyi eine Ecke ihres literarischen Dreigestirns, neben Robert Walser und Peter Bichsel.

Maria Cecilia Barbetta, Foto © Literaturfestival Leukerbad

Zehn Jahre nach ihrem gefeierten Debüt feiert die aus Argentinien stammende und deutsch schreibende Autorin Maria Cecilia Barbetta mit „Nachtleuten“ einen fulminanten Erfolg. Und wer die Schriftstellerin in ihrer leidenschaftlichen und authentischen Art lesen und erzählen hört, ist noch um ein Vielfaches mehr bezaubert und betört vom Feuerwerk aus Sprache, Sprachwitz, Originalität und der scheinbaren Leichtigkeit, die das Erzählen der Meisterin ausmacht. Maria Cecilia Barbetta besuchte die deutsche Schule in Buenos Aires, studierte später Deutsch und kam mit 24 mit einem Stipendium nach Deuschland. „Ich habe mich verliebt in die deutsche Grammatik“, beteuert die Autorin. In „Nachtleuchten“ erzählt Maria Cecilia Barbetta von ihrer Heimatstadt Buenos Aires, von ihrem Viertel Ballester, wo sie aufgewachsen ist. Ein Kosmos der Vielfalt, ein Schmelztiegel der Kulturen. Ballester ist die Urmutter aller Geschichten und Figuren. Figuren und Orte, die sich aber überall finden, in jeder Stadt, in jedem Ort, auch in Berlin, wo die Autorin seither lebt. „Nachtleuchten“ spielt 1976, am Vorabend des politischen Umsturzes, in einer Zeit, als das grosse Verschwinden begann und in der im Laufe der Militärdiktatur zwischen 1976 und 1983 Zehntausende ArgentinierInnen verschwanden. „Nachtleuchten“ ist ein sinnliches Feuerwerk!

Durs Grünbein und Stefan Zweifel, Foto © Literaturfestival Leukerbad

Und wer sich traut, sollte aus dem umfangreichen Werk des deutschen Dichters und Essayisten Durs Grünbein lesen. Der häufige Gast in Leukerbad beweist in eindrücklicher Manier, dass Lyrik nichts mit weltfremden und entrücktem Dichten zu tun haben muss. Seine Gedichte erzählen Geschichten, leuchten in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, stellen Fragen, konfrontieren, springen in der Perspektive. Seine Essays spiegeln den Weitblick des Autors, fordern heraus und zeigen, wie Geschichte, Wissenschaft und Gesellschaftskritik konstruktiv provozieren können.

Das 24. Literaturfestival Leukerbad hat überzeugt und gezeigt, dass Literatur nicht im Elfenbeinturm geschieht. Leukerbad ermuntert und treibt an, denn was in den Umbrüchen der Gegenwart geschieht, spiegelt sich in der Literatur.
Der Handschlag zwischen zwei übergewichtigen Politikern ist eine grosse Geste mit kleiner Wirkung. Literatur sind kleine Gesten mit grosser Wirkung.

„Literatur kann gefährlich sein.“ Christos Chryssopoulus

Beitragsbild © Literaturfestival Leukerbad

40° Literatur am Festival Leukerbad, Rückblick 2/3

Am Literaturfestival Leukerbad zur Tradition geworden, lädt diese ihre Gäste seit Jahren zu Beginn des Festivals zu einer «Literarischen Wanderung» ein. Hoch über dem Rhonetal von Erschmatt bis Leuk ging die diesjährige Literaturwanderung, durch Geschichte, Geschichten und Gedichte, über Spuren der Zeit, unter der glühenden Sonne der Gegenwart.

Vom Sortengarten, an Findlingen so gross wie Häuser vorbei, begleitet vom «Carillon», umarmt und betört von den Satzsalven eines Dichters, über Ho Briggu in den Schatten einer Eiche, der Angst vor einem Eichhörnchen ausgesetzt, über Brenntjong, an riesigen, stählernen Ohren vorbei bis nach Guttet – ein heisses, literarisches Abenteuer!

Die in der Ukraine aufgewachsene Tanja Maljartschuk, die vor drei Jahren das letzte Mal mit ihrem Roman «Biographie eines zufälligen Wunders» in Leukerbad las und mich damit bezauberte und Christian Uetz, wortgewaltiger Performer, Lyriker und Erzähler vom Bodensee begleiteten eine mehr oder weniger hitzeresistente Schar Wortverliebter durch die Glut eines literarischen Sommertages. 

Tanja Maljartschuk und Christian Uetz bildeten ein kongeniales Begleitpaar. Die eine mit feinem Witz, grosser Beobachtungsgabe und Empathie – der andere mit grosse Geste, laut und raumgreifend, von der Sprache berauscht. Man geht und hört, man nimmt auf und reflektiert schweigend in sich hinein, gibt sich dem Rhythmus von Sprache und Schritt, spürt den Puls innen und aussen!

© Michael Schwarz

Tanja Maljartschuk, geboren 1983, ist in der Ukraine aufgewachsen, wo sie einige Jahre als Journalistin gearbeitet und schon mehrere Bücher publiziert hat. Sie schreibt regelmässig Kolumnen für die Deutsche Welle (Ukraine) und für Zeit Online. Seit einigen Jahren lebt und arbeitet sie in Wien. 2018 hat sie mit ihrem ersten auf Deutsch geschriebenen Text den Bachmann-Preis gewonnen. In ihrem neusten Roman Blauwal der Erinnerung schreibt sie über den vergessenen ukrainischen Volkshelden Wjatscheslaw Lypynskyj, dessen Leben auf kunstvolle Weise mit dem der Ich-Erzählerin verknüpft wird: Sie sucht in dessen Vergangenheit nach Spuren, um besser mit ihrer eigenen Gegenwart zurechtzukommen. Lypynskyj befasste sich politisch und historisch mit der zwischen Polen und Russland zerrissenen Ukraine und forderte wie besessen ihre staatliche Unabhängigkeit. Ähnlich kränklich wie diese historische Figur und – wie er – auf der Suche nach Zugehörigkeit, folgt die Erzählerin diesem stolzen, kompromisslosen, hypochondrischen Mann, um durch die Erinnerung der sowjetischen Entwurzelung zu trotzen. Ein literarisch beeindruckender Roman, der zeigt, was es heisst, wenn die eigene Identität aus Angst, Gehorsamkeit und Vergessen besteht.
Die Frankfurter Rundschau über den Roman: «Das Tröstliche an diesem Buch ist seine Untröstlichkeit. Der Blauwal schliesst sein Maul und schwimmt weiter.»

© Literaturfestival Leukerbad

Der 1963 in Egnach am Bodensee geborene Christian Uetz ist studierter Philosoph, und er glaubt an keine Wahrheit ausserhalb der Sprache. Ob im Gedicht oder in der Prosa: Sein Tanz an ihren Rändern ist immer auch ein Seiltanz über den Abgründen der Existenz. Und er gilt als Virtuose, wenn es um die Intensität der Sprache geht. Auswendig und in einem rasenden Tempo rezitiert er seine Texte bei Auftritten, dass einem Hören und Verstehen vergeht. Das ist gewollt. Einzig die Wortkraft zählt und die Suggestivkraft der Sätze, kaum deren Inhalt. In seinem Gedichtband Engel der Illusionformuliert Uetz spielerisch und doch souverän Gedichte um gewichtige Themen: um die Präsenz des Anderen im Selbst, um Anwesenheit und Abwesenheit, um Negativität und Transzendenz. Mit seinen bildgewaltigen, selbstverlorenen und dabei tief nachdenklichen Gedichten sucht Christian Uetz in der Sprache nach der verborgenen Präsenz dieser Engel der Illusion, um ihr Scheinen erfahrbar zu machen. Was seine Texte so hervorbringen, sind Ekstasen der Begierde und die Trunkenheit der Vernunft. Es ist der Wahnsinn des Tages. Ihr Fluchtpunkt bleibt dabei stets eine mitreissende Affirmation des Lebens und der Sinnlichkeit, ein Lob der Sprache als derjenigen Kraft, welche die Illusion als Wahrheit, das Jenseits als Teil des Diesseits erkennbar macht.

Christian Uetz ist Gast an den 15. Frauenfelder Lyriktagen vom 13. – 15. September!

Rezension von Tanja Maljartschuks Erzählung «Überflutet» auf literaturblatt.ch

Fotos © Literaturfestival Leukerbad

24. Internationales Literaturfestival Leukerbad, Rückblick 1/3

Eine grosse Qualität der langen Festivaltradition in den Walliser Alpen ist die Vielfalt der Gäste, die nicht nach deren Publizität eingeladen werden, sondern ob sie etwas zu sagen haben, sei es literarisch, gesellschaftlich oder kulturell. So kreisen Gespräche in verschiedenen Formaten weit über Literatur, Kultur hinaus, um existenzielle Fragen, nicht zuletzt darum, ob und wie die Welt zu retten ist.

Immer und immer wieder dreht sich Literatur um Erinnerungen. Literatur ist die Kunst des Erinnerns, sei es im Zusammenhang mit Historie oder um das, was man in sich trägt, eingegraben bis in die Gene. Historisches Erinnern, das sich unweigerlich und gleichermassen mit Deutung und Wertung verbindet, ist wie persönliche, individuelle Erinnerung Motor des Tuns und Denkens. Literatur, selbst wenn sie sich oberflächlich betrachtet mit Gegenwart oder Zukunft beschäftigt, ist immer transformierte Erinnerung. Und wenn sich Aleida und Jan Assmann, gemeinsam Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, in Leukerbad mit ihrem Schreiben vorstellen, dann gleich mehrfach und ineinander verwoben. Über ihre Forschungen zum Thema „Kollektives Gedächtnis“ wird in verschiedenen Gesprächsformationen diskutiert und schnell klar, dass sich Literatur nicht nur mit Erinnerung befasst, sondern mit ihrem Niederschlag ganz deutlich zu „kollektiven Erinnerung“ beiträgt, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Eine kollektive Erinnerung, die in eine ganze Generation wirkt.

Der Umbruch unserer Zeit manifestiert sich nicht nur in der Walliser Vegetation, den Bäumen, die nach einem trockenen Jahrhundertsommer und permanenter Klimaerwärmung von Hitzstress und Trockentod bedroht werden, nicht nur in der Umkehrung einer digitalen Gesellschaft, die nach der Freude über globale Internetvernetzung immer mehr zur Desinformationsgesellschaft wird, sondern in Unwahrheit und Lüge, die das kollektive Bewusstsein bedroht. Man misstraut scheinbaren Wahrheiten mit Recht, stellt kollektive Erinnerung in Frage, die an nationale Interessen gebunden ist.
Der Umbruch zeigt sich auch in der Literatur, der im Hitzestress der Gegenwart ihre Selbstverständlichkeit und Selbstsicherheit genommen ist, nicht zuletzt wegen der schwindenden Zahl von Leserinnen und Lesern, solchen die bereit sind, sich nicht bloss unterhalten zu lassen, sondern sich mit Literatur den Fragen der Zeit zu stellen.

Zoltán Danyi, Foto © Literaturfestival Leukerbad

Für Zoltán Danyi, 1972 als Angehöriger der ungarischen Minderheit in Senta, damals Jugoslawien, geboren, wo er auch heute noch lebt und schreibt, ist das Erinnern an den Zerfall Jugoslawiens ein Trauma, ein kollektives Trauma einer ganzen Generation. Was in seiner Heimat geschah, verstörte ihn, weil er sich permanent mit der Frage konfrontiert sah, für welche Seite er sich in diesem jahrelangen Konflikt zu entscheiden hatte. Als Schriftsteller schaffte er sich die Situation eines Aussenstehenden, der beobachtet und beschreibt, eine Position, die ihm als Mensch ganz offensichtlich nicht wirklich gelingen wollte.
Zoltán Danyi las in Leukerbad aus seinem bei Suhrkamp erschienenen ersten Roman „Der Kadaverräumer“. Der Erzähler wird in der Vojvodina in die serbische Armee eingezogen und Augenzeuge kriegerischer Gräuel, wird nach dem Krieg „Kadaverräumer“, der tote Tiere von den Strassenrändern zu sammeln hat, wird Schmuggler, Flüchtling, unglücklich Liebender, Leidender an seinem Körper. Ein Mann, der nicht verdauen kann. „Der Kadaverräumer“ ist aber nicht einfach nacherzählte Erinnerung, sondern in langen mäandernden Sätzen ein in sieben Klagelieder gefasster Gedankenstrom. Er erschliesst sich mir als Leser nicht so einfach, da die Schichten des Fliessens vielfach sind, starke Bildern und Sätze zeigen, was der Wahnsinn eines Krieges und dessen Folgen in einem Menschen für Katastrophen anrichten können, auch dann, wenn die offensichtliche Aggression längst Erinnerung ist.

Johanna Lier, Foto © Literaturfestival Leukerbad

Dass es aber nicht zwingend die Internationalität sein muss, der grosse Verlag, die Verbindung mit einem Krieg, der sich zu einem kontinentalen Trauma auswächst, beweist die Ostschweizerin Johanna Lier, die ihr künstlerisches Schaffen zuerst als Schauspielerin begann (Bekannt wurde sie in der Rolle der Tochter Belli in Fredi Murers Film Höhenfeuer.) In ihrem beim umtriebigen Kleinverlag „die brotsuppe“ erschienenen Roman „Wie die Milch aus dem Schaf kommt“ macht sich die Erzählerin und Protagonistin Selma auf die Suche nach ihrer Herkunft. Nach dem Tod ihrer Grossmutter findet Selma unerwartet in einer Tupperware-Box Papiere und Hinterlassenschaften, die klar machen, dass nichts so ist, wie es schien. Selma macht sich auf eine lange Reise, sowohl zeitlich wie geographisch, weit zurück ins 19. Jahrhundert, tief hinein in die bäuerliche Welt des thurgauischen Donzhausen, weit weg bis in die Ukraine und nach Israel.
Familiengeschichte ist ein dauerndes Verschwinden in Tabus oder blosses Vergessen. Johanna Lier erzählt von starken Frauen, von Geschichten und Geschichte, davon, was mit Lücken in der Erinnerung geschieht, wie Abgründe in der Vergangenheit, ob ausgesprochen oder nicht, bis in die Gegenwart wirken. „Wie die Milch aus dem Schaf kommt“ ist ein schwergewichtiges Stück Literatur in starken Sätzen, raumfüllend und mit grossem Gestus erzählt.

Webseite von Johanna Lier

Beitragsbild Aleš Šteger und Akkordeonist Jure Tori © Literaturfestival Leukerbad

Bachmann-Wettlesen in Klagenfurt: «Das kann ich» von Andrea Gerster CH/TG

Die Ostschweiz bleibt am diesjährigen Bachmann-Wettbewerb vermutlich ohne Preis: Der Text der Thurgauer Autorin Andrea Gerster war einer Mehrzahl der Jurymitglieder zu «bieder» – andere lobten das Thema.

Kein anderes Wettlesen im deutschsprachigen Raum geniesst derart viel Aufmerksamkeit wie der Bachmannpreis, der seit 1977 in Klagenfurt der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann zu Ehren verliehen wird. Andrea Gerster, arrivierte Schriftstellerin aus dem Kanton Thurgau, war eine der AutorInnen, die eingeladen wurden.

Wer die Liste der Preisträgerinnen und Preisträger des Bachmannpreises liest, erkennt die Bedeutung dieses Preises. Die meisten sind Eckpfeiler der Gegenwartsliteratur, Namen, die sich tief ins Bewusstsein aller Lesenden eingegraben haben. Namen, die in der Folge auch andere, noch viel bedeutendere Preise gewinnen konnten, medial weniger ausgeschlachtet, dafür nicht weniger ehrenvoll. So eine ganze Reihe Namen, die auch auf der Liste des Georg-Büchner-Preises auftauchen, dem renommiertesten Literaturpreis des deutschen Sprachraums.

Wo die Literatur Skandale auslöst

Aber ebenso schillernd sind die Namen der Jurymitglieder, die seit 1977 amten, allen voran der 2013 verstorbene Marcel Reich-Ranicki oder die «Literaturaktivistin» Nora Gomringer, mit der ich kurz vor den Bachmanntagen 2018 im Zug weg vom Literaturfestival Leukerbad mitkriegte, was Tage später auf ihrem T-Shirt während den TV-Übertragungen sichtbar wurde: Literaturkritik sei «der schlechteste Ausgangspunkt für die Unterhaltung mit einem Autor» – ein Bachmann-Zitat.

Und all die kleinen und grossen Skandale, die mit Getöse in die Geschichte des Preises eingingen. Sei es Reinald Goetz, der sich 1983 während der Lesung die Stirne mit einer Rasierklinge ritzte und seine Lesung blutend fortsetzte, der Schweizer Urs Allemann, der 1991 mit seinem Text Babyficker selbst das österreichische Parlament zum Diskutieren brachte, oder der Österreicher Philipp Weiss, der 2009 während seiner Performance vorgab, sein Manuskript zu verspeisen. Gewonnen haben sie nicht, aber da waren sie.

Zudem ist es der Preis selbst, 1977 gestiftet mit einer Preissumme, die den einen unverschämt, den andern umso bedeutsamer erschien. Heute sind es 25’000 Euro, eine Summe, die eine Schriftstellerin oder einen Schriftsteller nicht nur auf ein Podest hebt, sondern für eine Weile unabhängig macht. Und all jene, die nie einen Preis gewannen, von Juroren zerzaust und von den Medien geschimpft wurden, können in ihrer Biografie oder auf den Klappentexten ihrer Bücher trotzdem das Gütesiegel einer Teilnahme vermerken.

Im Vorjahr war die Rorschacherin Anna Stern zu Gast und gewann nach kontroversen Diskussionen einen der Nebenpreise, den 3sat-Preis.

Diesmal las Andrea Gerster, eingeladen von der Literaturkritikerin Hildegard Elisabeth Keller, die schon das zehnte Jahr zur Jury des Bachmannpreises gehört, Das kann ich (der Text zum Nachlesen hier). Es ist die Geschichte einer zerbrechenden Ehe, einer Familie in der Krise, ein Text über Sorgerecht und dessen Verweigerung und Grosseltern von Kindern, die nichts retten können, über klaffende Wunden in einer Familie, die sich mit Geheimnissen, die im Streit offenbar werden, nur noch katastrophaler ins Unvermeidliche hineinmanövriert.

Erzählt ist der Text aus der Sicht von Carla, Grossmutter von Tilli und Mutter von dessen Vater Mathi, dem ehemaligen Burgtheater-Schauspieler. Mathi weint am Telefon, etwas, was er sonst nie tut, und Carla verletzt sich im Streit mit ihrer Schwiegertochter Julia mit einem Messer, etwas, was sie sonst auch nie tun würde. Katastrophen.

«Passiv-aggressiv» oder «bieder»?

Andrea Gerster las wie alle Kandidaten unter dem Porträt Ingeborg Bachmanns. Ihr Text spiegelt viel von dem, was sich in Familien abspielt, ist aber doch ganz traditionell, weit weg von den Skandaltexten der Vergangenheit – und doch viel zu nah an der Normalität. Nicht bloss an der Normalität des Geschehens, sondern auch an der des Erzählers.

Andrea Gerster gibt wieder, was passiert, bleibt aber eigenartig distanziert. Das mag an den vielen Wiederholungen liegen, aber auch daran, dass der Text nur wenige Dimensionen besitzt. Familientragödien genügen an sich. Aber die Katastrophen, die sie irreparabel anrichten, sind jene in der Tiefe der Seele. Da reichen auch Tränen und eine klaffende Wunde in der Hand nicht aus, um in diese Tiefe vorzudringen.

Jurorin Insa Wilke, Literaturkritikerin der Süddeutschen Zeitung, lobte die Biederkeit der Art des Erzählens, die kongruent zur Person der Grossmutter und ihrer Weltsicht sei, die «passiv-aggressive» Verzweiflung einer Mutter und Grossmutter, die aus meiner Sicht aber nicht an der Oberfläche bleiben dürfte. Was nur in Ansätzen zum Ausbruch kommt, was zaghaft und vielleicht typisch schweizerisch bleibt, ist die Bravheit des Textes, in dem kein Funke Risiko liegt – ohne dass dafür reales Blut fliessen oder mit Kraftausdrücken hantiert werden müsste.

Die Kritik blieb denn auch nicht aus. Juror Stefan Gmünder bemängelte die Ironielosigkeit und fand sie typisch schweizerisch, Klaus Kastberger vermisste Brüche und Kippmomente. Mehrmals hiess es: Der Text sei das Opfer seiner eigenen Mittel. Jurorin Hildegard Elisabeth Keller verteidigte die Langsamkeit des Erzählens mit den langsamen inneren Prozessen, die er abbilde, Michael Wiederstein schätzte die «guten und feinen» Beobachtungen im Unterschied zu den «Holzhammermethoden» der vorher gehörten Texte.

Wenn der preisgekrönte Schriftsteller Clemens J. Setz den Literaturbetrieb und die Klagenfurter Lesearena in seiner Eröffnungsrede mit der eines Wrestlingkampfs verglich, so war Andrea Gersters Text wohl doch einfach zu schmalbrüstig, zu wenig schwergewichtig.

Andrea Gerster, geb. 1959, hat fünf Romane, drei Erzählbände sowie zahlreiche Erzählungen in Literaturzeitschriften und Anthologien veröffentlicht. Ausserdem schrieb sie Theaterstücke und Textinstallationen für Kunstausstellungen. Für ihr literarisches Schaffen wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Andrea Gerster lebt in der Ostschweiz. Neuster Roman bei Lenos ist «Alex und Nelli».

Webseite Bachmannpreis

Webseite Andrea Gerster

Sun Wei, Gast im Bodman Haus in Gottlieben TG

Sun Wei, eine der originellsten und führenden Stimmen Chinas, ist für zwei Sommermonate Gast und Stipendiatin der Kulturstiftung Thurgau und der Bodman Stiftung im Bodman-Haus in Gottlieben am Bodensee. Zusammen mit der seit zwei Jahrzehnten in der Schweiz lebenden chinesischen Schriftstellerin Wei Zhang, stellte Sun Wei sich ein erstes Mal dem Publikum und gab Kostproben ihres vielfältigen Schaffens.

Sun Wei, 1973 während den Zeiten der Kulturrevolution in China geboren, war vor ihrer Profession als Schriftstellerin Journalistin, Dokumentarfilmerin und Geschäftsführerin eines Betriebs. In «the confession of a baer» erzählt Sun Wei Geschichten über das zeitgenössische Shanghai, gibt Einblicke in die moderne chinesische Gesellschaft. Das geschäftige Treiben im Shanghai des 21. Jahrhunderts dient als Hintergrund für eine Geschichte voller Intrigen.

Ein tief verunsicherter Mann hat die Aufgabe, eine gespendete Satellitentelefonausrüstung in ein abgelegenes Dorf zu liefern, in dem die Menschen ihren Traditionen folgen und ein Leben führen, das dem Gegenteil in der Stadt entspricht. In diesem abgelegenen Dorf lernt der Mann die wilden Bären kennen, Symbol für längst verlorene Tugenden. Seine Anwesenheit verändert das Dorf, während ihn seine Abwesenheit von der Arbeit zu einem unwissenden Spieler in einem Spiel macht, das sein Leben zwischen Guten und Schlechten pendeln lässt.

Sun Wei veröffentlichte bereits 23 Bücher, die mit vielen Preisen ausgezeichnet wurden. Ihr Roman «The Map of Time» wurde 2017 in China ein Verkaufsschlager. Ihre Novellen «Farewell», «Ignition» und «Second Son» wurden ins Englische, Französische, Spanische, Bulgarische übersetzt. Sun Wei sticht in die vielen psychologischen und sozialen Probleme der chinesischen Stadtbewohner. Ihre Arbeiten spiegeln Einsamkeit, Stolz und das Gefühl der Entfremdung wider.

Sun Wei bedankte sich nach Lesung und Gespräch innig bei all jenen, die ihr diesen Aufenthalt an diesem magischen Ort ermöglichen. Allen voran bei den beiden Stiftungen und beim Schriftsteller und Stiftungsratsmitglied der Kulturstiftung Thurgau Peter Höner, der Schriftstellerinnen und Publikum im Bodman-Haus begrüsste.
Sun Wei meinte, sie werde sich bemühen, die deutsche Sprache zu erlernen, von der sie schon jetzt die Melodie liebe, um endlich all jene grossen Autorinnen und Autoren zu lesen, die ihr sonst verschlossen blieben.

Sun Wei, Stipendiatin und Wei Zhang            ©Martin Geier

 

If I Were a Girl in Fairytales

By Sun Wei

If I were Sleeping Beauty,
An alarm clock could have worked
Much better than a kiss from an unpunctual princess.

If I were Snow White,
I would have never married a man who
Merely fell in love with my body in coffin.

If I were Cinderella,
No fairy godmother could have convinced me to
Dress up for a dance,
Smile sweetly for attention,
Display in the corner as a candidate,
Disguise as someone else.
Why should I be running like hell at every midnight,
Only for running away from
Who I really am?

If I were Little Mermaid,
Why should I give up my voice to trade for
Whatever between human legs,
Whatever makes me the same as others,
Whatever is said to be the
Most necessary to please a king-to-be in order to
Get a marriage,
Certificated by human world,
Go through all these humiliations,
Give up my own soul,
In order to
Achieve a so-called human soul,
A soul belonging to a mass,
A common sense leading to the immortality of the soul,
A reward for ignorance,
A prison for eternity.
I don’t want a soul like this,
I’d rather become bubbles on the sea to
Smell the free life,
Swim with whales,
Slide into my own dreams,
Disappear with pride.

10,7,2019, Bodmanhaus, Gottlieben

 

The Dusk

By Sun Wei

Hallo Dusk,
I’ve come to visit you again
For our private date.
No third can share the secret land of us,
No sage can provide maneuver,
No spectator can define us.

People always said,
Let’s go to see sunset together.
They never mean it.
You never show up.

You never show up if I am not alone,
You prefer a quiet observer,
A patient admirer,
A non-instrumental soul,
One of your kind.
Wind down over a drink after a long day,
You look tipsy and rosy,
You can’t hide yourself
Before my gaze,
You are luminescent when I stare
Into your eyes,
You are waiting patiently for me
To approach and have a word with you.
But I’d rather stay silent with you,
For the last hours we have,
Staying away from the human world,
Staying away from our terrene lives,
Staying away from aging and death,
Staying away from past and future,
Staying together for now,
For the last and the first glance.

Look into my eyes,
I am reading you at the moment,
I am listening to you at the moment.

22,6,2019, Bodmanhaus, Gottlieben

Webseite des Bodman Literaturhauses in Gottlieben

Webseite der Autorin