«Als passionierte Bücherfrau und langjährige SRF-Literaturredaktorin weiss ich aus eigener Erfahrung, wie stark das Bedürfnis beim leseaffinen Publikum ist, Zugang zu haben zu professioneller, unabhängiger Berichterstattung über Literatur. Leider steht den Feuilletons in den herkömmlichen Medien dafür immer weniger Platz zur Verfügung. Umso schöner, dass es Webseiten gibt wie literaturblatt.ch und das Literaturblatt von Gallus Frei, die diese Lücke mit Knowhow und Herzblut füllen: Sie fördern die Motivation zu lesen und geben Orientierung in einem schier unüberschaubaren Markt.» Luzia Stettler,
Ein Kunstraub oder gar ein Mord im Museum? Markus Bundis Roman «Wilde Tiere» ist kein Krimi – und schon gar keine Strandlektüre. «Wilde Tiere» ist ein literarisches Abenteuer, geschrieben von einem Schriftsteller, der sich nicht gerne eingrenzen und schubladisieren lässt.
Museen sind Unorte, weder Biotop, noch Lebensraum. Man besucht sie, zuweilen gar nachts. Aber es sind Orte des Schauens. Orte, an denen die Uhr anders oder gar nicht tickt. Orte, an denen die Zeit konserviert wurde, ob Kunstmuseum, Historisches Museum oder dergleichen. Auch wenn Schulklassen manchmal etwas Leben in solche Tempel bringen, bleibt leblos, was da drin von der besten Seite gezeigt wird. Museen sind Orte des Erinnerns, eingelagertes Bewusstsein, nur durch BesucherInnen mit dem Leben, der Gegenwart verbunden.
Dass Markus Bundi in seinem neuesten literarischen Streich einen solchen Unort gewählt hat, ist für einen Philosophen wie ihn doch eigentlich nicht verwunderlich. Sind Museen doch Spiegel der jeweiligen Zeit, passen sich ihrer jeweiligen Zeit wie ein Chamäleon an, wenn auch nicht aus eigenem Antrieb. Museen wollen Antworten geben. Museen wollen zeigen, verblüffen, manchmal bluffen, festhalten, das wie alles andere der Vergänglichkeit unterworfen ist. In seinem Roman „Wilde Tiere“ leuchtet der Schriftsteller in ein ganz besonderes Terrarium.
In diesem Haus kreuzen sich die Wege vieler, von Besucherinnen und solchen, die dort arbeiten. Bis eines Morgens die Polizei auftaucht und man im Haus ein Kapitalverbrechen vermutet. Julius Assinger, Stammgast mit Dauerkarte im Museum, wittert den grossen Kunstraub, bis durchsickert, dass in der Herrentoilette des Hauses eine Tote gefunden wurde. Kaum bekannt, überstürzen sich die Mutmassungen. Ist die Direktorin, die erst seit kurzem das Haus führt, Opfer eines Verbrechens geworden? Sie, die alles umkrempelt, dem Museum eine neue Richtung geben will, Einsparungen für notwendig erachtet und lieber Geld ausgibt für elektronische Überwachung statt für Personal? Odradek, der Museumswärter (In Franz Kafkas „Ein Landarzt“ ist Odradek eine nach Sinn und Unsinn fragende Gestalt oder ein Ding, wie eine seitlich gekippte Spule, von der nicht gesagt werden kann, wozu sie nütze wäre.), der in seiner Abstellkammer mehr Zeit mit Sinnieren verbringt, als mit tätiger Arbeit, glaubt an grosse Zusammenhänge und dass das erst der Anfang sein kann. Oder Hammi, die „Putze“, übrig geblieben von einer ganzen Putzkolonne. Oder Greta, die den Museumsshop führt und an der im wahrsten Sinne des Wortes keine und keiner vorbeikommt. Bis mit einem Mal klar wird, dass doch alles ganz anders ist, als angenommen. Kein Wunder in einem Haus, in dem die Scheinwelt eingerahmt an den Wänden hängt.
Markus Bundis Roman ist sonderbar. So museal die Szenerie, so museal die Sprache. Leicht gestelzt, als hätte der Autor beim Schreiben stets den kleinen Finger der Schreibhand nach oben gereckt. Wer ist heute noch ‹frappiert›? ‹Ehedem› und ‹einerlei› – Wörter wie aus dem Setzkasten der Vergangenheit. Markus Bundis „Wilde Tiere“ sind die Figuren im Museum, die durch das Auftauchen der Polizei in Aufruhr gesetzt werden. Hier die stoische Ruhe der Kunst, dort das hektische Treiben der Menschen im Haus. Einem Haus mit offener und versteckter Bühne, mit Räumen und Sälen für das Publikum und solchen, die auf keinem Übersichtsplan vermerkt sind. „Wilde Tiere“ hat kafkaeske Züge und liest sich dann mit Vergnügen, wenn die Lust am Geheimnis grösser ist, als deren Klärung. Was auf den ersten Seiten wie ein Krimi daherkommt und nach Verbrechern und Motiven sucht, ist ein Tiefgang in die Vieldeutigkeit. So wie es die akstrakte Kunst schon lange tut. Ein grotesk-skurriles Kammerstück voller Poesie und Witz für FeinschmeckerInnen!
Markus Bundi, 1969 geboren, lebt heute in der Nähe von Zürich. Er studierte Philosophie und Germanistik, arbeitete als Sport- wie auch als Kulturredakteur und unterrichtet seit vielen Jahren an der Alten Kantonsschule Aarau. Seit Beginn des Jahrhunderts publiziert er literarische und essayistische Texte, zuletzt «Vom Verschwinden des Erzählers. Ein Essay zum Werk von Alois Hotschnig» und «Des Möglichen gewärtig. Ein Essay zum Werk von Klaus Merz». 2018 veröffemtlichte er sein Essay zur Ästhetik in Franz Tumlers Spätwerk «Wirklichkeit im Nachsitzen» und seit 2011 erscheint unter Bundis Herausgeberschaft die Klaus-Merz-Werkausgabe im Haymon Verlag. Bei Septime erschienen bisher der Kriminalroman «Alte Bande, Der Junge, der den Hauptbahnhof Zürich in die Luft sprengte» und «Die letzte Kolonie».
Veranstaltungen: So, 10. März 2024, 11 Uhr, Wettingen, Gluri Suter Huus, Buchvernissage
Moderation: Klaus Merz
Mi, 17. April 2024, 19.45 Uhr, Lenzburg, Literaturhaus, Lesung mit Gespräch
Moderation: Luzia Stettler
Sa, 4. Mai 2024, 18 Uhr, Amriswil, Maihaldenstrasse 11, Hauslesung bei Irmgard
und Gallus Frei-Tomic, Anmeldung unbedingt an info[at]literaturblatt.ch
Catalin Dorian Florescu, Schweizer Buchpreisträger 2011, besuchte im September Amriswil, erzählte und las aus seinen Büchern, verzauberte ein Wohnzimmer mit seinen Geschichten genauso wie mit seiner flammenden Leidenschaft. Geschichten spielen nicht in Büchern. Catalin Dorian Florescu findet sie in Begegnungen, in seinem Herkunftsland Rumänien, trägt sie mir sich, seine sechs Roman wie ein nie versiegender Kosmos, der seine Strahlung nie kleiner werden lässt.
Am Morgen danach sassen meine Frau und ich in der Stube mit Blick auf den Stuhl, der immer noch vor dem Fenster stand. „Catalin ist immer noch da“, sagte meine Frau. Und das stimmte. Die Luftströme im Raum wirbeln noch immer von seinen Gesten, die Erzählungen hängen im Raum vor dem Bücherregal. Es waren drei wunderbare, intensive, unvergessliche Stunden. Jenen, die da waren, brannte Catalin Dorian Florescu tief in ihre Seele.
«Liebe Irmgard, lieber Gallus, In all den Jahren, seitdem ich schreibe und veröffentliche, sind mir immer wieder Menschen begegnet, die mich daran erinnerten, worum es beim Lesen geht: Um die Bereitschaft, sich von einem Text mit dem ganzen Wesen ergreifen zu lassen. Ihr seid zwei davon, und ich danke euch – auch bestimmt im Namen vieler anderer Autoren – dass euch beim Lesen Begeisterung, Herz, Leidenschaft leiten. Der Vormittag bei euch, umgeben von all den Büchern, mit den netten Zuhörern und den tollen Leckereien war ein Aufsteller!! Lieben Dank, Catalin Florescu»
Die Zeichnung ist gemacht. Die vier Schriftstellerinnen und Schriftsteller und ihre herausragenden Bücher ausgewählt.
Ein Interview mit mir selbst:
Seit ein paar Jahren gibt es diese Literaturblätter. Was bewegt dich dazu, mit so viel Aufwand ein Blatt für das gute Buch zu gestalten? Am Anfang war immer wieder die Frage nach einem guten Buch, einem Lesetipp, Lesefutter für Ferien. Zudem gab es einen Kurs, bei dem ich am Schluss schriftlich Empfehlungen abgab, auch damals schon vier Bücher. Aber man nahm meine Empfehlungen bloss zur Kenntnis, selbst die Tatsache, dass ich die Rezensionen nicht bloss aus dem Netz kopierte. Altpapier. Dann zeichnte und schrieb ich mein erstes Literaturblatt und die Reaktionen waren umwerfend.
Wie gestaltest du diese Blätter? Sind sie verkleinert? Die Blätter sind im Format A4 und Originalgrösse. Ich zeichne und schreibe immer mit schwarzem Kugelschreiber, kann mir Fehler und Korrekturen nur ganz begrenzt leisten. Es kam auch schon vor, dass ich ziemlich weit gereifte Blätter noch einmal beginnen musste. Ich zeichne und schreibe gerne. Und ich bin ein haptischer Mensch. So wie elektronische Bücher für mein Genussverständnis undenkbar sind, bleibt ein Schriftstück und eine Zeichnung das ganz Spezielle.
Wie lange arbeitest du an einem solchen Blatt? Immerhin sind es mittlerweile 42 an der Zahl. Die Arbeit beginnt mit der Auswahl der vier Bücher, den Rezensionen. Auf meinen Blog schaffen es Bücher, die mir in irgendeiner Weise gefallen, die ich nicht einfach weglege. Bücher auf meine Literaturblätter schaffen es nur, wenn sie mir ganz besonders ans Herz wachsen, wenn ich glaube, dass sie beinahe jede und jeder gelesen haben muss. Dann brutzelt in meinem Kopf, was und wie ich gestalte, welche Zeichnung aufs neue Literaturblatt gesetzt werden soll. Dann die Suche nach dem Sujet – und dann in meiner Bibliothek am Schreibtisch das konzentrierte Arbeiten mit dem Kugelschreiber. Fertig ist die Arbeit noch lange nicht. Aber es vergehen viele glückliche, intensive Stunden, manchmal über Wochen.
Warum Kugelschreiber? Warum muss die Schrift so klein sein. Unbedingt lesefreundlich erscheint mir ein solches Blatt nicht. Es gab einen schweizer Schriftsteller, Redaktor und Zeichner, der fast alle seine Skizzen und Zeichnungen mit Kugelschreiber fertigte. Vor Jahrzehnten entdeckte ich ihn für mich, begann ihn zu lieben und zu verehren. Arnold Kübler war auch jahrelang Redaktor der Kulturzeitschrift DU, die einst eine ganz andere Bedeutung hatte, als sie es heute neben all den digitalen Medien hat. Arnold Kübler machte Reisen, besuchte Ausstellungen. Er fotografierte kaum, zeichnete stets. Zeichnen als eine Art des Schauens. Und die Schrift ist meine Schrift. Zugegeben ein bisschen angelehnt an die Mikrogramme von Robert Walser. So wie Arnold Kübler war und ist Robert Walser einer der Grossen in meiner Bibliothek, auch im unendlich grossen Regal in meinem Herzen.
42 Literaturblätter. Wie lange soll die Reihe werden? Was bewegt dich jedes Mal, mit einem neuen Blatt zu beginnen? Alle, die einmal mit einer Reihe begonnen haben, wissen, wie schwierig es ist aufzuhören. Das wissen SammlerInnen aller Couleur. Die Literaturblätter sind zu einem „Konzeptkunstwerk“ geworden. Sie haben längst eine Eigendynamik bekommen, sind zu etwas geworden, was es sonst kaum mehr gibt. Allein die Tatsache, dass ich sie alle per Post mit ein paar persönlichen Worten auf der Rückseite verschicke, gibt den Blättern den Wert eines Briefes. Und wer bekommt heute noch einen Brief? Ich bekomme Fotos von Menschen, die die Literaturblätter in ihrer Wohnung aufhängen, sogar eingerahmt. Vielleicht sind sie etwas von einer Welt, die unterzugehen droht. Alles bunt, digital, perfekt, billig, schnell… vielleicht ein notwendiger Kontrapunkt zu meinen Rezensionen im Netz. Die analogen Literaturblätter und die digitale Form unter literaturblatt.ch erreichen ganz verschiedene Lesegruppen, geben meiner Arbeit etwas Spezielles.
Und zu meiner Freude hängen sie nun an Wänden, Türrahmen, werden aufbewahrt und gehortet.
Meine grosse Freude aber sind die vielen Reaktionen auf die Literaturblätter. Seien es nun Leserinnen und Leser oder Autorinnen und Autoren; Lesende, die sich bekräftigt fühlen oder einfach nur Freude am Literaturblatt haben – und Schreibende, die sich erkannt und verstanden fühlen!
Sind Sie interessiert?
Sie können die Literaturblätter abonnieren:
Gallus Frei-Tomic
LITERATURPORT Amriswil
St. Gallerstrasse 21
8580 Amriswil
«Lieber Gallus, seit einiger Zeit erhalte ich von dir das persönlich geschriebene Literaturblatt und habe es bis vor ganz kurzem nicht so richtig geschätzt, was ab sofort anders geworden ist. Deshalb: vielen Dank und Bewunderung für deinen Einsatz für unsere Literatur.»
«Ihre Literaturblätter sind sehr beeindruckend! Ich habe sie auf Ihrer Webseite gesehen; schon in diesem kleinen Format entfalten sie eine eigene Wirkung.» Melinda Nadj Abonji
«Danke Ihnen auch herzlich für das Literaturblatt, das angekommen ist. Ich finde das wirklich sehr schön mit den handschriftlichen Kritiken, und es zeigt Ihre Hingabe und Wertschätzung für die Literatur. Vielen Dank und bis bald. Herzliche Grüße, Carmen Stephan»
«Lieber Herr Frei, ich habe ihr wunderbares, einzigartiges Literaturblatt erst vor Kurzem entdeckt und bin begeistert von ihrer Leidenschaft und Kreativität für die Literatur. Ich liebe es zu lesen und bin immer wieder dankbar für Buchbesprechungen, die mir die Entscheidungen in der Buchhandlung erleichtern. Arja Lobsiger»
«Lieber Herr Frei-Tomic, vielen Dank für das Literaturblatt aus Papier! Ist es alles mit Handschrift? Sehr schön und elegant. Viele Grüsse aus Lausanne, Marie-Jeanne Urech»
Die Reihe der Hauslesungen wird fortgesetzt. Mitte August liest Catalin Dorian Florescu aus seinem bei C. H. Beck erschienen Erzählband „Der Nabel der Welt“ und seinem Essayband „Die Freiheit ist möglich“ aus dem Residenz Verlag. Die Veranstaltung beginnt wie immer mit einem Apéro um 11 Uhr. Auf die Lesung folgt ein Gespräch mit dem Autor und im Anschluss, wieder bei einem Glas Wein, ist Platz für ganz persönliche Gespräche. Ein Büchertisch steht zur Verfügung!
Genauere Informationen folgen. Eine Anmeldug ist wegen beschränkter Platzzahl unbedingt erforderlich! info@literaturblatt.
Catalin Dorian Florescu, geboren 1967 in Timişoara in Rumänien, lebt als freier Schriftsteller in Zürich. Er veröffentlichte die Romane «Wunderzeit» (2001), «Der kurze Weg nach Hause» (2002) und «Der blinde Masseur» (2006). Er erhielt zahlreiche Stipendien und Preise – u. a. den Anna Seghers-Preis und 2011 den Schweizer Buchpreis. Im Jahr 2012 wurde er mit dem Josef von Eichendorff-Literaturpreis für sein Gesamtwerk geehrt.
Am Montag, 15. Januar 2018, liest und diskutiert Jens Steiner. Alle Interessierten sind zu dieser ganz «privaten» Runde eingeladen. Um 19 Uhr zu Wein, Brot und Käse am grossen Esstisch an der St. Gallerstrasse 21 in Amriswil TG! Einzige Voraussetzung für eine Teilnahme: Sie sollten das Buch gelesen haben! Melden Sie sich an und seien Sie dabei. 30 CHF inkl. Konsumation. info@literaturblatt.ch.
Unregelmässig findet an unserem grossen Esstisch «Literatur am Tisch» statt: Eine Autorin oder ein Autor wird zusammen mit seinem neusten Buch zu Tisch geladen, ebenfalls maximal 10 Gäste, die das Buch gelesen haben. Man trinkt ein Glas Wein (oder mehr), geniesst Häppchen aller Art und unterhält sich, setzt sich angeregt und manchmal auch kritisch mit dem Buch, dem Schreiben, dem Lesen und der Literatur auseinander. Kosten für Teilnehmende inkl. Nachtessen und Getränke mind. 30 Fr., Beginn 19 Uhr
«Literatur am Tisch» soll Leserinnen, Leser und Autorinnen und Autoren an einen Tisch bringen, die Möglichkeit bieten, sich in ein echtes Gespräch, einen für beide Seiten zum Gewinn werdenden Austausch einzulassen. Traditionelle Lesungen oder Gespräche lassen Lesende auf Distanz, bieten kaum die Gelegenheit, eigene Lesarten, Gedanken miteinzubringen.»
«Lesungen auf einer Bühne sind das eine. Im intimen Rahmen von Gallus› und Irmgards Literatur-am-Tisch-Abenden ist man der mitdiskutierenden Leserschaft ungleich ausgelieferter, da Künstlergarderobe als Rückzugsmöglichkeit, erhöhte Bühne als distanzschaffendes Element und blendende Scheinwerfer fehlen, welche die Fragestellenden anonymisieren. Im besten Fall – und so einer lag bei meinem Besuch vor – erlaubt so eine Konstellation ein vertieftes Eintauchen, eine angeregte, kritische Diskussion, bei der man als Autor gezwungen wird, sich wieder einmal ganz grundsätzliche Fragen zum eigenen Werk zu stellen. Besonders ergötzlich gestaltet sich so eine Auseinandersetzung bei gutem Essen und feinem Wein am Tisch der Gastgeber in Amriswil.» Frédéric Zwicker
«So eine Literatur am Tisch sollte es überall geben. Meiner Meinung nach schreiben viele Autor/innen genau für sie: Menschen, die sich vertieft und intensiv, mit viel Liebe und Neugier, mit Literatur auseinandersetzen. Der Runde am 17. August war die bei vielen vorhandene jahrelange Erfahrung mit Diskussionen und Reflexion über Texte anzumerken. Mit Sorgfalt bitten die Gastgeber Gallus und Irmgard zu Tisch, und schon ganz bald ist man mitten in publizistischen und literarischen Fragen: Wer bestimmt das Cover eines Buches? Warum trägt es genau den Titel? Wie viel hatte die Autorin dazu zu sagen? Wie ist die Idee zum Text entstanden, wie erlebte ich die Schreibarbeit an einem Thema, das einem wohl nicht anders als unter die Haut gehen muss. Warum diese Erzählperspektive? Und wie spiegeln sich die Leser/innen im Text, den sie lesen? Diese und viele andere Fragen haben wir diskutiert. Dabei war es für mich immer wieder auch spannend, einfach zuzuhören, zu erfahren, wie unterschiedliche Menschen einen Text lesen und darauf reagieren. Ich bin reich beschenkt nach Hause gefahren. Danke!» Bettina Spoerri
Vier spezielle Bücher von vier beeindruckenden Autorinnen und Autoren. Drei junge Schriftstellerinnen; eine aufstrebende Österreicherin, eine schon sehr erfolgreiche Norwegerin von den Lovoten und eine Schweizerin, die in einem Kleinverlag ein erstaunliches Debüt in die Buchhandlungen schickt. Und ein Arzt und Dichter aus Bern, der im vergangenen September seinen 70. Geburtstag feiern konnte.
Bei der Auswahl der vier Namen und vier Bücher, die jeweils auf ein Literaturblatt kommen, lasse ich mich ganz von der Intuition leiten. Es sind Bücher, die bleiben. Die nicht einfach entschwinden, wenn ich sie ins Regal schiebe. Im Gegenteil; solche, denen ich gerne einen ganz besonderen Platz geben will – auf dem neuen Literaturblatt.
Heute Bücher schreiben, über Jahre recherchieren, an der Geschichte bleiben, mit sich und dem Text ringen, den Bettel nicht hinschmeissen, nicht wissen, was aus den Papierbündeln einmal werden wird, ob sich je jemand dafür interessieren werde und schlussendlich kaum etwas damit verdienen, ausser ganz wenigen.
Heute Bücher verlegen, Bücher auf den Markt, bringen, an Texte so sehr glauben, dass man sich in ein finanzielles Abenteuer stürzt, sich mit Leib und Seele dem Büchermachen verschreiben, wohl wissend, dass man damit mit Sicherheit nie einen Mercedes finanzieren kann, dem Wort, dem Satz, dem Gedicht, dem Text, der Geschichte, dem Theater ein Bühne geben.
Heute Bücher verkaufen, einen Buchladen führen, den Mut haben, Amazon zu trotzen, dem grossen Moloch, der alles zu schlucken droht, nicht nur die kleinen, unabhängigen Buchhandlungen, sondern auch die Freiheit und Würde jener, die bei Onlineriesen arbeiten müssen.
Heute an die Leserin und den Leser glauben, dass es sie gibt, noch immer gibt, dass sie nicht aussterben, jene, die zur Unterhaltung lesen, aber auch jene, die von Literatur erschüttert und gerüttelt werden wollen, jene, die sich begeistern lassen möchten, die ein Buch auch mit dem Wissen kaufen, dass dahinter eine Dichterin, ein Dichter steht, ein Verlag, niemand, der sich bereichern will, aber viele, die uns bereichern wollen. Jene, die kaufen – Bücher – gebundene Bücher!
Zwischen Weihnachten und Neujahr wird das 39. Literaturblatt per Post, mit Briefmarke und Couvert verschickt. Wer es auch zugeschickt bekommen möchte, melde sich unter:
info@literaturblatt.ch
oder
Gallus Frei-Tomic
Literaturport Amriswil
St. Gallerstrasse 21
CH 8580 Amriswil
„Lesen geht durch den Magen – gestern Abend zum Beispiel auf Einladung von literaturblatt.ch. Die unvergessliche Candle-light-Dinner-Lesung im Bistro Cartonage in Amriswil. Die kulinarischen Höhenflüge wie Brennnesselchips, Hagebuttencrème, Senfkraut auf Randenrisotto, Kräuterschnaps zum Abrunden. Das aufmerksame Publikum, die überraschenden Gespräche, die tolle Moderation. Und der satte Vollmond hinter Regenwolken. Schön war’s!“ Marianne Künzle
Zora del Buono beehrte Amriswil, las an der St. Gallerstrasse aus ihrem neusten Roman «Hinter Büschen, an eine Hauswand gelehnt» und ihrem Baumgigantenbuch «Das Leben der Mächtigen» vor. Eine Matinee vor ausgesuchtem Publikum, an einem wunderschönen Sonntag. Genuss pur!
«Einen besseren Start in den Frühling könnte man sich gar nicht wünschen: Eine bezaubernde Fahrt durch den Thurgau, eine handschriftlich verzierte Mauer, ein Haus, dekoriert wie eine Wundertüte, gefüllt mit netten Leuten, die zu aufmerksamen Zuhörern werden. Dazu noch Traubensaft, Wein und Käse. Und als Krönung jede Menge gute Gespräche. Das war ein wirklich schöner Anlass. Vielen Dank.» Zora del Buono
«Manchmal, je nach Tagesverfassung, befällt einen die Schüchternheit, in sehr kleinem Rahmen unter Menschen die man nicht kennt. Nicht bei Irmgard und Gallus, wo Gespräche entstehen, Begegnungen – einfach so!» Marianne Künzle