Judith Keller «Wilde Manöver» – Weinfelder Buchpreis 2023

Aus eigener Intiative vergeben die 7. Weinfelder Buchtag jedes Jahr einen Buchpreis. Sowohl Buchtage wie Buchpreis wurden von Katharina Alder, Inhaberin der Buchhandlung Klappentext in Weinfelden, initiiert. Hier die Laudatio von Katharina Alder:

Judith Keller ist an den Weinfelder Buchtagen keine Unbekannte. Bereits 2021 wurde sie für den ersten Weinfelder Buchpreis nominiert, damals mit ihrem zweiten Roman «Oder?», der beim Gesunden Menschenversand erschienen ist. Soeben ist ihr neuer Roman «Wilde Manöver» bei Luchterhand erschienen und knüpft stilistisch an ihren Vorgänger und auch an das von Stadt und Kanton Zürich ausgezeichnete Debüt «Die Fragwürdigen» an.

Judith Keller «Wilde Manöver», Luchterhand, 2023, 288 Seiten, CHF ca. 34.90, ISBN 978-3-630-87743-3

Judith Keller besticht in ihren fiebertraumartigen Romanen durch ihren schrägen Humor, ihre Lust am Fabulieren und einer hinreissenden Beobachtungsgabe. Ihre Figuren bewegen sich in einem weiten Spannungsfeld von schräg, schwermütig, eigensinnig bis leichtfüssig. In der Tradition eines Franz Hohlers widmet sie ihre Texte den kleinen Leuten, den Menschen in ihren normalen und abstrusen Alltagssituationen und nimmt sie in detailreichen Erzählungen unter ihren präzisen, interessierten Blick. Dieses Auge für poetische Irrwitzigkeiten und gleichzeitig ein berührend Normales bereichert den Schweizer Literaturbetrieb.

Auch sprachlich muten Judith Kellers Romane spielerisch an. Mit einer schelmischen Ernsthaftigkeit nähert sie sich dem nackten Material der Sprache und stellt es aus. Dabei zeigt sie ein gutes Händchen im Umgang mit Sprechweisen, Mundart und Sprachwitz. Sie experimentiert sowohl mit der Form, als auch mit der Leserschaft, den Genres, der Darstellung und der Typografie. Die Leserschaft wird in den Prozess der Textentstehung mit eingebunden. Ganz anders ihr Umgang mit der Autorschaft, wo sie – entgegen dem momentanen autofiktionalen Hype in der Literatur – sich und ihre Biografie aus dem Text raushält und die fiktionale Welt auf Weiteste ausreizt. Müssige Diskussionen um das Autobiografische an Texten bleibt aus, viel lieber versüsst sie den Lesegenuss mit unzuverlässigen ErzählerInnen, denen man eigentlich nicht trauen sollte und trotzdem folgt.

Judith Keller liebt unklare Situationen, Stoffe, die schwierig zu beschreiben sind und immer ein bisschen im Dunkeln bleiben. In dieser Schreiblust und ihrem Mut, sperrige und ungeglättete Texte zu schreiben, in alle Ecken des Literarischen vorzudringen und sie auszuforschen, möchten wir sie mit diesem Preis unterstützen.

Theres Roth-Hunkeler «Damenprogramm», edition bücherlese

«Nacherzählen ist auch Nachzählen, sage ich schon lange», schreibt die Protagonistin Anna ihrer besten Freundin (und Schwägerin) Ruth im Roman «Damenprogramm» von Theres Roth Hunkeler. Und etwas zwischen Abrechnung und Bilanz ist der Roman von Theres Roth-Hunkeler tatsächlich. 

Gastrezension
von Franco Supino

Eine Abrechnung mit dem Leben ihren Protagonistinnen, denn wer so unerbittlich ehrlich und stilistisch klar schreibt wie Roth-Hunkeler, macht es nicht wie die Sonnenuhr (und zählt die heiteren Stunden nur).  Und eine Bilanz ist der Roman, weil die beiden Freundinnen an der Schwelle zur Pensionierung auf ihr bisheriges Leben schauen: Das Arbeitsleben, das die beiden tüchtigen Frauen erfüllte, werden sie bald ablegen. Männer, die mal wichtig waren, sind abgehauen, verstorben (Thore, Max und Arno bei Anne) oder erweisen sich als unbrauchbar, so dass man sich von ihnen trennen muss (Jan bei Ruth) – was kann also dieser Lebensabschnitt, vor dem sie stehen, der sie mal ängstigt, mal zuversichtlich werden lässt, noch bringen? Dies auch in Anbetracht von Caro, Annas Tochter und Ruths Patenkind, einer labilen, suchtkranken Frau, die von einem selbstbestimmten Leben wie das der Mutter und der Tante nur träumen kann, und immer nur wieder einen Strich durch die wohlfeilen Rechnungen der Mutter zu machen im Stande ist.

Theres Roth-Hunkeler «Damenprogramm», Edition Bücherlese, 2023, 256 Seiten, CHF ca. 29.00, ISBN 978-3-906907-79-6

Kann, wer ungeschönt aufs Leben schaut, wer sich nicht belügt, zwischen verpassten Chancen und trüben Aussichten nur Schwarz sehen? Nein, nicht bei Theres Roth-Hunkelers «Damenprogramm». Unerwartet erhält dieser Text einen hellen Klang, denn die beiden Protagonistinnen lassen sich, (einmal mehr) nicht unterkriegen oder vom Selbstmitleid einlullen. Ruth stellt fest, dass sie beide, erlöst von Existenzsorgen, nun in der Situation ihrer Mutter, der Bankiersgattin, seien, die damals im Dorf im sogenannten Damenprogramm, also dem ehrenamtlichen sozialen Engagement im Kreise anderer gut gestellter Frauen, ihre Erfüllung sah (oder sehen musste). 

Ein solches, aber ganz anderes, politisch engagiertes Damenprogramm will Ruth, die auch ansehnlich geerbt hat, mit Anna initiieren. Anna ist erst nicht sehr begeistert, aber schliesslich … mehr sei nicht verraten! Nur der Schluss:  wie bei den Arztserien (die Anna so liebt) und wie beim einspaltigen Fortsetzungsroman, den Anna als Kind täglich in der Tageszeitung las, endet «Damenprogramm» augenzwinkernd mit dem «grossen Versprechen»; F.f. – Fortsetzung folgt. Denn das Leben im Gegensatz zu Geschichten hört nie auf.

Theres Roth-Hunkeler ist eine feste Grösse der Schweizer Literatur, seit sie 1991, eingeladen von Peter von Matt, einen Preis beim renommierten Ingeborg Bachmann Preis zugesprochen bekam. Sie hat seither sechs Romane veröffentlicht, dies neben Essays und Kurzgeschichten, und sie ist als Kulturvermittlerin tätig. Ihre Schaffenskraft beeindruckt mit jedem Text neu. Ob das Leben im Alter lebenswert ist? diese Frage stellt «Damenprogramm» – eine eindeutige Antwort gibt es nicht. Aber wenn man so schreibt wie Theres Roth-Hunkeler, ist es uneingeschränkt lesenswert.

Theres Roth-Hunkeler, geboren 1953 in Hochdorf Luzern, lebt heute in Baar bei Zug und oft in Berlin. Schreiben, Lesen und Literaturvermittlung sind die Schwerpunkte, die auch ihre langjährige Lehrtätigkeit an Kunsthochschulen bestimmt haben. Die Autorin hat neben Erzählungen und journalistischen Texten sechs Romane publiziert, zuletzt das Text-Bild-Werk «Lange Jahre» (2020) mit Bildern der Malerin Annelis Gerber-Halter und den Roman «Geisterfahrten» (2021). In unregelmässigen Abständen meldet sich Theres Roth-Hunkeler mit ihrem Blog zu Wort.

Webseite der Autorin

Beitragsbild © Ayse Yavas

Simon Froehling «Körper, ein Verb», Plattform Gegenzauber

Und Familie, das sind Schnüre, oder sagen wir: Blutsfamilie, das sind Schnüre, wählen wir rot, sind rote Schnüre über eine Landkarte gespannt, wie im Krimi, und die Fakten, die ich kenne, Stichwort Migration, sind Reissnägel, Länder aufgespiesst, wie mit den Flaggen der Besetzer früher, der Besetzer heute, sind Schottland, sind England, sind Griechenland, sind Deutschland, sind Australien, sind Südafrika, sind immer wieder die Schweiz, und man stelle sich trotz der Statik dieses Bildes die Bewegungen vor von all den Körpern, Mutterkörpern, Väterkörpern, all die Grossmütter, Grossväter und die Söhne und die Töchter und alle Formen dazwischen, bewegt bis hier und jetzt, tägliche Berührungspunkte per SMS, Email, Telefon, Wie geht es dir, what are you doing? 

Ich schreibe, sage ich, I’m writing about the things written into our bodies, into our genes, über die Heimatlosigkeit, über Identitäten, die wie Wasser sind, die Ozeane sind zwischen unseren Kontinenten, jedes Festschreiben eine Fiktion, So bin ich, so bin ich nicht, an diesen Orten, Geburtsort, Bürgerort, Wohnort, verbunden mit Schnüren, die Sehnen sein könnten oder Handlinien, in denen ungefähre Lebenslängen zu lesen sind, die aber sonst keine Antworten bereithalten, zum Beispiel auf die Frage nach gefühlten Geschlechtern, die nichts mit Pronomen in einer Signatur zu tun haben, oder auf die Frage nach der Asexualität meines Bruders, und immer wieder danach, warum wir keine Kinder wollen, meine Schwester und ich, Aren’t you worried you’ll regret it? Eines Tages bereut ihr es bestimmt, und all die anderen Fragezeichen, die eigentlich Symptome sind, als Diagnosen verkleidet, Grossmutters Alkoholismus zum Beispiel, und die Depressionen, die wie Flechten alle Äste unseres Stammbaums überziehen, oder die Frage nach der Ängstlichkeit meiner Mutter sowie jene nur ein Mal laut gestellte nach ihrer möglichen Unehelichkeit, ihrer Hautfarbe, dort zu dunkel, hier zu hell, und Opas Bemerkung zu unserem Vater, seinem Sohn, Wir dachten schon, du kommst mit einer Einheimischen zurück.

Überhaupt, was wir uns alles eingeheimst haben auf dem Weg von dort nach hier, all die Eigenheime hinter elektrifizierten Zäunen, all die SUVs mit ihren gepanzerten Scheiben, die Rassehunde mit ihren spitzen Zähnen, in Objekte umgemünzte Privilegien, um all die Peinigungen wettzumachen, festgeschrieben in unseren Körpern, die mein Körper sind, so dass ich nicht atmen kann am Morgen (hier, wo das Ich erwacht) und mein erstes Gefühl die geerbte Angst von meiner Mutter, sie setzt sich täglich auf meine Brust, in der ausserdem eine lange Leier von Asthma hustet, ausgelöst durch Allergien, durch Anstrengung und überhaupt: 

Alles, was sich angesiedelt hat in meinem Körper an Geschichten und Geschichte, selten nachzulesen, über geächtete Körper, verfolgte Körper, Körper lange ohne Stimme und wenn, dann umso schriller, diese History Herstory Theystory, die nichts mit Herkunft, mit Abstammung zu tun hat und deren Stein lange vor Stonewall ins Rollen kam, ja all die Steine, die geworfen worden sind und immer noch werden von marschierenden, protestierenden Körpern, all die grossen Brocken, in die Wiege gelegt, in den Weg gelegt, diesen instrumentalisierten, politisierten, verhandelten Körpern, diesen zu weiblichen, zu queeren Körpern, Körper nicht männlich genug, aber trotzdem gut als Arbeitskraft, besteuert und später zur Ruhe gesetzt, ruhig gestellt.

Ruhig Blut, mahnen meine Ahnen, und die Bilder, die ich sehe, sind das Blut, das wir spenden dürfen oder nicht, aus einem Buch, das ich gelesen habe oder nicht, sind die Rechte, die man uns zugesteht oder nicht, sind all die Paragrafen, die jenes verbaten und dieses noch immer verbieten , aus einer Ausstellung, die ich besucht habe oder nicht, sind die Nachkommen, die wir haben wollen, sollen, müssen oder nicht, aus einem Film, den ich gesehen habe oder nicht, und ich sehe, du siehst, wir sehen wieder rot, die Schnüre vermehren sich, Six degrees of separation, schlussendlich haben wir mit der ganzen Welt geschlafen, zu lange geschlafen, nicht genug geschlafen, und jetzt, wo ich heiraten darf, wo mein Bruder heiraten darf, meine Schwester heiraten darf in den meisten unserer Länder, das Echo des Standesbeamten auf Schweizerdeutsch zu meinem Vater, später übersetzt von der Trauzeugin meiner Mutter: Wir hätten es schon lieber, Sie würden eine hiesige heiraten. 

I got married at the rat house, sagt meine Mutter und meint das Rathaus, When are you finally going to tie the knot? Und ich sage, Ich zähle immer noch, ich Rattenfänger, I’m counting the scars, sie sind unzählig, die Narben, gefrässige Nagetiere, sie sind Hundebisse, sind Beschneidungen, sind diverse Löcher für Piercings, aktuell und verheilt, sind Tätowierungen, ganz viele und eine einzige aus Dachau auf dem Unterarm meiner Stiefgrossmutter, den Ärmel immer wieder hochgezogen, ein Vorhang zum Grauen, damit sich das Bild einbrenne in mir und sie nicht ausscheide aus meiner Geschichte, aus unserer Geschichte, der Geschichte ganz allgemein, und die Narben sind ein falsches Knie, sind ein neues Hüftgelenk, sind unzählige Leistenbrüche und immer wieder Blinddarmoperationen, sind gezogene Weisheitszähne und vereiste Warzen, sind ein amputierter Daumen, sind sexuelle Übergriffe, nicht nur von Männermenschen, über die wir nie, nie sprechen, sie sind zwei Überfälle mit einer geplatzten Lippe, zwei gebrochenen Rippen und diversen Prellungen, sind Beschimpfungen auf der Strasse, in Klubs, aus Autos heraus, recht oft, von den Leichen nicht zu sprechen, lassen wir die Toten ruhen, meist war es Krebs und, soviel ich weiss, nur einmal Suizid.

You need to keep it together, reiss dich zusammen, also zurren wir die Schnüre fest (hier, wo das Ich wieder stirbt) und unser Kokon, das sind ein möglichst gebildeter Geist und dazu die gelaserten Augen, sind das neue Gebiss, die begradigten Zähne, sind die falschen Brüste und das Bodybuilding, sind das bisschen Botox immer wieder, sind die Fruchtsäure-Peelings und das Make-up, ganz dezent, der Nagellack und das getönte Haar, sind die Bitte nach Berührung, Please touch us, touch our sick body, our young body, our ancient body, our white, Black, yellow body, touch our soft skin, our old skin, our dry, scaly, flaky skin, denn bald sind wir Schmetterlinge, bald schimmern, bald flattern unsere Flügel und lösen Wirbelstürme aus, und bald, bald sind wir Wind.

Simon Froehling, geboren 1978, ist schweizerisch-australischer Doppelstaatsbürger. Neben rund einem Dutzend Theaterstücken und Hörspielen hat er zwei Romane veröffentlicht (Lange Nächte Tag, 2010; Dürrst, 2022) und war sowohl für den Ingeborg-Bachmann-Preis als auch den Schweizer Buchpreis nominiert. Neben seiner Arbeit als Autor ist er als freier Dramaturg am Tanzhaus Zürich tätig. «Körper, ein Verb» wurde zuerst in Literatur + Kritik, Ausgabe Nr. 575/576 vom Juli 2023, im Otto Müller Verlag, Salzburg, veröffentlicht.

Webseite des Autors

Beitragsbild © Dieter Kubli/Bilgerverlag

Hans Gysi «Fledermausflug», Plattform Gegenzauber

Seltsam leicht
der fledermausflug
glücklich wer
sie flattern sieht
über die balkonkante
durchs vogelhaus
bricht dämmerung
du bist ein stern
geworden über dir
himmel tinten blau
buchstabiere die
rätsel neu
und die zeichen
des grossen bärs


frozen yoghurt

ein herz wie
gefrorenes yoghurt
tapfer lächelt die
vekäuferin ringt
eine freundlichkeit
nieder und sieht
plötzlich alt aus
im halben gesicht
sie trägt plastik
handschuhe
gut signalisiert
die zwei meter
marken zum vorrücken
mit korb oder
einkaufswagen
eine kundin drängelt
jugendbonus im rock
argwöhnischer blick
wie gefrorenes yoghurt
wer hat’s
wer kriegt’s
wen nimmt’s
angst essen seelen auf


Postkarte

ich hatte lange
geschlafen mit rilke
unter dem kopfkissen
doch als ich erwachte
war er weg und grüsste
mich aus dem wallis mit
einer postkarte
sei erde jetzt
demütig sei
schrieb er was ich
mir gern zu herzen nahm
dann wandte ich
mich nach osten


Aufräumen

man räumt auf
macht sauberen tisch
etwas fällt darunter
vielleicht man selbst
man schliesst ab
die alte Sache
das konto rennt
man führt name um name
der vergessenheit zu
bleibt auf der strecke
gerät ins hintertreffen

da ein sauberer tisch
voller spuren
gekritzel magische
zeichen eingekerbt

ameisenlaufen in den
händen irgendwo
lauert ein chaos

 

Hans Gysi «pocket songs», Edition 8, 144 Seiten, CHF ca. 20.00, ISBN 978-3-85990-168-1

Hans Gysi ist 1953 in Arosa geboren und aufgewachsen. Schulen und Ausbildung hat er in Arosa, Schiers und an der Uni Zürich gemacht. 1976 Sek.-Lehrer Phil I. Von 1982-85 Schauspielakademie Zürich. Seit 1985 zwei Jahre als Schauspieler tätig beim Kitz und später freischaffend als Schauspieler, Regisseur, Theaterpädagoge und Autor mit verschiedenen Theatergruppen (Theater Katerland; Theater Zwei- Ge, Bilitz). Hat den Förderpreis des Kantons Thurgau erhalten, einen Werkpreis der Pro Helvetia und einen Förderpreis des Kuratoriums Aargau. Den Rilkepreis für das Buch «pocket songs» im Verlag edition 8. Lebt in Kreuzlingen Thurgau. Verheiratet. Vater von drei Kindern. Seit Januar 04 leitet er das theaterbureau, das kleinste Theater im Kanton Thurgau in Märstetten. 

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Sandra Hughes «Kopflos», sommerliche Krimigeschichte, Plattform Gegenzauber

«Alex Breitenstein, Kriminalpolizei Basel-Stadt. Frau Vogel?»
Heidi blinzelte in den blauen Himmel. Sie konnte das Gesicht des Herrn Breitenstein nicht erkennen, bloß einen schwarzen Umriss vor der Sonne. 
«Bleiben Sie ruhig liegen.»
Herr Breitenstein ging neben Heidi in die Hocke. Ein netter Mann. Keiner, der eine alte Dame schikanieren wollte. Heidi hatte sich auf ihrem Liegestuhl niedergelassen, noch immer schockiert von den Ereignissen des Morgens. 
«Die Bademeisterin hat mich an Sie verwiesen. Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?»
Natürlich. Für Fragen war Heidi bereit. 
«Sie haben heute früh das Gartenbad betreten. Was ist passiert? Erzählen Sie möglichst genau.»
Oh, es hatte lange vor dem Betreten des Gartenbades begonnen. Aber Heidi konnte sich gerne auf einen Teil der Geschichte beschränken, und der ging so: Heidi war heute ins Tram Linie 2 gestiegen und bis zur Station Eglisee gefahren, wie sie es jeden zweiten Mittwoch in der Früh im Sommer tat, wenn die Sonne schien. An jedem zweiten Mittwoch im Monat hatte sie sich einen Morgen ganz für sich allein erkämpft. Er dauerte drei Stunden. Jeweils um elf Uhr brach sie zurück nach Hause auf, um ihrem Mann eine warme Mahlzeit aufzutischen. Ihr Mann bestand darauf. Eine warme Mahlzeit am Mittag musste sein, mit Suppe. Selbstverständlich alles selbst gekocht. Bloß einmal hatte Heidi es gewagt, ihm ein Stück Käsekuchen von der Migros vorzusetzen. Immer wieder hatte sie versucht, ihm Spiegeleier schmackhaft zu machen, die er sich selbst anbraten konnte. Sie hatte Eintöpfe zubereitet, einfach zum Aufwärmen. Vergeblich. Ihr Mann wollte, dass Heidi für ihn da war, jeden Mittag. 
«Wie schön, Frau Vogel», sagte Herr Breitenstein. «Aber wir waren beim Gartenbad.»
Genau. Heute früh also hatte Heidi um neun Uhr den Eingangsbereich des Gartenbad Eglisee betreten und einen Eintritt gelöst. Nach der Kasse bog sie wie immer rechts ab ins Frauenbad. Das Frauenbad war ihre Glücksinsel. Von Saisonbeginn bis September kam sie jeden zweiten Mittwochmorgen hierher, wenn die Sonne schien. Der einzige Ort, an den ihr Mann ihr nicht folgen konnte. Hier musste sie seinen bösen Blick nicht sehen, wenn das Salz auf dem Tisch fehlte, der Brokkoli zu weich gegart war. Immer fehlte etwas, und egal, was Heidi tat, es genügte nie. Wenn Heidi redete, war es dummes Zeug, und wenn sie schwieg, griff er sie mit bös gemeinten Sätzen an. Er kommentierte jeden Handgriff von Heidi, nichts führte sie korrekt aus. Er quälte sie seit seiner Pensionierung, das Eheleben davor schien Heidi im Rückblick wie ein Zuckerschlecken. Die Sprüche von früher waren Streicheleinheiten im Vergleich. Wohin Heidi in der Dreizimmerwohnung ging, dahin verfolgte er sie. Er legte an, einen verbalen Pfeil nach dem anderen, und zielte präzise. Jeder Schuss ein Treffer in Heidis Herz. Heidi wappnete sich mit dicker Haut, verschloss ihre Ohren, übte eigene Bosheiten ein, damit sie zurückschiessen konnte. Keine Strategie taugte. Nichts half. 
«Also eine schwierige Ehe», sagte Herr Breitenstein. «Aber konzentrieren Sie sich bitte, Frau Vogel. Das Frauenbad.» 
Nach der Kasse war Heidi rechts ab ins Frauenbad abgebogen. Wie schön es war, frühmorgens hier zu sein. Noch bevor die Musliminnen und die alten Baslerinnen eintrafen. Sie führten gegeneinander Krieg, Burkiniträgerinnen gegen Barbusige, umkreist von Wächterinnen mit Kampfstiefeln und Schlagstöcken. Die einen zählten fremde Haare im Wasser. Die anderen machten sich breit, feierten Picknickorgien und beschimpften Bademeister, bloss weil sie Männer waren.
«Frauen», sagte Herr Breitenstein. Er hatte sich neben Heidis Liegestuhl auf dem Rasen niedergelassen. «Kommen Sie zur Sache, Frau Vogel. Konzentrieren Sie sich!»
Heidi ertappte ihn bei einem verächtlichen Blick auf ihre nackten Brüste. Ihre knapp achtzigjährigen Körperteile, von den Spuren des Lebens gezeichnet und in Würde gealtert, hatte niemand so zu behandeln. Das ließ sie den Herrn Breitenstein auch gleich wissen. Genau so wenig wie es niemandem zustand, ihre Speckrollen rund um Bauch und Hüfte zu verachten. Sie waren die schönste Verwandlung von Mokkatorten, Meringue und Sauerbraten, die Heidi in stiller Verzweiflung während all der Stunden in ihrer kleinen Küche schuf. Immer dann, wenn ihr Mann drohte, sich aus dem Fenster zu stürzen, falls sie ihn schon wieder allein zu Hause zurückließ, um mit einer Freundin zu spazieren. Heidi ertappte sich wiederholt bei der Hoffnung, dass er verschwunden war, wenn sie auf Kommando um sechzehn Uhr mit Kaffee und Kuchen aus der Küche trat. Aber er war immer da. 
«Frau Vogel. Kommen Sie endlich zum Punkt!»
Herr Breitenstein schaute jetzt so böse wie Heidis Mann. Es fehlte bloß noch, dass er einen Vortrag dazu hielt, wie dumm Heidi war. Also: Sie wollte heute früh schwimmen, wie immer als Erste. Sie platzierte ihren Liegestuhl auf dem gewohnten Platz. Dann stieg sie die Stufen hinunter ins Schwimmbecken, ließ sich ins kühle Wasser gleiten, schwamm eine Länge hin und eine Länge zurück. Für den Ausstieg suchte sie mit den Zehen nach der untersten Stufe, ganz sachte, weil man sich an der harten Kante stoßen konnte. Heidis Augen waren nicht mehr die besten. Aber fühlen, das konnte sie noch. Sie tastete sich also vor, um sicheren Tritt zu fassen. Da spürte sie unter ihrer Fußsohle etwas, einen Widerstand, der zugleich weich war. Glitschig und klebrig in einem. Ihr Fuß zuckte zurück, aber zu spät. Sie hatte diesen – Heidi blieb das Wort in der Kehle stecken – diese Sache unter ihrem Gewicht zerquetscht. 
«Zerquetscht?» Breitensteins Gesicht war nun ganz nah bei Heidi. «Und danach?»
Danach hatte Heidi geschrien. Ihr Schrei gellte über das gesamte Areal und weit ins Kleinbasel. Auch die Angestellten vom Familienbad drüben kamen angerannt, um gemeinsam ins Wasser zu starren, das nun von rosaroten Schlieren getrübt war. Es folgten vielstimmiges Entsetzen und nüchterne Mutmassungen. Nach viel Gerede kam es der Bademeisterin in den Sinn, den Zugang zum Frauenbad zu sperren, die 117 anzurufen und im Laufschritt ein Netz holen zu gehen. Heidi war schneller als die Bademeisterin. Sie beugte sich vornüber, griff tief ins Wasser und holte diesen – diese Sache – aus dem Becken. 
«Sie haben ihn angefasst?» Herrn Breitenstein flossen Schweißbäche übers Gesicht. «Zuerst treten sie ihn halb zu Brei, und danach befingern Sie ihn?»
Es tat Heidi leid. Ehrlich. 
«Sie haben wertvolle Hinweise auf den Tathergang verwässert!»
Heidi schaute zum Schwimmbecken hinüber und unterdrückte ein Kichern. Tatsächlich. 
«Herrgott, Frau Vogel!» Herr Breitenstein war aufgesprungen. «Denken Sie das nächste Mal, bevor Sie handeln!»
Heidi sah ihm nach, wie er über den Rasen davoneilte, das Handy am Ohr. Herr Breitenstein musste jetzt das Opfer finden, zu dem Heidis Fundobjekt gehörte. Heidi musste ihm beipflichten: Sie hatte gehandelt, ohne nachzudenken. Kopflos, wie ihr Mann gesagt hätte. Heidi hatte schon lange keinen Kopf mehr, wenn es nach ihrem Mann ging. Aber ihr Mann irrte sich, sie hatte noch einen Kopf. Heidi hatte bloß kein Herz mehr. Sie lehnte sich im Liegestuhl zurück, schaute in den blauen Himmel hoch und dann zur Uhr, deren silberne Zeiger in der Sonne glänzten. 
Heute würde Heidi nicht um elf Uhr nach Hause aufbrechen, um ihrem Mann eine warme Mahlzeit samt Suppe aufzutischen. Auch keine Mokkatorten, Meringue und Sauerbraten würde sie mehr still in ihrer kleinen Küche schaffen. Heute blieb Heidi auf ihrer Glücksinsel liegen. Morgen würde sie wiederkommen und übermorgen auch. Immer wenn die Sonne schien und mit ihrer Wärme dazu beitrug, den zerfetzten Klumpen in Heidis Brust wieder zu einem Herzen zusammenzusetzen.

«Mord in der Badi. Sommerliche Krimigeschichten aus der Schweiz», herausgegeben von Miriam Kunz, Atlantis Verlag, 2023, 176 Seiten, CHF ca. 22.90, ISBN 978-3-7152-5513-2

Sandra Hughes, geboren 1966, wuchs in Luzern auf und lebt mit ihrer Familie in Allschwil bei Basel. Bisher erschienen die Romane «Lee Gustavo» (2006), «Maus im Kopf» (2009), «Zimmer 307» (2012) und «Fallen» (2016). Bei Kampa sind bisher 3 Krimis um Tschopp & Bianchi erschienen. Mit der Polizistin Emma Tschopp teilt sie die Vorliebe für Bistecca (saignant) und Blauschimmelkäse. Neben Krimis und Romanen schreibt Sandra Hughes auch für Kinder. 2013 erhielt sie den Kulturpreis des Kantons Basel-Landschaft für Literatur, 2017/2018 das Atelierstipendium der Landis & Gyr Stiftung für Schweizer Kulturschaffende in London.

Sandra Hughes verfasste beim Schweizerischen Jugendschriftwerk SJW auch zwei preisgekrönte Erstlese- und Vorlesebüchlein:

 

 

 

 

 

Beitragsbild © Kampa Verlag/Sven Schnyder

Rebekka Salm «1943», Auszug aus einer noch unveröffentlichten Arbeit, Plattform Gegenzauber

Vor dem Zugfenster lagen Äcker, nackte Sträucher und Bäume, vereinzelte Häuser und Ställe mit eingefallenen Ziegeldächern, wie in besseren Zeiten hingeworfen und dann vergessen. Alles schien mit Mehlstaub überzogen. In zwei Wochen war Weihnachten. Ihre Schwägerin Lieke hatte Emma angeboten, die Feiertage bei ihr zu verbringen. Doch Emma wusste, dass Lieke kaum genug für sich und die Kinder hatte.
Nicht genug Geld.
Nicht genug Kraft.
Sie sah Bahnhofsgebäude vorbeiziehen, ohne Rauchwolken an den Schornsteinen, als hielten sie den ganzen Winter durch den Atem an. Bahnübergänge mit hochgezogenen Schranken verharrten im lautlosen Gruss an den Führer. Krähen flogen auf. Träge schoben sie sich in den bleiernen Himmel über ihnen. Und obwohl die Vögel in Bewegung waren, schien die Welt leblos, eingefroren wie das Bild auf der Leinwand, wenn der Film riss.
Cees und Emma hatten sich im Kino kennengelernt.
Emma hatte sich an einem Sonntagnachmittag im September mit einer Freundin im Ufa-Kino am Rembrandtplein mit den samtroten Sitzen und dem abgebröckelten Stuck an der Decke verabredet. Es lief «Hauptsache glücklich» mit Hans Rühmann. Ein durchwegs banaler Film. Gerade als die beiden Hauptdarsteller erfuhren, dass die von ihnen erst geliehene und dann verlorene Brosche ein Vermögen wert war, fror das Bild auf der Leinwand ein und die Lichter im Saal gingen an.
«Wussten Sie, dass jedes Mal, wenn der Film reisst, er durch das Kleben ein Stückchen kürzer wird?»
Der Mann, der Emma angesprochen hatte, sass zu ihrer Linken. Er war so gross, dass sie sofort Mitleid hatte, mit der Person, die das Pech hatte, den Platz hinter ihm erwischt zu haben. Seine Haare waren blond und millimeterkurz geschnitten, die Augen blau. Die Schneidezähne standen schief und wenn er schluckte, hüpfte sein Adamsapfel lustig auf und ab. Die Schuhe, die kaum Platz fanden zwischen den Sitzreihen, waren zerkratzt und an zwei Stellen blitzen die Socken durchs aufgeplatzte Leder.
«Und wie oft muss dieser Film noch reissen, bis er verschwindet?», fragte Emma nun ihrerseits. Der Fremde lachte und hielt ihr die Hand hin. Elf Monate später hatten sie geheiratet. Nur sie beiden und die Trauzeugen, Cees Schwester Lieke und Emmas Bruder Willem.
Emma zog den Goldring aus ihrer Manteltasche, der an einem Haken neben dem Fenster hing. Sie probierte ihn an all ihren Fingern an. Das Material war kühl und abweisend, wie es auch Cees gewesen war, als sie sich im Krematorium an der Pienemanstraat von ihm verabschiedet hatte.
Sie konnte die Gravur auf der Innenseite des Rings lesen, ohne ihn vom Zeigfinger abstreifen zu müssen. «Vor altjid» stand darin. «Für immer». Und das Datum ihrer Hochzeit. Natürlich hatte Emma gewusst, dass «Für immer» lediglich eine Metapher für eine sehr lange Zeitdauer war. Fünfzig Jahre. Vielleicht mehr. Aber dreizehn Monate, da war sich Emma sicher, war weit entfernt von einer Ewigkeit. Sie fühlte sich betrogen. Von Gott. Nicht dass Emma an ihn glaubte, aber für einen Irrtum in dieser Grössenordnung konnte dennoch niemand anders verantwortlich sein als er.
Sie griff ein weiteres Mal in die Manteltasche und fischte Foto und Postkarte raus. Das Foto zeigte Cees und war im Jahr ihrer Hochzeit entstanden, als sie mit den Fahrrädern zur Karger Seenplatte gefahren waren. Cees hatte die Unterarme auf den Lenker gestützt, im Mundwinkel ein Grashalm. Das Haar etwas länger als bei ihrem ersten Treffen, vom Fahrtwind zerzaust. Die Augen direkt auf die Kamera gerichtet, einen Hunger im Blick. Hunger auf sie.
Hunger auf das Leben, das vor ihm lag.
Cees war nicht satt geworden.
Je mehr Emma sich zu erinnern versuchte, an die vielen Details, die alle zusammen Cees ausgemacht hatten, umso weniger gelang es ihr. Er war zu einem dunklen Fleck vor ihrem inneren Auge geworden. Ganz so, als hätte sie ihn zu lange im Gegenlicht betrachtet und dann den Blick auf den Schnee vor dem Zugfenster gerichtet. Mit jedem Meter, den sie sie sich ratternd von Cees entfernte, sah sie die Umrisse der Leerstelle, die er hinterliess, deutlicher.
Distanz schaffte Klarheit.
Heilung verschaffte sie nicht.
Ihr gebrochenes Herz rief mit jedem Schlag nach Cees wie ein kaputtes Morsegerät.
Emma hatte ihn einäschern lassen. Bei der Beerdigung hatte es geregnet wie aus Kübeln. Sie war mit ihrer Schwägerin am Grab gestanden. Beide hatten sie sich an ihre Schirme geklammert, in der Hoffnung, sie mögen ihnen Halt vor dem Ertrinken bieten. Emmas Bruder war zu dieser Zeit bereits im Untergrund und schrieb für die Widerstandszeitung «Het Parool». Ob er noch lebte oder nicht, Emma wusste es nicht. Nur mit einem Koffer war sie danach zu Lieke und den drei Kindern gezogen. Der Jüngste konnte noch nicht einmal laufen. Ihr Mann, ein jüdischer Kaufmann, war bereits Monate zuvor in Richtung Schweiz geflohen. Noch immer wartete Lieke auf eine Nachricht von ihm. Täglich stand sie am Fenster, gab vor, die Gardinen zu richten, die Nippes auf dem Fensterbrett neu zu arrangieren. Jeden Tag war der Briefträger an ihrer Haustür vorbeigegangen, unbeeindruckt vom regelmässigen Faltenwurf des Wohnzimmervorhangs oder der exakten Ausrichtung der Häkeldeckchen.
Emma hatte sich bei Lieke ins Wohnzimmer gesetzt, auf den Sessel aus grünem Samt und mit den schwarzlackierten Armstützen. Dort hatte sie ihre ganze Kraft darauf verwendet, nicht auseinanderzubrechen.
Sie spürte die Risse, die sich unter ihrer Haut über den ganzen Körper zogen, sich mehrfach kreuzten über der Brust. Die Bruchkanten rieben sich an ihrem Fleisch, machten sie wund, so dass jede Berührung, jede Umarmung ihren Schmerz vergrösserte. Sie sprach nur, wenn man sie etwas fragte, weinte nur, wenn niemand in der Nähe war. Das Ticken der Wanduhr mit den goldenen Zeigern, die im Wohnzimmer über dem Buffet aus Walnussholz hing, waren die Sprossen, an denen sie sich aus der Dunkelheit hinaus zurück ins Leben hangelte.
Tick-tick-tick.
Jeden Tag aufs Neue. Nur um nachts wieder ins Bodenlose zu fallen. Sie war eine Art weiblicher Sisyphos. Mit dem Unterschied, dass sie dem Tod kein Schnippchen geschlagen hatte, sondern der Tod ihr.
Ab und zu spielte sie mit den Kindern. Doch wenn sie ehrlich war, ertrug sie den Anblick der drei Buben kaum. Mit ihren hellblonden kurzen Haaren und den blauen Augen erinnerten sie Emma zu sehr an Cees. Ruben, der älteste, schien sogar die schiefe Zahnstellung seines Onkels geerbt zu haben. Auch sie hatten Kinder gewollt. Emma zwei, Cees drei. Sobald der Krieg vorbei war, so war der Plan gewesen, wollten sie ihre Koffer packen und nach Frankreich fahren. Sie wollte nach Paris, den Eiffelturm besteigen, durch den Louvre schlendern und unter herausgedrehten Markisen Milchkaffee trinken und dabei den Tauben zusehen, die von der Schönheit der Stadt unbeeindruckt nach den Krumen zwischen den Pflastersteinen pickten. Cees wollte in die Bretagne, gegen den Wind der Küste entlangwandern, Weissbrot in Sud tunken, in dem Muscheln mit weit aufgerissenen Mündern lagen und den Schiffen zusehen, wie sie schrumpften und in die Naht schlüpften, die Himmel und Erde am äussersten Ende der Welt zusammenhielt.
Italien hatte bereits kapituliert, Mussolini war in Gefangenschaft. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Hitler von den Alliierten besiegt und Europa befriedet werden würde. Und dann würden sie losziehen, Emma und Cees. Für immer war eine lange Zeit, da liess sich eine ordentliche Reise machen. Und danach eben Kinder. Zwei oder drei.
Gott hatte anders entschieden.
Dieser Gott, der anstelle eines Herzens ein harter Laib Brot in der Brust hatte.
Sie glättete den wollenen Rock und kniff die Augen zusammen. Nicht weinen. Die ältere Dame auf der anderen Seite des Gangs blickte schon wieder von ihrer Zeitung hoch und warf Emma missbilligende Blicke zu. Der Stoff hinter ihrem Kopf, der das Polster vor Abnutzung schützte, war so zerknittert wie ihr mürrisches Gesicht.
Draussen zerteilte Schneeregen den Himmel von oben links nach unten rechts. Die Flocken am Fenster konnten sich nicht halten, ergaben sich der Wärme, die aus dem Zugabteil zu ihnen herausdrückte und rutschten weg, hinterliessen nichts als feuchte Spuren auf Emmas Spiegelbild.
Ein Tropfen fiel auf die Postkarte auf ihrem Schoss.
Sie war von Beatrix. Auf der Vorderseite das Bild einer Holzbrücke, die über einen Fluss führte, dahinter ein Kirchturm, der über Häuserdächer ragte.
Berge waren nirgends zu sehen. Emma hatte immer geglaubt, dass die Schweiz aus nichts als Berge bestehe. Und aus Tälern zwischen den Bergen.
Beatrix war eine Freundin ihrer Mutter. Als Kind waren die beiden in Leiden in dieselbe Schulklasse gegangen und anschliessend hatten sie im gleichen Betrieb eine Ausbildung zur Damenschneiderin gemacht. Beatrix war die Trauzeugin gewesen, als Emmas Eltern geheiratet hatten. Anfangs der zwanziger Jahre war sie dann ihrem Ehemann, einem Geschichtsprofessor, in die Schweiz gefolgt. Emma hatte Beatrix danach nur noch einmal gesehen, an der Beerdigung ihrer Mutter. Da war Deutschland gerade in Polen einmarschiert.
Nach Cees Tod hatte Emma ihr einen Brief geschrieben. Die Antwort hatte der Briefträger vor wenigen Tagen in Liekes Briefschlitz in der Haustür geschoben. Liekes hatte geweint.
Aus Freude, dass Emma einen Weg nach draussen offenstand.
Aus Enttäuschung, dass die Postkarte nicht den Namen ihres Mannes als Absender trug.

Rebekka Salm, wohnhaft in Olten, studierte Islamwissenschaften und Geschichte in Basel und Bern, arbeitet als Texterin und Erwachsenenbildnerin im Migrationsbereich und ist Mutter einer Tochter. Publikationen in verschiedenen Literaturformaten, 2019 gewann sie den Schreibwettbewerb des Schweizer Schriftstellerwegs. Ihre Siegergeschichte ist im Buch «Das Schaukelpferd in Bichsels Garten» (2021) erschienen. 2022 erschien bei Knapp ihr Debüt «Die Dinge beim Namen«. 2023 erhielt sie von den Kantonen Baselland und Solothurn je den Förderpreis Literatur. 

Beitragsbild © Timo Orubolo

«Worte sieben» Zu den Schriftbildern von Ruth Loosli, von Julia Röthinger

«Und doch / müssen wir reden / weil wir Menschen sind», schreibt Ruth Loosli in einem ihrer Gedichte, und macht genau dies in und mit ihrem künstlerischen Werk, das Lyrik und erzählerische Prosa ebenso umfasst wie die stetig anwachsende Zahl an Schriftbildern, von denen hier eine Auswahl zu sehen ist. Leicht, aber nie leichtsinnig, gehaltvoll, aber nie schwer umkreist Ruth Loosli in ihrer Sprach- und Bildkunst die conditio humana, das menschliche Dasein, das geprägt ist von Freud und Leid, von Liebe und Verlust, von Zweisamkeit, aber auch Einsamkeit, von der Ohnmacht des Einzelnen in einer Welt, in der man Krisen und Kriegen hilflos gegenüber steht. Doch es gibt auch Hoffnung. Knochenarbeit; grün lautet der Titel einer der Zeichnungen Ruth Looslis, auf der der grüne Stängel einer Pflanze zu sehen ist, der aber auch ein Knochen sein könnte. Es ist kein gerader Pflanzenknochen, wenn er auch aufrecht ist: er hat einen Knick, ist gebeugt worden, sei es durch Hagel, sei es durch Unachtsamkeit, dass sich jemand mit groben Schritten durch das Gras bewegt und diese aufblühende Pflanze mit einem schweren Tritt geknickt hat. Und doch steht er da, dieser Pflanzenstängel, unbeirrt. Nicht immer ist das Wachsen ein geradliniges, oft genug nimmt es einen Umweg, oft genug ist es auch schwere Arbeit, wie die schwarzen Punkte andeuten: gleich den Jahresringen eines Baumes markieren sie die Entwicklungsschritte, Momente der Verdichtung, bis schliesslich oben die Blüte wächst, ein filigraner Fächer, ein zartes Gebilde, das aus dieser schweren Knochenarbeit hervorgegangen ist. Die Knochenarbeit kennen wir alle, als das Wachsen der Knochen, aber auch als eine intensive und mühevolle Arbeit. Auch Kunst ist eine Knochenarbeit, etwas das wächst und sich ent-wickelt, das gedeiht und oft genug auch Früchte trägt.

«Poesie ist Zuwendung zu Menschen, Dingen, der Natur. Ruth Loosli macht es in ihren wachen Gedichten vor.» Ilma Rakusa

Ruth Loosli «Ein Reiskorn auf meiner Fingerkuppe», Caracol, 128 Seiten, CHF ca. 20.00, ISBN 978-3-907296-28-8

1959 in Aarberg im Berner Seeland geboren, lebt und arbeitet Ruth Loosli seit 2002 in Winterthur. Seit mehr als zehn Jahren tritt sie mit ihrem lyrischen und erzählerischen Werk in Erscheinung, nicht zuletzt auch mit ihren Schriftbildern, in denen Ruth Loosli das Wort von seiner Abstraktheit entkleidet und es in seiner Bildhaftigkeit darstellt, wodurch sie dessen verborgenen, nicht immer offensichtlichen, manchmal überraschenden Kern herausschält. Da folgt ein seufzendes oh auf honolulu und setzt sich fort in immer weiteren oh´s, an die sich wieder neue oh´s anschliessen, bis all diese oh´s eine Insel bilden, eine Insel des Seufzers, eine Insel der Sehnsucht, eine Insel, in der das oh auch zum ho wird: zum Anfangslaut Honolulus, als ginge die Insel aus dem gehauchten Laut hervor. Oder wir lesen: frau steht am fenster und sehen das Fenster in der Schraffur der Worte, indem sich fenster an fenster reiht, ein Rechteck bildend, geschwungene Linien, als fingen sie die Reflexion des Fensterglases ein, und als träte aus dieser Reflexion die Frau hervor, im schwungvoll ausgeführten f. Und so siebt Ruth Loosli die Worte, prüft sie, klopft sie ab, niemals eindeutig, immer mehrdeutig. Ihre Schriftbilder zeigen uns den Resonanzraum, der hinter den einzelnen Worten steht.

 

Stets lotet Ruth Loosli dabei in ihrer Arbeit die Dimensionen des menschlichen Daseins aus, sein Auf und Ab. Kummer und Tränen werden vom Fluss des Lebens mitgetragen und reingewaschen, Narben verwachsen und neue Haut legt sich über alte Wunden. Es ist der feine Humor, der Welt und dem Dasein trotz aller Verletzungen heiter und offen zu begegnen, der eine Leichtigkeit über ihre Kunst legt. In ihren Schriftbildern, die Miniaturen gleichen, entfaltet sie eine ganze Welt und eröffnet einen Gedankenkosmos, der für das Suchen und Umkreisen steht, für die Verortung des Ichs in der Welt, und der einlädt zum Miteinander-Reden. Die Kunst von Ruth Loosli nimmt sich der Welt und des Menschen an und bewahrt sich eine ganz eigene Ästhetik, in der sich die Weite im Detail zeigt. Bleibt zu wünschen, dass Ruth Loosli mit ihrer Arbeit noch möglichst viele Menschen berühren und miteinander verbinden kann.

Julia Röthinger

Die Ausstellung ist immer offen, wenn Lesungen laut Programm des Literaturhauses stattfinden. Die Künstlerin freut sich, mit Interessierten ins Gespräch zu kommen und ist zusätzlich anwesend am:
Samstag,  9. September von 16-18 Uhr
Sonntag, 15. Oktober von 16-18 Uhr (Finissage inklusive Kurzlesung, falls erwünscht); Kontakt für Anfragen: ruth.loosli@gmail.com

Ruth Loosli, geboren 1959 in Aarberg und im Seeland aufgewachsen. Ein erster Gedichtband «Aber die Häuser stehen noch» erschien 2009. Nach weiteren Lyrikveröffentlichungen erschien 2021 ihr erster Roman «Mojas Stimmen». Aktuell ist ihr Gedichtband «Ein Reiskorn auf meiner Fingerkuppe» mit Schriftbildern der Autorin.

Flurina Badel «Be calm / Nur ruhig», übersetzt aus dem Rätoromanischen (Vallader) von Ruth Gantert

In avrigl algua l’ultima naiv, id es da scuar glera. In cumün savura da grascha. Pens vi da pleds cacofonics: puglina, chavallina, chaclana, buatscha. Tscherch ün pled per chaja da muos-chas. Tüpflischiss. I füss da pulir las fanestras. Tuot lascha fastizis. Eir scuar glera. Il strom da la scua lascha inavo lingias onduladas da la puolvra sülla salaschada. Fetsch rinchs sur tuot la plazzetta via.

Sün banc d’porta baiva cafè. In tuotta calma. N’ha increschantüm – da fluors. Da chalamandrins per exaimpel, da chaminella. Bram il cuffort da l’er in lügl, less sezzer illa sumbriva da l’estragun, mas-char salvgia, verer dalöntsch. Vez ün utschè grisch sül prà. O esa ün crap? Ün crap aint il ögl.

Svöd la chartera. Ün bof am tira bod ourd’man la posta, am sbarüffa ils chavels. Daspö mais soffla il vent be plü in üna direcziun. Cul cuors dal flüm chi sbocca aint il Mar Nair. Là baivan delfins minerals da Lucius, Emerita, Sfondraz e Bonifacius chi nu güdan neir na cunter il catar dal mar. Aint ill’aua impestada prospereschan algas, medusas nu stan cun bocca sütta ed our da las boccas riaintas da las ritschas cula moc. Ma quists dis ningün nu pensa al mar cupichà. Il plü da tuot a las minas. Srantadas d’orizis noudna illas uondas agitadas, giran per quai aint. Eu less cha’l vent volvess – las truppas, ils tancs, camiuns e lantscharaketas, ils bombardaders, jets ed elicopters, las corvettas, bastimaints e suotmarins – ils utschels grischs aint il Mar Nair. Quists dis daja protestas cun fögls albs. Sculozza bluotta invezza da pleds scumandats.

Lav giò la vaschella. Pens vi dal pais da l’aua sül muond. Tuot ils mars, lais, flüms, ils auals, las funtanas. E l’aua aint illas nüvlas eir. Tuot quist’aua chi nu vegn schlavazzada our’i’l univers, pervi da la gravitaziun. E perquai cha’l muond rotescha, gira cunter l’ura giò pel scul. Pens vi dal pled gravidanza, vi da la pel s- charpada suot l’umblin. Id es favrer ed eu dundag cun peis scuzs sün linoleum verdaint. Per na far la cupicha, am tegna vi da la duonna da part. Quella disch la gravitaziun güda. Eu nu sa co ch’üna boa chi strangla tira il flà. Rouv per ajer. Inchün divra üna fanestra. Coura, illa cuntraglüm, naiva s-chür.

In gün daja üna tampestada cha’ls granels cloccan vi da las fanestras da stüva. L’uffant vi dal bruost doza cuort il cheu per verer che chi capita, lura tetta’l inavant. Il rest dal di daracha. Vers saira esa nüvel cotschen. Ils pumpiers pumpan l’aua our dal schler inuondà dals vaschins. Cun l’uffant sün bratsch siglia tras ils fundigls sün plazzetta. L’uffant dà üna risada, muossa cun seis daintin vers l’aua. Aua sarà seis prüm pled, ma quai uossa nu savaina amo. In üert vezza cha züchas e zucchettis han föglia s-charpada. Ün pêr fluors decapitadas.

Petal per petal gelg as pierla our dals büttels da l’enotera. I düra be ün pêr secundas fin cha las fluors sun prontas per splendurir tras la not. Ellas sun sömmis da di, insömgiats da dadaint inoura. Da not insömgia da dadoura inaint. Il plümatsch schmatschà insembel la bunura. Mia membra crappa ed il cheu eir. Pleds van a cupicha, petrifichada resta pichà, chajusa segua, sün quel chalamer, s-chandler – i füss da far laina. Tuot douvra alch. Eir il sömgiar. I füss da dostar sia said. Ils sömmis süman.

In gazetta legia knattertrocken. Quists dis ningün nu disch stà. In nossas boccas sun uondas da chalur, mancanza d’aua, sechüra. La prada sechaditscha büschma. O esa l’ajer?
Quists dis durmina nüds. Trais bes-chas sainza pail chi giaschan üna sper tschella. Minchatant duos da quellas fan l’amur, dascus per na sdasdar l’uffant. Bes-chas chi’s guardan aint ils ögls. Guardain ils corps donnagiats. Nöglia da mal – be ün pêr nattas. Il tagl sur meis öss tuorp. Il tagl sur seis spinal. Meis daintulin stort. La pel scorchada da sia schnuoglia. Fin uossa eschna rivats da s-champar.

Baiv giò dal chüern. Giod il gust da fier süls lefs. Id es october ed eu lasch oura l’aua dal bügl, l’ultima jada per quist on. Cun ün barschun sgratta giò las ritschas da las paraids da beton, lav giò las restanzas da crema da sulai dals turists. Spet fin cha’l bügl s’ha darcheu impli, es spejel pel tschêl. Il tschêl es blau. Blau sco las ragischs dal nuscher schmers. Sia tschücha es amo adüna larmuossa. Rinchs clers dadaoura, quels dadaint s- chürs. Iris e pupilla püffan amunt.

Seguisch a mia sumbriva. Ella passa ouravant sur prada stipa. Sglischa sur mürs sechs e stailas da chardun. Ün chan bubla. Ils utschels grischs nu’s laschan disturbar. Il vent nun ha fat la volva. La bouda nu tuorna amunt. I’m para evidaint ch’eu pens il pled crappar. Sun surpraisa cha saint tantüna il tun da quist text ch’eu less scriver daspö avrigl. Davo ch’eu n’ha fat ir a bügl ils impissamaints, sguotna pled per pled culur latun.


Im April schmilzt der letzte Schnee, Kies muss weggefegt werden. Im Dorf riecht es nach Mist. Ich denke an kakofonische Wörter Vogelkot, Pferdeäpfel, Ziegenköttel, Kuhfladen. Suche ein Wort für Fliegendreck. Tüpflischiss. Die Fenster müssten geputzt werden. Alles hinterlässt Spuren. Auch das Kiesfegen. Der Strohbesen lässt staubige Wellenlinien auf dem Pflaster zurück. Zieht Kreise über den ganzen Vorplatz.

Ich trinke Kaffee auf der Bank vor der Tür. In aller Ruhe. Habe Heimweh – nach Blumen. Zum Beispiel nach Klee, nach Kamille. Sehne mich nach dem Trost des Kräuterbeets im Juli, möchte im Schatten des Estragons sitzen, Salbei kauen, in die Ferne schauen. Ein grauer Vogel sitzt auf der Wiese. Oder ist es ein Stein? Ein Stein im Auge.

Ich leere den Briefkasten. Eine Böe reisst mir fast die Post aus der Hand, zerzaust mir die Haare. Seit Monaten weht der Wind nur noch in eine Richtung. In diejenige des Flusslaufs, der ins Schwarze Meer mündet. Da trinken Delphine Minerale von Lucius, Emerita, Sfondraz und Bonifacius, die auch nicht helfen gegen den Meereskatarrh. Im verseuchten Wasser gedeihen Algen, Quallen treiben im Trüben und aus den lieblichen Mündern der Nixen quillt Schleim. Aber in diesen Tagen denkt niemand ans hinfällige Meer. Höchstens an die Minen. Von Gewittern entfesselt schwimmen sie in den wilden Wellen, irren umher. Ich wollte, der Wind drehte – die Truppen, Tanks, Lastwagen und Raketenwerfer, die Bomber, Jets und Helikopter, die Korvetten, Schiffe und U-Boote – die grauen Vögel im Schwarzen Meer. In diesen Tagen gibt es Proteste mit weissen Blättern. Blankes Grauen statt verbotener Wörter.

Ich wasche das Geschirr. Denke an das Gewicht des Wassers auf der Welt. Alle Meere, Flüsse, Bäche, Quellen. Und auch das Wasser in den Wolken. All das Wasser, das nicht ins Universum geschleudert wird, wegen der Schwerkraft. Und weil die Welt sich dreht, fliesst sie im Gegenuhrzeigersinn durch den Gully. Ich denke an das Wort Schwangerschaft, an die zerfetzte Haut unter dem Bauchnabel. Es ist Februar und ich wanke mit nackten Füssen über das grünliche Linoleum. Halte mich, um nicht hinzufallen, an der Hebamme fest. Sie sagt, die Schwerkraft hilft. Ich weiss nicht, wie eine Schlange beim Würgen atmet. Bitte um Luft. Jemand öffnet das Fenster. Draussen, im Gegenlicht, schneit es dunkel.

Im Juni hämmert ein Sturm seine Hagelkörner gegen die Stubenfenster. Das Kind an der Brust hebt kurz den Kopf um zu sehen, was los ist, dann saugt es weiter. Den restlichen Tag regnet es. Später leuchten die Wolken rot. Die Feuerwehrleute pumpen Wasser aus dem überfluteten Keller der Nachbarn. Mit dem Kind auf dem Arm springe ich über die Pfützen auf dem Vorplatz. Das Kind lacht auf, zeigt mit dem Fingerchen auf das Wasser. Aua, Wasser, wird sein erstes Wort sein, aber das wissen wir jetzt noch nicht. Im Garten sehe ich die zerfetzten Blätter der Kürbisse und Zucchetti. Ein paar geköpfte Blumen.

Ein gelbes Blütenblatt nach dem andern wirbelt aus den Knospen der Nachtkerze. Es dauert nur einige Sekunden, bis die Blumen bereit sind, durch die Nacht zu leuchten. Sie sind von innen nach aussen geträumte Tagträume. In der Nacht träume ich von aussen nach innen. Am Morgen ist das Kissen zusammengedrückt. Meine Glieder aus Stein, und auch der Kopf. Wörter fallen übereinander, Salzsäule bleibt stehen, Schisshase folgt, darauf Schreibstau, Scheiterhaufen, Holz müsste gehackt werden. Alles hat seine Bedürfnisse. Auch das Träumen. Dessen Durst müsste gestillt werden. Die Träume vertrocknen.

In der Zeitung lese ich knattertrocken. In diesen Tagen sagt niemand Sommer. In unseren Mündern sind Hitzewellen, Wassermangel, Trockenheit. Die verdorrten Wiesen wispern. Oder ist es die Luft?
In diesen Tagen schlafen wir nackt. Drei Tiere ohne Pelz, die nebeneinander liegen. Manchmal lieben sich zwei von ihnen, leise, um das Kind nicht zu wecken. Tiere, die sich in die Augen sehen. Wir schauen die versehrten Körper an. Nichts Schlimmes – nur ein paar Narben. Der Schnitt auf meinem Schambein. Der Schnitt auf seiner Wirbelsäule. Mein krummer kleiner Finger. Die aufgeschürfte Haut auf seinem Knie. Bis jetzt sind wir davongekommen.

Ich trinke vom Brunnenrohr. Geniesse den Geschmack des Eisens auf den Lippen. Es ist Oktober und ich lasse das Brunnenwasser aus, zum letzten Mal dieses Jahr. Kratze mit einer Bürste die Algen von den Betonwänden, spüle die Sonnencreme-Resten der Touristen aus. Warte, bis der Brunnen sich wieder gefüllt hat, ein Spiegel für den Himmel. Der Himmel ist blau. Blau wie die Wurzeln des gefällten Nussbaums. Sein Stumpf tränt noch immer. Helle Ringe aussen, die inneren dunkel. Iris und Pupille starren hinauf.

Ich folge meinem Schatten. Er geht voran auf steiler Wiese. Gleitet über Trockenmauern und Distelsterne. Ein Hund bellt. Die grauen Vögel lassen sich nicht stören. Der Wind hat nicht gedreht. Der Steinschlag kehrt nicht bergwärts zurück. Es scheint mir naheliegend, dass ich das Wort erschlagen denke. Ich bin überrascht, dass ich endlich den Ton dieses Textes höre, den ich seit April schreiben möchte. Nachdem ich die Gedanken getränkt habe, tropft Wort für Wort, messingfarben.

Dichterin und ihre Übersetzerin
Flurina Badel «tinnitus tropic / tropischer tinnitus, poesias / lyrik», Übersetzung von Ruth Gantert, Flurina Badel, Visueller Beitrag von Jérémie Sarbach. Nachwort von Dumenic Andry, 156 Seiten, Zürich, Edition Howeg, 2023

Flurina Badel, 1983 geboren, lebt in Guarda im Engadin. Nach einer Erstausbildung zur Journalistin war sie als freischaffende Dokumentarfilmerin und Moderatorin tätig. 2015 absolvierte sie den Master of Fine Arts am Institut Kunst der HGK FHNW in Basel und war 2017/2018 Gaststudentin am Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst Wien. Seit 2014 arbeitet sie hauptberuflich im Künstler-Duo Badel/Sarbach, dem unter anderem der Manor-Kulturpreis 2019 verliehen wurde. Seit 2016 ist Flurina Badel die zuständige Redaktorin der rätoromanischen Literatursendung «Impuls» bei Radiotelevisiun Svizra Rumantscha und sie moderiert oder kuratiert kulturelle Anlässe wie zum Beispiel das Symposium LitteraturA Nairs. Flurina Badel schreibt zweisprachig, auf Rätoromanisch und Deutsch. Für ihre Texte wurde sie 2018 mit dem OpenNet-Preis der Solothurner Literaturtage und mit dem Double-Stipendium des Migros-Kulturprozent, 2020 mit dem Schweizer Literaturpreis und 2022 mit dem rätoromanischen Literaturpreis Term Bel ausgezeichnet.

Ruth Gantert wurde 1967 in Zürich geboren, wo sie heute lebt. Sie studierte Romanistik in Zürich, Paris und Pisa. Sie war Dozentin für französische Literatur an der Pädagogischen Hochschule St. Gallen. Heute ist sie Literaturvermittlerin, Redaktorin und Übersetzerin.

Webseite der Autorin 

Beitragsbild © Jérémie Sarbach

Cornelius Müller «Heimat – ein Reisetagebuch», Plattform Gegenzauber

Es gibt keinen ruhigeren Ort für einen Spaziergang als das Neubaugebiet um achtzehn Uhr dreißig. Die Häuser stehen in Zehnerblöcken, weißer Putz, schwarze Dachziegel. Wer es ausgefallen mag, versieht die Fassade mit einem Farbstreifen auf halber Höhe. Fetzig, so muss der Auftrag gelautet haben, fetzig soll es aussehen. Man kann sie riechen, die fetzige Farbe, so wie man den Rasen, den Asphalt, die freigelegte Erde aus den Baugruben riecht. 
Noch sind die Hecken nicht hoch genug, noch lassen sich hinter den Glasfronten die frischen Familien beobachten. Die Kinder mit geraden Rücken und baumelnden Beinen, die Eltern mit großen Gesten am Herumreichen, hier die Butter, dort der Landschinken, gern schneid ich dir noch eine Scheibe vom Brot ab, ist das nicht toll, aus dem Holzofen, nein, schmieren musst du es schon selbst. Im Garten davor steht der Spielturm aus dem Baumarkt, der alles hat, wirklich alles: Schaukel, Rutsche, Klettergriffe, Häuschen, Sandkasten. Warmes Abendlicht legt sich über den Holzkoloss. Irgendwo piepst ein Marderschreckgerät. Eine Perserkatze huscht über den Gehweg, das Fell noch kurz, auch sie eine Neuanschaffung. Ein Elektroauto surrt in seine Einfahrt. Daneben stehen die Jungbäume Spalier, an Pfähle geknotet, so wachsen sie gerade. Die Straßen heißen Bertolt Brecht, Theodor Fontane und Friedrich Schiller.

Was macht eigentlich Thea Seeger? Immer wieder treibt mich die Frage um während meines Besuchs in Stetten. Thea war das strohblonde Mädchen, lebhaft und auf eine meist gute Weise frech, das den Jungs aus der Realschule Paroli bot, wenn die in der großen Pause zu uns Grundschülern rüberkamen. Sie hatte denselben Schulweg wie ich und ab und zu war ich wohl ein bisschen verliebt, wenn sie vor ihrem Haus unter dem Straßenschild wartete, damit wir zusammen gehen konnten. 
Das erste Mal fahre ich auf daran vorbei, als mein Vater mich vom Bahnhof abholt. Später noch einmal mit dem Fahrrad. Irgendwann fällt mir auf: Ich nehme immer denselben Weg, obwohl es viele andere gäbe. Da ist das schicksalhafte Gefühl, dass ich ihr begegnen werde. Dort vor ihrer Einfahrt, vielleicht sogar unter dem Straßenschild. Oder später, beim Laufen mit dem Hund. Da bin ich mir fast sicher, dass sie mir gleich entgegenkommen wird, und dann werde ich sagen: „Thea! Mensch, wie geht’s dir, Thea? Und was machst du eigentlich mittlerweile?“ Wir werden ein paar Sätze wechseln und uns gutmütig zulächeln und wieder unserer Wege gehen, und ich werde denken: Ah ja, das macht sie also! 
Am Samstagabend treffe ich im Spitz, der speckigen Stammkneipe neben der Kreissparkasse, den David und den Raible. David hat zwar immer noch seine Tunnelohrringe, ist aber mittlerweile nach Stuttgart gezogen und hat bei seinem Arbeitgeber vier Tage Homeoffice pro Woche rausgehandelt. Raible hat das Abi abgebrochen, dann ein FSJ gemacht, dann ein Informatik-Studium abgebrochen, jetzt aber eine Ausbildung zum Jugendbetreuer in Stuttgart begonnen, wo alles super ist bis auf den Nachbarn. Der ist ein richtiges Arschloch, das in seinen Beschwerde-Mails an die Hausverwaltung die verschiedenen Geräusche, die er um halb eins gehört haben will, nach Typen sortiert aufzählt: Möbelrücken, mehrstimmige Unterhaltungen, Türquietschen, lautes Gelächter. 
Wir trinken Weinschorle und Pils und den ganzen Standardkram. Darüber vergessen wir das Championsleague-Finale, das die restlichen Kneipengäste an den Fernseher fesselt. Einer nach dem anderen packen wir die alten Geschichten auf den Tisch. Die Europatour mit der Jungschar. Die Partys bei David im Keller mit Billigvodka und miesem Tomorrowland-Techno. Überhaupt die Partys. Auf den Grillplätzen, in den Bauwägen, den Turnhallen und den Festzelten, und nichts anderes zählte als dabei zu sein, dabei so hart und so lange wie möglich. Dabei, damit man sich am Montag erzählen konnte, wie der Josh am Straßenrand eingepennt oder der so und so sich die Ina geklärt hatte. 
Irgendwann spät am Abend, wir sitzen angetrunken und zugekifft am Kneipentisch und träumen von den Zeiten, in denen der Spitz noch Bockwurst mit Senf verkaufte, sagt Raible: „Leute, wisst ihr, was ich mich immer wieder frag, wenn ich daheim aufm Bett lieg und an früher zurückdenk?“
„Ne Digger, was denn?“
„Was macht eigentlich Thea Seeger?“

Bei Oma und Opa ist neben der Klopapierrolle jetzt ein Haltegriff in die Fliesen geschraubt. Auf der Kloschlüssel liegt ein sperriger weißer Aufsatz. Oma plant ihre Tage so, dass sie nur einmal die Treppe runtersteigen muss. Am Dienstagmorgen, bevor der Mann vom Pflegedienst kommt, frühstücken wir deshalb im Schlafzimmer. Sie im Sessel, Opa und ich auf der Bettkante. Opa zieht das Rouleau hoch. Ein breiter Streifen Morgenlicht fällt auf den Teppichboden. 
„Ich mag das ja nicht, wenn man hier so reingucken kann ohne den Rollo.“
„Och Jutta, nun lass doch mal gut sein. Hier guckt doch niemand rein, was haben die denn davon.»
„Ja. Aber ich muss denn nachher auch sehn, dass ich rechtzeitig fertig bin, bevor der Mann von der Pflege kommt.“
„Jutta. Der kommt um zehn Uhr. Das ist noch über eine Stunde, das wird uns ja wohl reichen.“
Die Löffel klimpern in den Müslischalen, dann Oma, wie zu sich selbst: „Ich mag das einfach nicht leiden, Termine am Morgen.“
Später auf der Terrasse herrscht konzentriertes Schweigen. Augen zusammenkneifen hinter Lesebrillen. Opa mit der Lokalpolitik, Oma mit dem ADAC-Prospekt. Bis vor einem Jahr waren es hier Oma, Opa, Tante Hannah, Onkel Ed. Der Doppelhaustraum, dann der Unfall. Um eins holt Hannah Ed aus dem Pflegeheim. Die Sportsonnenbrille und die Kappe sitzen schief. Er gibt ein dünnes „Moin!“ von sich und legt eine Reihe Schneide- und Eckzähne frei. Gemeinsam hieven wir ihn die Rampe von der Garage zur Terrasse herauf, dann rollt Hannah ihn an seinen Platz im Schatten der Markise. Sie rückt die Kappe und die Sonnenbrille zurecht, schiebt ihm ein Kissen unter die Hände. 
„Alles gut, Ed?“, frage ich.
„Ne!“, sagt er. 

Oma hat derweil einen Bericht über die Mecklenburgische Seenplatte entdeckt.
„Ach, wenn ich all die Urlaubsorte sehe, da möchte man glatt nochmal reisen.“ Ihre Stimme wackelt verdächtig. Opa bedient sich seiner altbewährten Abwehrstrategie, ein bisschen Humor hat noch niemandem geschadet: „Ja, da musst du das wie Margret machen, die war da überall schon.“
Tante Margret sitzt im Altersheim und schaut dort allabendlich ihre Reisereportagen. Seit einem halben Jahr lässt eine fortschreitende Makuladegeneration ihr Sichtfeld verschwimmen. Wenn die Stimme aus dem Off sagt, dass die Mecklenburgische Seenplatte aus über tausend Seen besteht, die durch ein engmaschiges Netz aus Flüssen, Bachläufen und Kanälen verbunden sind, sieht Margret auf dem Fernseher grüne, braune und blaue Schlieren; den Rest ergänzt ihr Gedächtnis.
Abends, nachdem Oma die Reise Richtung Bett angetreten und Opa sich, „Ou, jetzt kommt mein Barnaby!“, vor den Fernseher gesetzt hat, sitze ich mit Hannah auf der Terrasse. Wir trinken Whiskey Sour. 
„Das ist anders geworden, das ist wirklich alles ganz anders geworden. In den letzten zwei Jahren, da hat sich das alles verändert hier bei uns. Willst du noch einen?“ 
Wir diskutieren das Mischverhältnis und die Familiengeschichte und den Sternenhimmel und das Flugverhalten der Fledermäuse. Hannah schenkt nach.

Cornelius Müller studiert Psychologie an der Universität Konstanz mit einem Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes. Er veröffentlicht Kurzgeschichten im Konstanzer NUN-Magazin und hat im Laufe seines Studiums diverse Schreibseminare besucht, zuletzt die Schreibakademie Kurzgeschichte bei Hanns-Josef Ortheil. Im Rahmen seines Projekts „Heimat – ein Reisetagebuch“ sammelt er Eindrücke, die zwischen seinem Studienort, seinem Heimatdorf im Schwarzwald und dem Wohnort seiner Großeltern an der Nordseeküste pendeln.

Beitragsbild © privat

Walle Sayer „Die Spätauslese des Gesehenen – vier Gedichte“, Plattform Gegenzauber

Litanei

Auch Wurstfinger haben ihre Feinmotorik.
Auch die verrauchte Stammkneipe ist Fakultät.
Auch Friedhofsbänkchen oder Mauervorsprung bieten Logenplätze.
Auch der Katzenradius um den heißen Brei zeichnet eine Umlaufbahn.
Auch die Einkaufsliste des Alleinstehenden ließe sich deklamieren.
Auch Geld verschwenden sei mitunter eine Art, es zu verachten.
Auch Schlafsack und Fallschirm sind entfernte Verwandte.
Auch die kahle Glühbirne an der Zimmerdecke wäre ein Gestirn.
Auch ein herumgereichter Plastikbecher könnte als Kelch dienen. 
Auch den Sichtschutz aus Klarheit kann es geben. 

 

Steht, stand, gestanden

                                      Das ist eine Geschichte, dieser eine Satz.
                                              Peter Bichsel

Auf dem Podest einer Gartenmauer, 
unter dunkel aufziehenden Regenwolken,
steht da in sich verstummt ein Karton 
voll aussortierter Kinderbücher.

Die Erschöpfung stand am Küchentisch,
hielt inne und starrte in den Strudelteig,
schloß für einen Moment die Augen,
als könne man auch so untergehen.

Mit dem Einläuten der letzten Runde ist einer auf-
gestanden und klopfte, bevor er ging,
mit seinen hellen Fingerknöcheln
dreimal auf die Tischplatte.

 

Begegnungsstätte

Durch einfallendes
Straßenlampenlicht erhellt,
im Halbdunkel von Praxisräumen,
in einem dämmernden Gemeindesaal,
dies aufatmende Stilleben,
nachdem der abendliche Gesprächskreis
aufgelöst wurde, gegangen ist,
rundum die Stühle zurückließ,
die jetzt alleingelassen 
sich auf sich selbst gesetzt haben,
mit ihren müden Lehnen,
den schwebenden Sitzflächen,
ihrem ersten Schattenentwurf,
ein eigenes Zentrum bilden, 
sich konstituierten,
aber nichts erwidern,
nichts entgegnen,
keine knifflige Antwort wüßten
auf die ungestellte Frage,
einander nur groß anschweigen 
in ihrer Verbliebenheit.

 

Die Spätauslese des Gesehenen

Der morgens schon vollgestellte Parkplatz vorm Amtsgericht.
Der Neubau einer Freikirche, die dastand als Gebetsfiliale.
Ein Toupetträger, dem man ansah, daß er ein Toupet trug.
Das aufgebrochene Geheimfach eines verweinten Gesichtes.
Etwas Zentrierendes, wie eine stillende Mutter im Raum.
Das einzige Grab in der Reihe, das von Bienen angeflogen wurde.
Das stotternde Fahrschulauto, das am Kapellenberg das Anfahren übte.
Die Mauer, als träte sie hinter den Schatten zurück, den sie warf.
Inmitten des nicht abgeräumten Tisches: die Grazie eines Weinglases.
Die abgenutzte Zahnbürste, die deinen Blick erwiderte.
Vertrocknete Mäusekötel in einer Werkzeugkiste.
Der Schnullerabdruck um den Babymund.

 

Walle Sayer, 1960 in Bierlingen bei Tübingen geboren, lebt in Horb am Neckar und schreibt Gedichte und Prosa. Veröffentlichungen seit 1984. Seit 1994, seit dem legendären Erfolg seiner Prosa «Kohlrabenweißes», erscheinen seine Bücher in enger verlegerischer Zusammenarbeit mit Hubert Klöpfer. Zuletzt erschienen „Mitbringsel“ (2019 ), „Nichts, nur“ (2021) und „Das Zusammenfalten der Zeit“ (2022).
Walle Sayer erhielt über die Jahre namhafte Stipendien und Auszeichnungen, u. a. den Berthold-Auerbach-Preis, den Thaddäus-Troll-Preis, den Basler und den Gerlinger Lyrikpreis, 2020/21 das Jahresstipendium des Deutschen Literaturfonds. Er ist Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller und im Deutschen PEN.

Beitragsbild © Charly Kuball