Helmut Blepp «Im kalten Advent» – Die Lücke 1/7

Der Morgen ist klirrend kalt, eigentlich zu kalt für Dezember. Max und Wulle treten aus dem Schlafwerk, wo sie für die Nacht eine Unterkunft gefunden hatten. Sie stellen ihre Krägen hoch und vergraben die Hände in den Parka-Taschen. 
„Lausiger Service da drinnen“, sagt Wulle, und Max bestätigt: „Nicht mal der Tee war richtig heiß. So sind die Katholen, sparen an allem.  Aber komm, lass uns zum Bahnhof gehen, ein paar Münzen sammeln für einen starken Kaffee.“ 
„Nein“, widerspricht Wulle. „Ich habe jetzt Bock auf einen Glühwein.“
„Wäre schön, aber ich bin völlig blank. Hast du etwa Geld?“ 
„Nicht wirklich. Aber ich kenne einen auf dem Weihnachtsmarkt, der hoffentlich eine Runde springen lässt.“ 

Auf dem Markt ist noch nicht viel los. Die meisten Händler öffnen jetzt erst ihre Verkaufsstände, legen gerade ihre Waren aus oder machen ihre Kassen einsatzbereit. Hinter dem Tresen des Stands, zu dem Wulle seinen Kumpel führt, steht ein großer Mann mit Walross-Schnauzer und putzt Keramiktassen. 
„Moin, Atze“, grüßt Wulle ihn. „Echt frostig heute, was?“ 
Atze schaut auf, legt die Stirn in Falten und brummt ein „Moin“. 
„Du, Atze, wäre es möglich, dass mein Freund und ich an einem so kalten Tag einen Glühwein spendiert kriegen?“ 
Die Stirnfalten des Angesprochenen vertiefen sich. 
„Wulle“, sagt er verärgert, „du hast mir zwar beim Aufbau der Hütte hier geholfen, aber ich habe dich dafür auch bezahlt. Dass du ab und zu mal einen Glühwein haben kannst, war ausgemacht. Aber ich versorge nicht auch noch deine Kumpels mit.“ 
„Ist klar“, stimmt Wulle devot zu. „Der Max hier ist aber nicht irgendein Kumpel, und ich verspreche dir, wenn der Markt vorbei ist, wird auch er uns beim Abbau und Verpacken helfen. Das macht der gern!“ 
Max nickt bestätigend.
„Sei´s drum“ lässt Atze sich erweichen. „Dann ist das halt meine gute Tat für heute.“ 
Er gießt zwei Portionen dampfenden Glühwein aus einer großen Pumpkanne ein. 
„Aber die Tassen will ich wieder haben, sonst gibt es Ärger!“

In den Markt kommt langsam Leben. Die ersten Besucher schlendern durch die Gänge, eine heiße Wurst oder ein Getränk in der Hand. Aus allen Ecken ertönen Weihnachtslieder. Überall leuchten bunte Sterne auf, Engel aus Kunststoff oder Holz verteilen Segen, Nikoläuse tanzen zu alten Rock-Songs.
Max und Wulle trinken, die Ellbogen auf einen hohen runden Tisch gestützt, langsam ihren Wein. 
„Und was machst du an Heiligabend“, fragt Max. 
Wulle reibt sich nachdenklich über das ausgeprägte Grübchen am Kinn, das unter seinem struppigen Bart versteckt liegt. 
„Eigentlich wollte ich zur Speisung bei der Caritas, aber ich denke, dieses Jahr gehe ich mal in die Vesperkirche. Ich habe gehört, die haben einen neuen Pfarrer, der nicht so ein nerviger Betbruder ist. Außerdem heißt es, dass die dort gut kochen. Und am Schluss kriegt man noch eine Tüte mit Obst und Süßem. Manchmal sind auch ein Paar Strümpfe von den Landfrauen mit drin.“ 
„Klingt gut!“ Max ist beeindruckt. „Ich glaube, da schließe ich mich an.“ 
Er schaut über Wulles Schulter und beobachtet Atze, vor dessen Stand sich bereits eine kleine Schlange gebildet hat. 
„Ist gut im Geschäft, unser Gönner“, stellt er fest. „Kennst du den schon lange?“ 
„Ja“, antwortet Wulle. „Seit Jahren. Wir waren mal Kollegen sozusagen. Damals hatte ich eine Imbiss-Bude.“ 
„Nee, was!“ Max ist erstaunt. „Du und Imbiss! Mann, das wusste ich gar nicht. Und warum hast du den nicht mehr?“ 
Wulle dreht seine Tasse in den Händen, sagt aber nichts und guckt an Max vorbei zu einem Verkaufsstand gegenüber, in dem Aufziehäffchen verkauft werden. Der Verkäufer lässt immer wieder welche über den Tresen hüpfen. Einige Leute, die vorbeikommen, amüsieren sich. 
Max wird die Stille peinlich, deshalb stößt er seinen Freund leicht an der Schulter und sagt: „Du, tut mir leid, die Fragerei! Geht mich ja auch nichts an.“ 
„Schon gut“, beruhigt Wulle ihn. „Ist lange her, fast dreißig Jahre. Ich hatte die Metzgerlehre geschmissen, war auf Zeit beim Bund. Von der Abfindung habe ich mir den Stand gekauft. Dann traf ich Marie, und wir heirateten. Den Imbiss führten wir zusammen. Wir arbeiteten praktisch Tag und Nacht, verdienten auch nicht schlecht dabei. Und meine Frau war ein Engel.“ 
Wulle verstummt wieder und schaut nach drüben zu den Äffchen. Die Leute lachen, aber niemand kauft eins der Spielzeuge.
Max ist jetzt doch richtig neugierig geworden und kann es nicht abwarten, bis sein Freund weitererzählt. „Ja, und dann“, fragt er ungeduldig. 
„Sie wurde schwanger.“ 
„Und? Wolltet ihr denn keine Kinder?“ 
„Sie wurde schwanger von einem anderen.“ 
Max rutscht spontan: „Scheiße“ heraus und, nachdem er tief Luft geholt hat, fragt er: „Weißt du das sicher?“ 
Wulle lächelt freudlos und hebt den Blick. 
„Ich bin zeugungsunfähig. Das wussten wir schon vor der Hochzeit.“ 
Max ist sprachlos. Ganz langsam dreht er sich eine Zigarette, schaut auf das glitzernde Treiben ringsum, auf den von Glühbirnchen erzeugten Sternenschein, die immergrünen Plastiktannen, die kitschigen Himmelsboten mit den vergoldeten Flügeln, deren Münder aus einem aufgedruckten O bestehen und auf ihre leblos starrenden Augen, die über alles und jeden hinwegblicken. Weihnachten, denkt er, das hier kann doch nicht alles sein. Und dann spricht er es aus. 
„Sie war ein Engel, sagst du! So eine geht doch nicht fremd!“ 
„Aber ich bin doch unfruchtbar“, empört sich jetzt Wulle über den Freund. „Kapierst du das nicht? Ich habe das nicht ertragen, dass sie mich hintergangen hat. Ich konnte das nicht. Deshalb musste ich weg.“ 
„Was ist dann aus ihr geworden?“ Max will es jetzt wissen. „Und aus dem Kind?“ 
„Keine Ahnung“, bekennt Wulle mit rauer Kehle. „Sechs Monate habe ich das ausgehalten, habe mich mit Schnaps betäubt, neben ihr und ihrem dicker werdenden Bauch. Dann bin ich abgehauen.“ Völlig aufgelöst, mit Tränen in den Augen, sieht er Max an. „Ich weiß einfach nicht, was aus ihnen geworden ist.“ 
Max ist fassungslos, hat keine Ahnung, wie er mit dieser Situation umgehen soll. Das sich überlappende Weihnachtsgeplärre aus den Lautsprechern, das Geglitzer und Geflitter, diese Stimmung, als gäbe es noch Weihnachten wie früher, all das bietet ihm keinen Ausweg aus dieser Situation. Wulle braucht Trost, aber woher nehmen! 
Max tritt an seine Seite, umarmt ihn unbeholfen, sucht nach Worten. 
„Wenn sie ein Engel war, und ich glaube dir das aufs Wort“, flüstert er ins Ohr des anderen, „vielleicht ist sie dann gar nicht fremdgegangen. Vielleicht war es ein Wunder!“ 
Wulles unkontrolliertes Lachen schreckt die Marktbesucher auf. Eilig gehen sie weiter. 

Heiligabend. Die beheizte Vesperkirche ist mit Tischen und Bänken in einen Speisesaal verwandelt worden. Es riecht schon nach gekochtem Essen, aber noch redet der Pfarrer. Der bärtige junge Mann steht auf der Kanzel und spricht über jene, denen gegeben wird. 
Max hat gedrängt, also sind sie früh losgegangen und haben einen guten Platz erwischt, ziemlich weit vorne in der Nähe des mit Kerzen geschmückten Altars. Voller Genuss trinken sie ihren Eierpunsch, der zur Begrüßung gereicht wurde, und genießen die wohlige Wärme. Später wird von den Helfern Gänsebraten mit Rotkohl und Klößen serviert werden, und am Ausgang steht ein langer Tisch mit den Geschenktüten, zu deren Inhalt auch wieder die Wollerzeugnisse der Landfrauen gehören. 
Wulle hat in den vergangenen Tagen viel nachgedacht. Es hat ihm gutgetan, Max von seiner Vergangenheit zu erzählen. Er schaut den Freund an, der ihm gegenübersitzt, und ist immer noch berührt von dessen Bemerkung mit dem Wunder. Seither lässt ihn diese Idee nicht mehr los. Auch jetzt nicht. Deshalb hört er dem Pfarrer auch nicht wirklich zu und bemerkt gar nicht, dass der jetzt kurz innehält, voller Empathie auf seine Gemeinde herunterblickt und sich nachdenklich über das ausgeprägte Grübchen am Kinn reibt, das unter seinem Bart verborgen ist.

Helmut Blepp, geboren 1959 in Mannheim, bis 2024 selbständiger Berater, lebt in Lampertheim, zahlreiche Veröffentlichungen in deutschsprachigen Zeitschriften und Anthologien, fünf Lyrikbände, zuletzt „Erinnerungen im Kartenhaus“ (Moloko plus, 2025)

Adventsgeschichten 2024

Adventsgeschichten 2023

Adventsgeschichten 2022

Die Illustration von Lea Le ist ein Geschenk von literaturblatt.ch und der Künstlerin als Preis für einen der 7 ausgewählten Texte.

Mahnmale mit Hoffnung? Ishbel Szatrawska «Die Tiefe» / Sergej Lebedew «Die Beschützerin»

Dem unverändert aktuellen Thema von Krieg, Gewalt und Zerstörung widmen sich zwei lesenswerte Bücher auf unterschiedliche Weise. Sowohl Ishbel Szatrawska aus Polen mit ihrem Debüt als auch Sergej Lebedew aus Russland mit einem neuen Roman. Beide sind 1981 geboren.

Lieber Gallus

Vor Kurzem trafen wir Freunde und Bekannte aus der Ukraine anlässlich der Tournee des grossartigen Chores «CANTUS» aus Uschgorod, Transkarpatien. Sie berichteten eindrücklich, wie sie den Krieg erleben. Es sitzen junge Leute in Kiev in ihrer Freizeit in den Cafés zusammen und diskutieren lebhaft, obwohl sie nachts bei steten Bombenangriffen kaum schlafen. Das Strassenbild tagsüber im Zentrum gleicht einer modernen europäischen Stadt, unweit davon entstehen täglich neue Zeichen der Zerstörung. Müde, aber überzeugend kämpfen sie weiter um ihr Land, ihre Kultur, ihr Leben. Für uns Schweizer nicht vorstellbar.

Ishbel Szatrawska hat einen historischen Familienroman geschrieben, der im ehemaligen Ostpreussen spielt. Diese Gegend hat eine sehr bewegte Geschichte an einem Schmelztiegel von Völkern, hier haben Polen, Deutsche, Litauer und Russen um Macht und Einfluss gekämpft. Nur schon von diesen historischen und kulturellen Verflechtungen zu erfahren, war für mich hochinteressant. Der Zweite Weltkrieg mit dem Nationalsozialismus, die sowjetische Invasion und die Jahre des Kommunismus in der Region um Königsberg bilden den Hintergrund des Romans. Hauptpersonen sind die Grossmutter Janka und die Enkelin Alicja sowie der Chirurg Max und Jankas Sohn Wolf. Ihre Erlebnisse in einer Zeit des Umbruchs, des Krieges mit Verschiebung der Grenzen werden bildhaft und sprachgewaltig geschildert. Jede Person bekommt ein charaktervolles Gesicht und bleibt trotzdem geheimnisvoll. Einige Weiterentwicklungen bleiben für den Leser, die Leserin offen, machen das Buch noch interessanter und anregender. Ein Roman, der wirklich in tiefe Abgründe des Menschseins führt.

Ishbel Szatrawska «Die Tiefe», Voland & Quist, 2025, aus dem Polnischen von Andreas Volk, 461 Seiten, CHF ca. 35.90, ISBN 978-3-86391-414-1

Die aus Olsztyn stammende Autorin möchte mit ihrem Buch eine Lücke füllen, da bisher Vieles aus der Geschichte Ostpreussens nicht bekannt ist und kaum aus der Sicht einer Polin dargestellt wurde. An der Buchvernissage im Literaturhaus Zürich sagte sie, dass das Buch in Polen in den verschiedenen Bezirken sehr kontrovers aufgenommen wurde. In der ehemals ostpreussischen Region sehr gut, in Zentralpolen teils mit Unverständnis. Dort hat die polnische Bevölkerung die Deutschen als Invasoren erlebt.

Mich hat die poetische kraftvolle Sprache von Szatrawska sehr beeindruckt. Zeitlich und örtlich hin und her springend erzählt, ist das Buch nie unübersichtlich. Der geschickte Perspektivenwechsel gibt dem Werk eine faszinierende Dichte und Tiefe. Wie sich Grossmutter Janka und ihre ebenso starke Enkelin Alicja den Herausforderungen stellen, bleiben im Gedächtnis hängen:

Nimm nichts von Deutschen. Alicja erstarrte, sie hielt ein bunt verpacktes Schokoladenbonbon in ihrer Faust. Sie brauchte sich nicht umzudrehen. Auch so wusste sie, dass Grossmutter Janka mit der Zigarette in der Hand unter dem Vordach stand, unbewegt, bedrohlich. Obgleich der Sommer in diesem Jahr ein typisch preussischer war, mässig warm, wolkig, mit unangenehm kühlem Wind aus Norden, spürte sie, wie ihr heiss wurde. (Buchanfang, Janka noch Mädchen)

Wie der Chirurg Max umgeben von immer mehr Zerstörung und Eindringen der Russen unter schwierigsten Bedingungen und in einem widerlichen Umfeld arbeiten muss, haben mich als pensionierten Hausarzt erschüttert:

Halt!, rief Max, das ist ein Operationssaal. Der Grösste der Meute zielte sofort auf seinen Kopf. Unwillkürlich hob er die Hände. Johanna schluchzte in der Ecke. Er hörte, wie sie ihr die Kleider vom Leib rissen. Er schaute in den Lauf des Gewehrs, um die Frauen nicht sehen zu müssen, in der erhobenen Hand hielt er noch immer den Nadelhalter. (Russeneinfall in Königsberg am Ende des Zweites Weltkriegs)

Menschen verlieren Würde und Heimat und müssen entwurzelt ums nackte Überleben kämpfen.
Keine leichte Kost, aber ein Buch, das zu Herzen geht. Sehr zu empfehlen!

Sergej Lebedew, studierter Geologe setzt sich bereits seit Jahren mit den unterirdischen Spuren menschlichen Terrors auseinander. Erstmals 2011 (deutsche Ausgabe) mit «Der Himmel auf ihren Schultern» und aktuell im soeben erschienen Roman «Die Beschützerin»; Fünf Tage im Juli 2014 im Donbass, wo bereits die Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg Tausende Juden umgebracht und verscharrt haben. 2014 wurde zudem ein Passagierflugzeug von den Russen abgeschossen.

Sergej Lebedew «Die Beschützerin», S. Fischer, 2025, aus dem Russischen von Franziska Zwerg, 256 Seiten, CHF ca. 37.90, ISBN 978-3-10-397521-5

Der russische Originaltitel »Белая дама», «Die weisse Dame», wäre für mich sinnvoller, denn Marianna, dreissig Jahre lang Leiterin einer Bergbau-Wäscherei, versucht dunkle hartnäckige Flecken in der Wäsche weisszuwaschen. Später versucht auch ihre Tochter Shanna, unerschöpflich das Böse dieses Ortes wegzuzwaschen. Reinwaschen als Metapher fürs Verdrängen schrecklicher Tatsachen. Hier, im «Schacht ¾» eines Bergbaus lagern bis unter die Erdoberfläche aufgeschichtet Leichen, erschossen und ermordet durch verschieden Aggressoren:

Unter uns liegen von den Deutschen erschossene Soldaten der roten Armee. Unter ihnen die Gefangenen sowjetischer Gefängnisse, erschossen von den Bolschewiki beim Rückzug der roten Armee. Unter ihnen sind weisse, rote, grüne und zufällige Ansässige, als Geiseln genommen und hingerichtet im Bürgerkrieg von den vorrückenden und sich zurückziehenden Truppen… Und unter ihnen sind die getöteten Streikenden der ersten Revolution von 1905.

Eine dunkle Geschichte mit vier ProtagonistInnen zwischen Schuld und Versöhnung, Geschichtsbewusstsein und Vergessen, Verlassenheit und Wut.
Neben Marianna, die «Beschützerin», die an Krebs stirbt, und ihrer Tochter Shanna erscheint Valet, ein früherer Nachbar von Shanna, der «gehärtet und abgedroschen» von Moskau zurückkehrt, um die prorussischen Separatisten zu unterstützen und Shanna endlich zu entführen. Er schenkt ihr einen teuren Lippenstift, den er einer Leiche aus dem abgeschossenen Flugzeug entwendet hat. Auch General «Korol», ein typischer KGB-Offizier, welcher Mariannas Akte unter «Schneewittchen» notiert hat, kehrt an diesen Ort zurück, überwacht die «Totenkammer», Schacht ¾, damit der Bevölkerung keine unnötigen Fragen kamen. Als innere Stimme, als Geist, lässt Lebedew einen jüdischen Ingenieur sprechen:

Daraufhin wurde eine neue Waffe geboren: der lange Arm des Todes, der bis über den Ärmelkanal reichen konnte. Eine vollendete Form, ein Hai der Lüfte, ein Gerät ohne Menschen darin. Es war die V2… Als man uns im Frühjahr 1942 tötete, wurden sie bereits produziert, getestet und vorbereitet. Zwangsarbeiter setzten sie zusammen – lebende Tote. Damit sie andere Menschen in Tote verwandeln konnten.

Erschüttert und nachdenklich lege ich das Buch weg. Metaphorisch etwas überladen zeigt dieses düstere Buch nachhaltig, was Kriege mit uns Menschen machen. Ein Mahnmal! Mit Hoffnung?
Ich bin gespannt auf deine Eindrücke und grüsse herzlich

Bär

© Ada Kopec-Pawlikowska

Ishbel Szatrawska, 1981 in Olsztyn (ehemals Allenstein, Polen) geboren, studierte polnische Literatur und Theaterwissenschaft an der Jagiellonen-Universität in Krakau, wo sie heute lebt und schreibt. Sie ist Autorin von sechs Theaterstücken. Ihr Debütroman «Toń» (dt. «Die Tiefe») stand auf Platz eins der Bestsellerliste für polnische Literatur und wurde zu einem der «10 besten Bücher des Jahres» gewählt.

Andreas Volk, 1971 in Idar-Oberstein geboren, lebt seit bald zwanzig Jahren als Literaturübersetzer in Warschau. Er übersetzte bereits Ishbel Szatrawskas Theaterstück «Totentanz. Schwarze Nacht, schwarzer Tod». 2013 wurde er mit dem Übersetzerpreis der Vereinigung der polnischen Bühnenautoren und -komponisten Zaiks und 2022 mit dem Karl-Dedecius-Preis ausgezeichnet.

Sergej Lebedew wurde 1981 in Moskau geboren und war viele Jahre auf geologischen Expeditionen im Norden Russlands und in Zentralasien unterwegs, bevor er zu schreiben anfing. Sein erster Roman «Der Himmel auf ihren Schultern» stand auf der Longlist des russischen Nazbest-Preises 2011. Zuvor sind in Russland seine Gedichte, Essays und journalistischen Texte erschienen. Lebedew lebt seit 2018 in Potsdam.

Franziska Zwerg, geboren 1969, studierte in Berlin und Moskau Slawistik, Germanistik und Theaterwissenschaft und übersetzt zeitgenössische russische Literatur, neben den Romanen von Sergej Lebedew u.a. Werke von Dmitry Glukhovsky, Viktor Martinowitsch, Viktor Remizov.

Raphaela Edelbauer «Die echtere Wirklichkeit», Klett Cotta

«Aletheia» kämpft gegen Desinformation, Fake-News und Manipulation. Eine Aktivistengruppe, die zu allem bereit ist, auch wenn Blut fliessen muss. „Es gibt nur eine Wahrheit und sie ist absolut», ist Teil ihres Manifests und Kampfansage zugleich. Raphaela Edelbauers Roman ist der mutige Versuch, sich mitten ins Wespennest zu setzen!

Nicht erst seit der Pandemie grassieren „alternative Fakten“. Aber ganz sicher gewannen sie seit dem Niedergang grosser Zeitschriften und Zeitungen an Einfluss. Das Netz ist voller „News-Portale“, die aber eigentlich nicht zur Meinungsbildung beitragen wollen, sondern Meinungen vertreten. Seit sorgältiger Journalismus nicht mehr in einem finanziell gesicherten Umfeld gedeihen kann und private, und von Wirtschaft und Politik gesteuerte Medien mehr oder weniger unabhängige Berichterstattung immer offensiver verdrängen und „Wahrheit“ mehr und mehr relativ erscheint, war es mehr denn je an der Zeit, dass sich die Literatur intensiv mit „Wahrheit“ beschäftigt. Zwar nicht inhaltlich, ist Erzählen doch immer Fiktion, sondern philosophisch und mit dem, was die Desorientierung rund um diesen Begriff an der Gesellschaft bewirkt.

Dass sich Raphaela Edelbauer diesem Thema und all den darunter liegenden Schichten annimmt, ist ein Glücksfall, zumal die Autorin nicht erst mit diesem Roman beweist, wie viel ihr an Tiefe, Einsicht, Genauigkeit und Auseinandersetzung liegt. Was die äusserst kluge Autorin wagt, ist viel und ist vielleicht auch deshalb mit Bravour gescheitert.

Wir wissen, dass der Aufstieg des Populismus und seiner alternativen Fakten, dass Verschwörungstheorien oder das Sabotieren der Wissenschaft dem unbeabsichtigten Wirken des Krebses Postmoderne zuzuschreiben ist. Deswegen streben wir nach einer philosophischen Revolution. Auch wenn sich der Verfall in der politischen und gesellschaftlichen Sphäre ereignet, so kann dieser Verfall nicht ohne einen Umsturz der Begriffe aufgehalten werden. Ohne den Anker eines Wahrheitsbegriffs läuft jede politische Maßnahme ins Nichts.

Raphaela Edelbauer «Die echtere Wahrheit», Klett-Cotta, 2025, 448 Seiten, CHF ca. 40.90, ISBN 978-3-608-96630-5

Eine kleine Gruppe philosophischer Terroristen lebt zusammen in einem abgefuckten Gebäude ohne Heizung, um zum grossen Schlag gegen eine entgleiste Gesellschaft auszuholen. Bernward, Brigitte, Paul, Bettina, die man nur „die Chirurgin“ heisst – und die Erzählerin Petra, die sich selber Byproxy nennt, seit einem Unfall an einen Rollstuhl gefesselt ist und sich mit dem Eintritt in die Gruppe, dem neuen Namen, mehr als nur ein neues Leben geben will. Byproxy muss sich die Akzeptanz der Gruppe schwer verdienen. Nicht zuletzt die Chirurgin ist alles andere als glücklich, dass noch jemand bei den geheimen Plänen mitmischen soll. In einem Geflecht aus politischen Grundsatzdiskussionen, philosophischen Streitgesprächen und einem HinundHer zwischen Misstrauen und Erleichterung dümpelt die Gruppe auf den einen Punkt, der endlich mithelfen soll, eine Wende in der zu Fels erstarrten Gegenwart hinzuführen.

Dass Byproxy im Rollstuhl sitzt, „verdankt“ sie ihrer besten Freundin. Eine Autofahrt mit katastrophalen Folgen. So wie Byproxy, alias Petra, sich aus den Folgen dieser Katastrophe befreien will, so soll das mit dem grossen Knall in der Wiener Innenstadt passieren, obwohl Byproxy weiss, dass sie die Wunden nicht schliessen kann. Die Gruppe handelt aus purer Verzweiflung, aus Verzweiflung an einer Gesellschaft, die mehr und mehr in seine Extreme zerfällt, die allen Ernstes glaubt, Wahrheit sei rein subjektiv, Politik, die sich ihre Wahrheit zurechtbiegt und Menschen, die sich einlullen lassen.

Raphaela Edelbauers heere Absichten, den Diskurs, das Nachdenken über Wahrheit und den Umgang mit solchen scheitert heroisch. Ich mag die Leidenschaft ihres Schreibens, auch wenn ihre Klugheit, das Mit-der-grossen-Kelle-Anrühren manchmal beinahe schulmeisterlich tönt. Ich mag das Setting, wenn ein Stein unaufhaltsam ins Rollen kommt, habe aber Mühe, wenn das Personal im Roman verkopft, seelenlos wirkt. Was Byproxy mit ihrer Freundin auszustehen hat, mit jener Person, mit der sie einst maximal viel verband, die sie aber auch maximal verwundete, diese Geschichte rührt bis in den Bauch. Auch die Verzweiflung an einer lahmenden Gesellschaft.

Ein Buch, das mir nach der Lektüre quer im Magen liegt. Aber vielleicht war genau das die Intention der Autorin. Raphaela Edelbauer will weder streicheln noch schmeicheln. Ihr Roman sperrt sich, will nicht bloss unterhalten. Nur wer sich auf die Gedankengänge dieser übersprudelnden Autorin einlässt, kann sich faszinieren lassen. Schon beeindruckend, auch wenn es vielleicht einen Beipackzettel gebraucht hätte. Das Buch ist kein Versprechen, aber der Biss eines literarischen Pitbulls.

Raphaela Edelbauer, geboren in Wien, studierte Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst. Für ihr Werk «Entdecker. Eine Poetik» wurde sie mit dem Hauptpreis der Rauriser Literaturtage ausgezeichnet. Ausserdem wurde ihr 2018 der Publikumspreis beim Bachmann-Wettbewerb, der Theodor-Körner-Preis und der Förderpreis der Doppelfeld-Stiftung zuerkannt. Ihr Debütroman «Das flüssige Land» stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises, ihr dritter Roman «Die Inkommensurablen» auf der Longlist. Für ihren zweiten Roman «DAVE» erhielt sie den Österreichischen Buchpreis. Raphaela Edelbauer lebt in Wien.

Webseite der Autorin

Beitragsbild © Apollonia Bitzan

Romina Nikolić «Litanei der Leichtigkeit, in der du-«, Sukultur

Es ist ganz leicht, in den Wind zu sprechen, das Falsche zu sagen, sich ins Moos zu wühlen, zwischen Flechten auf dem kargen Stein jenseits der Baumgrenze verblassen zu wollen.

Sie fährt weg, hinauf, mit der Absicht, sich zu entfernen. Hinauf in die Berge, in einen Berggasthof hoch oben, in ein kleines Zimmer, nur mit dem Allernötigsten. Um sich eine Pause zu geben. Vielleicht um Klarheit zu schaffen, denn unten im Tal, dort, wo sich sonst ihr Leben abspielt, ist ein Mann, den sie liebt, dem sie einen langen Brief schreibt, manchmal am Tisch in der Nähe der Gäste im Gasthof, manchmal auf dem Zimmer, manchmal unterwegs. Einen Brief, in dem sie viel mehr schreibt, als das, was sie sich erhofft. In dem sie schreibt, wovor sie sich fürchtet, vor dem Grossen und dem Kleinen, vor all dem Unumkehrbaren, vor dem sich die meisten verschliessen, wenn sie den Gesprächen im Gasthof lauscht, wenn sie sich losschreibt, von all dem, was sich in ihren Kopf zwängt, all die Nichtig- und Oberflächlichkeiten, mit denen wir uns zutexten, mit denen wir über- und zudecken, was mit Grossbuchstaben geschrieben werden müsste.

Ein Brief voller Hoffnungen, ein Brief, den sie nicht abschicken wird, der alles sagt und doch das letzte nicht ausspricht. Die Hoffnung, der Mann im Tal würde seine Sachen packen, würde erkennen, dass sie ihn braucht, dass sie ihn jetzt braucht, wie sehr sie sich wünscht, er würde losfahren und zu ihr kommen. Sie erzählt von ihm, wie er ihr in Nachrichten mitzuteilen versucht, wie leicht der Schritt doch ist aus all den Dingen, die sie nicht aufhalten kann, die sich an sie heften, von denen sie sich nicht befreien kann. Sie glaubt nicht, dass es Auszeit gibt, einen Fluchtplan, dass man alles weglegen kann, selbst das wenige, das sie mit ins Tal nimmt, auch wenn sie die Versuchung spürt, dieses Allerletzte zurückzulassen.

Romina Nikolić «Litanei der Leichtigkeit, in der du–» (SL 219), Sukultur, 2025, 24 Seiten, CHF ca. 3.90, ISBN 978-3-95566-190-8

„Litanei der Leichtigkeit, in der du-“ ist ein leidenschaftlicher Text über das Verlorensein, über die Sehnsucht nach Sicherheiten, ein Zwiegespräch mit sich selbst, mit dem Wind, dem weiten Blick über das Tal. Ein Versuch des Verortens, weil die Erzählerin spürt, dass sie abgetrennt von dem ist, mit dem sie sich doch so verbunden fühlt. Ein Erklärungsversuch all jenen gegenüber, die glauben, man müsse sich bloss ein bisschen schütteln, ein bisschen zusammenreissen, ein bisschen besinnen.

Dieses kleine gelbe Büchlein ist der perfekte Begleiter auf einer Reise. Nicht bloss auf die Reisen weg, sondern auch auf die Reisen hin. Es passt in jede Tasche, als Einladung in ein Tagebuch, als Sehhilfe neben das Bündel Fahrkarten, in die Brusttasche ganz nah beim Herzen, dort wo man den Puls nur noch hört, wenn man unter der Wasserlinie in der Badewanne liegt. „Litanei der Leichtigkeit, in der du-“ von Romina Nikolić ist ein Kleinod aus einer ganzen Reihe literarischer Marksteine unter dem Titel „Schöner Lesen“, herausgegeben von Sofie Lichtenstein und Moritz Müller-Schwefe.

Romina Nikolić, geb. 1985 in Suhl, wuchs in Schönbrunn/Thür. auf, studierte Literaturwissenschaft und Philosophie. Seit 2009 neben der eigenen schriftstellerischen Tätigkeit Organisatorin von Lesereihen und diversen literarischen Projekten, u. a. als freie Mitarbeiterin bei der Literarischen Gesellschaft Thüringen oder Mitbegründerin von Love Crime Books, einem Independent-Label für Fanfiction-Anthologien. Zweifache Preisträgerin beim Jungen Literaturforum Hessen-Thüringen, Walter-Dexel-Stipendiatin der Stadt Jena. Lebt als Projektmanagerin, Lyrikerin und Herausgeberin in Jena.

Romina Nikolić «Bredolsky», Plattform Gegenzauber

Instagram Romina Nikolić

Beitragsbild © Yves Noir

Darf Literatur einem etwas antun? #SchweizerBuchpreis 25/10

Lieber Gallus

Ich bin ein leidenschaftlicher Leser, aber kein Literat oder Germanist. Als Liebhaber von guten Büchern antworte ich dir trotzdem. Dorothee Elmiger hat, wie von dir vermutet, nach dem Deutschen Buchpreis nun auch den Schweizer Buchpreis 2025 erhalten. Du warst in Basel dabei und konntest die Reaktion der «nur» Nominierten vielleicht erfahren. Du fragst mich nach meiner Meinung zu den Buchpreisen. Gestern Abend habe ich im Zug zufällig einen Deutschlehrer einer Kantonsschule getroffen, der mir sagte, «Die Holländerinnen» tue er sich nicht an und das Buch von Jonas Lüscher sei «völlig daneben», er sehe keinen Grund, diese Bücher zu lesen. Ich erwiderte, dass ich die beiden sehr unterschiedlichen Bücher mit Genuss gelesen habe. Da die Bahnfahrt bald zu Ende ging, entstand keine Diskussion.

Ich verfolge die Buchpreise in unseren Nachbarländern nicht, frage mich aber, ob deine These stimmt. Offenbar gibt es Autoren, die bei der Nichtwahl sehr enttäuscht und missmutig reagieren. Dabei ist die Nominierung meiner Meinung nach bereits eine hohe Auszeichnung. Und 2025 waren alle 5 Bücher preiswürdig. Heutzutage wird viel geschrieben und auf verschiedenen Medien kommuniziert. Die Bücher sind so unterschiedlich wie die Menschen. Unsere Welt ist voll Unsicherheit, Bedrohung und Angst. Welche Kriterien gelten für ein aussergewöhnliches Buch? Womit soll es sich befassen? Welches bekommt einen Preis?

Milo Rau sagte im letzten Literaturclub: Wie lange und wie heftig die Jury zum Entscheid um den diesjährigen Literatur-Nobelpreisträger wohl diskutiert haben mag, wissen wir nicht. Dort geht es sicher nicht um Verkaufswerte, die Bücher sind zu anspruchsvoll. Bei den Buchpreisen der Schweiz, Deutschlands oder Österreichs entscheidet auch eine unabhängige Jury. Wieweit kommerzielle Gründe die Jury beeinflussen, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich sehe aber keinen Grund, dass Nicht-GewinnerInnen den Preis als Zeichen reinen Kommerzes betrachten müssten.

Ich habe soeben «Balg» von Tabea Steiner gelesen, ein berührendes Buch, das auch nominiert und nicht preisgekrönt wurde. Wie das die Autorin empfunden hat, müsste ich diese fragen. Sie ist auch ohne Preis weiter erfolgreich. Natürlich ist, wie ich als Mitarbeiter in einer Buchhandlung erfahren habe, der Einfluss einer Nominierung auf die Verkaufszahlen der ausgezeichneten Bücher vorteilhaft.

Zwischen hochkomplex-anspruchsvoll und leicht lesbarer bildreicher Literatur gibt es viele Varianten und Durchmischungen. Zum Glück! Ich bin sicher nicht der Einzige, der die Spannung und Bereicherung durch verschiedene Schreibstile schätzt. Je nach Lebensphase, Stimmung und Verfassung lese und bewerte ich ein Buch anders. Dazu regt mich die Beurteilung von Bekannten wie beispielsweise des oben erwähnten Deutschlehrers zum Nachdenken an.

Mit herzlichem Gruss
Bär

Lieber Bär

Das richtige Buch hat den Schweizer Buchpreis gewonnen, auch wenn Jonas Lüscher «literarisch» ein ebenbürtigen Mitnominierter war. Und kaum je waren die 5 Nominierten so sehr darum bemüht, das Nichtgewinnen wie den Preis selbst zu einer emotionalen Selbstinszenierung werden zu lassen. Dorothee Elmiger dankte ihren «KonkurentInnen» explizit und relativierte mit dem Blumenstrauss in der Hand mit dem Satz «Das beste Buch gibt es nicht» gleich auch den Preis selbst.

Wahrscheinlich liegt es an der Aufstellung des Preises, steht doch im Reglement, man zeichne mit dem Preis das beste erzählerische oder essayistische deutschsprachige Werk des Jahrgangs aus. Genau hier liegt die Krux dieses Preises. Kann man das beste Buch aus all den anderen herausholen und über alle anderen stellen? Versucht man nicht ein Siegertreppchen zu bauen, wo ein solches gar nicht möglich ist, selbst dann, wenn in der Jury die richtigen Leute sitzen?

Weil es ein Preis des Buchhandels ist, wird ein Buch und keine Person prämiert. Der Nobelpreis wird für ein Lebenswerk vergeben, genauso der Schweizer Grand Prix Literatur (2025 an Fleur Jaeggy) oder auch der Solothurner Literaturpreis (2025 an Alain Claude Sulzer). Wem würde es einfallen, jene Juryentscheide zu kritisieren, denn alle, die Fleur Jaeggy oder Alain Claude Sulzer kennen, wissen; Sie haben den Preis für ihre herausragenden Leistungen verdient! Und genau darin liegt einer der Gründe, warum sich AutorInnen mit ihren Büchern den Buchpreisen in Deutschland, Österreich und der Schweiz verweigern; weil es eigentlich unmöglich ist, Bücher in einen Wettbewerb zu stellen. Ralf Rothmann, einer der Grossen der Literatur, sagt Lieber nicht, lieber kein medialer Wettbewerb, der über Wochen hinweg Romane gegeneinander ausspielt. Das verstehe ich sehr gut.

Trotzdem! Wie gut war die diesjährige Nomination für Melara Mvogdobo, die mit «Grossmütter» berechtigt grosse Aufmerksamkeit erhielt. Wie gut 2024 für Mariann Bühlers Roman «Verschiebung im Gestein» oder 2023 für Adam Schwarz mit «Glitsch«… oder für Tabea Steiners Roman «Balg». Schon deshalb ist der Schweizer Buchpreis wichtig.

Und zum Glück bleibt dem Schweizer Buchpreis bisher der grosse Eklat, so wie 2024 in Deutschland mit Clemens Meyer, der als Nominierter den Entscheid der Jury als Fehlentscheid kritisierte und seinen Frust lautstark kundtat, erspart. Gut schweizerisch war die diesjährige Preisverleihung anlässlich der BuchBasel im Theater Basel; feierlich, freundschaftlich und dezent emotional.

Der Deutschlehrer im Zug. Ausgerechnet «Die Holländerinnen» gäbe genügend Stoff, um mit KantonsschülerInnen zu diskutieren, nicht zuletzt darum, was Literatur muss, kann und soll. Keine Ahnung, was die Gründe sind, dass er ausgerechnet jene Romane diskreditiert, von denen so viele Fachkundige so sehr überzeugen liessen. Vielleicht ist es die Zumutung, dass AutorInnen nicht einfach eine Geschichte erzählen, sondern rätselhaft bleiben. Vielleicht war der arme Lehrer überfordert und gestört, weil ihn die aktuelle Literatur auffordert, auch mal wieder ein «neues» Buch zu lesen. Man muss nicht unbedingt Gegenwartsliteratur lesen, um Deutsch an einer Kantonsschule zu unterrichten, auch wenn es mit Sicherheit angebracht wäre. Und schlussendlich geht es auch nicht darum, im Deutschunterricht das zu lesen, was dem eigenen Gusto entspricht.

Ich freue mich auf unser nächstes Treffen, unseren gemeinsamen Besuch einer Lesung einer Lyrikerin im Literaturhaus Zentralschweiz. Wieder so ein Beispiel einer Schriftstellerin, einer Dichterin, die abseits der grossen Bühnen Sprachperlen produziert.

Bis bald!
Gallus 

Robert Prosser «Das geplünderte Nest», Jung und Jung

Nur wer Fragen stellt, nur wem dieses undefinierbare „komische“ Gefühl nicht genügt, nur wer weiss, dass Oberflächen niemals zeigen, was in den Schichten darunter liegt, erfährt Geschichte und Welt, wie sie wirklich sind. Robert Prosser misstraut den Oberflächen und reisst an den feinen Haarrissen, die wir sonst allzu gerne einfach mit frischer Farbe aufhübschen.

Eine Recherchereise in den Libanon, jenes von Krisen, Glaubenskriegen und Terrorismus zerfressene Land, auf den Spuren der dortigen Sprayerszene, die der Welt zwischen Trümmern und Partys einen Kontrapunkt setzten will. Die Reise eines Mannes, der selbst auf der Suche ist nach dem, was seine Sprache sein soll. Der Zwiespalt eines Mannes, der sein geerbtes Haus im Tirol zu einem Teil der touristischen Machinerie werden lässt, die sein Heimatdorf aushöhlt. Das Wissen um das „Nest“ irgendwo in den Bergen über dem Dorf, in dem sich während des Weltkriegs Deserteure versteckt hielten, Männer, die über Monate und Jahre in den Wäldern an der Baumgrenze auf das Ende des Krieges warteten und selbst mit dem Zusammenbruch des Dritten Reiches nicht mehr wussten, wo ihr Platz sein sollte. Und die Geschichte eines Malers, eines Deutschen, der durch den Krieg versehrt zusammen mit einer anderen Malerin sein Glück in einem kleinen Haus an eben jenem Dorfrand suchte, ein Mann, der im Krieg seinen rechten Arm verlor, seine Hand, mit der er malte, der in dem kleinen Tiroler Dorf hofft, wenigstens etwas von dem zurückzugewinnen, was ihm der Krieg genommen hatte.

Robert Prosser «Das geplünderte Nest», Jung und Jung, 2025, 176 Seiten, CHF ca. 35.90, ISBN 978-3-99027-427-9

Auf nicht einmal 200 Seiten webt Robert Prosser ein dichtes Netz aus Erzählsträngen, starken Bildern, eindringlichen Szenen und Dialogen, die zeigen, wie sehr Robert Prosser in seinem Schreiben performativ arbeitet. Mit der Lancierung seines neuen Romans wird Robert Prosser wie schon mit seinem Vorgängerroman „Verschwinden in Lawinen“ zusammen mit dem Percussionisten Lan Sticker Romanfragmente auf der Bühne inszenieren, eine Umsetzung, die seine Texte unvergesslich macht.

Vieles an diesem Roman ist autobiographisch. Ein junger Mann sucht nach seiner Art der Kunst. Schon als kleiner Junge schickt seine Mutter ihn zu dem Maler am Rande des Dorfes, zu Hugo Lenz, der in seinem kleinen Haus mit dem wenigen, das seine Kunst an Geld bringt, zu überleben versucht, der sich auch nicht zu schade ist, zwischendurch eine Garage frisch zu streichen, um wieder zu etwas Geld zu kommen. Ein Mann, der im Krieg seinen rechten Arm verloren hatte, mit seiner Linken malen lernen musste und zu Lebzeiten erst nur noch mit Schwarz arbeitete, später noch mit Rot dazu. Wie könnte er noch Farben verwenden? Es kam ihm falsch vor, verlogen. Ausser Schwarz, ja, alles müsste schwarz sein. Auch später, als der Erzähler bereits glaubte, in der Sprayerszene seinen Platz gefunden zu haben, waren es Spaziergänge mit Lenz, die ihn herausforderten. Und als Lenz dann mit einem Mal gestorben war, das Haus am Rand des Dorfes unbewohnt, die Kunst des Malers ins Vergessen zu sinken drohte, war es eine journalistische Arbeit, die den Erzähler zur vertieften Recherche veranlasst. Eine Recherche, die mehr ans Licht bringt als beabsichtigt, eine Recherche, die einen Mann zeigt, der sich ein Leben lang aus der Finsternis einer dunklen Kriegserfahrung herauszumalen versucht, der das Grauen eines Krieges stets mit sich herumtragen muss, am Stummel seines weggeschossenen Arms. Die Geschichte seines Grossvaters, der ihm das „Ludwig-Haus“ vererbt hatte, ein Haus, das der Erzähler zimmerweise vermietet, das ihm finanzielle Sicherheit gibt. Die Geschichte eines Grossvater, der nie viel erzählte während den letzten Monaten des Krieges, aber als Aufseher von Kriegsgefangenen amtete und dies wohl nur schwer mit seinem Gewissen vereinbaren konnte, auch lange nach dem Krieg. Erst recht, als einer dieser Gefangenen, der „Ukrainer“ flüchten konnte und sich jenen anschloss, die sich im „Nest“ oben in den Bergen über dem Dorf zu verstecken versuchten.

Es ist der Blick auf die Gegenwart, seine Reise in den Libanon, und in die Vergangenheit, die Recherche über den Maler Hugo Lenz (dem Maler Werner Scholz 1898 – 1982 nachempfunden), die diesen Roman auszeichnet, den Blick unter die Fassade. So wie sein Tiroler Heimatdorf für den Tourismus ebenfalls eine Hochglanzfassade verkauft. Und gleichsam seine Sprache, der Sound seiner Sprache, der Wechsel von klarem Rhythmus und äusserst sinnlichen Passagen. Ein Autor mit einem feinen Sensorium und einer ausgeprägten Gabe, seiner Sprache pulsierendes Leben zu schenken.

Musik und Komposition: Lan Sticker 
Text und Stimme: Robert Prosser
Produktion: Zora Pictures

Interview

Ich lese dich, höre dich und sehe dich – und ich bin schwer beeindruckt. Dein Roman ist vieles; ein Buch über einen Künstler wie dich, der nach seiner Ausdrucksfom sucht. Ein Roman über eine Rückkehr in eine Heimat, die Heimat und Fremde zugleich ist. Ein Roman über die Eindrücke einer intensiven Recherchereise in den Libanon, einem Land, das mehr als durch ein Meer von uns getrennt ist, das voll in Zeiten des Umbruchs steht, auf der Grenze zwischen Selbstzerstörung und Aufbruch. Ein Roman über einen Künstler, der im Krieg den Arm verlor, mit dem er seine Sprache gefunden hatte, mit dem er seine Kunst machte, der einen Neuanfang suchte und ihn bis zu seinem Tod nie wirklich fand. Ein Roman über Österreich und seine Vergangenheitsbewältigung, über Deserteure im Zweiten Weltkrieg, über Anpassung und Widerstand. Und ein Roman über das Erbe, über die verschwiegene Vergangenheit in Familien. Was stand am Anfang deines Schreibens?

Der eigentliche Auslöser für diesen Roman liegt weit zurück, gute zwölf Jahre. Ich schrieb eine meiner ersten Reportagen, über zwei Maler und eine Malerin, die in Alpbach, meinem Geburtsort, zur Zeit des Zweiten Weltkriegs eine Art Exil gefunden hatten. Im Nachhinein verfolgte mich lange das Gefühl, als wäre ich diesen drei Persönlichkeiten nicht gerecht geworden, als hätte ich an ihnen vorbeierzählt. Aus dem Vorhaben, nun endlich eine passable Geschichte hinzubekommen, wurde letztlich dieses Buch und das Schicksal der drei Künstler findet sich destilliert in den beiden Romanfiguren Lenz und Marie wieder.

Im Libanon sind die Trümmer der Geschichte überall sichtbar. In Österreich muss man sich auf die Suche machen, wenn man ihnen auf die Spur kommen will. Dort, nicht erst seit der der fatalen Explosionskatastrophe vom 4. August 2020, die Ruinen einer schleichenden Apokalypse, hier das Tirol, die perfekte Tourismuskulisse in einer Landschaft, unter der die Zeugnisse scheinbar vergangener Katastrophen schlummern, auch solcher, die nie wirklich ein Ende fanden. Nirgends ist Idylle. Unter jedem aufgesetzten Fuss ist Geschichte, Blut und Leid. Wie sehr verstehst du Literatur als Aufbrechen? Als Konfrontation?

Es müsste eine Konfrontation der leiseren Art sein. Oder besser: eine Beschwörung. Sodass die Idyllen ihre Brüchigkeit verraten, ihre Untiefen. Deshalb ist mir auch die Recherche sehr wichtig, alles, was vor dem eigentlichen Schreiben passiert, dieses Herantasten an den Erzählstoff, die eigene, körperliche Erfahrung der Nischen und Schatten. Und weil das Internet so wenig zur Recherche taugt, sich online nur Fetzen, Schnipsel finden, deshalb ergibt sich ein tiefergehendes Verständnis erst durch reale Begegnungen, durch Gespräche und die tatsächlich zurückgelegten Wege. Bezüglich Beiruts war es der Versuch, die Distanz zu überwinden, der Fremde ein wenig Vertrautheit abzugewinnen. Und bei Tirol ging es mir darum, in der gewohnten Umgebung eine Art von Fremde aufzuspüren. Beirut wollte ich mir in gewisser Weise erarbeiten, erschließen. Einer der mitunter faszinierendsten Aspekte dieser Stadt ist, dass sie viele Blickwinkel und Ansätze erlaubt und immer wieder anders erzählt werden kann. Die Romanhandlung setzt im Frühjahr 2024 ein – zu einem Zeitpunkt, an dem sich Beirut als sehr dunkel und verlassen zeigte, wortwörtlich: gekappter Strom, die auffällige Leere einer Stadt, aus der viele Menschen geflohen sind. Die Hisbollah präsentierte sich als staatstragende Macht, doch war zu erahnen, dass man im Zuge des Gaza-Kriegs auf eine Zäsur zusteuert. Und Alpbach – das Dorf, das in einer fiktionalisierten Weise im Roman als Vorlage dient – das musste umgekrempelt werden, um abseits der bekannten Klischees und all der Werbeschablonen, die auf den Bergen lasten, Rätselhaftes und Überraschendes zu finden.

Ins Dorf, in dem dein Roman spielt, setzt du eine ganze Reihe von Menschen, die auf die eine oder andere Weise am Leben zu scheitern drohen – oder auch wirklich scheitern. Keine Gewinner, keine Profiteure, Aussenseiter. Wie sehr fühlte sich Robert Prosser in seiner eigenen Geschichte in gewissen Zeiten als Aussenseiter?

Die Rolle als Aussenseiter, die ist für mich sehr positiv behaftet, vermutlich liegt das am Aufwachsen in einem Tiroler Bergdorf. Die Entscheidung, es mit dem Schreiben zu probieren, die ist selten eine leichte, egal von wo man kommt. Vielleicht hat mir Alpbach in meinem weiteren Weg sogar mehr geholfen, als wie wenn ich in Innsbruck oder Wien aufgewachsen wäre. Es hätte leicht passieren können, und ich wäre Bankangestellter geworden oder hätte eine Lehre gemacht, sommers Maurer, winters Schilehrer, etwas in diese Richtung. Das wäre natürlich auch kein Untergang gewesen, aber ich bilde mir ein, dass ich mir wegen Alpbach schon in meiner Jugend eine gewisse Starrköpfigkeit angeeignet habe, um auch in einer engen Dorfgesellschaft den Traum, ein Künstler zu werden, umsetzen zu können. Rückblickend kommt mir vor, als wäre ich in eine gewisse Aussenseiter-Rolle hineingeraten. Mein erster Schritt in Richtung Kunst, das war damals Hip-Hop und vor allem Graffiti. Der einzige Sprayer in einem Bergdorf, da lässt sich eine gewisse Absurdität nicht verleugnen. Und im Kern war die Existenz als Autor darin bereits angelegt. Wann wäre man als ein solcher kein Aussenseiter? Einerseits, weil es ein ungewöhnlicher Beruf ist und ich im Alltag oft mit Menschen zu tun habe, denen eine solche Existenz fremd ist. Andererseits – und das fällt mir bei Recherchen oft auf, oder wenn ich für Reportagen unterwegs bin – nimmt man aufgrund des Schreibens zuallererst die dankenswerte Position des Beobachters ein, des Fragestellers, einer, der im Hintergrund der Geschichte nachspürt, um aus diesem Abseits hervor schließlich den Text zu fördern.

Im „Nachwort“ zu deinem Roman verrätst du, dass es zur Figur des Malers Hugo Lenz eine reale Figur gibt, die des Malers Werner Scholz, den es mit anderen zusammen in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts aus den Wirren der Ferne in deine Heimat verschlagen hatte, die gemeinsam eine Art Künstlerkolonie gründen wollten. Mir scheint dein Buch auch eine Homage an all jene Menschen, die kompromislos ihrer Kunst folgen, die alles daran setzen, um ihre Stimme, ihren Strich, ihre Farben zu finden. 

Absolut. Wenn jemand eine Passion, eine Berufung aufgrund einer inneren Notwendigkeit verfolgt, dann empfinde ich das persönlich wie auch aus einem literarischen Blickwinkel hervor als sehr anziehend. Durch die Figur des Lenz etwa konnte ich darüber schreiben, wie einer an einem fremden Ort versucht, heimisch zu werden, aber just aufgrund seiner Kunst, die ihn erst in die Fremde geführt hat, ein Aussenseiter bleibt. Und zugleich verbindet er sich dank der Malerei und dank der Suche nach Farben und Materialien, nach Rötel und Schiefer, mit dem Gebirge und wird ein eigenwilliger Teil davon. Darin steckt, glaube ich, nicht nur eine besondere Tragik, sondern auch eine erzählenswerte Schönheit.

Du bist ein Meister der Performance. Zusammen mit dem Percussionisten Lan Sticker schaffst du es in beeindruckender Weise, deine Texte in Sprachmusik, Klangbilder und Wortlandschaften umzusetzen. Wie sehr mischt sich der Performer schon in den Prozess des Schreibens ein? Gibt es neben dem Schriftsteller auch den Rapper Robert Prosser? Und gibt es den Sprayer noch?

Den Sprayer, den gibt es nur noch als interessierten Beobachter. Der Rapper, der geistert noch weiter, flackert in der Rezitation auf, das lässt sich vermutlich nie ganz abschütteln. Und die Aufführung selbst, die mischt sich relativ früh ein, insofern, als ich einzelne Skizzen auf ihre Bühnentauglichkeit abklopfe. Der Performer horcht beim Schreiben mit und wenn ich das Buch halbwegs vor Augen habe, dann versuche ich, daraus eine Erzählung zu lösen, eine Fährte aus dem Roman bis auf die Bühne – oder zumindest in den Proberaum, um dort mit Lan an einer Performance zu arbeiten. Die Rhythmen und Melodien, die wir dann ausprobieren, verändern wiederum meine eigene Sicht auf die Geschichte, der Text wird nochmals neu aufgefächert und in anderer Art lebendig.

Robert Prosser studierte Komparatistik sowie Kultur- und Sozialanthropologie in Innsbruck und Wien. Autor und Performancekünstler. Für seine Romane hat er zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u.a. 2014 den Reinhard-Priessnitz-Preis. Mit «Phantome» (2017) stand er auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. Zuletzt erschienen: «Verschwinden in Lawinen» (2023).

Webseite des Autors

Beitragsfoto © Yannic Steuerer

«Das beste Buch gibt es nicht.» Dorothee Elmiger ist Trägerin des Schweizer Buchpreises 2025 #SchweizerBuchpreis 25/09

Wenig überraschend, aber dafür überzeugend, steht Dorothee Elmiger im Blitzlicht auf der Bühne zum Schweizer Buchpreis. Für einmal werden sich alle Kommentare einig sein. Der Preis ist verdient!

Sie habe sich sehr lange geweigert, zu erzählen.
Das sind erstaunliche Worte einer Schriftstellerin.

Vielleicht denken Sie, ich rede jetzt von jener Schriftstellerin, die in dem Roman Die Holländerinnen in einer Poetikvorlesung von ihrem Scheitern im Erzählen spricht.

Ja, auch diese fiktive Schriftstellerin misstraut der Sprache. Aber genauso tut es Dorothee Elmiger. Sie ist es, die das Erzählen nach eigenen Aussagen verweigert habe. Aber Dorothee Elmiger wäre kaum Schriftstellerin, wenn sich das Erzählen nicht doch aufgedrängt hätte.

In Die Holländerinnen schickt sie eine zusammengewürfelte Theatergruppe, angeführt von einem exzentrischen Theatermacher, in den mittelamerikanischen Urwald. Die Truppe folgt den Spuren zweier verschollener Studentinnen. Doch hier wird kein Kriminalfall gelöst. Stattdessen erlebt die Reisegruppe, wie im Dickicht des Dschungels jeder rote Faden ausfranst und abreist und wie das vertraute Erzählen unmöglich wird.

Nicht erzählen können – ein Horror-Szenario, nicht nur in der Literatur. «Der Horror liege naturgemäss ausserhalb der Sprache», heisst es im Roman. Es grenzt also an Verzweiflung, dass sich die Theatergruppe grauenerregende Geschichten erzählt, um den Schrecken zu bannen. Es sind Geschichten ohne Pointen und ohne Erkenntnis von verendenden Ziegen, einem brutal gebändigten Pferd oder verschwundenen Menschen. Dorothee Elmiger umkreist die Gewalt, zu der unsere Gesellschaft fähig ist und sie beschwört das Unheimliche, das sich jeder Darstellung entzieht.

Zurück bleibt das beklemmende Gefühl, dass die Bedrohung lauert. Es ist ein Gefühl, das für unsere Gegenwart steht. Somit gelingt Dorothee Elmiger das Meisterstück, mit Sprache, die Wirklichkeit spürbar zu machen, indem sie «nicht» aufzeigt und «nicht» erzählt.

Das muss man sich als Schriftstellerin erst einmal trauen.

Auch mutig in der Gegenwartsliteratur: der Konjunktiv I. In der indirekten Rede schildert eine Erzählinstanz, wie die Schriftstellerin darüber spricht, was jemand gesagt habe, was anderen widerfahren sei. Was in der Theorie verschachtelt klingt, erzeugt beim Lesen einen Rausch.
Und: der Konjunktiv öffnet Assoziations-Räume – ganz ähnlich den Nachtaufnahmen zweier verschollener Frauen: Wie haben sich die Dinge tatsächlich zugetragen? Könnte alles ganz anders gewesen sein? Mit der Möglichkeitsform tastet sich die Autorin an die Grenzen dessen, was Sprache fassen kann.

Zu Hilfe kommen herbeizitierte Wegbegleiter: Adorno und Horkheimer, Benjamin und Bernhard, Herzog und Coppola. Dorothee Elmiger tritt klug und mit einer Spur Ironie in Verbindung mit dem Kanon. Aber ist ihr Roman deshalb nur Lektüre für Fachleute aus Germanistik, Soziologie und Filmwissenschaft?

Nein. Denn ob mit oder ohne Rückgriff auf intellektuelle Traditionen ist dieser Roman vor allem eines: extrem spannend. Die Holländerinnen zu lesen, ist ein sinnliches Erlebnis. Die «Furcht», die «atmosphärische Störung» und das «Gefühl, es sei etwas aus dem Lot geraten» spüren wir Leserinnen und Leser körperlich.

Über Die Holländerinnen wurde in den letzten Monaten viel gesagt und viel geschrieben. Vor allem lobendes. Es hiess aber auch, in diesem Roman stecke wenig Zuversicht. Dem möchte ich widersprechen: Dorothee Elmiger durchbricht das runde, schlüssige Erzählen. Damit schafft sie Grund zur Hoffnung, dass wir der Wirklichkeit näherkommen, wenn wir das Geschichtenerzählen hinterfragen, neudenken und weiterentwickeln.

Liebe Dorothee Elmiger, ich gratuliere Ihnen im Namen der ganzen Jury herzlich zum Schweizer Buchpreis.
Tim Felchlin, November 2025

Illustrationen Lea Le / literaturblatt.ch

Levin Westermann «Parti sans laisser d’adresse / unbekannt verzogen», Plattform Gegenzauber

Levin Westermann: Die Gedichte in »unbekannt verzogen« habe ich in den Jahren 2009 bis 2012 geschrieben. Im Winter 2012 ist das Buch dann bei Luxbooks (Wiesbaden) erschienen. Es war mein Debüt. Der Titel war recht schnell vergriffen und wurde nie nachgedruckt. (Ab 2016 hat Luxbooks keine Bücher mehr publiziert, 2020 wurde die GmbH aufgelöst.) 
 
Ich bin mit meinem zweiten Gedichtband zu Matthes & Seitz Berlin gegangen. M&S hat sich dann vor ein paar Jahren auch die Rechte an »unbekannt verzogen« gesichert. So ist nun alles unter einem Dach. 
 
Marina Skalova hat vor vier Jahren erstmals einzelne Gedichte aus »unbekannt verzogen« für Literaturmagazine übersetzt. Es war ihre Idee, das gesamte Buch zu übersetzen, und sie hat das Projekt dann auch auf die Beine gestellt und mit Cheyne einen wirklich tollen Verlag für die Publikation gewinnen können. 
 
Wir haben uns über die Jahre mehrfach getroffen und via eMails über Details in der Übersetzung ausgetauscht, aber ich muss unbedingt betonen: der Credit für »Parti sans laisser d’adresse« gebührt ganz klar Marina! Denn sie spricht Deutsch und Französisch fliessend, publiziert in beiden Sprachen, und hat bereits viele andere literarische Werke übersetzt. Mein Französisch ist leider eher schlecht — und somit habe ich Marina voll und ganz vertraut. Da lief sehr viel über den Klang der Sätze, den Fluss der Zeilen. Denn ich schreibe vor allem mit dem Ohr. Und der Klang der Gedichte funktioniert über die Sprachgrenze hinweg.  Dafür bin ich Marina ungemein dankbar. Sind es noch meine Gedichte? Es sind unsere Gedichte. Denn jede Übersetzung ist schlussendlich eine Kollaboration. Davon bin ich überzeugt.
 

 

Die Zerlegung der Zeit

WIE EIN FRESKO, das vom rand her eitert,
sagst du. drei mal drei entsprechungen entfernt,
auf dem grund des sees. wir schalten um auf kiemenatmung.
somnambulismus from this point forward. zunehmender druck,
bei abnehmender sicht. die welt wird immer kleinerkleiner.
das schroffe antlitz eines quastenflossers, hängende gärten,
triefend vor nass. stille, oder: die abwesenheit von lauten,
sagst du.

DISKUSSFISCHE UND QUITTEN, suspended in time,
mid-flight. einer ahnung folgend, spiegelverkehrt.
je schwarze raucher, desto rochen. schiffsleichen
wie in kupfer gestochen. ach, sagst du, und dann:
manche farben zählt man besser nicht. sedimenthorizonte,
fernab des wetterleuchtens. immer eine rostige reling
und immer daran pulen. noch leiser: das rauschen,
auch knistern genannt.

UNDERTOW

tiefensog jade-
gestirn blei-
westen-beige f-
dur alpha ten
fragment tao
mangokranz-
glutorange
begradigt d-dur
alpha lavasaft
fragment lava
begradigt d-dur
zeta quark–
korallen farbe
komma dunkel
gewicht kappa
element saft
klammer zu

NICHTS IST KLAR, niemals nur einfach.
blicke als ornament wahrnehmen, abstrakte muster,
die ordnung der nelken. mit dem finger auf die eleganz
im flug einer möwe deuten. keine flötenklänge, keine bekenntnisse,
auch kein liebesanspruch, nicht in diesem foto. ich kenne die menschen,
sie tragen die körper, in denen sie sterben, sagst du. wahn
oder dialektik,
oder beides? immerhin, das gewicht des herzens unter wasser,
die wiederholung
der wellen vor der steilküste von ravlunda.

EINE GLEICHUNG mit einer unzahl
von unbekannten: nesseltiere, plastiktüten,
unsere fussspuren im sand. einst meinten wir, die ausnahme zu sein,
die sich dem metrischen muster entzieht, doch jetzt wissen wir,
dass sich türen automatisch schliessen, auf der nachtseite der worte.
die ablation der sinne beim wiedereintritt in die atmosphäre,
sagst du. und der kaffee in den tassen ist noch schwarz,
die zerlegung der zeit in mundgerechte trümmer.

 

La décomposition du temps

COMME UNE FRESQUE dont les bords suppurent,
dis-tu. à une distance de trois fois trois équivalences,
au fond du lac. nous basculons en respiration branchiale.
somnambulisme à partir de ce point. la pression augmente,
à mesure que la vue décline. le monde toujours plus petitpetit.
la figure rude d’un coelacanthe, jardins suspendus,
à l’humidité ruisselante. silence, ou l’absence de sons,
dis-tu.

DISCUS ET COINGS, suspendus dans le temps,
en plein vol. ils suivent une idée, à l’envers des reflets.
vers les fumeurs, les raies pullulent. épaves de navires,
comme gravées dans le cuivre. bah, soupires-tu et tu dis :
certaines couleurs ne valent pas le coup. horizons sédimentés,
loin des éclairs de chaleur. et toujours un bastingage rouillé
où toujours farfouiller. tout doucement, un bruissement,
on dit aussi : grésillement.

UNDERTOW

abysses air
cage impossible
JT jadis nul
jade constell-
ation bi-plomb
alpha net dur
fragment tao
à l’ouest du b
eige do ré mi si
fragment aval
aquarium PC
zeta quark
couleur nef
poids corail
à élément kappa
X silence fin
de parenthèse

RIEN N’EST CLAIR, jamais juste simple,
percevoir les regards en ornements, des motifs abstraits,
l’agencement des oeillets. renvoyer du doigt à l’éléganc
du vol d’une mouette. pas de sons de flûtes, pas de confessions,
ni demande d’amour, pas sur cette photo. je connais les gens,
ils portent les corps dans lesquels ils meurent, dis-tu. folie
ou dialectique,
ou les deux ? au moins, le poids du coeur sous l’eau, la répétition
des vagues, au pied de la côte abrupte de ravlunda.

UNE ÉQUATION avec une myriade
d’inconnues : corail, méduses, sacs en plastique,
nos traces de pas dans le sable. jadis nous pensions être l’exception
qui se dérobe au schéma métrique, à présent nous savons
que des portes ferment automatiquement, au verso des mots.
l’érosion des sens lors du retour dans l’atmosphère,
dis-tu. et le café dans les tasses est encore noir,
la décomposition du temps, débris à la mesure des bouches.

 

Levin Westermann, 1980 in Meerbusch geboren, studierte an der Hochschule der Künste Bern und lebt als freier Schriftsteller in Biel. 2020 wurde er mit dem renommierten Clemens-Brentano-Preis der Stadt Heidelberg ausgezeichnet, 2021 mit den Schweizer Literaturpreis, 2022 mit dem Deutschen Preis für Nature Writing.

Marina Skalova, 1988 in Moskau geboren, lebt in Genf. Sie ist Übersetzerin und Schriftstellerin. Auf Deutsch liegt bisher der zweisprachige Band „Atemnot (Souffle court)“ (2016) sowie das Theaterstück „Der Sturz der Kometen und der Kosmonauten“ (2019) vor. „Exploration du flux“ erschien 2018 bei Le Seuil, Paris.

Webseite der Autorin und Übersetzerin

Beitragsbild © Bettina Wohlfender

Wer gewinnt den Schweiter Buchpreis 2025? #SchweizerBuchpreis 25/08

Vielleicht verfolgen sie die Verleihung der Buchpreise in unseren Nachbarländern. Mein Fazit: Die GewinnerInnen feiern ihr Buch und den Preis als einen Lohn, als Bestätigung, als Schubkraft zum Weiterschreiben. Die NichtgewinnerInnen buchen ihren «Trostpreis»allzuoft ab als Zeichen reinen Kommerzes.

In einem kurzen Interview mit Marlene Streeruwitz im Zusammenhang mit der diesjährigen Verleihung des Österreichischen Buchpreises, bei dem sie mit ihrem Roman «Auflösungen» eben nicht mit dem Österreichischen Buchpreis beehrt wurde, meinte die Schriftstellerin (sinngemäss) schmallippig: Das ist kein Literaturpreis, sondern ein Kommerzpreis, ein Verkaufspreis. Gewonnen hat der 1968 in Bulgarien geborene und 1990 nach Österreich geflohene Dimitré Diner mit seinem über 1000 Seiten schweren Opus Magnum «Zeit der Mutigen».

Die immer gleiche ungute Situation nach der Verleihung des Buchpreises: Fünf Autorinnen und Autoren sitzen in der ersten Reihe und nach Bekanntgabe der Preisträgerin, des Preisträgers blitzen die Kameras nur noch in ein einziges Gesicht. Den «Verschmähten» wird mit Bedauern auf die Schulter geklopft. Man steht noch eine Weile verloren neben den vielen Stuhlreihen, während auf oder neben der Bühne das grosse Feiern schon begonnen hat, Mikrofone erste Reaktionen auffangen und sich eine Traube um die Glücklichen bildet.

Stimmt, getragen wird der Preis auch vom SBVV, dem Schweizer Buchhandels- und Verlags-Verband, einem Dienstleister der Buchbranche, einer Institution, die in erster Linie an optimalen Verkaufszahlen interessiert ist. Aber diesen Preis auf reinen Kommerz zu reduzieren, ist nicht richtig, denn die Jury ist unabhängig, besetzt ausschliesslich von KennerInnen der hiesigen Literatur, von Fachleuten, die an Literatur interessiert sind, auch wenn ihre Entscheide, wie alle Juryentscheide, niemals von allen nachvollziehbar sind.

Klickt man sich auf der Webseite des Schweizer Fernsehens auf die letzten Umfragen zum Schweizer Buchpreis, findet man eine Resultate, die überraschen:

vom 13. November 2025

Ich bin überzeugt, das Dorothee Elmiger den Schweizer Buchpreis entgegennehmen wird. Ihr Buch hat alles; Tiefe, Gewicht, Geheimnis, eine ganz eigene Sprache und Stoff genug, um stundenlang darüber nachzudenken oder zu diskutieren. Nicht dass der Roman von Jonas Lüscher das alles nicht auch hätte. Aber sein Roman ist verschlüsselter. Er wolle nicht unterhalten, erklärte Jonas Lüscher. Auch der Roman von Meral Kureyshi. Aber ihr Roman bleibt kleinräumiger, zarter.

Eine grosse Überraschung bei dieser Umfrage ist der Roman von Melara Mvogdobo «Die Grossmütter». Und doch ist die Umfrage keine Überraschung. Das Voting ist eine Manifestation der Sympathie. Zu gleichen Teilen der Autorin, wie ihrem Buch gegenüber. Melara Mvogdobo gibt zwei Frauen eine Stimme, die nur durch viel Kraft nicht stumm bleiben oder stumm gemacht wurden. «Die Grossmütter» ist eindeutig, unmissverständlich, direkt und messerscharf.

mehr zum Schweizer Buchpreis

Illustrationen © Lea Le / literaturblatt.ch

 

Jane Wels «Das Es reiten», Edition offenes Feld

Ich weiss, Gedichte soll man immer wieder lesen. Die neuen Gedichte von Jane Wels rufen einem förmlich, wenn auch sanft und ganz leise. Als würde mir die Autorin zuflüstern. Auch der zweite Band der Lyrikerin überzeugt durch seine Subtilität, seine Empathie und seine Prägnanz.

Ich las die Gedichte der Lyrikerin noch einmal am Rhein, auf einer Bank unter Plantanen, mit Sicht aufs Riet an der gegenüberliegenden Seite des breiten Wassers. Die Sonne wärmte meinen Rücken, die Gedichte meine Seele. Die Sprache streichelte meinen Bauch.

Sag’ mir,
was du willst,
meine linke Hand
wird es schreiben.
Sie legt dein Staunen
ins Regengrüne,
verzapft sich
in Erinnerungen
aus verschlucktem Hall.
Jeder Buchstabe
schmeckt nach dir.

Jane Wels «Das Es reiten», eof, mit einem Grusswort von José F.A. Oliver, 2025, 92 Seiten, CHF ca. 27.90, ISBN 978-3-8423-8414-9

Viele ihrer Gedichte führen mich als Leser in einen Dialog, einen Dialog mit ihr, einen Dialog mit mir. Ich fühle mich ganz direkt angesprochen, ohne dass sich die Dichterin aufzudrängen versucht. Mit ihrem Schreiben eröffnet Jane Wels unsere gemeinsame Welt, stellt sich dazwischen, als würde sie sich neben mein Unbewusstes gesellen. Vielleicht auch darum der Titel ihres neuen Buches; „Das Es reiten“. Sie stellt sich jenen Fragen, die nie endgültig beantwortet sein wollen, die nach Offenheit dürsten und Perspektiven in die Weite suchen.

Gleich einem wandernden Fisch
in die Vergangenheit springen;
das Gedächtnis ist ein Geruch,
ein Butterbrot,
eine Achselhöhle,
ein Blick.

Augenblicke, ein Duft, Momente und das Empfinden, das aufblitzt. Was bei mir gleich wieder im Vergessen versinken würde, dem gibt Jane Wels sprachliche Kontur. Sie zeichnet mit feinen Strichen, was sich während des Lesens mit Farbe füllt.

Spüre ihr Gewicht,
fühle den verholzten Stiel,
bevor du ihn herausziehst
aus dem weichen Fleisch,
einen Krater in ihre Schale reißt
– Zerfetzen ist ein Geräusch -,
sie schälst,
ihr das Kerngehäuse herausschneidest,
sie vierteilst,
ihr Saft durch die Finger rinnt,
duftend, zartflüssig,
bis sie schließlich
auf deiner Zunge liegt,
die köstliche Charneux.

Es sind nicht die grossen Gesten. Dafür immer wieder das genaue Tun, das Bewusstsein im Genuss, einfaches Tun, das zu heiliger Handlung wird, selbst dann, wenn das Gedicht  „nur“ den Verzehr einer Birne beschreibt. Jane Wels gibt dem Alltäglichen, dem, was sonst kaum je im Fokus steht, das man übersieht, ein Stück beinahe übernatürlicher Sinnlichkeit.

Morgen
tu ich so,
als sei ich Emil Sinclair,
bestelle einen Singapore Sling;
hänge den schwarzen Wald
an den Nagel
und lasse mich,
wie eine Wirbellose,
in deine Lagune treiben.

(Emil Sinclaire war ein Pseudonym von Hermann Hesse) Ein Lebensgefühl einer Frau, die weiss, wo die Anfänge und Enden ihrer Träume sind, die in sich zuhause ist, auch wenn sie sich auf dem Rücken ihrer Imagination treiben lassen kann. Ein Lebensgefühl, von dem ich mir gerne ein Stück abschneiden würde.
Jane Wels beschenkt mich mit ihren Gedichten!

Jane Wels, geboren 1955 in Mannheim, lebt im Nordschwarzwald. Sie studierte Entwicklungspsychologie, Pädagogik und Medienwissenschaften. Wels veröffentlichte in Literaturzeitschriften und in Online-Magazinen. Zuletzt erschien von ihr der Band «Schwankende Lupinen» (edition offenes feld, 2024).

Webseite der Schriftstellerin und Lyrikerin

Beitragsbild © privat