Alina Bronsky «Der Zopf meiner Grossmutter», Kiwi

Alina Bronsky erzählt mit einer Leichtigkeit, die ihresgleichen sucht. Der Roman über eine russische Flüchtlings- und Patchworkfamilie in Deutschland sprüht vor Leidenschaft in alle erdenklichen Richtungen, verbindet Witz und Schalk mit hintergründigen Zwischenmenschlichkeiten.

Der kleine Max kommt mit seinen Grosseltern als Kontingentflüchtling in einer deutschen Kleinstadt an. Er lebt zusammen mit ihnen auf engstem Raum in einem ehemaligen Hotel und kommt nur zaghaft in Kontakt mit der neuen Welt, weil die Grossmutter den scheinbar kränklichen Enkel vor allem Unbill, sei er auch noch so an den Haaren herbeigezogen, schützen will. Grossmutter ist überzeugt, dass der kleine Wurm vor der Welt geschützt werden muss, damit er sich an ihr nicht verätzt, verbrennt, verliert und verwundet. Selbst der Grossvater hat das Aufbegehren längst eingestellt, verliert, wenn er zuhause ist, kaum ein Wort, weiss, dass er gegen die Allmacht und das Allwissen seiner dominanten Frau nichts auszurichten hat, zumindest in den vier Wänden des engen Zuhauses.

In der gleichen Siedlung, auf Sichtweite, zieht Nina ein, auch aus Russland, zusammen mit ihrer Tochter Vera, die gleich alt wie Mäxchen ist, nur eben nicht missraten, kein kleiner Scheisser, kein Schrumpfkopf oder Krüppel. Grossvater steht am Fenster und schaut, für seine Frau ein Indiz, dass auch ihr Mann dem Wahn im fremden Land verfallen ist. Er bleibt immer öfter fern. Zum einen, weil er es ist, der eine Arbeit findet, zum andern, weil er die Nächte viel lieber auswärts bei der zarten Frau in der Nachbarschaft verbringt. Maxens Grossmutter nimmt es hin, so wie sie es überhaupt versteht, die Welt nach ihrem Gutdünken zu interpretieren oder gar zu drehen. Sie weiss, wie alles funktioniert, niemand macht ihr etwas vor, schon gar nicht der nichtsnutzige Enkel, den sie an jedem Tag seines kurzen Lebens vom Tod errettet hat.

Selbst als Nina schwanger wird und ein Kind zur Welt bringt, selbst als alles an dem kleinen Wicht die Verwandtschaft verrät, selbst als Nina mit dem Kind schwermütig in ihr enges Zuhause einzieht, selbst als Max offensichtlich genug in der Schule seine Fesseln ablegt und beweist, dass er alles andere als ein Nichtsnutz und Krüppel ist, dreht sich die Welt der Grossmutter in ihren Bahnen weiter. Sie, die stets behauptet, früher einmal eine gefeierte Tänzerin gewesen zu sein, schafft es gar, eine Tanzschule zu eröffnen, die von hoffnungsvollen Flüchtlingsfamilien, die überall Türen sehen, überrannt wird.

Alina Bronsky erzählt die Geschichte von Max, einem Jungen, der sich von der Welt ferngehalten diese zu erklären versucht. Von einer allmächtigen Grossmutter, die den kleinen Jungen nicht nur vor den Gefahren, sondern vor dem Leben überhaupt fernhält. Auch fern von den Geheimnissen in der Familie, von seiner Mutter, von der niemand etwas erzählt, von seinem Vater, der wie ein Gespenst zwischen den Zeilen flackert, von einer Schuld, von der niemand sprechen will. Max erkämpft sich einen Weg durch die Schutzwälle seiner Grossmutter, emanzipiert sich und ist schlussendlich der, der alles zusammenhält. Indirekt erzählt Alina Bronsky wohl auch viel von ihrem Ankommen in Deutschland als Kontingentflüchtling, von all den Beobachtungen an Familien, die wohl von Russland flohen, im neuen, fremden Land aber nie ankommen wollten. Und ganz nebenbei von der Sorte Eltern, die sich fast infektiös zu verbreiten scheinen: Helicopter Parents!

Ich las das Buch mit grösstem Vergnügen!

© Julia Zimmermann

Alina Bronsky, geboren 1978 in Jekaterinburg/Russland, lebt seit Anfang der Neunzigerjahre in Deutschland. Ihr Debütroman «Scherbenpark» wurde zum Bestseller, fürs Kino verfilmt und ist inzwischen beliebte Lektüre im Deutschunterricht. Es folgten die Romane «Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche» und «Nenn mich einfach Superheld». «Baba Dunjas letzte Liebe» wurde für den Deutschen Buchpreis 2015 nominiert und ein grosser Publikumserfolg. Die Rechte an Alina Bronskys Romanen wurden in zwanzig Länder verkauft. Sie lebt in Berlin.

Rezension von Alina Bronskys «Baba Dunjas letzte Liebe» auf literaturblatt.ch

Beitragsbild © Sandra Kottonau

40° Literatur am Festival Leukerbad, Rückblick 2/3

Am Literaturfestival Leukerbad zur Tradition geworden, lädt diese ihre Gäste seit Jahren zu Beginn des Festivals zu einer «Literarischen Wanderung» ein. Hoch über dem Rhonetal von Erschmatt bis Leuk ging die diesjährige Literaturwanderung, durch Geschichte, Geschichten und Gedichte, über Spuren der Zeit, unter der glühenden Sonne der Gegenwart.

Vom Sortengarten, an Findlingen so gross wie Häuser vorbei, begleitet vom «Carillon», umarmt und betört von den Satzsalven eines Dichters, über Ho Briggu in den Schatten einer Eiche, der Angst vor einem Eichhörnchen ausgesetzt, über Brenntjong, an riesigen, stählernen Ohren vorbei bis nach Guttet – ein heisses, literarisches Abenteuer!

Die in der Ukraine aufgewachsene Tanja Maljartschuk, die vor drei Jahren das letzte Mal mit ihrem Roman «Biographie eines zufälligen Wunders» in Leukerbad las und mich damit bezauberte und Christian Uetz, wortgewaltiger Performer, Lyriker und Erzähler vom Bodensee begleiteten eine mehr oder weniger hitzeresistente Schar Wortverliebter durch die Glut eines literarischen Sommertages. 

Tanja Maljartschuk und Christian Uetz bildeten ein kongeniales Begleitpaar. Die eine mit feinem Witz, grosser Beobachtungsgabe und Empathie – der andere mit grosse Geste, laut und raumgreifend, von der Sprache berauscht. Man geht und hört, man nimmt auf und reflektiert schweigend in sich hinein, gibt sich dem Rhythmus von Sprache und Schritt, spürt den Puls innen und aussen!

© Michael Schwarz

Tanja Maljartschuk, geboren 1983, ist in der Ukraine aufgewachsen, wo sie einige Jahre als Journalistin gearbeitet und schon mehrere Bücher publiziert hat. Sie schreibt regelmässig Kolumnen für die Deutsche Welle (Ukraine) und für Zeit Online. Seit einigen Jahren lebt und arbeitet sie in Wien. 2018 hat sie mit ihrem ersten auf Deutsch geschriebenen Text den Bachmann-Preis gewonnen. In ihrem neusten Roman Blauwal der Erinnerung schreibt sie über den vergessenen ukrainischen Volkshelden Wjatscheslaw Lypynskyj, dessen Leben auf kunstvolle Weise mit dem der Ich-Erzählerin verknüpft wird: Sie sucht in dessen Vergangenheit nach Spuren, um besser mit ihrer eigenen Gegenwart zurechtzukommen. Lypynskyj befasste sich politisch und historisch mit der zwischen Polen und Russland zerrissenen Ukraine und forderte wie besessen ihre staatliche Unabhängigkeit. Ähnlich kränklich wie diese historische Figur und – wie er – auf der Suche nach Zugehörigkeit, folgt die Erzählerin diesem stolzen, kompromisslosen, hypochondrischen Mann, um durch die Erinnerung der sowjetischen Entwurzelung zu trotzen. Ein literarisch beeindruckender Roman, der zeigt, was es heisst, wenn die eigene Identität aus Angst, Gehorsamkeit und Vergessen besteht.
Die Frankfurter Rundschau über den Roman: «Das Tröstliche an diesem Buch ist seine Untröstlichkeit. Der Blauwal schliesst sein Maul und schwimmt weiter.»

© Literaturfestival Leukerbad

Der 1963 in Egnach am Bodensee geborene Christian Uetz ist studierter Philosoph, und er glaubt an keine Wahrheit ausserhalb der Sprache. Ob im Gedicht oder in der Prosa: Sein Tanz an ihren Rändern ist immer auch ein Seiltanz über den Abgründen der Existenz. Und er gilt als Virtuose, wenn es um die Intensität der Sprache geht. Auswendig und in einem rasenden Tempo rezitiert er seine Texte bei Auftritten, dass einem Hören und Verstehen vergeht. Das ist gewollt. Einzig die Wortkraft zählt und die Suggestivkraft der Sätze, kaum deren Inhalt. In seinem Gedichtband Engel der Illusionformuliert Uetz spielerisch und doch souverän Gedichte um gewichtige Themen: um die Präsenz des Anderen im Selbst, um Anwesenheit und Abwesenheit, um Negativität und Transzendenz. Mit seinen bildgewaltigen, selbstverlorenen und dabei tief nachdenklichen Gedichten sucht Christian Uetz in der Sprache nach der verborgenen Präsenz dieser Engel der Illusion, um ihr Scheinen erfahrbar zu machen. Was seine Texte so hervorbringen, sind Ekstasen der Begierde und die Trunkenheit der Vernunft. Es ist der Wahnsinn des Tages. Ihr Fluchtpunkt bleibt dabei stets eine mitreissende Affirmation des Lebens und der Sinnlichkeit, ein Lob der Sprache als derjenigen Kraft, welche die Illusion als Wahrheit, das Jenseits als Teil des Diesseits erkennbar macht.

Christian Uetz ist Gast an den 15. Frauenfelder Lyriktagen vom 13. – 15. September!

Rezension von Tanja Maljartschuks Erzählung «Überflutet» auf literaturblatt.ch

Fotos © Literaturfestival Leukerbad

Madame Nielsen «Ein endloser Sommer», Kiepenheuer & Witsch

Genauso schillernd und schwer fassbar wie das Buch ist die Autorin selbst. Eine Frau, die mit «Ein endloser Sommer» ein grosses literarisches Kunstwerk schuf, eine Frau, die selbst Kunstwerk ist, sich in ihrem Leben nicht nur einmal selbst erfand. Ein grosses Buch, weil die Sprache oszilliert, Sätze über ganze Seiten mäandern und mich der Roman in verschiedenster Hinsicht über die Massen in Bann zieht.

Ein endloser Sommer, irgendwo in Jütland, auf einem dem Verfall preisgegebenen Gutshof. Dort beginnt das Buch und zieht seine Fäden in all die folgenden Jahre wie ein Pilz, der sich ausbreitet. Autobiographisch ist der Roman mit Sicherheit, weil sich schon in jenem Sommer weit in der Ferne im Leben eines Mädchens abzeichnete, was die Autorin heute ausmacht. Damals eine Familie, die unter dem Terror eines cholerischen Vaters leidet. Eine Mutter, die nicht einmal die Liebe ihrer Kinder richtig zu erwidern versteht und ihre Zeit viel lieber auf dem Rücken eines Pferdes verbringt. Ein Mädchen und ihre beiden Brüder, sich selbst überlassen. Ein endloser Sommer beginnt, ein Sommer, der alles möglich macht, mit dem alles möglich ist.

Madame Nielsen ist eine Kunstfigur, die sich schon als Mädchen aus ihrem angeborenen Leben zu schälen begann. «Ein endloser Sommer» ist ein Sprachgemälde der grossen Gesten, ein Blick durch Zeiten in eine Vergangenheit, die an Intensität und Dichte derart kräftig leuchtet, dass es mir beim Lesen manchmal den Atem nimmt. Man schnappt nach Luft, fasziniert und verunsichert zugleich.

Madame Nielsen war als Claus Beck-Nielsen in den Neuzigerjahren Mitglied der Performance-Gruppe «The Wooster Group» um den Schauspieler Willem Defoe. 1999 veröffentlichte Claus Beck-Nielsen seinen ersten Roman und im Jahr darauf begann das, was mit der Figur Madame Nielsen 2013 sein «vorläufiges» Ende gefunden hat. Claus Beck-Nielsen löscht einen Teil seines Namens und will damit auch Erinnerungen löschen, lebt ohne Pass, ohne Geld und «ohne Gedächtnis» auf der Strasse am Bahnhof Kopenhagen. 2001 erklärt er Claus Beck-Nielsen für tot und reist mit Anzug und Krawatte als Klaus Nielsen nach Kuwait, in den Iran, den Irak und nach Afghanistan als Mitglied eines «nomadischen Parlaments». 2013 veröffentlicht sie unter dem Namen Madame Nielsen, elegant als Frau gekleidet, stets beängstigend dünn, ihren ersten Roman.

Was «Der endlose Sommer» ausmacht ist nicht so sehr die Geschichte, als vielmehr die Sprache und das, was die Sprache beim Lesen auslöst. Die Form ist nicht einfach Mittel zum Zweck. Form und Inhalt sind kongruent. So nebelhaft, traumhaft die Geschichte über weite Strecken ist, so wirkt auch die Sprache, die sich einem nur erschliesst, wenn man ihr mit absoluter Aufmerksamkeit folgt. «Ein endloser Sommer» belohnt einem dann mit absolutem Genuss, wenn man das Buch laut liest.
Madame Nielsen nimmt keine Rücksicht auf den Leser. Sie will nicht in erster Linie eine Geschichte erzählen. Es geht um Kunst. «Der endlose Sommer» ist eine literarische, eine sprachliche, eine geschriebene Performance. Madame Nielsen lässt einem mit vielen Leerstellen allein, mit Personen, die nur skizziert scheinen, einem Text, der sich nicht um Ordnung oder Chronologie kümmert.

«Der endlose Sommer» ist die Spur auf der Suche nach dem, was wirklich in einem steckt.

Ich las das «Der endlose Sommer» zusammen mit einer meiner Literaturgruppen. Ein einhelliges Urteil: Grossartig, unbedingt lesenswert!

© Sofie Amalie Klougart

Madame Nielsen, geboren 1963, Autorin, Sängerin, Künstlerin, Performerin. Ihre Romane wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, und sie war mehrfach für den Nordic-Council-Preis nominiert. Performances u.a. in Berlin und Wien.

Der Übersetzer Hannes Langendörfer, geboren 1975 in Heidelberg, studierte in Freiburg und Uppsala Skandinavistik und Germanistik. Er lebt als Übersetzer aus dem Dänischen, Schwedischen und Englischen in Berlin.

Ein Lesungsvideo auf der Webseite des Verlags

Angelika Klüssendorf «Jahre später», Kiepenheuer & Witsch

April ist eine Frau, die sucht. Irgendwann findet sie Ludwig. Einen Mann, den sie anfangs aufgeblasen findet, der alles Unmögliche für sie erfindet, um Eindruck zu schinden, dessen Hartnäckigkeit ihr aber schmeichelt. Sie heiraten und bekommen ein Kind. Und April findet sich in einem Gefängnis wieder, aus dem sie sich nur unter Aufbietung aller Kräfte befreien kann, auch mit dem Risiko, fast alles zu verlieren.

Sowohl April wie Ludwig sind Menschen, die kaum Rücksicht nehmen. Alles, was sie beginnen, ist von Kompromisslosigkeit und Härte geprägt. Kein Wunder, wenn man die Geschichte von Aprils Kindheit kennt. Wenn man liest, mit welchen Dämonen die junge Frau zu kämpfen hat. Aber April spürt, dass sie eine andere ist, wenn sie liebt, wenn sie geliebt wird. Ludwig mit seinem Schalk, seinem Witz und seiner Unberechenbarkeit scheint genau der Richtige zu sein, um Aprils Leben zu entsprechen. Aber mit dem Kind, den Mutterpflichten wird alles anders.

«Er scheint sich selbst ganz und gar unvertraut. Auch sie ist sich unvertraut.»

Was wächst, ist nicht Vertrauen, sondern Misstrauen. Ludwig wittert überall einen Plan. April ist sich nicht sicher, mit wem sie sich verheiratet hat. Ist der ehrgeizige Chirurg, der sich abends in seinem Zimmer verkriecht und zum Ausgleich stundenlang zockt, der Mann, von dem sie glaubte, sie hätte ihn einmal geliebt? Ist ihr Mann der Mann, der sich auf Reisen gerne klotzig gibt und in der Marilyn-Monroe-Honeymoon-Suite bucht und bei seinen Eltern wieder zum kleinen Jungen wird?

Es dauert nicht lange, bis sich in Aprils Leben Geister einstellen, Filmfiguren, die sich einmischen; Riff Raff, Faye Dunaway und Rosemarie aus «Rosemaries Baby», die unaufhörlich Fragen stellen, die ihr Leben nicht beantwortet.
Mit dem Sohn, mit Samuel, entfernen sich die grossen Themen, über die sie so gerne schreiben will, immer mehr, werden unerreichbar. April dümpelt, während Aprils Geister sich in ihrem Leben einnisten.

«Ihr Herz klopft da, wo es nicht hingehört.»

Ludwig verstrickt sich in den Intrigen der Ärzteschaft, giert nach einem Chefarztposten, bekommt ihn, was die Familie zwingt, von Hamburg nach Berlin zu ziehen. Weg aus dem für April gewohnten Umfeld, weg aus ihrem Leben, weg aus dem Vertrauten, das in Wirklichkeit nie auf festem Untergrund gebaut war. April beginnt Tabletten zu schlucken, verschrieben von ihrem Therapeuten, begrüsst von ihrem Mann. Und als sie sich in einem afrikanischen Laden wiederfindet, wo man ihr während Stunden ein Haarteil auf dem Kopf näht, schiesst es ihr in den Kopf, begreift sie, «dass sie immer schon den Atem angehalten hat, ihr ganzes Leben lang.» April trennt sich von Ludwig, zumindest vordergründig, zieht zurück nach Berlin, nimmt weiter Tabletten.

«Ludwig kann Feuer entfachen, aber nicht am Brennen halten.»

Es beginnt der Kampf um Sam. Ludwig schickt ihn in ein Internat. April stürzt sich in die Arbeit als Redaktorin, während Ludwigs Leben aus den Fugen gerät. Ein Fall, der April mitzureissen droht.

Angelika Klüssendorfs Roman «Jahre später» ist eine ganz besondere Mischung. Da liest man vom Schrecken, der Achterbahn einer Beziehung, die zwischen akutem Schmerz und ungewollter Abhängigkeit pendelt und gleichsam vom Humor und Witz, der im fatalistischen Gefüge dieser Beziehung aufblitzt. Aus diesem Roman steigt derart viel Kraft und Poesie, dass man den Schluss des Buches möglichst lange herauszögern möchte. Ein Buch, aus dem einem Sätze förmlich anspringen. Sätze, die wie Blitze aufleuchten, hinter denen sich Welten aufschliessen. Sätze, die ganze Geschichten erzählen, Bilder die sich so tief einprägen, als hätten sie sich in die Netzhaut des Erinnern gebrannt.

«Glück ist die Abwesenheit von Angst.»

Angelika Klüssendorf ist auf Lesereise. Unbedingt hingehen, zuhören, staunen, lachen und geniessen!

Angelika Klüssendorf, geboren 1958 in Ahrensburg, lebte von 1961 bis zu ihrer Übersiedlung 1985 in Leipzig; heute lebt sie in der Nähe von Berlin. Sie veröffentlichte unter anderem die Erzählungen «Sehnsüchte» und «Anfall von Glück», den Roman «Alle leben so», die Erzählungsbände «Aus allen Himmeln» und «Amateure». Mit den beiden Romanen «Das Mädchen» und «April» schliesst «Jahre später eine Trilogie ab. Alle drei Romane sind unbedingt lesenswert!

Titelfoto: Sandra Kottonau

Literatur grenzenlos!

Das alljährlich stattfindende Literaturfestival „Erzählzeit ohne Grenzen“ ist einmalig. Zusammengerechnet ist die Besucherzahl imposant, die Liste der Autorinnen und Autoren mehr als beachtlich, die Veranstaltungsorte von abenteuerlich bis beeindruckend und meine Not als Besucher jedes Jahr die gleiche.

Man müsste in den Tagen vom 7. – 15. April mehrere Leben zur Verfügung haben, um all jenen Schreibenden zu lauschen, auf die man doch eigentlich schon lange wartet. Diesmal waren es drei Schriftstellerinnen und ein Schriftsteller, deren Bücher ich ihnen ans Herz legen möchte.

„Keyserlings Geheimnis“ von Klaus Modick, Kiepenheuer und Witsch, 235 Seiten
Klaus Modick, Autor von mehr als 20 Romanen, interessierte sich mit der Lektüre der Werke Eduard von Keyserlings (1855 – 1918, Schriftsteller und Dramatiker des Impressionismus) immer mehr für dessen Biografie. Ein Leben allerdings, dass viele weisse Flecken oder schwarze Löcher aufweist, weil der Nachlass auf Keyserlings Wunsch vernichtet wurde. Eine Tatsache allerdings, die die Neugier und Fantasie Klaus Modicks nur noch mehr anstachelte. Was waren die Gründe, warum ein Nachlass, fast alle Spuren, Briefe und Manuskripte eines Schriftstellers vernichtet werden mussten? Warum musste Eduard von Keyserling fluchtartig seine Universität und die Stadt Dorbat (heute Tartu) verlassen und nach Wien fliehen? Klaus Modick spinnt mit viel Einfühlung einen mitreissenden Roman, der in der Künsterboheme um 1900 spielt, Keyserlings Schwabinger Freunde; den Dramatiker Halbe, den Maler Lovis Corinth oder den Schriftsteller und Schauspieler Frank Wedekind. Absolut überzeugend aber ist Klaus Modicks feinsinnige Sprache, der Ton, den er beim Erzählen anstimmt und der perfekt zum Lebensgefühl und zur Zeit damals passt. Für all jene die perfekte Lektüre, die es mögen, wenn mit dem Lesen Zeitverständnis geweckt wird.

“Jahre danach“ von Angelika Klüssendorf, Kiepenheuer und Witsch, 156 Seiten
Nach „Mädchen“ und „April“ ist „Jahre danach“ der Schluss einer Trilogie. Die Geschichte von April, von der Kindheit bis hinein in ein Schriftstellerleben. „Jahre danach“ erzählt in sich abgeschlossen von Aprils Ehe zu Ludwig, den die zuerst als aufgeblasenen Chirurgen an einer Lesung kennenlernt, der ihr aber genau das zu geben scheint, wonach ihre Seele dürstet. April und Ludwig heiraten, bekommen ein Kind und Probleme zuhauf. Angelika Klüssendorf schrieb aber keinen Rosenkriegroman, sondern die Geschichte zweier Menschen, die sich wohl irgendwann irgendwie liebten, aber mehr ineinander verstrickten. „Jahre danach“ spriesst voller Witz und Poesie dort, wo man als Leser weinen könnte. Ein Buch voller starker Sätze, die man mitnehmen, nicht mehr vergessen möchte. Ein unglaublich starkes Buch, von dem die Autorin meinte, sie wäre froh, nun endlich einen Abschluss gefunden zu haben, um Neues beginnen zu können. Wie ich mich darauf freue!

“Die Königin schweigt“ von Laura Freudenthaler, Droschl, 206 Seiten
Nicht von den Märchen aus der Vergangenheit möchte Fannys Enkelin hören, viel lieber von der wirklichen Vergangenheit. Fanny erinnert sich. Vom Vater mit der harten Brust, von der Wärme ihrer Mutter, die nicht von ihrer abzugrenzen war, dem elterlichen Hof und von Toni, ihrem Bruder, dem Hoffnungsträger, der tot im grossen Krieg zurückgeblieben war. Fanny braucht ein Leben lang, um sich von den Gewichten ihrer Vergangenheit loszumachen, den Eltern, dem Dorflehrer, mit dem sie verheiratet war und einen Sohn hat. Selbst von jenen, die noch leben, ihrem Sohn, der auch Toni heisst und ihrer Enkelin, die sich nicht mehr nur mit Märchen aus der Vergangenheit begnügt. Die Geschichte einer Frau durch fast ein ganzes Jahrhundert. Laura Freudenthaler, noch jung, erzählt klug, wohl wissend, wo Nähe oder Distanz dem Erzählen gut tun. Ein Roman voller Ehrlichkeit und Reife, sprachlicher Kraft und Leidenschaft für ein Leben! Unbedingt lesen!

eine ausführlichere Rezension auf literaturblatt.ch

“Stillhalten“ von Nina Jäckle, Klöpfer & Meyer, 189 Seiten
Tamara sitzt in ihrem Zimmer. Ihr Leben ist abgeschlossen wie das Haus am künstlichen See, in dem sie wohnt. Sie schreibt in ihrem Zimmer in ihr Abrechnungsbuch. Tamara ist alt, war einst Tänzerin, vor langer, langer Zeit, damals 1933 in diesem schicksalsreichen Jahr deutscher Geschichte. Und sie sass Modell für ein Porträt, vor dem Maler Otto Dix. Damals war Tamara zwanzig, als sie Otto Dix zum ersten Mal begegnete, ebenso beeindruckt wie eingeschüchtert von einem Mann, der kein Blatt vor den Mund nahm. Otto Dix malte sie, weil sie mit ihrem Lächeln trösten sollte. Aus dem „Bildnis der Tänzerin Tamara Danischewski mit Iris“ wird eine nicht genutzte Möglichkeit, ein Leben am Scheidepunkt, damals noch von einem Leben in allen Facetten. Bis sie heiratete. Sie heiratete einen Mann, der ihr das Tanzen und Fragen verbot, liess sich einschliessen, für immer verwundet.

Nina Jäckles Mann trägt vor der Lesung im Kunsthaus Singen eine grosse Tasche mit ins Obergeschoss, wo fast 100 Gäste auf die weitgereiste Autorin warten. Er packt ein Bild aus, das Bild, das „Original einer Fälschung“, lächelt dieser. Die Replik des Bildes, das meist in Stuttgart hängt, wenn es nicht irgendwoin den Zentren der Welt auf Reisen ist.

Erfrischend war, wie Nina Jäckle den Bilddeutungen des Kunsthistorikers widersprach und deutlich machte, dass die Wissenschaft mit ihrer Deutung auch „unrecht“ haben kann.

eine ausführlichere Rezension auf literaturblatt.ch

Ich liess mich von „Erzählzeit ohne Grenzen“ faszinieren. Ein literarisches Freudenfest, ein Grossanlass, der einmalig ist. Ein grosses Dankeschön an das Organisationsteam, allen voran Monika Bieg und Barbara Tribelhorn.

Uwe Timm „Ikarien“, Kiepenheuer und Witsch

Mitte des 19. Jahrhunderts schrieb der Franzose Étienne Cabet den Roman “Voyage en Icarie“ (Reise nach Ikarien), einen utopischen Roman, die Gesellschaft neu zu erfinden. In Uwe Timms grossem Roman „Ikarien“ reist ein amerikanischer Soldat mit deutschen Wurzeln, Michael Hansen, durch das vom Krieg geschundene Nachkriegsdeutschland auf den Spuren des deutschen Wissenschaftlers Alfred Ploetz, den Wegbereiter der Eugenik („Erbgesundheitslehre“).

Uwe Timm ist einer jener wenigen Schriftsteller, die einem ein ganzes Leben durchs Lesen begleiten können. Vom Kinderbuch (zB. „Die Zugmaus“) übers Jugendbuch (zB. „Der Schatz auf Pagensand“), Abiturlektüre („Halbschatten“), Essays (zB. „Von Anfang und Ende“) bis zu Romanen, die unauslöschlich zu einem Begleiter des Lebens wurden (zB. „Rot“). Das schaffen nur wenige. Vielleicht noch der 2017 verstorbene Peter Härtling.

Der Roman beginnt mit einer Szene, die zeigt, worum es Uwe Timm in seinem neuen Roman geht. Der Krieg ist aus. In den Strassen einer zerstörten Stadt hüpft, springt und lacht ein tapsiger Junge. Es ist Karlchen. Seine Eltern hatten ihn 12 Jahre in ihrer Wohnung versteckt. Karlchen ist ein Junge mit Down-Syndrom. Ein Kind, dass die Nationalsozialisten unter ihrem Euthanasie-Programm umgebracht hätten, dass keinen Platz gehabt hätte im arischen Herrenrassensystem des Tausendjährigen Reiches.

In einem Interview erzählte Uwe Timm, diesen Jungen hätte es so gegeben, in der Stadt Coburg, in der die Menschen nach dem Krieg aufzuwachen schienen. Aber so ungebremst die Freude des Jungen war und so gross das Staunen, dass ehemalige Parteibonzen plötzlich die Gosse wischen, so schnell fiel das Leben wieder in alte Muster zurück. Man hänselte Karlchen wieder ungeniert und einstige Parteigrössen waren zurück in wichtigen Ämtern und Positionen.
Der Stoff habe ihn während Jahrzehnten beschäftigt, nicht nur weil Alfred Ploetz der Grossvater seiner Frau sei, sondern weil ihn der Stoff seit seinem Roman «Morenga» umtreibe, der schrecklichen Geschichte deutscher Kolonialmacht in Afrika.

Michael Hansen, ein junger amerikanischer Offizier mit deutscher Herkunft, soll nach letzten regionalen Kämpfen und Scharmützeln das Archiv des 1940 verstorbenen Arztes und Begründers der Eugenik Alfred Ploetz in Sicherheit bringen und durch Befragungen herausfinden wie die Verwicklungen zwischen den Nazis und dem Rassenhygieniker Alfred Ploetz waren. Michael Hansen macht sich auf den Weg durch ein zerstörtes Deutschland, durch Landschaften, die wie Idylle trügen und Städte, in denen Menschen in Schutt und Asche hausen. Das Deutschland der grossen Dichter und Denker, das Deutschland, das sein Vater und später die ganze Familie verliess, ein Deutschland, dass für den Rückkehrer nur schwer zu verstehen ist.

“Ikarien“ erzählt auch von der Idee vieler Erneuerer im 19. Jahrhundert, neue Gesellschaftsformen, neue Arten des Zusammenlebens zu schaffen und zu formen. Der junge Alfred Ploetz war fasziniert von den Ideen des französischen Revolutionärs Étienne Cabet, der in Amerika die Gemeinde Ikarien gründete, eine Arbeits- und Lebensgemeinschaft, die nach ganz anderen Gesetzen funktionieren sollte, ein utopisches Projekt. Ploetz besuchte jene Gemeinde noch vor Ausbruch des ersten Weltkriegs, war aber enttäuscht darüber, dass das Experiment an den Schwächen der Menschen zu scheitern drohte. In ihm wuchs die Überzeugung, dass nur in einem optimierten Menschen jene Qualitäten brauchbar werden, die eine neue Ordnung sichern würde. Aus einem Idealisten wurde ein glühender Verfechter und Begründer der Rassengesetze und all ihrer fatalen Folgen. Zucht und Züchtigung als Optimierung. Nicht unerwartet erhält Uwe Timm nach der Lektüre seines Romans viele Briefe von Leserinnen und Lesern und ihren Familiengeheimnissen, die plötzlich aufbrechen.

Michael Hansen findet den ehemaligen KZ-Häftling Wagner, einen einstigen Freund und Weggefährten Alfred Ploetz und führt mit ihm Interviews. Gespräche, die klar machen sollen, wie es zu den Auswüchsen des Rassenwahns kommen konnte. Befragungen mit einem Mann, der sich Jahre lang im Keller eines Antiquariats verstecken musste, jenem Ort, an dem auch all die verbotenen Bücher während des Naziregimes ein Asyl gefunden hatten. Hansen findet aber auch eine Zwischenwelt, ein aus der Zeit gefallenes Land, verunsicherte Menschen, Frauen ohne Männer, ein Deutschland, das nach dem Endkampf nicht nur äusserlich mit seiner Zerstörung zu kämpfen hatte.

“Man muss sich im Anderen und den Anderen in sich sehen.“

Zugegeben, „Ikarien“ ist für jene gut und spannend zu lesen, die an Geschichte interessiert sind, die nicht bloss unterhalten sein wollen, die sich mit einem solchen Buch Fragen zu stellen bereit sind, die alles andere als leicht zu beantworten sind, die sich Themen stellen wollen, die schwer verdaulich sein können. Nicht zuletzt der Frage, wie man selbst reagiert hätte in einer anderen Zeit, einem anderen Umfeld, unter anderen Vorzeichen. „Ikarien“ ist ein wichtiges Buch, ein Buch, das Stellung bezieht, gegen all die Leugner und Verdreher, die als gewählte Volksvertreter wieder Politik machen, sei es in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Was im 19.Jahrhundert Cabel in seinem „utopischen“ Ikarien nicht schaffte, schaffte die braune Ideologie im 20. Jahrhundert nicht, denn Gesellschaft wächst nicht aus Ideen, sondern aus den Sehnsüchten des Menschen.

Alfred Ploetz ist eine Faust-Figur, jemand, der einen Homunkulus erschaffen will, alles in den Dienst der Rationalität setzt, Empathie von Wissenschaft trennt. Ein Pakt nicht mit dem Teufel, aber mit den Nazis, dem Faschismus, in der Hoffnung, dass «Erkenntnis» zum politischen Programm wird.
Aber «Eugenik» ist keine «deutsche Erfindung», sondern eine Zeiterscheinung, die schon in den USA, Schweden und Dänemark Anwendung fand.
«Optimierung», «Selbstoptimierung, «pränatale Medizin» – Parallelen zu Gegenwart!

Uwe Timm, geboren 1940, freier Schriftsteller seit 1971. Sein literarisches Werk erscheint im Verlag Kiepenheuer & Witsch, zuletzt „Vogelweide“, 2013, „Freitisch“, 2011, „Am Beispiel eines Lebens“, 2010, „Am Beispiel meines Bruders“, 2003, mittlerweile in 17 Sprachen übersetzt, „Der Freund und der Fremde“, 2005, und „Halbschatten“, 2008. Uwe Timm wurde 2006 mit dem Premio Napoli sowie dem Premio Mondello ausgezeichnet, erhielt 2009 den Heinrich-Böll-Preis, 2012 die Carl-Zuckmayer-Medaille und den Schillerpreis 2018.

Joachim Sartorius „Für nichts und wieder alles“, Kiepenheuer und Witsch

Joachim Sartorius ist ein Reisender. Seine Gedichte in seinem neusten Band „Für nichts und wieder alles“ sind Reisen weit weg, bis nach Aleppo, Reisen in die Vergangenheit, Reisen in unmittelbare Nähe. Suchbilder mit ungewisser Tiefenschärfe. Meisterhafte Sprachgebilde, die mich warm in die Arme nehmen.

Joachim Sartorius Gedichte sind keine Versuche. Mit scheinbarer Leichtigkeit dichtet er sich in Tiefen, die mir sonst verschlossen bleiben. Es sprudelt Witz genauso wie Weisheit, Gelassenheit und eine Spur Melancholie. Joachim Sartorius experimentiert nicht. Seine Gedichte verbergen nicht, verstören nicht, lassen einem nie ratlos zurück. Vielleicht bleibt eine Spur Zweifel. Genau soviel Zweifel, um das Gedicht noch einmal und noch einmal zu lesen. Seine Gedichte beweisen Schönheit, umgarnen mich. Er nimmt mich mit. Ich werde Sehender durch seine Sprache. Durch seine Präzision des Schauens, den klaren Strich, der Helligkeit des Lichts.

Gross genug, alt genug

Wenn im Holunder die Glühwürmchen
sich öffnen und schliessen, folge diesem Licht,
folge der mit kleinen Sternen verkrusteten Nacht,
unserem einzigen Himmel, folge dem Flackern.
Die Erde ist alt genug, dass man nicht schreien muss.

Nervöses Licht auf den Stufen,
ein Leuchtturm ist dieser Glühwurm, folge seinem
Geflacker, er taumelt, er weiss wohin. Kaum
hat er die glänzenden Flügel aus dem Etui
gezogen, die blaue, laue Luft empfangen,

sich aufgewölbt, sind die Blätter schon hart,
ist er schon angezählt. Drei Nächte, falls kein
Regen kommt. Alt genug jetzt, sendet er dir
sein Licht. Stolpere nach. Schon tanzt, Rauchlocke
über dem schwarzen Waldsaum, dein Alter heran.

Sicellino, Juni 2010

Ich staune und bin tief berührt. Und einmal mehr verblüfft darüber, wie lange es dauerte, bis ich für solche Texte überhaupt zugänglich wurde. Es ist wohl nicht die Reife, die fehlte. Aber mit Sicherheit die Geduld, sich auf Lyrik einzulassen. Den Genuss der Sprache dem blossem Verstehenwollen vorzuziehen.

Peinliche Pilze

Es gibt kein Brot an diesem Tisch.
Um diesen Tisch sitzen Dichter.
Sie sprechen in der Hustensprache,
essen peinliche Pilze, gehen frieren.
Angst nutzen sie als Trampolin.
Ihr Augenschein ist Ohrenschein.

Nacht für Nacht hören sie das Gewicht
der alten Poesie und ihrer vielen Wohnungen.
Ihre Hände waren zu voll und sind
jetzt leer. Sie wissen: Die toten Dichter
halten ihren Schmerz für zu klein,
kläglichen Kram, fast blind, vertrieben

in alle Winkel der lieben Finsternis.

Joachim Sartorius liest neben vielen anderen Gästen am 3. Lyrikfestival NEONFISCHE 2018 im Aargauer Literaturhaus Lenzburg. Am Wochenende vom 3. und 4. März lesen und performen neben Joachim Sartorius Robert Schindel, Kathrin Schmidt, Ernst Halter, Raphael Urweider, Frédéric Wandelère, Klaus Merz, Meret Gut, Jürg Halter, Cornelia Travnicek, Tim Holland sowie die Übersetzerinnen Elisabeth Edl und Marion Graf.

Joachim Sartorius, geboren 1946 in Fürth, wuchs in Tunis auf und lebt heute in Berlin und Syrakus. Er ist Lyriker und Übersetzer amerikanischer Dichtung. Er veröffentlichte sechs Gedichtbände, zuletzt 2008  „Hôtel des Étrangers“, zahlreiche Bücher, die in Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern entstanden, und die Reiseerzählungen. Sein lyrisches Werk wurde in vierzehn Sprachen übersetzt. Er ist Mitglied des PEN und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Informationen zum Lyrikfestival NEONFISCHE

Susann Pásztor «Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster», KiWi

Karla wird an Krebs sterben. Und Fred, ehrenamtlicher Sterbebegleiter, ist wild entschlossen, wenigstens damit seinem Leben einen Sinn zu geben. Freds Sohn Phil kommt ganz gut ohne ihn zurecht. Und vom weiblichen Geschlecht sonst ist kaum mehr etwas für Fred zu erhoffen.

«Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster» erzählt von einem ungleichseitigen Dreieck um die todkranke Karla. Karla hat Krebs und vielleicht noch ein paar Monate zu leben. Karla möchte ihre Ruhe haben. Was unbedingt sein muss, akzeptiert sie. Aber als sich dieser Mann nach telefonischer Voranmeldung an ihrer Wohnungstür in ihre Ruhe klingelt, wird diese Sehnsucht nach Ruhe gestört. Der Unruhestifter lässt sich auch durch absichtliche Unfreundlichkeiten nicht abschütteln, erst recht nicht. Der Mann an der Tür ist Fred. Fred ist ehrenamtlicher Sterbebegleiter und nimmt seine Aufgabe ernst. Er weiss, dass Vertrauen gewonnen werden muss. Fred hat mit dem Leben noch einige Rechnungen offen. Seine Ehe ist gescheitert, seine Ex in die Esoterik abgedriftet. Er als alleinerziehender Vater schmerzhaft weit weg von seinem Sohn entfernt. Auch im Büro reisst ihn nichts mehr aus seinem Trott. Jeden zweiten Mittwoch trifft sich Fred mit andern Berufenen zum Supervisionstreffen der Ehrenamtlichen im Hospiz. Dort holt er Anlauf und später Beistand für seine erste Mission. Eine Aufgabe, die auch durch Einfühungskurse und Handbücher nicht einfacher wird; Sterbebegleitung. Phil ist Freds dreizehnjähriger Sohn. Auch er einer, der sich in seiner Ruhe durch den Vater gestört fühlt. Phil schreibt lieber Gedichte, die er auf Internetforen veröffentlicht, als auf Plätzen einem Ball hinterherzurennen. Phil versteht seinen Vater kaum. Ein Vater, der ein Verlierer zu sein scheint. Einer, der sich als ehrenamtlicher Sterbebegleiter in eine Mission verrennt. Und Gudrun? Gudrun, pensioniert, lebt allein und ist als Karlas Schwester, der einzig übrig gebliebene Rest einer Familie, von der die todkranke Karla nichts, gar nichts mehr wissen will. Bis Fred alle aus ihrer Ruhe reisst.

Susann Pásztor, neben ihrer Berufung als Autorin und Übersetzerin selbst ehrenamtliche Sterbebegleiterin, gelingt es mit ihrem zugleich heiteren wie ernsten Roman ein Tor zu einem Thema zu öffnen, das nicht nur in der Literatur wenig Aufmerksamkeit findet. Zum einen erzählt Susann Pásztor vom Sterben einer Frau, der das langsame Sterben selbst schon vor dem Tod alles zu nehmen droht. Zum anderen von der durchaus ehrenvollen Aufgabe der Sterbebegleitung. Eine Aufgabe, die so ganz anders ist als alles, was wir uns sonst auferlegen. Wie soll man sich Sterbenden nähern, ohne das aus Ehrenhaftigkeit Aufdringlichkeit wird? Was tun, wenn die Signale einer Sterbebegleitung nicht ankommen, nicht so ankommen, wie sie gedacht waren? Wenn aus Übereifer Verletzungen entstehen? Wenn aus Beistand Notstand wird? Susann Pásztor beschreibt mit einem besonderen Gefühl für Feinheiten das Spannungsnetz einer solchen Extremsituation. Susann Pásztor lässt das Geschehen subtil entgleisen. Phil, Freds Sohn, soll für Karla in ihrer Küche all die Negative aus einer «Grateful-Dead-Vergangenheit» einscannen. Dabei gewinnt er unweigerlich jene Nähe, die sein Vater auch mit der Brechstange nicht zu erwirken vermag. Übermotiviert und euphorisiert nimmt Fred heimlich Kontakt zur einzigen Verwandten Karlas, zu Gudrun auf. Die Zusammenführung soll zur Weihnachtsüberraschung werden. Eine, die ihm gelingt, wenn auch gar nicht so, wie er sich das ausgemalt hatte.

Susann Pásztor erzählt kapitelweise aus der Sicht der vier Protagonisten, macht mich zum Verbündeten, zum Hoffenden, zum Zweifelnden. Zudem würzt die Autorin mit Nebenschauplätzen, die nicht verzetteln, sondern das Kerngeschehen in ein anderes Licht setzen. So wie Phils Wörterkrankenhaus für Wörter, die unheilbar erkrankt sind oder endgültig aus dem Verkehr gezogen werden müssten. Obwohl erst dreizehn entwicklt Phil ein Sensorium, das ihn dort hören lässt, wo andere überhören. Oder das durch Freds Übereifer gestörte Leben von Karlas einziger Schwester Gudrun, die eigentlich eine Kreuzfahrt geniessen will. Sie wird zur Kreuzfahrerin in eine Vergangenheit, die zugeschüttet ist. Oder Karlas Leben selbst, das nur andeutungsweise erzählt wird. Aber an den kursiv gesetzten Listen, die den Kapiteln dazwischengestellt sind, bleibe ich hängen. Sie lassen mich spekulieren, tragen mich weiter.

Und nicht zuletzt ist «Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster» ein Roman über das Sterben. Soll man sich ergeben oder trotz Krankheit gestalten? Wann wird Hilfe und Beistand zur Belastung? Wo und wann wird angebotene Hilfe zum Selbstzweck? Muss man Ordnung machen? Susann Pásztors Roman lebt von den Erfahrungen der Autorin, von den Tiefen und Untiefen jenes letzten Lebensabschnitts.

Ein Interview

Vor der Lektüre Ihres Romans wusste ich nicht einmal, dass es ehrenamtliche Sterbebegleitung gibt. So wie Sie Sterbebegleitung beschreiben, kann der Eindruck entstehen, manche dieser Ehrenamtlichen seien ziemlich überfordert, könnten viel mehr zur Belastung einer eh schon schwierigen Zeit werden, als Entlastung.
Wenn ich ein Sachbuch geschrieben hätte, könnte ich Ihre Bedenken verstehen. Aber es ist ein Roman! Und mal abgesehen davon: Ich denke, dass jede Aufgabe, jede Interaktion mit sterbenden Menschen Momente der Überforderung bereithält, ebenso wie Momente des Glücks, der Hilflosigkeit, der Intimität. Der überwiegende Teil der Sterbebegleiter kann damit umgehen; die wenigen, die das nicht gut aushalten, hören bald wieder auf. Hier in Berlin gibt es viele, bei denen niemand am Bett säße, wenn es die Ehrenamtlichen nicht gäbe. Selbst wenn sie Fehler machen, sind sie alles andere als eine zusätzliche Belastung.

Fred sucht sich eine Aufgabe, eine schwierige Aufgabe. Eine Aufgabe, die mit dem Tod endet. Darf Sterbebegleitung zum Selbstzweck werden? Man sucht sich eine Aufgabe, um sich selbst zu helfen. Fred ist geschieden, überfordert im Zusammenleben mit seinem Sohn Phil, wenig ausgefüllt von seiner Arbeit, ziemlich isoliert.
Das ist etwas, das ich nie verstanden habe: Warum soll man keine Aufgabe übernehmen, mit der man auch sich selbst helfen kann? Jeder Mensch, der Arzt oder Feuerwehrmann oder Therapeut wird, bringt irgendetwas aus seiner Biografie mit, das man auch gegen ihn verwenden könnte. Ich finde nicht, dass es bei so einer Wahl richtige oder falsche, ehrenwerte oder schlechte Motive gibt. Entscheidend ist, wie offen man ist, wie neugierig und wie bereit, sich zu hinterfragen und dazuzulernen und an seiner Aufgabe zu wachsen.

Freds zwölfjähriger Sohn Phil ist ein besonderer Junge. Einer von der stillen Sorte. Einer der Gedichte schreibt und kranke Wörter sammelt. Nicht Fred sein Vater gewinnt Nähe zur sterbenden Karla, sondern sein Sohn Phil. Unspektakulär durch eine Arbeit in Karlas Küche. Braucht es Sterbebegleitung? Braucht es nicht viel mehr soziale Formen, in denen Sterben nicht zum Ausnahmezustand wird? Liegt nicht der Schlüssel zu solchen Menschen in Phils Art, dem Leben und Sterben zu begegnen; ganz fein, ganz still, ganz «nebenbei“?
Oh ja, solche sozialen Modelle sind schön und wünschenswert. Es gibt sie nur nicht, und wenn wir sie haben wollen, müssen wir irgendwo anfangen. Einer der Wege dorthin ist, dass die Hospizarbeit – und damit auch die Möglichkeit einer Sterbebegleitung – mehr und mehr ins Bewusstsein der Menschen dringt und immer selbstverständlicher zum Leben dazugehört. Viele, so wie Sie, wissen gar nicht, dass es so etwas gibt. Andere organisieren Protestdemos, wenn sie erfahren, dass in ihrer Nachbarschaft ein Hospiz gebaut werden soll. Wir müssen noch so viel lernen. Von daher: Ja, es braucht Sterbebegleitung, und zwar dringend.

Sterbebegleiter Fred will in seinem Übereifer die sterbende Karla mit ihrer einzigen Schwester zusammenbringen. Er will eine Versöhnung provozieren. Sie selbst sind auch Sterbebegleiterin. Braucht es Versöhnung vor dem Tod? Sind wir nicht einfach zu harmoniesüchtig, selbst wenn es um die letzte Strecke vor dem Tod geht?
Ich halte das mit der Versöhnung am Sterbebett für einen romantischen Mythos, der von verzweifelten Hinterbliebenen erfunden wurde. Oder von Schriftstellern. Das Wichtigste ist, glaube ich, mit sich selbst ins Reine zu kommen und seinen inneren Frieden zu finden. Falls das eine Versöhnung erfordert: Man kann auch innerlich um Verzeihung bitten oder verzeihen, dazu braucht es die große dramatische Geste nicht. Das gilt übrigens auch für die Hinterbliebenen.

Ich bin sicher, dass es gute Romane braucht, die Themen ins Gespräch bringen, über die man sonst nicht spricht. Ich bin sicher, dass Ihr Roman genau dies tut. Ich lese und diskutiere mit in zwei Lesekreisen. Ihr Buch scheint mir wie geschaffen dafür? Trotzdem würde ich mich nicht wundern, wenn gerade ältere Menschen bei diesem Thema » blocken». Will man sich wirklich mit dem Sterben beschäftigen?
Ich weiß es nicht. Ich kenne ja auch nicht das Durchschnittsalter der Leser dieses Buchs. Zu den Lesungen kommen jedenfalls erstaunlich viele ältere Menschen. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass es in allen Altersgruppen etwa gleich viele „Blocker“ gibt. Junge und Mittlere blocken, weil sie Angst vor dem Verlust ihrer Eltern und Großeltern haben, Alte blocken, weil sie wissen, dass sie selbst bald dran sind.

Ich danke Susann Pásztor für das kleine Mail-Interview.

Susann Pásztor, 1957 in Soltau geboren, lebt als freie Autorin und Übersetzerin in Berlin. Ihr Debütroman »Ein fabelhafter Lügner« erschien 2010 und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. 2013 folgte der Roman »Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts«. Sie hat die Ausbildung zur Sterbebegleiterin abgeschlossen und ist seit mehreren Jahren ehrenamtlich tätig.

Titelfoto: Sandra Kottonau

Peter Schneider «Club der Unentwegten», Kiepenheuer und Witsch

Leben aus der Distanz? Aus der Distanz des Alters? Lieben aus der Distanz? Durch ein halbes Dutzend Flugstunden, über Kontinente getrennt? Durch ein halbes Leben, der Gewissheit, dass gemeinsames Altwerden unmöglich ist? Durch Biografien, die sich nicht so einfach offenbaren lassen, in denen Geheimnisse bleiben?

Roland, vielleicht so alt wie der Autor selbst, Privatgelehrter an einer New Yorker Universität und in Berlin Forschender auf den Spuren rund um die Spekulationen der im Louvre ausgestellten Mona Lisa, verliebt sich doch noch. In eine viel jüngere Frau, die er bei einer Trauerfeier in Manhatten kennenlernt. Roland liest dort ein Stück Prosa des Verstorbenen vor und ist schon während des Lesens betört vom Lachen der jungen Frau. Leyla, persischen Ursprungs, ist nicht nur viel jünger, scheint auch unerreichbar für den in die Jahre gekommenen Gelehrten. Und doch trifft die Liebe beide wie ein Gewitter, ein Wolkenbruch. Roland, abgeklärt und in seinem Leben eingerichtet, sieht sich mit einer Wand aus Emotionen konfrontiert, von denen er sich als werdender Greis befreit  fühlte. Darf und soll er das noch? Soll er sich hingeben, gehen lassen? Selbst im Wissen darum, dass er mit den Empfindungen und Torheiten eines Dreissigjährigen agiert? Ein Mann, der sich sonst mit der Echtheit jenes Bildes auseinandersetzt, das zum Inbegriff des Schönen, der Perfektion zählt. Ein Mann, der nichts dem Zufall überlässt, alles akribisch und wissenschaftlich angeht. Er, der sich immer mehr und unausweichlich mit den Zeichen des Alterns auseinanderzusetzen hat, damit, dass er Namen vergisst, immer öfter das Opfer «einer diskreten Verbrennungsanlage im Gehirn» wird. Ist es die Suche und Sehnsucht nach dem Glück angesichts der unbestreitbaren Endlichkeit des Lebens? Oder ist er nicht einfach ein blinder Idiot? Sind es die Geheimnisse um Leyla, genauso wie die Geheimnisse um den misteriösen Bilderraub vor mehr als 100 Jahren, als ein einfacher Handwerker die Mona Lisa aus dem Louvre trug und das Gemälde längere Zeit verborgen blieb? Roland selbst ist davon überzeugt, dass die ganze Welt dort im Louvre einer Kopie des berühmten Lächelns huldigt. Ist dem Lächeln der Mona Lisa zu trauen? Roland lässt sich in das Abenteuer fallen, erst recht, nachdem die alten Männer im «Club der Unentwegten», sein «alter» Freundeskreis in seiner Heimatstadt Berlin, von ihren Abenteuern erzählen. Alte Männer, die alle irgendwie der Liebe, dem Verliebtsein und der Sehnsucht danach ihr Leben ausrichten. Unentwegt lieben, bereit, alles, was sie an Normalität umgibt, aufs Spiel zu setzen, vielleicht ein letztes Mal.
Roland pendelt zwischen Welten, zwischen Berlin und New York, seinem Zuhause und seinem Liebestraum, zwischen Realität und Rausch. Noch viel mehr, als Leyla Roland bittet, Vater ihres Wunschkindes zu werden. Noch mehr, weil Roland weiss, dass Leyla geschwärzte Seiten mit sich herumträgt, vieles aus ihrer Geschichte, das sie nicht preisgeben will. Auf einer gemeinsamen Reise nach Italien, in die Trümmer der Ruinenstadt Pompeji, als Roland angesichts der Gipsabdrücke der Vulkantoten mit seinen Schilderungen der Katastrophe damals einen emotionalen Ausbruch Leylas verursacht, legt Leyla frei, was sie als Geheimnis, als Verletzung mit sich herumträgt. Leyla verlor damals, als am 11. September 2001 die beiden Türme in New York einstürzten, die Liebe ihres Lebens. Aber nicht, weil der Mann verbrannt, aus dem Fenster gesprungen, von Trümmern erschlagen oder von der Wucht des Einsturzes zerrieben wurde. Was an jenem Septembertag geschah, riss eine Mehrfachwunde in die Seele der jungen Frau.

Peter Schneider ist ein schnörkelloser, leidenschaftlicher Erzähler. Er zieht mich mit den emotionalen Beben eines in die Jahre gekommenen Mannes, der sich seiner Endlichkeit bewusst ist, nicht erst mit dieser einen Liebe, aber mit ihr umso mehr, in den Bann. Peter Schneider weiss, dass Gefühle kein Altern kennen, höchstens immer grösser werdende Entfernung von ihnen. «Club der Unentwegten» ist eine Liebesgeschichte, ein Roman darüber, was zwischen Mann und Frau wider aller Vernunft geschehen kann.

Peter Schneider, geboren 1940 in Lübeck, wuchs in Freiburg auf, wo er sein Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie aufnahm. Er schrieb Erzählungen, Romane, Drehbücher und Reportagen sowie Essays und Reden. Seit 1985 unterrichtet Peter Schneider als Gastdozent an amerikanischen Universitäten, unter anderem in Stanford, Princeton und Harvard. Seit 1996 lehrt er als Writer in Residence an der Georgetown University in Washington D.C. Er lebt in Berlin. Bei Kiepenheuer & Witsch erschienen zuletzt «Die Lieben meiner Mutter», 2013 und «An der Schönheit kann’s nicht liegen», 2015.

Titelbild: Sandra Kottonau