Iris Wolff «Lichtungen», Klett-Cotta

„Lichtungen“ ist die Geschichte von Kato und Lev, eine zarte Liebesgeschichte, die Iris Wolff überraschend erzählt, nämlich in neun Kapiteln vom Ende her erzählt. Haben Liebesgeschichten ein Ende? Jene von Kato und Lev nicht, Iris Wolffs Roman nicht, denn der Schluss des ersten Kapitels ist die Frage „Wohin fahren wir?“. Der Anfang ist ein Schluss ist ein Anfang.

Schon in ihren Romanen zuvor ist die Qualität in Iris Wolffs Erzählen die Zartheit ihrer Sprache, dieses filigrane Netz aus Wahrnehmungen, Empfindungen, das Sichtbarmachen des Unsichtbaren. „Lichtungen“ ist die Geschichte einer Freundschaft, zweier Charakteren, die sich wie ein Doppelplanet umkreisen, bis der eine aus dem Gravitationsfeld ausbricht und damit auch die Umlaufbahn des andern zerreisst. Kato reist in den Westen, bricht auf. Lev bleibt im Dorf, bis ihn eine Karte aus Zürich erreicht: „Wann kommst du?“.

Kato und Lev wachsen in Ceaușescus Rumänien auf, das Mädchen Kato mehr oder weniger alleine, zusammen mit einem alkoholkranken Vater, getrieben vom Wunsch auszubrechen, Lev bei seiner Mutter Lis und seinen Grosseltern, seinen beiden Halbgeschwistern, als jüngster Spross einer Familie, in einem kleinen, grauen Ort. Beide sind Aussenseiter, Lev schwächlich, ohne Antrieb, bei all dem Rudelgehabe in der Schule und im Dorf eine Rolle zu spielen, Kato von fast allen gemieden, nicht zuletzt, weil sie sich mit Stift und Papier von all dem absetzt, was die Interessen aller anderen ausmacht. Und weil man Kato dazu verdonnert, dem kranken Lev die Hausaufgaben ans Bett zu bringen, wächst zwischen den beiden etwas, was mit den Jahren immer mehr zu einer Freundschaft wird, die alles andere zusammenzuhalten scheint.

Iris Wolff «Lichtungen», Klatt-Cotta, 2024, 256 Seiten, CHF ca. 29.90, ISBN 978-3-608-98770-6

Dass Iris Wolff Malerei studiert hat, zeigt sich nicht nur, weil ihre Protagonistin Kato Künstlerin, Zeichnerin, Malerin ist. Iris Wolff hat eine ganz eigene Fähigkeit zu sehen. Sie schreibt aus den Augen ihrer beiden ProtagonistInnen, ohne in ihre Figur hineinzuschlüpfen. Kato entwickelt ihre ganz eigene Art des Sehens, so wie die Autorin selbst. Auch Lev ist ein Sehender, ein Beobachtender, einer, der mehr wahrnimmt als andere und doch das Gefühl nicht wegbekommt, aussen vor zu sein. Ein Gefühl, das ihn restlos einnimmt, als ein Fremder in Fahrradmontur im Dorf auftaucht und Kato dazu bringt, mit ihm das Dorf mit unbestimmtem Ziel zu verlassen. Kato entschwindet und Lev bleibt. Bis er es nicht mehr aushält und ein kläglicher Versuch eines Ausbruchs ihn wieder zurück ins Dorf spült. Bis Lev Jahre später die Karte aus Zürich erhält und endlich aufbricht.

Vielleicht beschreibt der Titel „Lichtungen“ auch die Art der Freundschaft der beiden. So wie das, was zwischen Kato und Lev über die Jahre entstanden ist, genau das, was „Lichtungen“ in seinem Leben ausmacht. Für Lev ist Kato die Tür zur Welt, für Kato Lev ein Stück Zuhause, etwas, das ihr im Vergleich zu allem anderen nicht genommen werden kann.

Lev, der die Schule abbricht, als Soldat nur schwer zurechtkommt, als Waldarbeiter in die Tiefen der rumänischen Wälder geschickt wird und nur überlebt, weil er Freundschaft mit Imre schliesst, einem Mann, der sich dort selbst bestraft und in dessen Sägerei er später Arbeit findet, wird durch ein Leben geschoben. Kato, die sich ihre Welt mit ihrem Stift, mit Pinsel oder Kreide macht, die mit ihrer Leidenschaft immer am Fenster zur Welt steht, zieht es weg. Eine Freundschaft in Gegenseitigkeit. Eine Freundschaft, die in Liebe eingetaucht ist, in die sich Leidenschaft mischt, die aber immer zuerst Freundschaft bleibt, bis zu diesem einen Satz „Wohin fahren wir?“.

Ihre Strategie, die Geschichte von Kato und Lev in ihrer Chronologie zurückzuerzählen, scheint experimentell. Aber ein Blick zurück, auf ein Leben, eine Geschichte, auch auf die Geschichte eines Landes, jener Ecke Rumäniens, die die nationale Zugehörigkeit immer wieder wechseln musste, ist immer ein Blick zurück. Nur die meist gewählte Erzählrichtung liegt in der Gegenrichtung. Aber während des Lesens von „Lichtungen“ erschliesst sich Schicht um Schicht, erklärt sich Bild um Bild.

Warum „Lichtungen“ ein ähnliches Lesegefühl wie „Die unendliche Leichtigkeit des Seins“ von Milan Kundera bei mir auslöst, weiss ich nicht wirklich. Aber beim Lesen, ich las den Roman gleich zweimal hintereinander, war da das Gefühl, an etwas Besonderem teilhaben zu dürfen.

Interview

Ich bin begeistert und schwer beeindruckt. Zum einen ist es eine Geschichte, in der viele Themen eingebunden sind. Aber genauso deine Art des Erzählens, die Zartheit deiner Sprache, die mich ans Zeichnen erinnert. Es sind keine opulenten, mit Öl gemalten Bilder, sondern Zeichnungen in Pastellfarben, ohne je rührselig oder kitschig zu wirken, fein skizziert, mit vielen Zwischenräumen, Zeichnungen in der perfekten Mischung aus Schmeichelei und Herausforderung. Wie passiert Schreiben bei Iris Wolff? Was sind die Zutaten, dass es klappt? Gibt es Dinge, die du um jeden Preis vermeidest?

Die wichtigste Zutat ist Stille. Sprachliche Äußerungen deuten Wirklichkeit, reduzieren sie, verfehlen sie manchmal haarscharf. Es ist schwer, etwas wirklich Neues zu denken und zu schreiben; nicht immer dieselben Erfahrungen zu machen, weil sich die Zukunft aus den Mustern der Vergangenheit wiederholt. Er wolle malen, was er sehe, und nicht, was er wisse, soll William Turner formuliert haben – dabei ist es geradezu unmöglich, die Welt zu sehen, wie sie an sich ist, weil sich alles immerzu in unsere Gedanken einfärbt. Was mir hilft ist Stille. Dort sind Dinge und Erfahrungen noch nicht beurteilt, zergliedert, analysiert. Sie sind einfach da; sie sind groß, überwältigend, mitunter widersprüchlich. Aus dieser Kraft heraus sind Sätze möglich, die jene Balance halten zwischen Präzision und Offenheit, zwischen Gesagtem und Angedeuteten. Was ich unbedingt vermeiden möchte: Meine Figuren festnageln, ausdeuten ins grellste Licht zerren. Ich möchte ihnen möglichst unvoreingenommen begegnen; sehen, was sich verbirgt, zeigen, was ungesagt ist, aber doch auch gleichzeitig das Verborgene, ihr Geheimnis hüten.

Landschaft im Iza-Tal, © Iris Wolff

Die Freundschaft zwischen Kato und Lev ist ein feinmaschiges Geflecht, das den beiden ganz unterschiedliche Positionen erlaubt. Obwohl es zwischendurch ganz ordentlich knistert und Eros schon früh mitspielt, lassen sich die beiden nie bis zur letzten Konsequenz auf den anderen ein. Weil sie ahnen, dass Leidenschaft Leiden schafft?

Mir war es wichtig, in der Schwebe zu lassen, ob es Liebe oder Freundschaft ist. Jeder Freundschaft ist Liebe beigemischt, und jeder Liebe Freundschaft. In der Malerei gibt es in der Moderne die Tendenz, den Rand freizulassen. Es wird nicht etwas gezeigt, sondern das Bild zeigt sich. So wie in Katos Skizzen die Strichführung sichtbar ist, ihre Spontaneität, Wucht, Feinteiligkeit, möchte ich auch in der Literatur mit offenen, unbeschriebenen Rändern schreiben – einen weiten Raum öffnen. So können sich Leserinnen und Leser zu einer Geschichte in Beziehung setzen (mit ihren Fragen, inneren Bildern) und letztlich selbst entscheiden, was das zwischen Lev und Kato ist. 

Weder Lev noch Kato wachsen in klassischen Familien auf, in Familien, die einem Muster entsprechen. Beide fühlen sich nie ganz und gar zuhause, sicher, aufgehoben. Da ist bei beiden die Sehnsucht nach mehr. Nur manifestiert sich diese Sehnsucht ganz unterschiedlich. Bei üblicher Erzählweise frage ich gerne, ob während des Schreibens der Weg oder gar das Ende klar vor Augen war. Du erzählst zuerst den Schluss. Warum diese Strategie?

Ich habe Lev im Bett liegend kennengelernt, als kleinen Jungen, der nach einem Unfall seine Beine nicht mehr bewegen kann. In dieser reduzierten Welt, bestehend aus Bett, Haus und Familie, aus Geschichten und Geräuschen, war alles enthalten. Ich wusste: Sein Leben wird rückwärts erzählt, denn so begegnen wir einander auch im „echten Leben“. Man lernt jemanden kennen, und wenn sich die Begegnung verstetigt, erfährt man nach und nach, was denjenigen zu dem Menschen gemacht hat, der er heute ist. Die Form setzt den Rahmen für bestimmte Fragen. „Jedes Jetzt enthält das Vergangene“ – das ist eine Erkenntnis, die Lev in Zürich, am Anfang des Romans hat. Ich habe mir gewünscht, dass er die Traumata seiner Kindheit eines Tages hinter sich lassen und dass er neu beginnen kann. Ohne Kato wäre ihm das nie gelungen. Erzählerisch war diese Strategie eine Herausforderung, und habe mir vorgenommen, es mir beim nächsten Buch leichter zu machen 😉

Man muss sich aufmachen. Kato und Lev tun es. Du tust es mit jedem Buch. Du machst dich auf in dein Herkunftsland, eine Geschichte, in „fremdes“ Leben. Angesichts der aktuellen Geschichte, der Probleme, die ungelöst anstehen, scheint mir die einzig wirksame Losung zu sein, sich aufzumachen. Weder in der aktuellen Politik noch in Klimafragen spüre ich diesen unbedingten Willen. Vielleicht deshalb meine Überzeugung, dass die Literatur, die Kunst, dieses Aufmachen initieren kann. Wer liest, macht sich auf in andere Welten, öffnet sich. Oder ist Schreiben doch nur Selbstzweck?

Diese Frage berührt den Kern des Buches. Lev und Katos Geschichte ist als Reise in die Vergangenheit angelegt, weil Erkenntnis am leichtesten rückwirkend geschehen kann. Umso frustrierender, wenn wir merken, dass der Mensch anscheinend nicht fähig ist, aus den vergangenen Jahrhunderten mit seinen Kriegen und Diktaturen zu lernen. Der Blick zurück ist wichtig. Aber wahre Veränderung ist nur möglich, wenn man sich traut, radikal neu zu denken. Es kommt mir vor, als laborierten wir an Systemen herum, die grundsätzlich nicht mehr taugen. Nehmen wir das Beispiel Klimaschutz oder unser Umgang mit der Tierwelt. Wir gehören zur Natur, sind abhängig von anderen Lebewesen. Aber die menschliche Gier setzt sich über diese Einsicht hinweg. Dabei haben wir eine gemeinsame Geschichte, eine Übereinkunft: dass das Leben nur im Verbund möglich ist. Aber statt eine neue Tier-Ethik aufzustellen oder den Mut zu haben, Klimaschutz als oberste Priorität zu setzen, werden nur ab und an (oft genug nicht einmal das) Gesetze verabschiedet, die etwas verbessern sollen. Man könnte, wenn man hier in die Tiefe geht, leicht verzweifeln. Was Bücher auf einzigartige Weise können ist: Empathie erzeugen. Weil wir mit Büchern die Welt aus den Augen eines anderen Menschen sehen. Das gilt generell für Kunst: Wir weiten – für die Dauer eines Films, eines Buchs, eines Musikstücks – die Grenzen unseres fest gefügten Selbst und begreifen vielleicht, wie sehr alles miteinander verbunden ist. 

„Lichtungen“ ist auch ein Buch der Auslassungen, der Ungewissheiten. Du leuchtest die Szenerien nicht aus. Dein Roman will nicht erklären. Es sind „Lichtungen“, die du beschreibst. So wie die eine Szene im Wald, der Kampf zwischen zwei Wölfen. Eine Szenerie, die nicht verdeutlicht, aber eine Stimmung erzeugt, eine Ahnung, Diskussionsstoff für ganz viele Leserunden, die sich mit deinem Buch zusammensetzen. Wie sehr ist dein Schreibprozess, dieses Buch, der Spiegel deiner ganz eigenen Prozesse? Oder wie sehr öffnest du dich im Schreiben der Einmischung und Beeinflussung?

Jedes Buch ist wie ein weiterer Jahresring eines Baums. Bücher sind Wachstumsprozesse. Es kann mitunter befremdlich sein, aus früheren Werken zu lesen; ein wenig so, als würde man alte Fotoalben durchblättern. Jeder neue Text verhandelt Fragen und bezeugt sicher auch Veränderungen der Weltwahrnehmung. Ich habe in Lichtungen mit Lev gelernt, dass das Gegenteil von Sprechen nicht Schweigen ist, sondern Hören. Dass es wichtig ist, ab und an zu überprüfen, ob Glaubenssätze und Selbstbilder einen am Gehen hindern. Und was den Schreibprozess anbelangt: Ich habe das Manuskript lange für mich behalten, weil ich Angst hatte, dass mir jemand das Rückwärtserzählen ausreden wird. Gleichzeitig bin ich immer offen für Einmischung. Die besten Hinweise begegnen einem zufällig. Wenn man auf „Empfang“ gestellt ist, arbeitet das Leben, der Zufall, die Natur, andere Menschen an der Geschichte mit. 

Iris Wolff liest am 8. Juni in Frauenfeld CH!

Iris Wolff, geboren 1977 in Hermannstadt, Siebenbürgen, studierte Germanistik, Religionswissenschaft, Grafik und Malerei. Sie ist Mitglied des internationalen Exil-PEN und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Marieluise-Fleißer-Preis und den Marie-Luise-Kaschnitz-Preis für ihr Gesamtwerk. Für «Die Unschärfe der Welt» (2020) erhielt unter anderem den Solothurner Literaturpreis. Ausserdem wurde der Roman sowohl von deutschen als auch von Schweizer Buchhändlern zu einem der fünf beliebtesten Bücher gewählt. Iris Wolff lebt in Freiburg im Südwesten Deutschlands.

Rezension von «So tun, als ob es regnet» auf literaturblatt.ch

«(Er)zählen», Iris Wolff, Plattform Gegenzauber

Beitragsbild © Max Gödecke

Iris Wolff «Die Unschärfe der Welt», Klett-Cotta

Es gibt Lesemomente, die einem das Gefühl geben, an etwas ganz Besonderem teilzuhaben. Das passierte schon bei Iris Wolffs dritten Roman „So tun als ob es regnet“. Noch intensiver war der Sprachschauer bei der Lektüre ihres aktuellen Romans „Die Unschärfe der Welt“. Ein Leseerlebnis, das sich einbrennt. Ein Buch, das man nicht gerne weglegt. Eine Geschichte, die tief berührt und Sprache, die deutlich macht, wie Handwerk zu Kunst wird.

Im Banat, einem Gebiet im Westen Rumäniens, leben die Banater Schwaben, eine Deutsch sprechende Bevölkerungsgruppe, ein Bergland, in dem Iris Wolff aufwuchs. So wichtig die ProtagonistInnen, so wichtig ist in den Romanen der Autorin dieses Kulturgebiet. In Iris Wolffs Romanen wird eine Gegend zu einem Protagonisten. Auch darum, weil dieses Gebiet mit intensiven Emotionen aufgeladen ist. Auch darum, weil sich dieses Gebiet über Grenzen hinaus nach Serbien und Ungarn erstreckt. Und nicht zuletzt darum, weil das Banat immer wieder Konfliktgebiet der Geschichte war.

„Es gab eine Zeit, die vorwärts eilte, und eine Zeit, die rückwärts lief. Eine Zeit, die im Kreis ging, und eine, die sich nicht bewegte, nie mehr war als ein einzelner Augenblick.“

Iris Wolff erzählt die Geschichte einer Familie. Wie Hannes, der junge Pfarrer im Dorf und seine Frau Florentine eine Familie werden. Wie der kleine Samuel aufwächst und schon von Beginn weg ein Sonderling ist, zuerst lange stumm, dann still, später einer, der wie kaum andere zuhören kann. Die Geschichte von Hannes Eltern, von seiner Mutter Karline, die der jungen Familie zur Hand geht und für Samuel ein Anker, eine Insel wird. Die Geschichte einer spektakulären Flucht, langer Jahre in der Fremde und einer Liebe, die sich wiederfindet. Von Stana, einem Mädchen, das mit Samuel gross wird und hin- und hergerissen ist zwischen dem Sanftmut ihres Freundes und der Strenge ihres Vaters, den permanent schwelenden Konflikten, den Übergriffen, seien sie auch bloss seelischer Natur. Stanas Vater ist ein Zudiener der Diktatur, mit Geschenken und Zuwendungen käuflich.
„Die Unschärfe der Welt“ ist die Geschichte eines Dorfes, etwas vergessen von der Geschichte, im Schatten der grossen Ereignisse in den letzten Jahren der Ceaușescu-Diktatur und den darauffolgenden Wirren in einem Land, das sich nur schwer aus den Klauen jahrzehntelanger diktatorischer Strukturen befreien konnte. 

Jede Geschichte passiert auf hunderte mögliche Weisen, und alle waren gleich wahr und nicht wahr.“

Iris Wolff «Die Unschärfe der Welt», Klett – Cotta, 2020, 216 Seiten, CHF 30.90, ISBN 978-3-608-98326-5

Was das Überragende dieses Romans ausmacht, ist nicht die Geschichte. Auch wenn sie raffiniert erzählt und gekonnt konstruiert ist. Das grosse Kunststück dieses Romans ist dessen Sprache. Was die Sprache in mir als Leser erzeugt. Iris Wolffs Blick in die Geschichte, ihr Erzählen ist kein fotografisches, filmisches. Iris Wolff öffnet einen Spalt breit, lässt die Tür mehr verschlossen, geheimnisvoll offen und erzeugt bei emphatischen LeserInnen dafür umso mehr innere Bilder, einen regelrechten Sinnenrausch. Sie beschreibt nicht, was sie sieht, sondern, was ihre Eindrücke in ihr erzeugen, das Echo des Geschehens. Ihre Sätze sind unterlegt, sagen weit mehr als sie vordergründig erzählen. Es ist, als würde man stets eine vielfach gespiegelte, weit detailreichere Realität dahinter, darunter oder darüber mitlesen, obwohl die Autorin nur einen Spalt breit die Tür öffnet.

„Vielleicht war getäuscht zu werden die grösste Sehnsucht von allen.“

„Die Unschärfe der Welt“ schärft den Blick auf die Welt. Auch auf das politische Geschehen Rumäniens, den Zusammenbruch, die Wirren nach der Hinrichtung des Diktators und seiner Frau, einer Flucht und den krassen Gegensätzen damals zwischen Rumänien und Deutschland und die Öffnung gegen Westen. Ein ungeheuer vielschichtiges, vielstimmiges und tiefgründiges Buch.

Für Anfänge musste man sich nicht entscheiden, Enden kamen von allein, wenn man sich nicht entschieden hatte.“

„Die Unschärfe der Welt“ ist eine Perle. Eine, die auch in Zukunft ihren Glanz nicht verlieren wird.

Ein Interview mit Iris Wolff:

„Die Unschärfe der Welt“ ist die Geschichte von Samuel und den Fixsternen im Leben Samuels. Nimmt der Titel des Romans auch Bezug auf die Art deines Erzählens? Du leuchtest nicht aus, du erklärst nicht. Dein Blick auf die Welt ist nicht der durch ein Okular.
Der Titel hat sich aus einem Satz heraus entwickelt, den Stana im vierten Kapitel sagt: “Sprache konnte nicht mehr sein als ein Anlauf zum Sprung.“ Es geht für die Figuren immer wieder darum, sich auf die Wirklichkeit ihrer Erfahrungen einzulassen – ohne vorgefertigte Deutungen und Konzepte. Es ist nicht ausreichend, ein Leben einzeln zu betrachten. Der Blick des Buches gleicht eher einem Kaleidoskop, in dem sich die einzelnen Teile immer wieder neu zusammensetzen, in dem es (für Menschen, Meinungen und Ideen) immer nur ungefähre Aufenthaltsorte gibt. Für mich als Schreibende liegt in dieser Unschärfe, Wandelbarkeit eine grosse Freiheit.

Dein Roman ist ein Fenster in das Land deiner Herkunft; Rumänien im 20. Jahrhundert. Ein Land, das Jahrzehnte vom Machtapparat eines Diktators geprägt wurde. Kann man überhaupt einen Roman schreiben, der in diesem Jahrhundert spielt, in dem der Diktator Ceaușescu direkt oder indirekt keine Rolle spielt? In der Schweiz werden nur wenige Romane geschrieben, in denen Politik eine Rolle spielt.
Ich mag es, mich mit geschichtlichen Themen auseinanderzusetzen, Zeiten und Umstände zu recherchieren, die nicht die meinen sind. Aber mir sind meine Figuren immer dann besonders nah, wenn sie aus der Zeit fallen. Sei es, dass sie den Mut finden, ihr eigenes Glück einem grösseren Zusammenhang unterzuordnen – wie Samuel, der viel aufgibt, um seinen Freund Oz zu retten. Die Gewalt- und Diktaturgeschichte des 20. Jahrhunderts hat Spuren in den Lebensläufen der Menschen hinterlassen. Als politische Autorin sehe ich mich jedoch nicht. Es geht mir immer um die Figuren, um die Plausibilität ihrer Welt, um eine grösstmögliche Nähe zu den Leserinnen und Lesern.  

Die Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk sagte in ihrer Nobelpreisvorlesung, was für ein Alptraum es sei, die Frage gestellt zu bekommen, ob das denn alles so passiert sei. In deinem Roman sagt jemand: „Jede Geschichte ist auf hunderte mögliche Weisen passiert, und alle waren gleich wahr und nicht wahr.“ Haben wir es in Zeiten von Fakenews verlernt, aus den Geschichten die ihr eigene Wahrheit zu filtern?
Welch schöne Frage. Mir als Schreibende wird eine gewisse Weite, eine Offenheit der Komposition immer wichtiger. Trotz der Komplexität des Romans ist alles nur ein Ausschnitt, die erzählte Welt setzt sich imaginär über den Bildraum fort. Das versetzt die Lesenden in eine aktivere Rolle, sie werden zu Fährtenlesern, die die Verbindungen suchen. „Der wahre Leser muss der erweiterte Autor sein“, schreibt Novalis. Die Freiheit der eigenen Deutung ist wichtig, und ebenso die Fähigkeit, Widersprüchlichkeiten zuzulassen, Mehrdeutigkeiten, Ambiguität. Ich will als Autorin keine Wahrheit verkünden, sondern Wahrnehmung zur Verfügung stellen.

Samuel ist einer, der „mit Worten umging, als würden sie sich durch übermässiges Aussprechen abnützen“.  Er lebt in krassem Gegensatz zu all jenen, die sich permanent in den sozialen Medien kommentieren müssen. Spricht da deine Sehnsucht?
Für meine Protagonisten gibt es keine Sicherheit jenseits des eigenen Erlebens. Für alle sprachlichen Äusserungen, für alle Ideen und Vorstellungen gibt es immer nur einen Grad der Gewissheit, eine Wahrscheinlichkeit. Ich finde das befreiend, vor allem in einer Welt, die von Gewissheiten und Meinungen bestimmt ist, in der oftmals die Deutung vor der Erfahrung, das Urteil vor der Begegnung kommt. Die Stille ist (ebenso wie die Poesie) da ein heilsames Gegengift.

Du schaffst es, Sätze zu schreiben, die sich einbrennen. Sätze, die mich neidisch machen, weil ich weit weg bin von einer solchen Quelle. Sätze, die zeigen, dass sich die Literatur, die Kunst schon in einem einzigen Satz offenbaren kann. Musst du dich in einen „Schreibzustand“ versetzen, damit dir solche Sätze und Bilder einschiessen?
Ich muss in meinen Geschichten das Land meiner Herkunft berühren. Etwas geht davon aus, etwas führt immer wieder dahin zurück. Eine gute Freundin sagte einmal, dass eine bestimmte Sprache an einen bestimmten Ort geknüpft ist. Meine Sprache, die Melodie der Sätze, die Bildhaftigkeit entwickelt sich bislang nur, wenn ich von Siebenbürgen oder wie jetzt in meinem aktuellen Roman, aus dem Banat ausgehe – diesem faszinierenden Landstrich, in dem verschiedene Kulturen über Jahrhunderte zusammenlebten. Ich glaube, das ist meine Quelle.

Iris Wolff, geboren 1977 in Hermannstadt, aufgewachsen im Banat und in Siebenbürgen. 1985 Emigration nach Deutschland. Studium der Germanistik, Religionswissenschaft und Grafik & Malerei in Marburg an der Lahn. Langjährige Mitarbeiterin des Deutschen Literaturarchivs Marbach und Dozentin für Kunst- und Kulturvermittlung. Bis März 2018 Koordinatorin des Netzwerks Kulturelle Bildung am Kulturamt in Freiburg. Mitglied im Internationalen Exil-PEN. Lebt als freie Autorin in Freiburg im Breisgau.

Webseite der Autorin

Beitragsbild © Falko Schubring

Iris Wolff «(Er)zählen», Plattform Gegenzauber

Erklären konnte ich es mir nicht. Ich nahm es hin, wie das Geräusch unseres Atems, wie das Sirren der Mücken, das Hämmern eines Spechts, das Knirschen unserer Schritte auf dem Weg. Wie die fliegenden Spinnfäden, die Tautropfen auf den Farnen, das honigfarbene Harz der Tannen (das ich nie unterließ zu berühren).
Dieses Licht, das zwischen den Bäumen aufleuchtete, wenn wir lange in den Bergen blieben, tröstlich, ahnungsvoll, wie das Lodern eines Leuchtturms in der Dämmerung. Ein Fixpunkt am Horizont, der die Dunkelheit der Wälder erhöhte.
Auf einer unserer Erkundungen fragte ich meinen Vater, was das für ein Licht war, und warum es immer leuchtete, wenn wir in den Bergen waren.
Vater blieb stehen, zündete sich eine Zigarette an und wandte sich der dunklen Flanke der Berge zu, die jetzt so abweisend dalagen, kein Umriss einer Tanne war zu sehen, kein Weg. Auf unserer Seite zögerndes, violettes Abendlicht. Er sagte, es sei ganz einfach: Hinter diesen Wäldern sei ein Fluss, an diesem Fluss stünde ein Haus, in diesem Haus säßen zwei Freunde. Sie waren es, sie zündeten ein Licht an, weil sie die Schritte zusammenzählten, die wir am Tag gegangen waren.
Es leuchtete mir augenblicklich ein.
Ein Fluss. Ein Haus. Zwei Freunde, die unsere Schritte zählten.

Ich glaubte lange an diese Geschichte. Irgendwann war sie fort. Wie die mit Kartoffelstärke behandelte Bettwäsche, die mein Bruder und ich übermütig rieben, um sie wieder weich zu machen. Meine Aufpasserdienste, wenn mein Bruder sich mit einem Mädchen traf, und ich ihn danach heimlich ins Haus ließ, sobald ein Steinchen gegen die Fensterscheibe flog. Die aufgeschichteten Matratzen im Zimmer der Großmutter, die aus einer Zeit stammten, da jederzeit Gäste zu erwarten waren, und die in meiner Erinnerung bis zur Decke reichten; nur eine Handbreit bis zum Plafond. Großmutter, die erkannte, aus welchem Brunnen im Dorf wir Wasser geholt hatten, das beste Paprikasch zubereitete, und, wenn sie die Entmutigung ankam, die oberste Matratze nahm, sie auf die Terrasse schleifte und unter freiem Himmel schlief.
Sie warnte uns Brüder, keine Grimassen zu schneiden, das Gesicht bliebe sonst so, und sie sagte auch, wir sollten nicht so viel trinken vor einer Mahlzeit, sonst bekämen wir Frösche im Bauch. Und an diese Frösche glaubte ich ebenso wie an die beiden Freunde.

Schönheit kann sich nicht so gut verbergen wie die Wahrheit, sagte Vater.
Er sagte es, wenn wir durch die Berge streiften, und er sagte es auch, wenn er vor Mutters Bild innehielt, das auf der Kommode neben der Eingangstür stand. Ein helles Gesicht, wellige, glänzende Haare, ein gerader, schmaler Mund. Ich fragte mich, ob er mit ihr auch so wenig gesprochen hatte. Er sehnte sich am Ende jedes Arbeitstags nach der Stille der Berge. Er konnte dem unendlichen Monolog eines Vogels zuhören, und vergessen, dass jemand bei ihm war. Beneidete jeden Fels, jede Pflanze um ihr Schweigen.

Ich bin immer durch die Türen gegangen, die offen standen. Ob es die richtigen waren, weiß ich nicht. Eine Tür führte mich in den Westen. Durch eine Tür kam Julie, und durch eine andere ging sie fort. Manche Türen blieben verschlossen, zu manchen Träumen fand ich den Eingang nicht.
Manche Leute sagten, ich sei klug. Andere, ich sei egoistisch. Wiederum andere hielten mich für zugänglich. Das waren allerdings Freunde. Harro lernte ich auf einer Tagung kennen. Er setzte sich neben mich, sah aus, als bräuchte er ein frisches Hemd und gute vierundzwanzig Stunden Schlaf. Wie sich herausstellte, sah er immer so aus, als hätte er nicht geschlafen, wirres Haar, blasse Haut, Ringe unter den Augen, wasserglasgroß. Dazu die eindringlichste Stimme, tief, kratzig, melodiös, und die Gabe, das, was gesagt wurde, und das, was gesagt werden würde, zusammenzufassen oder vorwegzunehmen, je nachdem.
Die Wahrheit zieht es vor, sich zu verbergen. Vielleicht tut sie uns damit einen Gefallen, vielleicht hält sie uns damit bei Laune. Sie verbirgt sich in Geschichten (auch jene, die man sich selbst gern erzählt), Glaubenssätzen, Anschuldigungen – die man nicht zurücknehmen kann, wie sehr man es auch möchte.
Man meint, man sei ihr als Erwachsener näher denn als Kind. Hexen ziehen aus dem Wald aus, Gespenster aus dem Schrank, Frösche mögen keine Mägen. Karla war lange Zeit mit Anlauf ins Bett gesprungen, aus der fixen Idee heraus, es könne sich jemand darunter versteckten und nach ihren Fesseln greifen. Jona behauptete, er könne sich durchs Schlüsselloch in andere Zimmer stehlen, wenn er Hausarrest hatte.
Zuletzt gehen die Dinge ineinander über, wie in das Aprilabendlicht der Berge getaucht. Hell und Dunkel sind nicht so leicht voneinander zu unterscheiden, das Überflüssige rückt fort.

Ich erinnere mich, wie Vater beim Glockenläuten an den Seilen hochgezogen wurde. Wie Großmutter die Schuhe meines Bruders versteckte, damit er abends nicht aus dem Haus konnte. Wie Polizisten die Luft aus meinen Fahrradreifen ließen und die Ventile mitnahmen, weil ich Julie auf dem Lenker ausgefahren hatte. Wie ich mit Harro an einer Bar saß, wir tranken und sahen einander kaum an. Wie Jona am Flughafen vergaß, sich umzudrehen, und Karla im letzten Moment die Hand zum Abschied hob. Ich spüre, wie lahm die Zunge im Mund lag, weil sie sich in einer anderen Sprachfärbung zurechtfinden musste, und erkenne, dass ich Vater über die Jahre ähnlich geworden bin. Die Sehnsucht nach dem Wald ist groß, dem Gleißen, Glühen, Flimmern, dem Rauschen, Summen, Vibrieren, das es nur in den Bergen gibt.
Leise, weil es nicht mich meint, laut genug, um die Gedanken zu besänftigen.

Ob man mit etwas davonkommt, ist fraglich.
Ich warte noch immer auf das Geräusch des Steinchens an der Fensterscheibe. Großmutter liegt auf der Terrasse und sieht in den Sternenhimmel. Wenn ich die Hand ausstrecke, berührt sie den Plafond. Julie sitzt lachend auf dem Lenker. Karla und Jona verlangen eine Geschichte. Harro füllt unsere Gläser auf. Vater betrachtet die dunkle Seite der Berge und raucht.
Und wenn es Abend wird, hinter den Wäldern, zünden die beiden Freunde ein Licht an und zählen meine Schritte.
Deine auch?

Iris Wolff «Die Unschärfe der Welt», Klett – Cotta, 2020, 216 Seiten, CHF 30.90, ISBN 978-3-608-98326-5

Iris Wolff, geboren 1977 in Hermannstadt, aufgewachsen im Banat und in Siebenbürgen. 1985 Emigration nach Deutschland. Studium der Germanistik, Religionswissenschaft und Grafik & Malerei in Marburg an der Lahn. Langjährige Mitarbeiterin des Deutschen Literaturarchivs Marbach und Dozentin für Kunst- und Kulturvermittlung. Bis März 2018 Koordinatorin des Netzwerks Kulturelle Bildung am Kulturamt in Freiburg. Mitglied im Internationalen Exil-PEN. Lebt als freie Autorin in Freiburg im Breisgau.

Webseite der Autorin

Beitragsfoto © Falko Schubring

Iris Wolff „So tun, als ob es regnet“, Otto Müller Verlag

Iris Wolffs Sprache schmeichelt einem. Sie mäandert, trägt ganz behutsam Schicht für Schicht ab. Iris Wolff will keine Geschichte zu Ende erzählen. Sie wirft einen Stein in die Geschichte einer Familie und es ziehen Wellen weg vom Zentrum des Geschehens, entschwinden aus Sichtweite, um sich mit anderen Wellen zu kreuzen. Ein schmaler Roman, der ein ganzes Jahrhundert birgt, in einer Sprache erzählt, die fasziniert und in höchstem Masse bezaubert.

«Roman in vier Erzählungen» ist dem Buch vorangestellt und jedem dieser vier Erzählungen, die ganz fein miteinander verbunden sind, durch die Linie einer Familie, diesem Band, wonach man sich sehnt, diesem Band, dass so leicht reissen kann, ein einzelner Satz aus der jeweiligen Erzählung. Ein Satz wie ein Thema. Ein Roman über fast hundert Jahre bis in die Gegenwart, verankert in vier Zeiten, in Momenten, Zwischenzeiten, ausgeleuchtet ein paar Seiten lang, um den Faden viel später wieder aufzunehmen, in ganz anderem Licht. Iris Wolff konzentriert Geschichte genauso wie Sprache. Sie schreibt so, wie Erinnerung geschieht, in Bildern, das eine ausleuchtend, das andere im Dunkeln lassend.

So wie ich mir bei manchen Büchern gewünscht hätte, man hätte sich auf das Wesentliche konzentriert, weniger wäre mehr gewesen, eine Stimme hätte zu Mässigung gemahnt, so gross war das Bedauern darüber, dass das Lesevergnügen nach 163 Seiten schon zu Ende war. Ich hätte der stillen Stimme der Autorin noch lange zugehört und bin mir sicher, dass da etwas Grosses zu wachsen begonnen hat!

Ein junger österreichischer Soldat wird zusammen mit einem Offizier von der winterlichen Front weg in ein Karpatendorf abkommandiert. Weg von der eisigen Kälte, weg vom Tod und der dauernden Angst, hinein in ein Dorf, in eine Familie. Weg vom Grabenkrieg im weiten, waldigen Gebirge in eine warme Stube, ein weiches Bett, an einen reich gedeckten Tisch. Jacob, der Soldat, freundet sich mit der jüngsten Tochter an, erzählt ihr Geschichten, zuletzt auch jene seines Bruders, der weit weg seine Schuhe am Rand einer tiefen Schlucht auszog. Eine Geschichte später, Jahre dazwischen, treffen sich der Grossvater Elemér und seine Enkelin Henriette im Garten, beide schlaflos, von Unruhe gepackt in der «Gesellschaft der Schlaflosen». Eine Familie droht durch die Geschichte zerrissen zu werden und Herniette weiss, dass sie nicht ist, wie die anderen, nicht einmal wie ihre Schwestern. Noch einmal Jahre später, als der Mond durch Amstrong in Besitz genommen wird, Vicco an der Distanz zu seiner Mutter Henriette zu zerbrechen droht, Liane kennenlernt und mit ihr bis zum Schwarzen Meer im Trabi fährt. Und noch einmal Jahre später, Henriette ist als Grossmutter und ganz besondere Frau bloss noch Erinnerung, die junge Hedda auf einer Insel im Meer erfährt, dass ihr Vater Vicco an Krebs erkrankt ist. Hedda beobachtet ein Paar, das in einen Fischerkahn steigt. Ein Boot, das nie zurückkehrt. So wie die Wellen, wenn man einen Stein ins Wasser wirft.

Man möchte es laut hinausrufen; Hier glänzt Sprache auf, hier schreibt und erzählt jemand in einer Sprache, die poetisch funkelt. Hier ist ein Buch, das man nicht versäumen darf, das man nach der Lektüre für eine Weile an die Brust drückt, weil man es nicht loslassen will. Unbedingt lesen!

Iris Wolff liest aus ihrem Roman am 12. Januar im Bodman-Haus in Gottlieben TG, um 20 Uhr.
Moderiert wird die Lesung von Julia Knapp.

Iris Wolff geboren 1977 in Hermannstadt/Siebenbürgen. Studium der Germanistik, Religionswissenschaft und Grafik & Malerei in Marburg an der Lahn. Langjährige Mitarbeiterin des Deutschen Literaturarchivs Marbach, 2013 Stipendiatin der Kunststiftung Baden-Württemberg. Neben dem Schreiben ist sie am Kulturamt der Stadt Freiburg im Breisgau tätig. Ihr erster Roman „Halber Stein“ erhielt den Ernst-Habermann-Preis 2014.

Webseite der Autorin

Titelfoto: Sandra Kottonau