Man kennt die Erzählungen davon, wie das Nobelpreiskomitee die jeweiligen PreisträgerInnen kontaktiert, um ihnen mitzuteilen, dass sie zur Übergabe des prominentesten Preises nach Stockholm an eine königliche Nobelpreisverleihung eingeladen werden. Klar, der Nobelpreis ist in keiner Weise mit dem Schweizer Buchpreis zu vergleichen. Aber eine ganz spezielle Anerkennung ist er alleweil.
Spontan schrieb ich den fünf Nominierten mit der Bitte, diesen einen Moment zu schildern, als das Telefon klingelte und man sie über die Nominierung informierte:
Dorothee Elmiger: «An den Moment kann ich mich schon gar nicht mehr so genau erinnern: Ich sass in der Küche und hatte das Telefon am Ohr, draussen schien auf jeden Fall die Sonne!»
Nicht nur die Preissumme unterscheidet sich erheblich, gleich mit einer Stelle mehr, auch das Renommee des Preises lässt sich schlecht vergleichen. Schon alleine der Unterschied zwischen dem Deutschen und dem Schweizer Buchpreis in Sachen Publizität, medialer Aufmerksamkeit ist riesig. Während die Verleihung des Schweizer Buchpreises dem Schweizer Fernsehen einen Kurzbeitrag wert ist, wird die Verleihung des Deutschen Buchpreises live im Deutschen Fernsehen übertragen. Während sich der Schweizer Buchpreis vor allem auf nationaler Ebene abspielt, ist der Deutsche Buchpreis ein Ereignis im deutschsprachigen Europa.
Charles Lewinsky: «Ein Telefongespräch mit den Veranstaltern brachte die erfreuliche Nachricht. Ich habe mich darüber gefreut. Mehr gibt es nicht zu sagen. Da es meine dritte Nomination ist, bin ich in dieser Hinsicht vielleicht ein bisschen abgestumpft.»
Sollte man sich deshalb grämen? Nein. Im Schweizer Buchpreis spiegelt sich auch die Schweizer Buchlandschaft. Viele Buchveröffentlichungen von Schweizer Verlagen schaffen es nur ganz schwer über die Landesgrenzen. Sehr oft bleibt das Interesse an Schweizer Literatur angesichts der schieren Menge der Veröffentlichungen in den deutschen Buchhandlungen mässig, sieht man von den grossen Namen ab. Als ich für ein paar Wochen in Berlin arbeitete und immer wieder in einer der unzähligen Buchhandlungen abtauchte, wurde mehr als deutlich, dass die Schweizer Literatur nicht einmal ein Anhängsel ist, sondern bis auf einige wenig Namen inexistent.
Tom Kummer: «Happiness. Ich empfand ein grosses Glücksgefühl als ich von der Nominierung erfuhr. Und dann verspürte ich sofort den Drang, meiner Mutter anzurufen und zu berichten. Erstaunlich! Wie die Mutter doch immer wieder Ursprung der ganz grossen Gefühle wird – und dabei das Bedürfnis wachrüttelt, etwas mir sonst ganz Fernes zu beweisen: How To Be A Good Son!»
Umso mehr tut es meiner Seele gut, wenn auf der Longlist des Deutschen Buchpreises die Namen von Dorothee Elmiger, Charles Lewinsky und Arno Camenisch auftauchen, noch mehr wenn Dorothee Elmiger mit «Aus der Zuckerfabrik» sogar auf der Shortlist zu finden ist. Und nichts desto trotz ist die Nominiertenliste des Schweizer Buchpreises eigentlich schon eine Anerkennung. Sind sich doch alle Mitglieder der Jury einig, dass diese fünf Bücher auf ein ganz speziell sichtbares Podest gehören.
Karl Rühmann: «Das Telefon klingelt zur Unzeit, wie immer, und dann ist es auch noch eine «unbekannte Nummer». Abnehmen oder wegdrücken? Man ist ein höflicher Mensch und wählt den grünen Knopf. Ohne viele Umschweife teilt mir eine freundliche Stimme mit, dass mein «Held» für den Schweizer Buchpreis nominiert worden sei. Ich muss mich erstmal setzen und dann nach Worten suchen, die auch nur einigermassen zu meinen Gefühlen passen. Das ist schwierig. Ein einfaches «Danke» trifft es nicht, ein Freudeschrei eher, doch dafür habe ich mich zu gut im Griff. Leider. Ich murmle etwas, wahrscheinlich sage ich «wunderbar» und «unglaublich» und «Freude», dann bin ich wieder mit der Nachricht allein. Seither schwebe ich über dem Boden und möchte noch eine ganze Weile nicht landen.»
PS Auch Anna Stern meldete sich per Mail und schrieb, sie wolle jenen Moment für sich behalten. Respekt!