«Inzwischen sehe ich den Menschen als Sonderfall der grossen Tierfamilie und kann mich nicht einmal entscheiden, ob die menschliche Besonderheit eher ein Glück oder ein Unglück ist.»
Durch die Arbeit an einem Roman macht sich Monika Maron daran, der Krähe näherzukommen, dem Tier, dem der Mensch mit einer ganz speziellen Mischung aus Faszination und Aberglaube gegenübertritt. Wie kein anderes Tier war der Rabe Orakel, Götterbote, Gott und Weltenschöpfer, Begleiter des Bösen, Inbegriff dafür, wie sehr sich der Mensch in seiner Unkenntnis mit Angst zu schützen versucht. Aber je näher sich die Autorin mit dem Wesen der Tiere vertraut macht, ihre Nähe sucht, umso mehr spricht Achtung aus ihrem Text, wie stets, wenn Erkenntnis die Beobachtung krönt. So auch, wenn sich die Autorin jener mehr als zwielichtigen Furcht vor einem Tier nähert, die den Menschen selber entblösst: «Ich sehe den Krähen zu, wie sie friedlich aufpicken, was ich ihnen hinwerfe, sich manchmal auch streiten und einander verjagen, und denke, dass sie einem klügeren Gesetz folgen als wir. Wenn wir unmenschlich sagen, meinen wir das Tierhafte, als wären nicht wir die Mörder, Krieger und Folterer. Das Böse ist menschlich. Nicht das Tier in uns mordet, es ist der Mensch.»
In dem schmalen Büchlein, mit dem man sich an einem Abend vertiefen kann, ohne dass der schwarze Vogel einem in den Schlaf begleitet, schildert die Autorin den Weg zu einem Tier, dessen Augen einem nicht betören und kein Fell zum Kraulen lockt, dass den Menschen aber ganz offensichtlich nicht in Ruhe lässt, in einer Gegenwart, in der man Krähen noch immer abschiesst und gleichzeitig ebenso viel Scharfsinn zuspricht wie den Primaten.
«Vielleicht liegt es am Alter, am allmählichen Verfall und dem nahenden Sterben, das mich das Tier im Menschen so deutlich erkennen lässt.»
Und wer noch mehr über Krähen lesen will:
Von Cord Riechelmann «Krähen», Matthes & Seitz, Naturkunden

Hans-Ulrich Treichels Romane und Erzählungen beschäftigen sich alle unspektakulär mit Verlust und Verlorenheit. Nichts desto trotz sind sie ein Weckruf zur Offenheit, ein Mahnmal für Ehrlichkeit und Offenheit, genau jene Eigenschaften, die unsere Gesellschaft in Zukunft noch viel dringender brauchen wird.



nd tagebuchartigen Notizen und Erinnerungen mit den Augen des Schriftstellers und Zeichners Frédérik Pajak. Walter Benjamin, der zu Beginn des 2. Weltkriegs vor der faschistischen Welle flieht, aber nirgend mehr Ruhe findet, vielleicht noch am ehesten auf der Mittelmeerinsel Ibiza, die damals noch weit weg war von der Tristess eines verschandelten Touristeninsel. Walter Benjamin war verzweifelt, allem beraubt, nicht zuletzt seiner Hoffnung.
nheit. Auch wenn ich als Leser den Schmerz, etwas versäumt zu haben, mithöre, ist es die Liebeserklärung an eine Mutter, die sich manisch-depressiv immer weiter von den Kindern und der Welt entfernt, auch als ein neuer Mann einen Neuanfang verspricht. Bettina Spoerri schildert die Suche einer Tochter nach Geborgenheit und Halt, nach Liebe und Sicherheit, nach Erinnerung, nach Familie.
Bettina Spoerri ist in Basel aufgewachsen, studierte in Zürich, Berlin und Paris, arbeitete nach einem längeren Aufenthalt in Israel als Assistentin am Deutschen Seminar der Universität Zürich. Ihr erster Roman «Konzert für die Unerschrockenen» erschien 2013 bei Braumüller (Wien). Bettina Spoerri arbeitet heute als freie Autorin, Filmkritikerin, Kulturvermittlerin und leitet das Aargauer Literaturhaus.
Tom Zürcher (1966) ist Zürcher, freier Texter und Schriftsteller. Vor bald 20 Jahren erschien bei Eichborn sein erster Roman «Högo Sopatis ermittelt», von dem im Klappentext steht: «Eine durchgedrehte Schweizer-Qualitäts-Detektivgeschichte…» und von der Zürcher Kantonalbank: «Wir wünschen allen Schriftstellern viel Erfolg und ein reiches Leben.» Ich auch. 😉
Birgit Vanderbeke reisst Krusten auf, Krusten über den Wunden der deutsch-deutschen Geschichte, auch wenn sich das Lügen und Nicht-miteinader-Reden in der Gegenwart nicht zum Besseren gewandelt hat. Der Roman ist nicht nur die Geschichte einer Reise vom Osten in den Westen, sondern die Zwangsreise von der Welt der Grossmutter in die Welt der Eltern, von der einen in die andere Kultur. Unerfüllte Träume und der ewige Schmerz darüber sind keine Merkmale jener, die sich in den Westen absetzten. Unzufriedenheit, Lieblosigkeit und Gewalt sind Themen der Gegenwart. Mit der Geschichte erlebe ich die Geburt einer Erzählerin. Die Magie durch das Lesenlernen braucht das Mädchen im Roman, um leben zu können, einen Ausweg zu finden.
