53. Rauriser Literaturtage April 2024 – ein Bücherfest der Extraklasse!

Das Rauristal, eine Bahnstunde südlich von Salzburg, ist zwischen Ski- und Wandersaison ein stilles Tal. Und manch eine Lokalität ist für immer verrammelt, es wächst Gras aus den Parkplätzen, weil man einst von Grossem träumte. Das Rauristal ist ein geschlossenes Tal, ein Tal ohne Durchgangsverkehr, ein Sackgasstal. Aber ganz bestimmt nicht in jener Vorfrühlingswoche, in der jeweils die Rauriser Literaturtage stattfinden, in denen Winde aus nah und fern durchs Tal wehen, in denen sich das Tal auftut, der Horizont selbst dann aufbricht, wenn man sich in geschlossenen Räumen aufhält.

Als die Rauriser Literaturtage vor 53 Jahren gegründet wurden, waren Festivals wie dieses alles andere als selbstverständlich. Aber das Publikum schien begierig darauf gewartet zu haben. Und weil bei seiner ersten Durchführung 1971 schon Thomas Bernhard Gast an den Rauriser Literaturtagen war, im Jahr zuvor als Georg-Büchner-Preisträger gekürt, begann ein Festival zu strahlen, das bis heute nichts von seinem Glanz eingebüst hat, ganz im Gegenteil. Rauris ist mit seinen Literaturtagen gewachsen und das Festival im Rauristal.

Seit ein paar Jahren geben sich die Literaturtage ein Thema, heuer „Geschichten vom Zusammenleben“. Ein Thema, das sich angesichts der Probleme und Miseren, die sich uns stellen, mehr als aufdrängt. Ein Thema, das von der Literatur vielfach intensiv beackert wird. Ein Thema, mit dem die Literatur in Tiefen zu leuchten vermag, die sich den Überdrüssigen verschliessen. Texte stellen sich einem Publikum und stellen das Publikum. Sie beantworten keine Fragen, offenbaren keine Lösungen. Aber Literatur stellt präzise Fragen, deckt auf, entschlüsselt, sucht Form, wo sonst pure Sprachlosigkeit grassiert.

Matthias Gruber ist ein Roman gelungen, der, wohl der Grund seines Erzählens, auf einer großen Empathie seinen Figuren gegenüber aufbaut und an bedeutende Genres der Literatur anschliesst: das Märchen, die Fabel, die Legende. Er bringt diese Urformen des Erzählens so geschickt, leichthändig und verwandelt ins literarische Spiel mit sozialen Medien, gesellschaftlichen Problemen und Herausforderungen der heutigen Zeit ein, dass man über den ästhetischen Gewinn der Lektüre nur staunen kann. Dieses Buch wirft einen neuen Blick auf das Leben und was es sein kann.“ Jurybegründung zum Rauriser Literaturpreis 2024 für Matthias Grubers Debüt „Die Einsamkeit der Ersten ihrer Art“.

Mobilmachung“ von Margit Schreiner: Ein Fötus und Säugling, der zu verstehen sucht und sich mit jeder Frage Stück für Stück emanzipiert, auch wenn dieser weiss, dass die Erwachsenen damit nicht allzu sehr überfordert werden dürfen. Nichts ist heilig, schon gar nicht die Religion, nicht einmal die Muttermilch. Man liest „Mobilmachung“ mit einer seltsamen Mischung aus Belustigung und Betroffenheit, witziger Unterhaltung und demaskierender Verwunderung. Eine „Nestbeschmutzung“ der besonderen Art, eine „Publikumsbeschimpfung“ in bester österreichischer Tradition.

Amir Gudarzi auf der Heimalm in Zusammenarbeit mit dem Literaturforum Leselampe, Moderation: Magdalena Stieb

In seinem Debüt „Das Ende ist nah“ beschreibt Amir Gudarzi die Geschichte von A., mit Sicherheit seine Geschichte, aber damit viel mehr. Nämlich die Geschichte aller Geflohener, Heimatloser, Entwurzelter, Vertriebener und Verlorener. Die Geschichten jener, denen man überall begegnet; auf Bahnhöfen, in Parks, auf Plätzen mitten in der Stadt, irgendwo abgeschoben auf dem Land, am Strassenrand, auf einer Bank, ins Warten und Nichtstun verbannt, der Willkür von Bürokratie und Fremdenhass ausgesetzt. Ob in Österreich, in der Schweiz oder in Deutschland, wir lieben die Geschichten jener, die es geschafft haben. Das Vielfache jener, die es nicht schafften, versenken wir erfolgreich im grossen Vergessen.

Gianna Molinari im Gespräch mit StudentInnen der Universität Klagenfurt

Gianna Molinaris Roman „Hinter der Hecke die Welt“ erzählt nur rudimentär eine Geschichte. An einem Plott ist die Autorin nicht interessiert. Gianna Molinari schreibt wie die Arktisforscherin Proben aus den Sedimenten zieht. Sie liest aus den Veränderungen der Zeit. „Hinter der Hecke die Welt“ ist ein zweihundertseitenlanger Versuch, die Schichten der Veränderungen zu lesen. Das Vergnügen der Interpretation liegt ganz bei den LeserInnen. Ein faszinierender Leseprozess, ein Lesevergnügen der besonderen Art, wie schon in ihrem Debüt. Und doch ist der Roman weit mehr als ein sprachliches Fabulieren. Gianna Molinari zeichnet Skizzen, nicht nur sprachlich, zwischendurch gar bildhaft. Aber ihre Zeichnungen illustrieren nicht, genauso wie ihr Erzählen. „Hinter der Hecke die Welt“ ist ein schillerndes Porträt des Gegenwärtigen. Eine romanlange Aufforderung nachzudenken, ein literarisches Forschen in den Sedimenten des Lebens.

Sabine Gruber beschreibt in «Die Dauer der Liebe» eine Frau, die in den Ungewissheiten und dem Wegbrechen aller Sicherheiten den Halt im Leben zu verlieren droht, die mit Verzweiflung nach Gewissheiten sucht, irgendwann sogar in ein Auto steigt, um nach dem nachzuforschen, was sich in ihrem Geist zu Ungeheuerlichkeiten auftürmt. Sie schreibt von einer Frau, die ihr Leben neu kartographieren muss. Ein feinfühliger Roman, der nie in Sentimentalität wegbricht. Ein leidenschaftlicher Roman über die Macht der Liebe, die Sehnsucht nach Zugehörigkeit und den drohenden Verlust aller Gewissheiten.

Jan Wagner zusammen mit StudentInnen der Universität Wien

Jan Wagner las aus seinem Gedichtband „Steine & Erden“ über das Kleine, das Unscheinbare, auch das Abseitige, Fallen-Gelassene, Periphere. Jan Wagner greift auf, verfremdet und erzählt dadurch Grosses über Welt und Gesellschaft, über Politisches und Kulturelles, nicht zuletzt über Wahrheit und Schönheit. Aber so schön sie oft sind, seine Klangwunder und Sprachspiele – sie sind nicht stromlinienförmig, idyllisch oder gefällig. Unter der glatten Oberfäche blitzt immer auch etwas Verstörendes, Bissiges, Finsteres auf. Und: sein virtuoses Spiel mit der Sprache hat immer auch einen Gegenpart, nämlich die strenge Form.

Robert Prosser zusammen mit Lan Sticker bei einer Rauriser Hauslesung

Robert Prossers „Verschwinden in Lawinen“ ist viel mehr als ein Lawinenroman. Das deutet schon der Infinitiv im Titel an. Lawinen sind vielfältig. Es gibt jene aus Schnee und Steinmassen, aus Schlamm und Geschiebe. Aber es gibt auch jene, die Leben unsichtbar verschütten, die Menschen niederdrücken, Menschen nicht entfliehen lassen. Robert Prossers Sprache ist stark, ihr Klang so archaisch wie das Licht, die Konturen der Berge, die Kälte; und so direkt, wie die Schilderungen einer Schlachtung im Dorf, als der Protagonist bereits weiss, dass irgendwo da oben ein noch nicht erwachsener Bursche einen langen Kampf ums Überleben auszustehen hat. Robert Prossers Schreiben folgt nicht dem Countdown um Leben und Tod, sondern den Verletzungen der vielfach Verschütteten, dem Verschwinden in Lawinen. Beeindruckend und nachhal(l)tig!

Milena Michiko Flašar im Gespräch mit Festival-Co-Leiter Manfred Mittermayer
Milena Michiko Flašar im Gespräch mit Festival-Co-Leiter Manfred Mittermayer

Milena Michiko Flašar reisst in „Oben Erde, unten Himmel“ eine Tür auf, eine Tür, hinter der es stinkt, hinter der sich Fliegen und anderes Krabbelgetier über jene Säfte hermachen, die übrigbleiben, wenn Tote liegenbleiben. Die Autorin zelebriert aber weder den Schrecken noch die Abscheu. „Oben Erde, unten Himmel“ erzählt von jenem Dazwischen, vor dem wir allzu gerne die Augen verschliessen. Die Autorin beschreibt mit grosser Nähe und aller verfügbaren Liebe für menschliche Eigenheiten, derart liebevoll, dass man das Buch nach der Lektüre nur ungern zur Seite legt. Gleichzeitig konfrontiert sie nicht nur ihr Personal, sondern auch mich als Leser mit Fragen rund ums Sterben. Warum es in einer Welt, in der man von Dichtestresse spricht, immer mehr Menschen gibt, die sich in ihrer Einsamkeit verlieren und keinen Weg mehr herausfinden.

Das sind nur einige wenige Höhepunkte. Ich danke den OrganisatorInnen, dem grossen Team für ein äusserst gelungenes Festival!

Beitragsbilder © David Sailer IMAGES

Ein Abend in Tiefe getaucht – Milena Michiko Flašar im Literaturhaus Thurgau

Milena Michiko Flašar las aus ihrem neusten Roman «Oben Erde, unten Himmel» im Literaturhaus Thurgau und lockte trotz des sommerlichen Abends einen vollen Saal ins schmucke Haus am Seerhein. Ein Buch, ein Abend, eine Autorin, die glücklich machen!

«Alles hat gestimmt – das schöne Zusammensitzen am Wasser, die kleine Führung durch das Bodmanhaus, das Publikum, unser Gespräch, das Weintrinken in kleiner Runde. Vielen, vielen Dank dafür – und ich wünsche dem Literaturhaus noch viele schöne Veranstaltungen. Was für ein guter Ort!» Milena Michiko Flašar

Auch wenn der Begriff „Kodokushi“ ein japanischer ist und mit „Einsamer Tod“ oder „Einsames Sterben“ übersetzt werden kann, ist Einsamkeit beileibe kein japanisches Phänomen. Ausgerechnet in Gesellschaften, die unter Dichtestress leiden, grassiert die Einsamkeit. Suzu ist 25, noch jung, hat ihr Studium, das sich ihre Eltern von ihr wünschten, nicht gemacht, joppte erst in einem Restaurant, wo man sich ihr wegen fehlender Empathie entledigte, bis sie in einer ganz speziellen Reinigungsfirma, einer Leichenfundortreinigung, eine Anstellung findet.
Ihr Chef Sakai zwingt Suzu ganz direkt aus der Einsamkeit. Sie soll sich um einen kranken Mitarbeiter kümmern. Dieser Zwang wird zu einer Aufgabe. Sakai ist ein väterlicher Chef, ein Chef, der im Laufe der Geschichte sein Geheimnis offenbart. Einer, der auch ausgestiegen war, um endlich jenes Leben führen zu können, das er leben wollte. Mit dem Preis, seine Familie zu verlieren. Sakai war mutig, Suzu zum Mut gezwungen.

«Oben Erde, unten Himmel» ist ein Roman über eine junge Frau, die sich den Zwängen der Gesellschaft verschliesst, die sich aber trotzdem stellen muss, die dann spürt, dass das Leben über sie hinausgeht, als das Private aufgebrochen wird. Milena Michiko Flašars Geschichte ist eine Auseinandersetzung mit den Grenzen des Privaten, mit existenziellen Fragen um Familie, Sterben und Tod. Was das ganz Eigene ihres Erzählens ist, ist die Leichtigkeit, die Zartheit, ein nie entblössender Blick, nicht nur auf die Personen, selbst auf die Dinge, die Hinterlassenschaften der Verstorbenen, in denen etwas aus der Geschichte konserviert bleibt.


Da ist Milena Michiko Flašars spürbare Liebe zu ihrem Personal, zu schrulligem Personal, sei das nun Herr Sakai, der während des Bewerbungsgesprächs Whisky trinkt, beim Betreten der Wohnung von Verstorbenen diese laut begrüsst und spricht, als müsste er sein Tun erklären – oder Frau Langfinger, die in Supermärkten sackweise Gummidrops klaut, dass man sie aus ihrer Einsamkeit ins Gefängnis steckt. Diese Liebe, diesen Respekt fühlte auch das zahlreich erschienene Publikum im Literaturhaus Thurgau. Ein Abend in Tiefe getaucht!

Milena Michiko Flašar hat eine frische, oft heitere Sprache für grosse Themen unserer Zeit gefunden. Und sie hat liebenswert verschusselte Figuren erschaffen, die man gern begleitet. Ein unvergesslicher, hellwacher Roman über die „letzten Dinge“.

Rezension von «Oben Erde, unten Himmel» auf literaturblatt.ch

Webseite der Autorin

Beitragsbilder © Sandra Kottonau

Milena Michiko Flašar «Oben Erde, unten Himmel», Wagenbach

Am 9. Juni Gast im Literaturhaus Thurgau

Milena Michiko Flašar schreibt über gesellschaftliche Phänomene, die in Japan einen Namen haben. Vom Hikimori in ihrem Roman „Ich nannte ihn Kravatte», von Menschen, die sich vor dem Leben in einem Zimmer verschliessen. Von einer fehlenden Geschichte, einem fehlenden Leben, das man sich mieten kann in „Herr Katō spielt Familie“ und vom unbemerkten, stillen Sterben in ihrem neusten Roman „Oben Erde, unten Himmel“. Von Phänomenen, für die man bei uns nicht einmal einen Namen hat.

Als ich Milena Michiko Flašars neuen Roman „Oben Erde, unten Himmel“ zu Ende gelesen hatte, war ich glücklich. Gute Bücher zu lesen ist ein Geschenk. Und doch macht die Lektüre guter Bücher nicht immer glücklich. Vielleicht reisst das Thema an der Seele, vielleicht steht der Sound des Buches quer, vielleicht kämpfe ich mit inneren Bildern. Nicht so bei Milena Michiko Flašar, und zwar nicht erst mit ihrem neusten Roman. Warum das der Autorin gelingt, erahne ich nur, denn die Themen, in die sie taucht, sind alles andere als jene, mit denen es sich leicht leben lässt. Milena Michiko Flašar konfrontiert mich mit derart viel Körperlichkeit, mit Vergänglichkeit, dem Sterben und dem Tod, dass es unmöglich wird, das eigene Sein, das eigene Leben mit der Lektüre nicht zu befragen. Welche Ordung, welche Unordung hinterlasse ich, wenn ich dereinst meinen letzten Umzug antrete? Wie habe ich mein Leben ein- und ausgerichtet? Lebe ich ultimativ oder noch immer im Glauben, mit dem tatsächlichen Leben auch noch morgen beginnen zu können?

„Leben probiert man nicht aus. Man lebt es einfach. Es gibt keine Generalprobe. Keine Wiederholungen.“

Suzu ist jung und lieber allein. Das Zusammensein mit ihrem Hamster reicht ihr, auch wenn er ihr Sorgen bereitet, weil er sich nur nachts zeigt. Und weil man ihr ihre Stelle in einem Restaurant gekündigt hat mit der Begründung, sie zeige sich zu wenig kommunikativ, zu wenig empathisch, macht sie sich widerwillig auf die Suche nach einem neuen Job, schreibt Bewerbungen und bekommt auch wirklich einen Anruf, der sie zu einem Vorstellungsgespräch einlädt. Der Mann im zugestellten Büro stellt sie ein, obwohl Suzu erst im Verlauf des Gespächs merkt, worauf sich die Reinigungsfirma spezialisiert hat. Herr Sakai führt eine Leichenfundortreinigung, erst seit ein paar Jahren, zur Expansion gezwungen, meist von Ämtern gerufen, in Wohnungen von Menschen, die unbemerkt sterben, für Wochen, manchmal sogar Monate in ihren Wohnungen liegen bleiben, bis Gerüche und Ungeziefer nicht mehr zu leugnen sind.

Milena Michiko Flašar «Oben Erde, unten Himmel», Wagenbach, 2023, 304 Seiten, CHF 35.50, ISBN 978-3-8031-3353-3

In Japan nennt man dieses Phänomen Kodokushi (einsames Sterben). Nicht der unbemerkte Tod ist das eigentlich Erschreckende, sondern die Volkskrankheit „Einsamkeit“. Ein gesellschaftliches Phänomen, das sich nicht auf Japan beschränkt, nur vielleicht die Art und Weise, wie man mit einer solchen Entwicklung umgeht. Herr Sakai versteht sich nicht nur als Dienstleister. Wenn er die Wohnung eines still Verstorbenen betritt, spricht er zu allererst ein Gebet und beginnt mit den abtransportierten Verstorbenen einen Dialog, ein vorsichtiges Beschwörungsritual, um der Hinterlassenschaft eines Lebens mit grösstmöglichem Respekt zu begegnen.

Suzu gibt sich in ihre Arbeit, weil die Arbeit Aufgabe ist, weil sie sich in der kleinen Mannschaft von Herrn Sakais Firma zum ersten Mal als ein Teil eines Ganzen erlebt. Weil ihr Herr Sakai das gibt, was ihr nicht einmal die Familie geben konnte. Nicht nur geforderte Ergebenheit und die Erfüllung ausgesprochener und unausgesprochner Erwartungen, sondern jenen Respekt, den Herr Sakai den Lebenden und den Toten entgegenbringt.

„Wer liebt einem denn? Am Ende? Wen wird man geliebt haben?“

Milena Michiko Flašar reisst eine Tür auf, eine Tür, hinter der es stinkt, hinter der sich Fliegen und anderes Krabbelgetier über jene Säfte hermachen, die übrigbleiben, wenn Tote liegenbleiben. Die Autorin zelebriert aber weder den Schrecken noch die Abscheu. „Oben Erde, unten Himmel“ erzählt von jenem Dazwischen, vor dem wir allzu gerne die Augen verschliessen. Die Autorin erzählt mit grosser Nähe und aller verfügbarer Liebe für menschliche Eigenheiten, von Suzu, die auf der Suche nach ihrem Glück ist, von Herrn Sakai, der sich durch seine eigene Geschichte in jene Bestimmung gestellt weiss, die er zuvor ein Leben lang vermisste, von Frau Langfinger, die sackweise Gummidrops aus Geschäften klaut und sie überall verteilt, in der Hoffnung, möglichst bald wieder im Gefängnis zu landen, wo man sie von ihrer Einsamkeit befreit, von Takar, der mit Suzu bei Herrn Sakai beginnt und sich im Fieber seiner Einsamkeit beinahe verliert.

Milena Michiko Flašar erzählt derart liebevoll, dass man das Buch nach der Lektüre nur ungern zur Seite legt. Gleichzeitig konfroniert sie nicht nur ihr Personal, sondern auch mich als Leser mit Fragen rund ums Sterben. Warum es in einer Welt, in der man von Dichtestresse spricht, immer mehr Menschen gibt, die sich in ihrer Einsamkeit verlieren und keinen Weg mehr herausfinden.

Milena Michiko Flašar, geboren 1980 in St. Pölten, hat in Wien und Berlin Germanistik und Romanistik studiert. Sie ist die Tochter einer japanischen Mutter und eines österreichischen Vaters. Ihr Roman «Ich nannte ihn Krawatte» wurde über 100.000 Mal verkauft, als Theaterstück am Maxim Gorki Theater uraufgeführt und mehrfach ausgezeichnet. Er stand unter anderem 2012 auf der Longlist des Deutschen Buchpreises und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt.  2019 erschien «Herr Katō spielt Familie«. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Wien.

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