Fabian Schaefer «Argovia», Kameru

In seinem ersten Roman schickt der Schweizer Autor Fabian Schaefer drei Kantone in einen Bürgerkrieg und entfaltet darin Geschichten, die in ein buntes Kaleidoskop mit allzu menschlichen Facetten mündet. 

„Ein Plädoyer für Teilhabe“

Urs Heinz Aerni stellte ihm zu diesem Buch Fragen.

Urs Heinz Aerni: Mit Ihrem schwer in den Händen liegenden Roman «Artovia» schicken Sie die Lesenden durch eine Riesengeschichte, die den aktuellen Zeitgeist mit in die Zukunft nimmt und einen Schweizerischen Bürgerkrieg auslösen lässt. Erinnern Sie sich, durch was Sie auf diese Idee gekommen sind? Etwa bei der Lektüre von «Vom Winde verweht» oder durch den Film «Die Klapperschlange» von John Carpenter?

Fabian Schaefer: (lacht) Im Zug von Zürich nach Brugg. Die Leere um den Güterbahnhof vor Spreitenbach mitten in der Zugfahrt hat mich immer fasziniert. Ich habe mich eines Tages unvermittelt gefragt: Was wäre, wenn hier ein Wall stehen würde, ein wirklicher, nicht nur irgendein «geistiger». Und dann kam natürlich die Frage, warum könnte der da stehen? Auf der anderen Seite stand der Wunsch, was alles in einer mir derart vertrauten Geographie entstehen könnte, wenn die Fantasie einmal frei ist. Ein Thriller, wie eine Fernsehserie vielleicht, ja, aber nicht schon wieder in «New York», sondern hier, bei uns.

Aerni: Dieser Impuls mutierte sich nun zu diesem Roman…

Schaefer: Ja, aus den spontanen Gedanken hat sich Argovia entwickelt, eine nahe Zukunft, und darin verwoben meine eigenen Erfahrungen und Bilder zwischen Basel, Brugg, Aarau und Zürich, erlebte Anekdoten und erinnerte Gespräche und Personen. In diesem Sinne ist das alles auch autobiographisch. Und davor laufen dann Formen und Muster ab, die mir aus Romanen, TV-Serien, Filmen, Graphic Novels geblieben sind. 

Aerni: Eine Art das Zusammenführen von Puzzle-Teilen?

Schaefer: Alles Erzählungen, aber auch zeitlose Gleichnisse irgendwie, die Haltungen aufbauen und zusammengesetzte, wichtige Bruchstücke sind, um ein Ganzes zu beleuchten. Das ist vermutlich einerseits vielleicht Zeitgeist, aber es geht hoffentlich sogar tiefer.

Aerni: Ihr Roman bespielt diverse Ebenen. Eine davon ist auch die exakte Konstruktion von politischen und militärischen Ereignissen, die jedoch im Kontext stehen mit Heute oder sich daraus entwickeln. Wer von den gesellschaftlichen Verantwortungstragenden müsste dieses Buch unbedingt lesen?

Schaefer: Ich stimme zu – die meisten Themen von Argovia sind heute schon da, und können vielleicht Beteiligten in der politischen Debatte helfen, es sich bei wichtigen Themen wie Migration, Stadt-Land-Gefälle oder auch Künstliche Intelligenz mit schnell geäußerten Standpunkten doch etwas schwerer zu machen. Das betrifft dann aktive Politiker, aber etwa auch uns alle vor Abstimmungen. Diese Ableitung aus dem Heute ist sicherlich ein wichtiger Reiz von Argovia: bestehende Themen zu benennen, und sie weiterzudenken, auch kontrovers, um Nachdenken auszulösen.

Aerni: Also schon gewisse Appellationen an die aktuelle Generation?

Schaefer: Ich glaube, dieses Aufrütteln ist mir gelungen. Ich habe Bemerkungen erhalten wie: «Unsere Schweizer Armee würde so etwas niemals tun“ oder „Wir sind nicht so hier in der Schweiz». Vielleicht nicht. Es ist ja ein Roman, keine detailversessene Militär- oder Nationalgeschichte. Aber diese Aussagen zeigen doch, dass man sich angesprochen fühlt. Sie bestärken mich, dass der Roman etwas auslöst. Und das möchte ich auch erreichen. Er ist klar ein Plädoyer für mehr Offenheit und Teilhabe. Dazu braucht es eine bewusste Sicht auf das, was heute ist. 

Aerni: Der Verlierer eines Bürgerkrieges zwischen den verdichteten Agglomerationen von Basel und Zürich, ist der Aargau. Eine literarische Lektion für falsche Tendenzen in diesem Kanton?

Schaefer: Vordergründig brauchte es zuerst einmal Spannung und einen Konflikt. Ich wollte ja einen Thriller schreiben, ich wollte die Guten und die Bösen. Da ist eine lebensweltliche Grenze um das Gebiet des Aargaus einfach vermittelbar, und ein gerade zu Ende gegangener Krieg bietet ebenfalls vielfältige Ansätze.

Aerni: Die Geographie des Kantons spielte eine Rolle?

Schaefer: (nachdenklich) Das Geographische ist nur eine Art, wie wir Gegensätze wie den von «Heimatidentität» und dem «Fremden» verstehen und entschärfen müssen. Ich glaube, unsere Debatten und Abstimmungen in der Schweiz zeigen immer wieder, dass sich durch die Gesellschaft vielfältige Grenzen ziehen.

Aerni: Die Siegermächte…

Schaefer: …im Roman ist die Bilanz ja durchaus gemischter: Die Menschen in Turikum und Basilea nehmen etwa die Droge Tyla, nicht unproblematisch! Und angedeutet werden auch die Gefahren von Datenmissbrauch und Künstlicher Intelligenz. Eine gestiegene Bedeutung des Ständischen und der «Alten Familien», und eine hohe Militarisierung, bestehen auch in Basilea und Turikum, nicht nur in Argovia – überall gibt es weniger Demokratie als nach unserem heutigen Selbstverständnis. Auch Verrat gibt es zudem diesseits und jenseits der Wälle…

Aerni: Der ziemlich allgemein reich befrachtete Begriff «Heimat» scheint Sie auch umzutreiben?

Schaefer: Man muss das Thema «Heimat» schon genau lesen, sonst tappt man in die aufgestellte Falle: fast alle Hauptpersonen, die «Guten» wie die «Schlechten», sind ja Argovier, also, «Aargauer». Auch diejenigen mit vormals ausländischem Hintergrund sind alle dort aufgewachsen, etwa Enn oder Ibraïm! Und die wenigsten, ob gut oder böse, haben umgekehrt keine ausländischen Wurzeln. Es geht mir um die Frage, was ist überhaupt Heimat, was ist «das Fremde». Heimat als Idee wird dabei überhaupt nicht abgewertet.

Aerni: Sie benutzen Ortsbezeichnungen wie Basilea, Argovia und Turikum. Warum?

Schaefer: Das ist zunächst einmal eher lustvoll, es geht um Sprachklang und ein Spiel mit Referenzen. Aber dennoch: Diese Distanzierung, Verfremdung der bekannten, möglichst genau eingehaltenen Geographie schafft etwas Entfernung, die man nutzen kann, um sich nur noch deutlicher zu fragen, was ist wirklich, oder wird bald wirklich, und was ist Fiktion.
Dies betrifft etwa auch die Namensgebung für Personen. Man hat mich gefragt, warum keine der HeldInnen «Regula» oder «Felix» heißen, etwa, um den «Lokalkolorit» zu verstärken. Wobei übrigens hier hinzukommt, dass derartige Namen ohnehin heute in der Schweiz vor lauter Ann-Sophies, Chayennes, Tabeas, Leahs oder Kevins, Noahs, Lucas, Léons und Finns kaum noch zu finden sind.

Aerni: Die Lektüre lenkt uns nicht nur durch Konflikte, zerstörte Infrastrukturen – wir denken mal hier gar nicht an die AKWs, sondern auch durch durch Ängste und Hoffnungen von Menschen, wie beispielsweise des Biochemikers Chan Effas. Er scheint Ihnen nahe zu stehen, oder?

Schaefer: Ja, Chan ist ja in gewisser Weise eine Linse des Romans, ein Beobachter wie ich es als Autor bin. Das bringt uns schon Nähe. Es ist spannend, durch ihn alles aufbauen und erleben zu können. Er beobachtet sein Zuhause, Turikum, und das von Xhyna, Basilea, ganz genau. Etwa am Akademieball. Und dann folgt er mitten durch Argovia allen Seiten und Fraktionen. Argovia entfaltet sich vor Chan gewissermaßen, zusammen mit dem Lesenden. Ich will hier natürlich gar nicht alles erzählen, aber wie es das Cover des Romans ja schon zeigt, stehen dabei auch starke, prägnante Frauenfiguren im Vordergrund der Handlung. Auch wenn ich das alles natürlich nicht selbst erlebt habe, ist von mir hier auch manches autobiografisch gefärbte eingeflossen. In den Gedanken und Szenarien, aber auch in vielen Einzelheiten der Beschreibungen.

Aerni: Dystopie ist momentan in der Literaturszene in aller Munde, so als Kontrastprogramm zur Utopie. Wie groß ist Ihr Vertrauen nach dem Verfassen dieses Romans in die internationale Politik, Wirtschaft und Technik?

Schaefer: Mein Roman ist zu technisch-gesellschaftlichen Fragen bewusst ambivalent ausgelegt, vielleicht auf eine Art ausgewogen zu Chancen und den Gefahren. Ein Sinnbild hierfür sind etwa die Wälle, die trennen, aber auch transparent sein können und so verbinden, Tiere auf deren Weg nicht behindern und die selbst bewusst sind und irgendwie zu uns sprechen. Ich halte den Roman nicht für eine Dystopie – Eher möchte er zeigen, dass es zu allem ein Für und Wider gibt, das ist heute wohl nicht anders als zu früheren Zeiten. – Argovia ist ja Teil einer Triologie, ich arbeite jetzt an Turikum, mal sehen, wohin es sich in dieser Hinsicht entwickeln wird.

Aerni: Hat die Arbeit an diesem Buch auch gewisse Meinungen verändern lassen?

Schaefer: (überlegt) Durch die Recherche bin ich zu den einen oder anderen neuen Informationen gekommen, z.B. zu Diskussionen um ein «Hyperloop»-Projekt für die SBB oder zur Künstlichen Intelligenz im militärischen Bereich. Aber ich denke, der Hauptpunkt ist, dass ich mich selbst überrascht habe, wie wichtig mir Integration und auch der Glaube an das Richtige und Gute im Grunde sind. Wenn man in aller Ruhe nachdenkt, sich die Zeit nehmen darf, sein eigenes «Science Fiction» – Buch im Hier und Jetzt zu schreiben (lächelt), kommen die wesentlichen menschlichen Fragen und Erkenntnisse vielleicht immer irgendwie hervor. Werden fast zwingend.

Aerni: Das Wechselspiel zwischen dem Erzählen von großen Prozessen und den Dialogen und Gedanken der Protagonistinnen und Protagonisten währt bis Seite 458, dann folgt eine sachlich gehaltene Chronologie des Schweizerischen Bürgerkrieges. Wo lagen für Sie die größten Herausforderungen beim Verfassen?

Schaefer: Ich wusste zuallererst, ich will Wälle aufstellen, und ich wusste, wo. Dann wurde mir die allerletzte Szene im Roman, auf die alles, wirklich alles hinausläuft, klar. Aber ich wollte die Handlung in diesem Jahr 2031 aus dem Heute heraus glaubhaft entwickeln. Daher entstand, noch vor den ersten Skizzen zum Hauptteil des Romans, die Chronologie. Sie musste Heutiges in einer möglichen Weise weiterentwickeln. Sie gibt den Boden ab, auf dem sich dann die Handlungen und Nebenhandlungen, Personen und Dialoge wie auf Bahnen auf den Schluss hin entwickeln. Eine wichtige Herausforderung war, dass alles zueinander passen musste. Da habe ich oft und viel hin und her abgestimmt. 

Aerni: Mit welcher geistigen Verfassung, sollte die Leserin und der Leser Ihren Roman aufschlagen?

Schaefer: Neugierig, offen, auch kritisch. Aber vor allem darf man sich einfach genussvoll auf eine spannende Reise voller Wendungen begeben, den bekannten aber verfremdeten Orten wie auch den Wendungen der Geschichte folgen. Man hat hier wahlweise zum Beispiel einen Politthriller, einen Zukunftsroman, eine Liebesgeschichte und einen Heimatroman vor sich. Ich glaube, es ist mir gelungen, das Spielerische dabei nicht zu kurz kommen zu lassen. 

Fabian Schaefer, 1973, studierte Kulturmanagement an der Universität Basel. 2015 erschien im selben Verlag seine Kurzgeschichtensammlung «Aus der Erstarrung». Beruflich ist Fabian u.a. im Kulturbereich in der Umsetzung betrieblicher Strategien, der Organisationsgestaltung und als Unternehmensberater tätig. Zu seinen Interessen zählen klassische und moderne Literatur, Sprach- und Theaterwissenschaft, Anthropologie und Kulturwissenschaft und zeitgenössische bildende Kunst.

David Weber «Reduit», Knapp Verlag, Gastbeitrag von Urs Heinz Aerni

„Mich reizen Antihelden!“
„Reduit“ heißt der neue Roman von David Weber, der in Bergell schreibt, in Zug wohnt und auf die Schweizer Mentalität seinen Antihelden loslässt.
Urs Heinz Aerni stellte ihm Fragen.

Urs Heinz Aerni: In Ihrem Roman „Reduit“ versuchen drei Freunde ehemalige Bunker der Schweizer Armee an sicherheitsbedürftige Reiche zu verkaufen. Eigentlich eine super Idee, könnte dies nicht auch real sein?

David Weber: Man weiß nie, wann andere auf die gleiche Idee kommen, so weit hergeholt ist sie ja nicht, sagt Heinrich Schultheiss auf Seite 56 des Romans, um seine Eile für die Umsetzung des Plans zu rechtfertigen. Tatsächlich war im März 2019 den Medien zu entnehmen, dass eine Privatperson die Festung Furggels bei Sargans – die drittgrößte Festungsanlage des Reduits – gekauft hat, um sie als Arche Noah für den Katastrophenfall zu nutzen. Das „bombensichere“ Geschäft zielt wie im Roman „Reduit“ auf finanzkräftige Ausländer.

Aerni: Die Story bringt den Lesenden nicht nur in ein Netz von Täuschung und Gier, sondern man wird Zeuge eines Zerfalls von Freundschaften. Im Zentrum steht die Figur Al, ein etwas zögerlicher und unsicherer Mann. Wie haben sie diesen erfunden oder entdeckt?

Weber: Mich reizen Antihelden. Al von Rickenbach ist ein erfolgloser Architekt, der lieber kocht. Er ist zwar auf den ersten Blick cool, hat sich in einem netten Leben als Junggeselle mit wechselnden Partnerschaften eingerichtet. Aber effektiv flüchtet er vor der Verantwortung einer Beziehung. Er ist zufrieden, wenn er in Ruhe gelassen wird – ein Umstand, der sich im Laufe seines „Reduit“-Engagements radikal ändert und zur Prüfung wird.

Aerni: Dürfte „Reduit“ auch als ironische Spiegelung der Schweizer Mentalität interpretiert werden?

Weber: Natürlich. Man kann den Roman als Parabel auf das Schweizerische Sicherheitsdenken sehen. Wir haben das Geschäft mit der Angst kultiviert: Versicherungen und Banken leben davon, Normen und Gesetze sichern ab. Sehr schweizerisch.

Aerni: Auf der Rückseite des Buches lobt ein Stabsoffizier Ihren Roman u. a. mit den Worten „Vorsicht beim Lesen!“. Rechnen Sie mit weiteren Reaktionen aus Militärkreisen, da sie deren Reduit wieder ins Scheinwerferlicht bringen?

Weber: Das Lob sehe ich eher als Augenzwinkern. Das Reduit bildet zwar den Drehpunkt der Story, aber militärisch ist die Geschichte keineswegs.

Aerni: Der Roman spielt u. a. in Zürich. Sie als gebürtiger Zuger leben in Zug, wäre denn Zürich nichts für Sie?

Weber: Ich hatte meine Planungsfirma in Zürich. Ich liebe Zürich, kenne die Stadt. Ich lebe in Zug und im Bergell, bin immer noch viel in Zürich, aber Leben muss ich nicht dort. Zug liegt 25 Bahnminuten entfernt.

Aerni: Der Bauboom in Zürich ist ungebrochen, ganz ehrlich und unter uns, wie bewerten Sie als Architekt die aktuellen Bautrends?

Weber: Ich habe die städtebaulichen Entwicklungen in der Agglomeration Zürich mitverfolgen können. Es gibt viele positive Ansätze und viele ernüchternde Fehlplanungen. Die Frage des Maßstabs und der adäquaten Nutzungen bilden viel Konfliktpotential. Private Investoren suchen in erster Linie die Rendite, nicht den Konsens mit der Stadt und ihren Bewohnern.

Aerni: Sie sind und schreiben oft im Bergell, auch eine Art Reduit für Sie?

Weber: Das Bergell wurde für mich und meine Frau zu unserer zweiten Heimat. Es ist eine kulturelle Herausforderung und ein Gegenpol zum städtischen Mittelland. Wir haben fantastische Menschen kennengelernt und sind viel in der Natur, deshalb ist es kein Ort, wo ich mich einbunkern will, sondern ein Ort der Inspiration.

Aerni: Ein Zuger findet im Gotthard ein Roman-Motiv. Wo im Bündnerland gäbe es auch noch Orte, in denen Romanstoffe schlummern könnten?

Weber: Da könnte ich viele nennen. Sils, die Seen, der Nationalpark, Davos (ein neues Projekt wird dort beheimatet sein) und es gibt die Persönlichkeiten, die zum Schreiben anregen. Die Zuckerbäcker, die Künstler, Alberto Giacometti als Paradebeispiel des erfolgreichen Auswanderers.

Aerni: Warum würden Sie anderen Romanciers das Bergell als Schreibort empfehlen?

Weber: Das Bergell ist eine faszinierende „andere“ Welt, eine Mischung aus Abgeschiedenheit und Offenheit. Eine Landschaft der Gegensätze. Einerseits das Wilde des engen Bergtals, anderseits die Offenheit des Oberengadins und die Verbindung zu Italien. Es ist eine Situation, die herausfordert und anregt.

David Weber, Architekt, Musiker und Autor, lebt und schreibt in Zug und Caccior (Bergell). Er studierte «Literarisches Schreiben» an der Schule für Angewandte Linguistik in Zürich. Sein erster Roman „Kral“ erschien 2018 und sein neuer Roman „Reduit“ in diesen Tagen im Knapp Verlag.

«Schreiben wie ein Grossmeister», ein Gastinterview von Urs Heinz Aerni mit Alexander Günsberg zu seinem Roman «Tanz der Vexiere»

Urs Heinz Aerni: Einer Ihrer Romane lautet „Tanz der Vexiere“. Der Begriff Vexiere kann mit „plagen“ und „quälen“ übersetzt werden und sind heute als Geduldsspiele bekannt, bei denen entwirrt und wieder zusammengesetzt werden kann. Könnte das auch etwas mit Ihrer Art des Schreibens zu tun haben?

Alexander Günsberg: Der Roman erzählt, wie Spiegel Menschen verändern können. Ein Vexierspiegel verändert das Äussere. Im Inneren entstehen Vexiere, Abbilder des eigenen Ichs.

Aerni: Also eine Erweiterung der Bedeutung…

Günsberg: Der Begriff stammt von mir. Mit ‚plagen‘ oder ‚quälen‘ hat er nichts zu tun. Auch beim Schreiben plage ich mich nicht, sondern ringe um die besten Formulierungen, einen logischen Aufbau und eine packende Handlung. Das Schlimmste finde ich langweilige Bücher. Die Ideen, die meine Romane vermitteln, stehen zwischen den Zeilen einer Handlung, die so spannend ist, dass der Leser das Buch nicht aus der Hand legen kann, bis er am Ende angekommen ist. Das ist jedenfalls mein Ziel.

Aerni: Im besagten Roman ist der Schreinergeselle Alfred Kohnitz die tragende Figur mit einem Schicksal zwischen Einsamkeit und Sehnsucht und Suizidversuch und Abenteuerreise. Wie sind Sie auf diesen Alfred gestoßen?

Günsberg: Der Roman erzählt von einem Mann, der in Lebensangst und Minderwertigkeitskomplexen gefangen ist, sich durch das Erkennen seiner selbst zu einem neuen Menschen wandelt und eine Frau findet. Wunderschön ist der Moment, an dem sie auf einem kleinen Boot im Ozean auf die Wellen hinausblicken und im Glitzern der Sterne ihre Vexiere auf dem Wasser tanzen sehen. Deswegen habe ich den Roman ‚Tanz der Vexiere‘ genannt.

Aerni: Also kein verstecktes Spiel mit dem Namen des Protagonisten?

Günsberg: Nein, der Name Alfred Kohnitz ist unbedeutend. Ich hätte ihn genauso gut Heiri Hess nennen können. Namen sind nichts. Das was wir mit Ihnen verbinden, ist alles. Nehmen Sie zum Beispiel den Mädchennamen Chantal. Ich habe in meiner Jugend eine Chantal gekannt, die war die ärgste Ausgeburt des weiblichen Geschlechts, geifernd, rachsüchtig, dumm und eingebildet. Da war der Name Chantal für mich der hässlichste, den es gab.

Aerni: Starker Tobak

Günsberg: Später bin ich dann einer Chantal begegnet, die das herrlichste Geschöpf der Welt war und plötzlich bekam der Name die gegenteilige Bedeutung!

Aerni: Man kommt nicht umhin, bei der Lektüre auf den Verdacht zu kommen, dass Sie ein Freund der Harmonie und des guten Endes sein könnten. Ist dem so?

Günsberg: Nein. Das ist nur in diesem Roman so. Ich habe viele andere Geschichten geschrieben, die kein gutes Ende im landläufigen Sinn haben. Eine gute Geschichte muss auch eine sein, die sich in der Wirklichkeit so abgespielt haben kann, wie sie im Roman erzählt wird. Der „Tanz der Vexiere“ schildert die positive Entwicklung von Menschen durch das Erkennen ihrer Vexiere, vereinfacht gesagt vom Minus zum Plus. Deswegen muss diese Geschichte ein gutes Ende haben, wenn auch nicht für alle Personen, die in ihr vorkommen. Bei denen, die ihre Vexiere nicht erkennen, die nur in der Aussenwelt leben, ist das Ende gar nicht gut.

Aerni: Die beträchtliche Anzahl Ihrer Werke macht deutlich, wie intensiv das Schreiben Ihr Leben begleitet. Aber Sie frönen auch dem Schachspiel. Was war denn zuerst da?

Günsberg: Schach habe ich mit sechs von meinem Vater gelernt. Zu lesen habe ich mit drei begonnen. Zu schreiben, mehr als man in der Schule so dahinkritzelt, mit sieben oder acht. Als Kind habe ich Gedichte geschrieben. Meine Lehrerin in Wien nannte mich ironisch ‚unseren Dichter‘. Im Internat, in das ich mit zehn kam, musste ich als jüngster und schwächster im Sechser-Zimmer jeden Abend den anderen eine Geschichte erzählen. Falls nicht, drohten mir Schläge. Es war eine Zeit, in der es weder Fernsehen noch Internet gab. So blieb mir nichts anderes übrig, als zu erzählen und zu erzählen, jeden Abend. Irgendwann habe ich dann begonnen, die Geschichten aufzuschreiben, die ich erzählt habe.

Aerni: Hand auf’s Herz, wo sehen Sie sich selber talentierter, bei den Schachzügen oder beim Sätzemeisseln?

Günsberg: Ich hoffe sehr, beim Schreiben. Schach ist eine Leidenschaft, die man auf jedem Niveau betreiben kann. Schreiben aber sollte man nur, wenn man es so kann, wie ein Grossmeister Schach spielt. Anderes dem Leser vorzusetzen, halte ich für eine Zumutung.

Aerni: Sie sind Sohn jüdischer Holocaust-Überlebender, verbrachten die Jugend in Mailand, Wien und Zürich, sind fünfmal verheiratet und leben und schreiben heute im Wallis. Wer wird Ihr Leben aufzeichnen?

Günsberg: Der liebe Gott, wenn er sich überhaupt an alles erinnert.

Aerni: Sie schreiben Romane, Kurzgeschichten und auch Bücher für Kinder. Wie nehmen Sie den Puls des aktuellen gesellschaftlichen und politischen Zeitgeistes wahr? Was ärgert Sie gerade?

Günsberg: Vieles ärgert, vieles freut mich aber auch. Zu den Ärgernissen gehört der Hang der Menschen, rechts- oder linksextremen Parolen Glauben zu schenken, der zunehmende Antisemitismus, die Propaganda, die die Palästinenser als Opfer hinstellt, obwohl sie Israel vernichten wollen und nicht umgekehrt, die Übersozialisierung der Schweiz, die Eigeninitiative und Unternehmergeist bremst, unabdingbare Voraussetzungen für die Weiterentwicklung unseres Landes nicht nur auf wirtschaftlichem, sondern auch auf kulturellem Gebiet.

Aerni: Und das Gute?

Günsberg: Zu den erfreulichen Dingen gehören die ins Bewusstsein der Menschen gedrungene Erkenntnis, dass die Natur geschützt werden muss und die enormen Fortschritte der Medizin, die dem Leben auch noch in fortgeschrittenen Jahren einen jugendlichen Anstrich geben. Bei mir kommen natürlich meine junge Ehefrau und meine beiden letzten Kinder dazu, die 7 und 14 sind. Sie können keinen ‚alten‘ Papa gebrauchen!

Aerni: Beschreiben Sie uns Ihren Lieblingsschreibort?

Günsberg: Die Terrasse meiner Heime im Wallis und am Zürichsee und des Hotels am Meer in Italien, auf der ich vor rund vier Jahren nach jahrzehntelanger, berufsbedingter Abstinenz wieder zu schreiben begonnen habe. Manchmal nehme ich den Laptop aber auch an ganz Orte mit und schreibe, etwa auf der Bergstation einer Seilbahn oder im Schachclub, wenn ich meine Partie beendet habe und auf die anderen warten muss. Es gibt wenig Orte, die sich zum Schreiben nicht eignen. Nur zu laut darf es nicht sein und man sollte nicht dauernd gestört werden.

Aerni: Die Buchbranche leidet unter dem Druck der Digitalisierung und der Veränderung im allgemeinen Leseverhalten. Was hält Sie am Schreiben?

Günsberg: Leidenschaft, wie beim Schachspielen, nur dass ich es hoffentlich besser kann. Ich kümmere mich nicht ums Leseverhalten. Das ist etwas für Verleger und Soziologen. Ich konzentriere mich aufs Schreiben und will Geschichten produzieren, die nicht nur mir gefallen, sondern die Menschen wieder fürs Lesen begeistern. Nehmen Sie jeden anderen, auch viel profaneren Artikel. Wer kauft ein schlecht geschnittenes Kleid oder ein pannenanfälliges Auto? Warum also sollten die Menschen ausgerechnet ein schlecht geschriebenes Buch kaufen? Der Schriftsteller sollte sich nicht mit dem Leseverhalten beschäftigen, sondern sich darauf konzentrieren, gute Bücher zu schreiben. Die werden dann automatisch gelesen.

Aerni: Falls das Buch zum Lesenden findet…

Günsberg: Richtig, denn das Problem ist, sie bekanntzumachen, aber das ist eine andere Sache.

Aerni: Wenn ich ein Bild malen würde, mit einem lesenden Menschen mit Ihrem Buch in den Händen, wie müsste dieses aussehen?

Günsberg: Am liebsten hätte ich ein Bild, wie Brueghel sie gemalt hat, mit Szenen, in denen die Menschen spielen, lachen, singen, tanzen, arbeiten, sich lieben und eben auch Bücher lesen. Wenn eines von mir dabei ist, würde es mich und wahrscheinlich auch die Leser glücklich machen. Glück ist nicht nur Zufall oder Schicksal. Als Leseratte, wie ich Sie einschätze, kennen sie sicher auch das Glück, das einem eine liebende Frau, ein gutes Glas Wein mit Freunden oder ein spannender und gehaltvoller Roman bringen kann.

Aerni: Hätten Sie uns ein Beispiel?

Günsberg: Ich erinnere mich an meine Jugend, als ich in die Romane von C.S. Forester und Erich Maria Remarque versunken, ganze Nachmittage auf einer Parkbank gesessen bin und in einer anderen Welt war. Ist das nicht Glück, das man erlebt?

Alexander Günsberg wurde 1952 in Mailand als Sohn jüdischer Emigranten aus Wien und Ungarn geboren. Die Kindheit verbrachte er in Italien, Wien und Zürich. Neben und nach dem Studium der Geschichte, Psychologie und Germanistik und fünf Heiraten bereiste er die Welt und betätigte sich als Journalist, Skilehrer, Schachspieler, Autofahrlehrer, Gymnasiallehrer, Schmuckgrosshändler und Immobilienpromotor in den USA und in der Schweiz. 1974 erhielt er für die Erzählung «Aufstieg» den Literaturpreis des Kantons Baselland. Heute lebt er mit seiner Familie im Wallis und der erwähnte Roman „Tanz der Vexiere“ ist im Münster Verlag erschienen.

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Christof Gasser «Blutlauenen», Urs Heinz Aerni stellt dem Autor Fragen dazu.

„Klischees und Stereotypen sind zu vermeiden.“
Mit „Blutlauenen“ legt Christof Gasser einen neuen Fall mit der ermittelnden Journalistin Cora Johannis vor. Urs Heinz Aerni stellte dem Autor Fragen dazu.

Urs Heinz Aerni: Nun erschien aus Ihrer Feder ein weiterer Fall der ermittelnden Journalistin Cora Johannis. Wieso wählten Sie diesen Beruf für Ihre Hauptfigur?

Christof Gasser: Ich wollte eine Ermittlerin mit einem Solothurner Hintergrund, die aber örtlich nicht gebunden ist wie ein Polizeiteam. Ich hatte die Wahl zwischen Privatdetektiv, (Krimi-)Schriftstellerin oder Wissenschaftlerin…

Aerni: Nun ist es eine Journalistin…

Gasser: Journalisten setzen sich mit unterschiedlichen Themen aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft auseinander. Ich habe mich dafür entschieden, weil diese Berufsgattung für mich das breiteste Spektrum bietet.

Aerni: Auf welche Herausforderungen stößt ein männlicher Autor, wenn er aus einer weiblichen Perspektive erzählt?

Gasser: Ob ein Mann aus der Perspektive einer Frau schreibt oder umgekehrt, die Herausforderungen sind dieselben: Als Autor muss ich mich in die Person hineinversetzen können, aus deren Warte ich schreibe. Wenn es bedrohlich wird oder wenn Aktion vonnöten ist, was im Krimi öfters vorkommt, ist es nicht eine Frage des Geschlechts, sondern des Charakters, wie man sich in einer bestimmten Situation verhält. Cora Johannis packt zu, wenn es sein muss. Das entspricht ihrer Persönlichkeit und geschieht unabhängig davon, dass sie eine Frau ist. Wenn sie sich um ihre Kinder Sorgen macht, oder wenn sie sich einem Mann zugetan fühlt, versuche ich zu beschreiben, wie sie sich als Mutter und liebende Frau verhält. Das erfordert Einfühlungsvermögen und Beobachtungen im täglichen Umgang mit beiden Geschlechtern. Die Herausforderung dabei ist es, Klischees und Stereotypen möglichst zu vermeiden.

Aerni: Auffallend sind nicht nur die Platzierungen Ihrer Romane, an ganz verschiedenen Orten der Schweiz, sondern auch Ihre Lust an Dialogen, die den Lese-Sog fördern. Wie sehen Sie als Autor das Verhältnis zwischen Beschreibungen von Szenen oder Menschen und dem Gespräch zwischen Ihren Protagonisten?

Gasser: Die Beschreibung setzt die Atmosphäre. Diese wird je nachdem vom Dialog unterstrichen oder aufgelockert. Dabei ist, wie so oft, die richtige Dosierung entscheidend. Verbale Schlagabtausche und Humor sind wertvoll. Jedoch macht ein Dialog mit seitenlangem Geplänkel oder nichtssagenden Phrasen die beschriebene Atmosphäre zunichte. Umgekehrt bergen exzessive Beschreibungen das Risiko, den Spannungsbogen zum Einbrechen zu bringen, wenn sie sich allzu weit vom Kontext entfernen.

Aerni: Sie beschäftigten sich früher mit dem Kreativen Schreiben, bevor schon die ersten Romane von Ihnen zu Bestsellern wurden. Was raten Sie Kolleginnen und Kollegen, die das Schreiben für sich entdeckt haben?

Gasser: Hingehen und schauen, wie es diejenigen machen, deren Bücher man gerne liest. Die Gelegenheit benutzen, erfahrenen Autoren über die Schulter zu schauen, ihre Ratschläge zu akzeptieren und ihre Kritik einzustecken. Eine Methode lernen, wie man aus Ideen einen Plot zu entwickelt und einfach anfangen zu schreiben. Und schließlich: Dranbleiben, bis das Buch beim Händler im Regal steht.

Aerni: Hinten im Roman „Blutlauenen“ findet sich ein Glossar, das eidgenössische Begriffe für Lesende nicht aus dem Lande, erklärt. Wie nehmen Sie die Unterschiede zwischen den Krimis aus Ländern wie Österreich und Deutschland wahr? Oder gibt es Merkmale, die einen typischen Krimi je nach regionaler Herkunft ausmacht?

Gasser: Ein Verbrechen im Tirol unterscheidet sich nicht groß von der gleichen Tat an der Ostsee oder im Schwarzbubenland. Sprachliche Eigenheiten, lokale Gegebenheiten und Bräuche sowie die daraus entstehenden Protagonisten verleihen dem Krimi einen unverkennbaren Charakter.

Aerni: Welche Rolle beim Schreiben Ihrer Romane nimmt Ihre kritische Haltung gegenüber Politik und Gesellschaft ein?

Gasser: Es ist nicht mein Ziel, gesellschaftskritische Literatur zu schreiben. In erster Linie will ich spannende Geschichten erzählen, die in einem aktuellen gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Umfeld eingebettet sind, welches uns prägt. Wir Menschen sind duale Wesen mit hellen und dunklen Seiten. Das widerspiegelt sich in unserer Interaktion als Gesellschaft und in der Politik. Diesen Aspekt versuche ich im Kontext meiner Handlungen zu beleuchten.

Aerni: Ihre Bücher werden geliebt. Was versprechen Sie einer Leserin oder einem Leser, die oder der jetzt nicht gerade ein Krimifan ist aber es doch mit Ihrem Buch mal aufnehmen möchte?

Gasser: Ich kann nichts versprechen, aber etwas anbieten: Meine Protagonisten sind keine Superhelden. Es sind Menschen, die versuchen ihr Leben zu meistern. Die Leserin oder der Leser kann sich mit Ihnen identifizieren, auch wenn sie Situationen meistern müssen, mit denen sich keiner von uns im richtigen Leben konfrontiert sehen will. Die Leserin oder der Leser erhält zudem einen unterhaltsamen und spannenden Einblick in eine moderne, vielfältige und offene Schweiz, mit, vielleicht für Viele überraschenden, Schattenseiten, die aber auch reich an Kultur und Geschichte ist.

Christof Gasser, geboren 1960 in Zuchwil bei Solothurn, war lange in leitender Funktion in einem Industriekonzern tätig. Heute arbeitet er als freier Autor und nebenamtlich als Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Seine Romane belegen regelmäßig Spitzenplätze auf der Schweizer Bestsellerliste. „Blutlauenen“ ist im Emons Verlag erschienen.

Wiedergefunden: C. S. Mahrendorff «Und sie rührten an den Schlaf der Welt»

Das Buch, ein Wert, der bleibt. Denkste! An Buchmessen und Literatursendungen werden nur Bücher vorgestellt, die noch warm von der Druckerei sind. Ich griff für Sie nun ein Exemplar aus meinem Regal heraus, das Sie entdecken sollten.

Ungewöhnliche Spannung und überzeugendes Zeitkolorit, eine Fülle von historischen Personen, eine Liebesgeschichte und eine hochbrisante Kriminalaffäre – all das vereinigt der deutsche Autor C.S. Mahrendorff in diesem Roman.

Er ist das vielschichtige Epos des Fin de Siècle, das Europa in seinen letzten Walzertaumel versetzt. Literatur, bildende Kunst und Musik erleben neue Höhepunkte, Psychoanalyse, Traumdeutung und okkulte Strömungen bewegen die Gemüter. Sigmund Freud etabliert sich in Wien, Gustav Mahler feiert in Hamburg Triumphe. Gleichzeitig beginnt die k.u.k. Monarchie zu zerfallen, und die ersten antisemitischen Ausschreitungen werfen einen dunklen Schatten auf die Kaffeehausidylle der Donaumetropole.
In dieser Zeit des Umbruchs begegnet der Wiener Internist und Nervenarzt Dr. Leonhard Heydinger anlässlich eines Urlaubs auf der Insel Elba einem mysteriösen Engländer, der in Begleitung einer schillernden jungen Frau ist.

Heydinger, der in den Literatenkreisen »Jung-Wiens« verkehrt und im Salon der aufstrebenden Sopranistin Lena von Rother und ihres Vaters ein- und ausgeht, gerät zusehends in den Bann des Fremden, den er in Wien wiedertrifft. Als der Mann eines Tages plötzlich in seiner Sprechstunde erscheint, entpuppt er sich als kokainsüchtiger Amateurdetektiv, den neben einer unglücklichen Liebe vor allem eines an Wien bindet: die finsteren Machenschaften der Geheimgesellschaft »Die Schwarze Hand«.
Deren Erpressungen, die vornehmlich jüdischen Musikern gelten, ziehen in der Donaumetropole ihre unheilvollen Kreise. Als sie sich auch auf Deutschland auszuweiten beginnen und sogar Gustav Mahler, den Ersten Kapellmeister des Hamburger Stadttheaters, bedrohen, kommt man den Drahtziehern des Verbrechens allmählich auf die Spur…

Dieser furiose, sprachlich herausragende Roman ist ein faszinierendes gesellschaftskritisches Panorama der Jahrhundertwende im Gewande eines großen Spannungs- und Kriminalromans. Darüber hinaus zeigt der Autor Persönlichkeit und Wirken Gustav Mahlers in neuem Licht und entwirft ein packendes Porträt jener Legende des Viktorianismus, die den modernen Detektivmythos begründet hat. Vor allem aber erfährt der Lesende in kaum einem anderen Werk der heutigen Belletristik derart viel über die Voraussetzungen für den Lauf der Geschichte in unserem Jahrhundert. Er kann sich dem Sog der Erzählung nicht entziehen und ahnt gleichzeitig, wie es zu jener Entwicklung kommen konnte, die Europa schließlich in den Abgrund stürzte…

Gastbeitrag von Urs Heinz Aerni

Das Buch: «Und sie rührten an den Schlaf der Welt» Roman von C. S. Mahrendorff, Langen Müller, 1999, dann Neuauflagen bei S. Fischer.

C. S. Mahrendorff (1963–2004) studierte Geschichte, Musikwissenschaft und Jura, bevor er als Diplom-Finanzwirt in den hessischen Staatsdienst eintrat. Später lebte er als freier Schriftsteller in Frankfurt am Main.

Daniel Sonder «Der Schönschreiber», ein Interview mit Urs Heinz Aerni

Wenn die ‚Diktatur der Körperlichkeit’ gebrochen wird
Der in Chur geborene Daniel Sonder legt mit „Der Schönschreiber“ seinen ersten Roman vor, der literarisch an das Eingemachte des Menschlichen geht.

Urs Heinz Aerni: 1952 wurden Sie in Chur geboren und nun erschien Ihr erster Roman. Wie muss man sich die Reifung dieses Buches vorstellen?

Daniel Sonder: Reifung ist in diesem Zusammenhang ein guter Begriff. Der Entstehungsprozess des Buches hat sich über Jahre, um nicht zu sagen Jahrzehnte hingezogen. Zunächst war’s einfach der Hang, Einfälle, Ideen, aber auch Erlebtes schriftlich festzuhalten. Vielleicht der Versuch, seinem Wesen nach Flüchtiges irgendwie zu bannen, oder banaler, auch nur die Eitelkeit, sich in wohlformulierten Texten eine Art Miniaturdenkmälchen zu setzen. So hat sich im Laufe der Zeit das eine oder andere angesammelt.

Aerni: … So wie auch die Korrespondenzen?

Sonder: Ja, später kamen dann noch Inspirationen durch Briefe, die im Zuge meiner Aktivitäten auf Partnerbörsen entstandenen sind, hinzu. Ernsthaft ein Romanprojekt ins Auge gefasst habe ich aber erst nach meiner vorzeitigen Pensionierung. Der „Schönschreiber“ ist dann innerhalb von etwa zwei Jahren entstanden, wobei sich Phasen konzentrierten Arbeitens ablösten mit solchen, in denen die Stimmung vorherrschte, dass aus dem Buch eh nichts würde. Zeiten während denen ich dann über Wochen auch nicht eine Zeile zu Papier brachte.

Aerni: Der Text ist dicht, die Gedanken sind verspielt. Wenn ich sage, dass man das Buch nicht einfach liest, sondern dass man sich am Buch lesend labt, was meinen Sie dazu?

Sonder: Da fühle ich mich zunächst etwas geschmeichelt. Denn, ein Buch, das einem erlaubt, sich daran zu laben, wie Sie es ausdrücken, dürfte über reine Unterhaltung hinaus wohl noch einiges mehr zu bieten haben. Hier zu widersprechen, sehe ich natürlich wenig Anlass.

Aerni: Nur zu!

Sonder: Eben, kein Widerspruch. Es bleibt allerdings die Frage, welchem Typ Leser sich dieser Mehrwert am ehesten erschliesst. Ich denke, es ist nicht schlecht, wenn etwa der Begriff Denklust nicht nur Befremden bei einem auslöst. Auch vorteilhaft dürfte sein, wenn einem gleichsam das Jonglieren mit Möglichkeiten näher ist, als das Bemühen, letztgültige Antworten zu fassen zu kriegen. Eine weitere hilfreiche Voraussetzung dürfte ein gewisses Mass an Robustheit sein gegenüber Schilderungen, die dem Pornographischen zuneigen.

Aerni: Sie geben mir das Stichwort; der Romanheld W. bezirzt Frauen durch seine Schreibe, das auch mal in den Chat-Sex rutscht. Welche Vorteile bringt die heutige Kommunikationstechnik dem Flirtwilligen aus Ihrer Sicht?

Sonder: In der leibhaftigen Begegnung ist allem was ich sage von Anbeginn ein enger Interpretationsrahmen vorgegeben, bedingt durch meine blosse physische Präsenz.
All meine Aussagen sind dann immer schon die von jemandem, der so und so aussieht, sich so und so bewegt, dessen Stimme einen bestimmten Klang hat etc. In gewissem Sinne bin ich dann gezwungen, der zu sein, welcher mir meine Körperlichkeit vorschreibt.
 Im rein textlichen Austausch wird das überwunden, findet eine befreiende Entkörperlichung statt. Ein gutes Stück weit selbst dann noch, wenn auch Fotos ausgetauscht werden. Die Verhältnisse werden damit im Vergleich zur Situation, wo am Anfang des Kennenlernens die leibhaftige Begegnung steht, gerade umgekehrt. Nicht die Körperlichkeit legt fest, wie das Gesagte interpretiert wird…

Aerni: Sondern?

Sonder: …sondern vielmehr entscheidet das zuvor Geschriebene zumindest in massgeblichen Teilen darüber, wie die physische Erscheinung und alles was damit einhergeht wahrgenommen wird.

Aerni: Also eine Art Umkehrschub von Körper zum Geist und dann wieder zurück?

Sonder: Ja, und damit wird die Diktatur der Körperlichkeit gebrochen und mein Denken wieder ermächtig, entscheidend mitzubestimmen darüber, wer ich für mein Gegenüber bin. Eine tolle Sache, wie ich finde, und nicht nur für Menschen, die als äusserlich wenig attraktiv gelten.

Aerni: Das Buch fabuliert zwischen Ironie, Philosophie und fast schon Juxerei mit erotischem Unterton. Sie entschieden sich für die Gattung Roman, war das immer schon von Anfang an klar?

Sonder: Schon in einer frühen Phase des gezielten Materialsammelns wurde deutlich, dass die inhaltlichen Ideen, die ich in dem Buch unterbringen wollte, sehr vielgestaltig sein würden. Gleichzeitig schwebte mir vor, mich unterschiedlicher Formen der Sprache zu bedienen. Vor diesem Hintergrund hielt ich es für notwendig, irgendwie etwas Durchgängiges, ein verbindendes, Zusammenhalt stiftendes Element einzuführen. Da lag dann der Gedanke an eine zentrale Figur, in deren einheitlichen Lebenswelt sich all das gebündelt findet, nahe. Damit war der Protagonist W. geboren und mit ihm der Entscheid für die Gattung Roman getroffen.

Aerni: Ein Protagonist, bei dem Sie dann quasi literarisch die Zügel schleifen lassen konnten?

Sonder: Sie sagen es. Dieser W. konnte sich nun in menschenleere philosophische Gefilde emporschwingen, sich in romantischem Verführungsgeflüster ergehen, in Debatten heftige Attacken reiten, seine sexuellen Phantasien ins Abseitige schweifen lassen oder auch alltägliche Beobachtungen anstellen und abenteuerliche Gedanken daran knüpfen. Er konnte tun und lassen, was er wollte. Ironie aufscheinen lassen wo er grad lustig war und Zweifel einstreuen, wo Ideen ihm allzu sehr nach Wahrheit schielten. Und bei all dem war es immer die eine Person W., und damit seine Perspektive und seine Welt, die der ganzen Heterogenität Einheit und Verbundenheit brachten.

Aerni: Sie waren lange in der Softwareentwicklung tätig, was kühl und technisch vorzustellen ist, könnte sich durch die Jahre über eine Lust des Erzählens nah am Menschsein aufgestaut worden sein?

Sonder: Ihre Frage geht von der naheliegenden Annahme aus, dass die beiden
angesprochenen Tätigkeiten von irgendwie gegensätzlicher Natur sind.

Aerni: Ist dem nicht so?

Sonder: Seltsamerweise habe ich die Unterschiede gar nicht als so ausgeprägt erlebt, wie man das wohl allgemein erwarten würde. Das mag vielleicht damit zusammenhängen, dass es sich in beiden Fällen um ein kreatives Tun handelt, dessen Ergebnis die Form von, wenn auch sehr verschieden gearteten, Texten hat. Sowohl der Programmierer als auch der Schriftsteller sind ja abstrakt betrachtet mit nichts anderem zugange, als dem Erstellen von Zeichenketten. Eine weitere mögliche Parallele findet sich auch im Buch selbst angedeutet. Dort, wo der Protagonist der Frage nachgeht, ob seine Verführungsbriefe und ihre Wirkung bei den Adressatinnen nicht Ähnlichkeit haben könnten mit Trojanern, also Computerviren, die einmal eingeschleust ein Eigenleben führen und dabei gleichsam subversive Aktivitäten entfalten.

Aerni: Interessante Vergleiche…

Sonder: Was Sie in Ihrer Frage thematisieren, habe ich mir übrigens auch schon früher mal überlegt und bin dann zum zugegeben etwas hemdsärmeligen Vergleich gelangt, dass schreibendes Erzählen ungefähr so ist wie Programmieren angetrunkenem Zustand.

Aerni: Ein Pfau ziert das Buchcover, was so manches schlussfolgern lässt…

Sonder: Nun, der Pfau gilt ja weithin als Symbol der Eitelkeit und das wohl mit gutem Grunde. Haben Sie schon mal mitverfolgt, wie solch ein seltsames Wesen das Rad schlägt?

Aerni: Aber sicher, das geschieht mit zitterndem Brimborium…

Sonder: Das ist eine Performance von geradezu grotesker Selbstgefälligkeit. Der Narzisst im Reich der Tiere… Und W. der Held des Buches hat wohl auch eine narzisstische Seite, ob das auch auf den Autor des Werks zutrifft, bleibt der Spekulation der Leser überlassen. Und natürlich gibt der Pfau auch einfach ein schönes Bild ab und funktioniert dadurch bestens als Blickfang. Durch die Penetranz der Eitelkeit erfährt die Faszination aber auch eine Brechung, welche zusätzlich ein Element des Misstrauens ins Spiel bringt. Das alles passt eigentlich ganz gut zum Inhalt des Buches.

Aerni: Wenn ich ein Gemälde mit einem lesenden Menschen mit Ihrem Buch in den Händen malen würde, wie müsste es aussehen?

Sonder: Da gerate ich als erstes gerade ein wenig in Verlegenheit. Sie reden von einem Menschen und ich sollte jetzt wohl entscheiden, ob Frau oder Mann.

Aerni: Nicht nur…

Sonder: Nun, ich habe schon einige Male zu hören gekriegt, dass es sich beim „Schönschreiber“ vor allem um ein Männerbuch handle. Eine Einschätzung, die ich so nicht teilen mag. Um hier ein Gegengewicht zu setzen, soll der Mensch auf dem Bild deshalb eine Frau sein. Eine Frau reiferen Alters auf einer Terrasse an erhöhtem Ort sitzend, auf einem edel anmutenden, verschwenderischen Raum bietenden Lounge-Sessel. Es ist Sommer am späten Nachmittag, der Himmel wolkenlos. Die ärgste Hitze hat bereits ihren Rückzug angetreten, derweil ein leiser Windzug sich bemerkbar macht. Die Füsse der Frau sind nackt, ansonsten ist sie zwar sommerlich, aber in einem Masse stilvoll elegant gekleidet, wie es nicht so recht zur Situation passen will. Sie verströmt Kultiviertheit und Sinn für Ästhetik. Die Vorstellung, sie könnte adliger Abstammung sein, wäre nicht abwegig. Das Buch liegt aufgeschlagen mit dem Rücken nach oben auf ihrem Schoss. Man erkennt, dass diesem Augenblick der Ruhe ein langes konzentriertes Lesen vorausgegangen ist. Den Kopf hat sie jetzt angehoben und den Blick geöffnet gegenüber der Weite, nicht suchend, einfach nur schauend. Sie scheint etwas zu erahnen, ohne es aber wissen zu wollen. Und ihre Augen, vielleicht sind sie umspielt von einem feinen kaum wahrnehmbaren Lächeln.

Daniel Sonder studierte Psychologie und Philosophie in Zürich, war anschließend viele Jahre in der Sofwareentwicklung tätig aber das Schreiben habe ihn „mehr oder weniger im Verborgenen schon lange beschäftigt“. Nun tritt der Vater von drei erwachsenen Töchtern mit Wohnsitz in Meilen am Zürichsee mit seinem Roman „Der Schönschreiber“ zum ersten Mal auf die Bühne des Literaturbetriebes.

Sibylle Ciarloni «Bernstein und Valencia – Stories», ein Interview von Urs Heinz Aerni

«Bernstein und Valencia» sind Stories der Schweizerin und in Italien lebende Autorin Sibylle Ciarloni, die sehr lesenswert sind, deshalb traf sich Urs Heinz Aerni mit ihr in einem Café und stellte dazu Fragen.

«Oft sind Träume schöner»

Urs Heinz Aerni: 22 Erzählungen oder Stories, 22 Welten und Überraschungen. Bilden Ihre Texte das Leben ab wie es ist, oder wie es sein könnte, ja sogar sollte?

Sibylle Ciarloni: Meine Stories sind Ausschnitte von Leben, die sein könnten, vielleicht sogar so gewesen sind. Ich wünsche mir manchmal etwas und in meinen Vorstellungen geschieht es dann. Mehr muss in manchen Fällen gar nicht sein. Oft sind Träume schöner als deren Machbarkeit und Wirklichkeiten.

Aerni: Die Texte zeichnen sich auch aus durch recht unterschiedliche Sprach- und Perspektivformen aus. In welchem Zeitraum ist die Sammlung entstanden?

Ciarloni: Es sind Geschichten, die alle aus dem letzten Jahrzehnt stammen, bis auf die Anweisung, wie man sich selbst als Fisch zeichnet. Ich nutze gerne die Fähigkeit, verschiedene Perspektiven einzunehmen. Die habe ich mir angeeignet, um weiter zu sehen, anderes zu sehen als das, was mir gezeigt wurde. Die gewählte Sprache hat mit der gleichen Fähigkeit zu tun. Es gibt verschiedene Wege, wie man etwas erzählen kann. Allerdings ist das bei mir nie eine Entscheidung, ich folge eher meiner Intuition und prüfe später, ob das so passt.

Aerni: Was macht für Sie im Besonderen Freude, kurze Geschichten zu erzählen als ein großer Roman zu schreiben?

Ciarloni: Ich bewundere Erzählerinnen und Erzähler, die große Bogen in wenigen Worten auf den Punkt bringen und sich auf dem Weg dahin akribisch und präzise in einer Beschreibung verlieren, nur um schließlich gekonnt wieder hinauszufinden. Das hat mit souveränem Austarieren der Wichtigkeit von Inhalten zu tun und mit einem Anspruch an die Lesenden. Sie werden nicht alles beschrieben bekommen, sie dürfen selber denken und zwischen den Zeilen lesen. Das gefällt mir.

Aerni: Sie zeichnen Ihre Figuren liebevoll zwischen Sinnlichkeit, Skurilität aber auch Ironie. Sind es zuerst Personen, die zum schreiben inspirieren oder Umstände?

Ciarloni: Es sind beide. Vielleicht zuerst die Umstände, denn sie bringen mich irgendwohin im Leben und dort treffe ich auf Menschen. Zusammen gestalten wir wiederum die Umstände oder ich habe überhaupt nichts zu schaffen mit ihnen, sondern sehe sie bloß oder höre sie reden. Der Rest ist meine Art, auf die Welt und die Menschen zu schauen. Dann entstehen Gedanken, dann entstehen Geschichten.

Aerni: Sie wuchsen im Aargau auf, leben nun in Italien und nun treffen wir uns hier in Zürich. Berlin ist in ihrem Buch sehr präsent, wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Zürich beschreiben?

Ciarloni: In Zürich leben liebe Freunde mit denen ich mich treffe oder die mich in Italien besuchen. Mit manchen arbeite ich auch zusammen. Ich bin gerne hier, weil sie hier sind. Ein Verhältnis zu Zürich habe ich durch sie, weil ich hier gewohnt und gearbeitet habe und weil Zürich die von meinem Aargau – Lenzburg und Baden – aus gesehen die nächste größere Stadt war, für mich also die erste, die es zu entdecken und zu durchkämmen galt wie später dann andere Städte.

Sibylle Ciarloni wuchs im Schweizer Mittelland auf, lebt und arbeitet zudem auch an der Adria. Zum Schreiben kam sie über einen Sendeplatz am Radio und es folgten Auftritte mit Hörstücken in der Schweiz und in Deutschland, ein Atelier Stipendium in Berlin (2011), die Herausgabe mehrerer fast ernst gemeinter Themenpapiere (Ein Tag im Bett, Von Haaren), des Foto-Essays Strandläufer (2017) und der Betrieb des Veranstaltungsraums Salon Billa in Baden. 2018 war Sibylle Ciarloni Artist in Residence in Nairs, Zentrum für Gegenwartskunst im Engadin.

Blog und Veranstaltungen auf der Webseite der Autorin

Ihr aktuelles Buch von dem hier die Rede war, heißt „Bernstein und Valencia – Stories, Knapp Verlag, CHF 19.80

Beitragsbild © Bettina Matthiessen