Internationale Tage für improvisierte Musik und Poesie in St. Gallen? Ein neues Lyrikfestival?

Noch sind die ersten Internationalen Tage für improvisierte Musik und Poesie ein Experiment. Ein Experiment in vielerlei Hinsicht. Nach ersten Erfahrungen mit junger Schweizer Literatur, den Text mit Musik zu vermischen und zu verweben, sowohl dem Text wie der Musik aus dem Moment einen neuen Raum zu erschaffen, wagen wir uns tapfer in eine nächste Runde. Überzeugt davon, dass den klassischen „Wasserglaslesungen“ daraus etwas entgegenzustellen ist, erst recht im Zusammenspiel von Lyrik und Musik, die sich beide ihrer ganz eigenen Instrumente bedienen.

Wer erträgt schon verdichtete Sprache über eine Stunde lang, ein Gedicht nach dem anderen, ein Bombardement von Sinnesspiegelungen, die sich sehr oft einer klaren, ganz einfachen Interpretation entziehen? Aber da es ja sehr oft genau die Art des Schreibens ist, die sich explizit um Klang, Rhythmus, Farbe und Resonanz bemüht, ist es naheliegend, diese zwei Sparten miteinander zu verbinden.

Die Bühne, die wir Lyrik und Musik bieten, ist wenig bespielt. Selbst an grossen Festivals wie den Solothurn Literaturtagen oder dem Lyrikfestival Basel sind Veranstaltungen, die über die klassische Rezitation hinausgehen, selten. Und da erste Erfahrungen, beispielsweise mit der österreichischen Dichterin Margret Kreidl mehr als positiv ausfielen, wagen wir uns in dieses Abenteuer, zumal die im kommenden November eingeladenen KünsterInnen klingende Namen haben: Wolfgang Hermann aus Wien, Michelle Steinbeck aus Hamburg (Basel), Ariane von Graffenried aus Bern und Thilo Krause aus Zürich.

Ob daraus ein Lyrikfestival in eigenem Format mit Tradition wird, entscheiden nicht zuletzt die Kulturinteressierten aus der Ostschweiz, ob sie sich verführen, zu akustischen Abenteuern locken lassen. In einer Zeit, in der man sich um echte Emotionen so sehr bemüht, ist eine Veranstaltung mit Lyrik und improvisierte Musik genau das Richtige. Im Theater 111 in St. Gallen wachsen Welten zusammen!

L111 sind Christian Berger (Sound), Dominic Doppler (Takt), Gallus Frei-Tomic (Konzept) und Flavia Steinlin (Marketing & Kommunikation). Mehr Informationen unter l111.ch oder christianberger.ch.

Ariane von Graffenried CH, Wolfgang Hermann A, Thilo Krause CH, Joseph Zoderer I

Nachdem die Reihe mit «junger CH-Literatur» im Januar nach wunderbaren Abenden mit Yaël Inokai, Arja Lobsiger, Dana Grigorcea, Julia Weber und Noëmi Lerch zu einem guten Ende kam, wird im kommenden Herbst eine neue Reihe im Theater 111 in St. Gallen über die Bühne gehen. Vier ganz unterschiedliche Dichterinnen und Sicher haben ihre Teilnahme zugesichert.

Ariane von Graffenried (1978) ist Autorin und  promovierte Theaterwissenschaftlerin, schreibt für die Bühne, fürs Radio, Zeitungen und die Wissenschaft. Sie ist Mitglied der preisgekrönten Autor*innengruppe «Bern ist überall». Seit 2005 tritt sie als Spoken-Word-Performerin mit dem Musiker und Klangkünstler Robert Aeberhard im Duo «Fitzgerald & Rimini» auf. Zuletzt erschien das Buch «Babylon Park» (2017), für das sie den Literaturpreis des Kantons Bern erhielt.
Von Graffenrieds Texte kippen vom Konkreten ins Poetische und zurück, mal Deutsch, mal English, mal Dialekt, sie ist eine Geschichtenerzählerin des Geheimen und Verborgenen, eine ebenso raue wie galante Berichterstatterin aus den Halbwelten des Mondänen, eine literarische Umgarnerin der provinziellen Unterwelt.

Thilo Krause geboren 1977 in Dresden, lebt in Zürich.  Abitur, Zivildienst als Pfleger, Studium des Wirtschaftsingenieurwesens in Dresden und London, Promotion an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, danach Forschungsbereichsleiter am Schweizerischen Bundesamt für Energie, bis 2015 Forscher an der ETH Zürich, aktuell beim Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (ewz).
Seit 2005 literarische Veröffentlichungen in namhaften Zeitschriften (u.a. Akzente, Sinn und Form), Zeitungen (die ZEIT, Zürcher Tagesanzeiger, u.a.) und Anthologien. 2012 Schweizer Literaturpreis für den Debütband «Und das ist alles genug«, der 2015 in der französischen Übersetzung von Eva Antonnikov («Et c’est tout ce qu’il faut«) erschien. 2016 Clemens-Brentano-Preis der Stadt Heidelberg und ZKB Schillerpreis für das zweite Buch: «Um die Dinge ganz zu lassen«. 2019 Peter-Huchel-Preis für den Band «Was wir reden, wenn es gewittert» (Edition Lyrik Kabinett im Carl Hanser Verlag).
Thilo Krause ist Mitglied im Verband Autorinnen und Autoren der Schweiz sowie im Literaturforum Dresden. Im Winter unterrichtet er Skilanglauf beim Firmensport Regionalverband Zürich (Bereich Nordisch).

Wolfgang Hermann wuchs in Dornbirn in Vorarlberg auf und studierte ab 1981 Philosophie und Germanistik an der Universität Wien. 1986 promovierte er mit einer Arbeit über Friedrich Hölderlin zum Doktor der Philosophie. Anschliessend war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Wien. Seit 1987 ist er freier Schriftsteller. 1992 nahm er am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt teil. Von 1996 bis 1998 arbeitete er als Lektor an der Sophia-Universität in Tokio.
Wolfgang Hermann schreibt Prosa, Lyrik, Theaterstücke und Hörspiele. Einige seiner Publikationen wurden in Englisch, Französisch, Spanisch, Schwedisch, Arabisch, Lettisch, Slowenisch, Japanisch, Koreanisch, Polnisch, Hindi übersetzt. Er ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.
Er verfügte über wechselnde Wohnsitze, wie in Nordafrika und auf Sizilien. Von 1987 bis 1990 lebte er in Berlin, danach in Paris und in Aix-en-Provence. Von 1996 bis 1998 hatte er ein Lektorat an der Sophia-Universität Tokio inne.
Heute lebt Wolfgang Hermann in Wien.

Joseph Zoderer, geboren 1935 in Meran, lebt als  freier Schriftsteller in Bruneck. Studium der Rechtswissenschaften, Philosophie, Theaterwissenschaften und Psychologie in Wien. Zahlreiche Auszeichnungen, u. a. Ehrengabe der Weimarer Schillerstiftung (2001), Hermann-Lenz-Preis (2003) und Walther-von-der-Vogelweide-Preis (2004). Joseph Zoderer, einem der führenden Erzähler der Gegenwartsliteratur, in Einzelbänden neu aufgelegt. In Zusammenarbeit mit Johann Holzner und dem Brenner-Archiv Innsbruck wird jeder Band durch ein Nachwort sowie interessante Materialien aus dem Vorlass des Autors ergänzt. Davon bisher erschienen: „Das Schildkrötenfest“. Roman (2015), „Dauerhaftes Morgenrot“. Roman (2015) und „Die Walsche“. Roman (20016), 2017 folgt „Lontano“. Roman.