Maxim Leo & Kat Menschik «Junge aus West-Berlin», Galiani

Die von Kat Menschik illustrierten Bücher aus der Reihe „Lieblingsbücher“ überraschen immer wieder und sind für Büchermenschen wie mich Geschenke für alle Sinne. Sie schmeicheln allem, den Augen, den Händen, meinem Herz, meiner Seele und sind eindrücklicher Beweis dafür, was nur das gedruckte Buch kann; beseelen.

Es ist der 18. Band einer illustren Reihe kleiner, üppig illustrierter Bücher im kleinen Format, mit farbigem Schnitt und Lesebändchen, fadengeheftet – das ideale Geschenk – an sich selbst und all jene, die das schöne Buch mögen. „Der Landarzt“ von Franz Kafka, „Romeo und Julia“ von William Shakespeare, „Die Bergwerke von Falun“ von E.T.A. Hoffmann, „Unheimliche Geschichten“ von Edgar Allan Poe, „Djamila“ von Tschingis Aitmatov bis hin zu „Tomaten“ und viele andere Perlen.

Der neuste Band entstand aus einer Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller Maxim Leo. Beide, fast gleich alt, verbrachten ihre Kindheit und Jugend in Ost-Berlin, in der DDR. „Das wir uns nicht kannten, ist merkwürdig, denn unsere Freundeskreise überschneiden sich bis heute. Wir lebten im selben Bezirk, ein paar Strassen voneinander entfernt. Wir erlebten die letzten Monate vor dem Fall der Mauer…“

Maxim Leo, Kat Menschik «Junge aus West-Berlin», Galiani, 2024, Illustrierte Lieblingsbücher Band 18, 80 Seiten, CHF ca. 33.90, ISBN 978-3-86971-304-5

In „Junge aus West-Berlin“ erzählt Maxim Leo von Marc, einer nicht ganz einfachen Jugend in West-Berlin in den zehn Jahren vor der Wende. Marc fehlt es an vielem, vor allem an Selbstbewusstsein. Er hangelt sich durch ein Leben, in dem alles, nicht nur die Stadt in ein klares Gut und Schlecht geteilt ist. Nach einem Ausflug mit der Schule nach Ost-Berlin und einer Schicksalsbegegnung mit einem Mädchen dort und dem Bewusstsein, in der grauen Hälfte der Stadt die Chance zu haben, ein ganz anderer zu sein, macht sich Marc nicht nur immer und immer wieder auf die Reise in den Osten; er macht sich zu einem Boten eines Traums, schleppt sackweise Geschenke mit in den Osten, die er vertickt oder verschenkt, nicht zuletzt, um sich Bedeutung zu verschaffen, den Nimbus des Grosszügigen, Interessanten.

Bei einer der unzähligen Partys in den Jahren vor dem Mauerfall, als die ganze Stadt, sowohl im Westen wie im Osten den Aufbruch zu spüren bekam, als in besetzten Häusern im Osten eine Parallelwelt zur Gegenkultur wurde, lernt Marc Nele kennen. Obwohl Nele Marcs Masche schnell auf die Spur kommt und sich ihre beiden Welten nur marginal überschneiden, beginnt zu wachsen, was anfangs unöglich schien. Nele und Marc werden ein Paar, das über die Dächer der Stadt streift, ein verlassenes Haus zu ihrem Schloss macht und die Geheimnisse des Verborgenen erkundet, nicht nur in der Stadt.

Wenn nur Marcs Unehrlichkeit nicht wäre. Er erzählt ihr zwar immer wieder aus seiner Welt, seiner Vergangenheit, seiner Familie und seiner Kindheit. Aber weil er noch immer fürchtet, sein Leben selbst könnte zu langweilig sein, verheimlicht er, wie er sein Geld verdient und dichtet sich ein Leben als einer von der Musikbranche an. Um in seinem Traum zu bestehen! Aber wie es kommen muss; am 9. November 1989 fällt nicht nur die Mauer. Die Erschütterungen gehen nicht nur durch das bisher geteilte Land.

Da will einer vom Westen in den Osten. Nicht weil es im Osten besser wäre, aber für ihn selbst schon. Dort ist er wer. Dort lebt Nele. Dort liebt ihn Nele. Es braucht den Osten, dass der Junge aus dem Westen bestehen bleibt. Während die Mauern fallen, droht sein Konstrukt zu fallen. Während sich Ossis und Wessis in die Arme fallen, verlieren sich Marc und Nele. „Junge aus West-Berlin“ ist eine gelungene Umkehrung dessen, was der Fall der Mauer für die meisten bedeutete.

Und dann das Buch selbst – die Illustrationen von Kat Menschik. Der Illustratiorin gelingt, was keinem Foto gelingt. Sie vergegenwärtigt ein Gefühl unmittelbar. Da filtert keine Unschärfe, kein Sepia, keine Körnung. In der Verschränkung zwischen Text und Illustration ist dieses Buch ein wahres Kunstwerk!

Maxim Leo, 1970 in Ostberlin geboren, ist gelernter Chemielaborant, studierte Politikwissenschaften, wurde Journalist. Heute schreibt er gemeinsam mit Jochen Gutsch Bestseller über sprechende Männer und Alterspubertierende, außerdem Drehbücher für den »Tatort«. 2006 erhielt er den Theodor-Wolff-Preis. Für sein autobiografisches Buch »Haltet euer Herz bereit« wurde er 2011 mit dem Europäischen Buchpreis ausgezeichnet. 2014 erschien sein Krimi »Waidmannstod«, 2015 »Auentod«. 2019 erschien sein autobiografisches Buch »Wo wir zu Hause sind«, das zum Bestseller wurde. Maxim Leo lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Berlin.

Rezension zu «Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse» auf literaturblatt.ch

Rezension zu «Wir werden jung sein» von Maxim Leo auf literaturblatt.ch

Kat Menschik ist freie Illustratorin. Ihre Reihe Lieblingsbücher gilt als eine der schönsten Buchreihen der Welt. Zahlreiche von ihr ausgestattete Bücher wurden prämiert. Zuletzt erschienen: Asta Nielsen: Im Paradies, Selbstgemachte Geschenke zum Aufessen und Das Haus verlassen

«Illustrierte Lieblingsbücher» bei Galiani

Maxim Leo «Wir werden jung sein», Kiepenheuer & Witsch

Weil die Kosmetikbranche alles tut, um uns glauben zu lassen, Alterungsprozesse liessen sich aufhalten oder wenigstens verzögern und die Pharmaindustrie mit Hochdruck und gewaltigen Budgets an Anti-Aging-Mitteln arbeitet, ist der gedankliche Versuch, was passieren würde, wenn ein solches Medikament kurz vor dem Durchbruch stünde, absolut dringlich. Maxim Leo tut dies mit „Wir werden jung sein“ mit viel Spannung und grosser Leidenschaft.

Manchmal überfällt mich der Gedanke an meine eigene Endlichkeit, mein Sterben, meinen Tod wie ein Gewitter, das sich direkt über mir mit aller Wucht entlädt. Je nach Alter und gesundheitlicher Situation beschäftigen wir uns mehr oder weniger, oder auch gar nicht damit. Aber wer sich durch Krankheit oder das Schicksal mit einem Mal mit seinem baldigen Ende konfrontiert sieht, dem stellen sich existenzielle Fragen. Wie keine andere Kunstform kann es die Literatur, ein Gedankenexperiment durchzuspielen; Was wäre wenn? Was wäre, wenn man mich totkrank anfragen würde, als Proband bei einer wissenschaftlichen Erprobung eines Medikaments mitzumachen, das Heilung verspricht, mein Leben verlängern könnte, aber mit noch unbekannten Nebenwirkungen einhergehen würde? Was wäre, wenn ein solches Medikament mit genau diesen Nebenwirkungen nicht nur eine Stärkung der Abwehr bewirken würde, sondern eine eigentliche Verjüngung? Was würde mit der Industrie, der Politik, unserer Gesellschaft passieren, wenn wir die Dauer unseres Lebens fast beliebig verlängern könnten? Wenn man nur ein bisschen im Internet recherchiert, scheint man nicht weit weg von der Entwicklung eines solchen Wundermittels zu sein. Maxim Leos Roman „Wir werden jung sein“ ist ein genau solches Gedankenexperiment, fein durchdacht, mit einem erstaunlich milden Ausgang.

Professor Doktor Martin Mosländer arbeitet seit Jahren in seinem Labor im Institut für Biowissenschaften an der Berliner Charité an einem Medikament, das kranke Herzmuskelzellen regenerieren und sogar in der Lage sein soll, das Wachstum neuer Zellen anzuregen. Sein Ziel; chronische Herzmuskelschwächen, die bisher als nicht behandelbar galten, zu kurieren. Für einen ersten „Feldversuch“ im kleinen verabreicht Mosländer sein vielversprechendes Medikament fünf Proband*innen: dem Teenager Jakob, der eben zum ersten Mal sein Herz verlor, Jenny, die seit vielen Jahren alles daran setzt, schwanger zu werden, Verena, einer ehemaligen Schwimm-Olympiasiegerin, Wenger, einem schwerreichen Immobilienmogul, der es gewohnt ist, sein Tun zum Gesetz zu erklären und sich selbst, weil er fand, ein echter Forscher dürfe nicht anderen unerprobte Mittel verabreichen, ohne sie selbst einzunehmen. Selbst seinen in die Jahre gekommenen Collie Charles hat er von dem Medikament unter das Futter gemischt.

Das mit der Jugend (…) funktioniert leider nicht. (…) Weil Jugend vor allem im Kopf stattfindet. Man bekommt die Begeisterung nicht zurück, die Naivität, die Neugier. Und diese ständigen ersten Male.

Maxim Leo «Wir werden jung sein», Kiepenheuer & Witsch, 2024, 304, CHF ca. 35.90, ISBN: 978-3-462-00375-8

Was auf den ersten Blick wie ein Wunder wirkt und nicht nur bei Mosländer und seinen Proband*innen Euphorie und Hoffnung weckt, wächst sich schnell durch seine unvorhersehbaren Konsequenzen ins Unberechenbare aus. Was für den herzkranken Wenger, der bereits sein Ableben akribisch vorbereitete, wie ein Geschenk erscheint, dem jungen Jakob mit einem Mal seine erst erwachende Manneskraft raubt, der Schwimmerin ganz unerwartet zu sportlichen Höhenflügen verhilft, stürzt die noch junge Jenny in ihrem Wunsch nach Familienglück in eine existentielle Zwickmühle und Mosländer vor fast unlösbare Probleme, nicht nur medizinischer Art. Der vermeindliche Erfolg des Medikaments lässt sich nicht geheim halten und löst eine unkontrollierbare Kettenreaktion aus. Nicht nur, dass sich die Pharmaindustrie, die Wissenschaft global dafür zu interessieren beginnt. Auch zwielichtige Organisationen wittern das grosse Geschäft. Aus den Proband*innen voller Hoffnungen werden Gejagte. Die Situation kollabiert.

„Es war so, als hätte man einen Motor in ein Auto eingebaut, ohne zu wissen, wo sich das Gaspedal und die Bremse befanden.“

Was geschieht, wenn Menschen ihre Lebensdauer aktiv in die Länge ziehen können? Wenn ein Medikament berechenbaren Aufschub verspricht? Wenn Zeit mit einem Mal nur noch eine untergeordnet Rolle spielt? Wenn die Menschheit sich nicht mehr durch Geburten erneuern muss? Immer wieder kam es in der Wissenschaft zu Entdeckungen, die Kolossales versprachen, in ihren „Nebenwirkungen“ aber katastrophale Wirkungen erzielten. Warum tickt der Mensch aus, wenn er Licht am Ende eines Tunnels sieht? Maxim Leo stellt sich diesen Fragen, hängt sie ganz unmittelbar an das Leben seiner Proband*innen. Auch wenn ich dem Buch einen etwas weniger schlacksigen Ton gewünscht hätte und ich dem Ende etwas mehr Pepp, ist „Wir werden jung sein“ eine Fragestellung, die sich aufdrängt!

Maxim Leo, 1970 in Ostberlin geboren, ist gelernter Chemielaborant, studierte Politikwissenschaften, wurde Journalist. Heute schreibt er gemeinsam mit Jochen Gutsch Bestseller über sprechende Männer und Alterspubertierende, ausserdem Drehbücher für den »Tatort«. 2006 erhielt er den Theodor-Wolff-Preis. Für sein autobiografisches Buch »Haltet euer Herz bereit« wurde er 2011 mit dem Europäischen Buchpreis ausgezeichnet. 2014 erschien sein Krimi »Waidmannstod«, 2015 »Auentod«. 2019 erschien sein autobiografisches Buch »Wo wir zu Hause sind«, das zum Bestseller wurde. Maxim Leo lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Berlin.

Maxim Leo «Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse», Rezension auf literaturblatt.ch

Beitragsbild © Sven Görlich

Maxim Leo «Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse», Kiwi

Eigentlich will Michael Hartung nur seine Ruhe. Und in seiner Videothek „Moviestar“ ist Ruhe eingekehrt. Zuviel Ruhe, denn die Miete ist im Rückstand, so wie alles im Leben von Michael. Bis ein Reporter auftaucht und die Tür zu einer glorreichen Zukunft in der Sonne des Glück aufreisst. Mit einem Mal ist Michael Hartung etwas ganz besonderes!

Seit mehr als 30 Jahren ist Deutschland „wiedervereint“. Ein Ereignis, an das jedes Jahr feierlich erinnert wird, ein Ereignis, das im Laufe der Geschichte immer mehr zu Geschichte wird, einer Geschichte, die sich durch Geschichtsschreibung, Dokumentationen, Institutionen immer weiter von dem entfernt, was der Moment damals war. Die Bilder vom Mauerfall, dem Feuerwerk, den Trabis an den Grenzübergängen haben sich ins kollektive Bewusstsein gegraben, obwohl sie bei weitem nicht das repräsentieren, was in jenen Momenten davor und danach wirklich geschah. Aber der Mensch hängt sich ans Spektakel, an einprägsame Bilder, Stellvertreter. Dabei war die „friedliche Revolution“ für viele in der damalige DDR erst einmal ein Verlust aller Sicherheit. Plötzlich war alles schlecht, rückständig und unbrauchbar, was Jahrzehnte lang Fundament war. Plötzlich war der Klassenfeind das Mass aller Dinge. Erstaunlich genug, dass eine aus dem Osten 16 Jahre lang die Geschicke dieses Landes repräsentierte und mitgestaltete.

Michael Hartung arbeitete in den Tagen des Mauerfalls in einem Kohlebergwerk irgendwo in der DDR-Provinz. Seine Aufmerksamkeit galt nicht den Geschehnissen in der Hauptstadt, sondern seiner Familie, die in diesem kalten November in einer Wohnung mit defekter Heizung ausharren musste, was dazu führte, dass die kleine Tochter mit einer Lungenentzündung im Krankenhaus lag. Dass seine Familie in Schieflache geraten war, lag aber nicht nur an der Heizung. Irgendwann war das Feuer auch in der Ehe aus. Er verlor den Kontakt, Stelle um Stelle und irgendwann auch den Glauben, dass es ein Stück Wende auch für ihn geben sollte. Von einem Freund überredet, landet er im „Moviestar“, einem Filmverleih, der am Anfang noch ganz gut lief, aber mit dem Aufkommen all der Streamingangebote mehr und mehr die Laufkundschaft verlor. Längst hat sich Michael im hinteren Teil, dort wo einst die Pornos aufgereiht standen, Bett und Kabinendusche eingerichtet. Sein Leben schien endgültig zu stranden. Bis Alexander Landmann auftaucht.

Maxim Leo «Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse», Kiepenheuer & Witsch, 2022, 302 Seiten, CHF 32.90, ISBN 978-3-462-00084-9

Alexander Landmann ist Journalist. Und weil er ahnte, einer guten Geschichte auf der Spur zu sein, gefunden durch seine hartnäckige Suche in Stasiakten, denen man bisher nie Aufmerksamkeit schenkte, stand Landmann an der Theke des Moviestars und gab Hartung zu verstehen, er wäre Dreh- und Angelpunkt einer Heldengeschichte, die genau das richtige wäre im Nachrichtenmagazin, das sich auf die Feierlichkeiten zur Wiedervereinigung formiert. In der Nacht zum 12. Juli 1983 passierte ein S-Bahnzug über eine Weiche die Grenze am Bahnhof Friedrichstrasse. 127 DDR-Bürger rumpelten völlig unverhofft in den Westen. In jener Nacht hatte Alexander Landmann Dienst, nach Stasiakten damals Stellvertretender Stellwerkmeister, nach Stasiakten Manipulator jener Weiche, nach Stasiakten danach verhört, eingesperrt und aller Wahrscheinlichkeit nach gefoltert. Klar, Michael war damals im Eisenbahndienst. Aber der besagte Weichenbolzen, der die 127 in die Freiheit führte, war mehr Missgeschick und in Michaels Vergangenheit eines von vielen Missgeschicken, für die er zu büssen hatte.

Mit einem Mal soll Michael Hartung ein Held sein. Landmann verspricht ihm alles Mögliche, nicht zuletzt das Ende aller Geldsorgen. Und tatsächlich. Angereichert durch Landmanns Schreibkunst, aufgeblasen mit der notwendigen Dramatik und einer ordentlichen Portion Pathos wird aus dem Loser ein Held der Nation, denn an Helden fehlt es im Land. Kaum abgedruckt bilden sich Trauben von Reportern, Journalisten und Neugieriger vor dem Moviestar. Selbst die Nachbarn werden plötzlich zu Freunden und die Tochter, zu der er den Kontakt abbrechen liess, meldet sich und ist gleichermassen stolz und verwundert, einen Papa zu haben, den sie bisher so ganz anders einschätzte. Michael Hartung steigt auf wie ein Phönix aus der Asche, obwohl er ahnt, dass auch diese Glückssträhne nicht von Dauer sein kann, denn der Bolzen damals war nur ein Missgeschick mehr, dass durch das Schönschreiben zu einer Heldentat wurde. Als Hartung an den Feierlichkeiten zur Wiedervereinigung im Bundestag eine Rede halten soll, als er genau spürt, dass er seiner neuen Liebe Paula und seiner Tochter Natalie reinen Wein einschenken muss, um beginnendes Glück nicht auf einem Lügenkonstrukt aufzubauen, fasst sich Hartung ein Herz.

„Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“ beschreibt, was mit Geschichtsschreibung passiert. Was mit uns geschieht, wenn sich durch ein bisschen Verschiebung der Tatsachen das Blatt wenden lässt, wenn eine Bildkorrektur ein Leben vom Schatten ins Licht stellt. Der Roman offenbart, wie sehr wir Menschen nach Geschichten lechzen, die uns die Welt ganz einfach erklären. Und Heldinnen und Helden, am liebsten jene, die in aller Bescheidenheit im Stille wirken, bestätigen uns, dass das Gute siegt und das Gute immer dort zu finden ist, wo die Sieger stehen. Vielleicht überstürzen sich die Geschehnisse am Schluss des Buches allzu sehr. Als ob man ein Leben in einem einzigen Moment umkrempeln könnte. Aber Michael Hartung ist eben doch ein Held – zumindest im Buch.

Maxim Leo, 1970 in Ostberlin geboren, ist gelernter Chemielaborant, studierte Politikwissenschaften, wurde Journalist. Heute schreibt er gemeinsam mit Jochen Gutsch Bestseller über sprechende Männer und Alterspubertierende, ausserdem Drehbücher für den «Tatort». 2006 erhielt er den Theodor-Wolff-Preis. Für sein autobiografisches Buch «Haltet euer Herz bereit» wurde er 2011 mit dem Europäischen Buchpreis ausgezeichnet. 2014 erschien sein Krimi «Waidmannstod», 2015 «Auentod». 2019 erschien sein autobiografisches Buch «Wo wir zu Hause sind», das zum Bestseller wurde. Maxim Leo lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Berlin.

Beitragsbild © Sven Görlich