Peter Höner „Kenia Leak“, Limmat

Ein kenianischer Clan, der bis nach Europa operiert, ein blinder, kenianischer Ermittler im Ruhestand mit einer brisanten CD, eine afrikanische Liebesgeschichte in der Schweiz, eine Freundschaft alter Männer, die an den Grenzen der Legalität zu zerschellen droht, ein Flüchtlingsheim, in dem die Hoffnung strandet und veritabler Fremdenhass.

Peter Höner ist Wiederholungstäter. „Kenia Leak“ ist der fünfte Teil einer Krimireihe um Jürg Mettler, ehemaliger Hotelier in Afrika, heute Dolmetscher im nahen Flüchtlingszentrum und Robinson Njoroge Tetu, einen kenianischen Ermittler im Ruhestand. Die beiden hatten sich nach ihrem letzten ermittlerischen Debakel aus den Augen verloren. Und nun, nach 20 Jahren, taucht Tetu zusammen mit seiner Enkelin auf, um sich mit Mettlers Hilfe von seinem Augenleiden zu befreien. So plötzlich, aus dem Nichts, obwohl Tetu genau dieses Angebot Jahrzehnte ablehnte. Die Ahnung Mettlers bestätigt sich bald. In Tetus Gepäck sind 4 CDs, die die schmutzigen Geschäfte eines der wichtigsten Clans in Kenia dokumentieren sollen. Daten, die in die Hände,der Richtigen kommen sollen, Daten, die den Clan des kenianischen Finanzministers Kimele endlich in die Knie zwingen sollen. Aber die Ungeduld der beiden alten Männer und die Tatsache, dass auf den Namenslisten in den Dateien auch Mettlers Name auftaucht, sähen Gift in die so schon fragile Altmännerfreundschaft – und rufen die langen Arme des Clans auf den Plan. Und als Naomi, Tetus Enkelin, mehr als nur ins Visier der Schergen des Clans gerät und Moody, Mettlers Enkel in Liebe entbrannt, die Fassung verliert, droht die Situation zur ausgewachsenen Katastrophe zu werden.

Endlich hob Mettler den Kopf und sagte: „Ich habe nichts damit zu tun.“ „Das ist immer die erste Antwort“, stöhnte Tetu. „‚Ich habe damit nichts zu tun‘ war schon immer der erste Schritt zum Geständnis.“

Bei der Buchpremière gefragt, warum es denn ein Krimi sein müsse, erzählte Peter Höner, er habe mit dem ersten seiner Krimis ein interkulturelles Ermittlerpaar erfinden wollen. Damals habe er als Begleitung seiner Frau, die Korrespondentin in Kenia war, in diesem Land gelebt und sah am Strand all die Touristen, die Krimis lasen, die mit dem Land und dem Sand, auf dem sie lagen, so gar nichts zu tun hatten. Genau das macht den Reiz dieses gut inszenierten Krimis aus. Peter Höner spielt mit den kulturellen Gegensätzen, mit zwei komplet verschiedenen Wahrnehmungen und Perspektiven. Tetu ist konservativ, straforientiert, Mettler viel eher der Psychologe. Tetu versteht die Welt in der Schweiz nicht, weder die Kamele, die durch die Weinberge schreiten noch das satte Grün links und rechts der Autobahnen und all das Brennholz für das sich niemand zu interessieren scheint. Aber er versteht auch seine Enkelin nicht, die in diesem Land innert Tagen zu vergessen scheint, woher sie kommt. Und er versteht die Menschen im Asylzentrum nicht, die den ganzen Tag warten und nicht sind, wo man sie brauchen könnte. Und Mettler versteht die Welt nicht mehr, die plötzlich Kopf steht und die Idylle im Haus über der Thur, zwischen Rebbergen und sanften Hügelzügen durcheinander bringt.

Peter Höners Krimi ist kein Buch, das Missstände aufdeckt oder Blut in Strömen fliessen lässt. Peter Höners Krimi lebt von der Psychologie, der Dramaturgie und den Dialogen, denen man sehr wohl anmerkt, dass der Autor über Jahrzehnte auf der Bühne agierte. Sympathisch werden die beiden alten Ermittler darum, weil ihnen der Fall schnell über den Kopf wächst, weil sämtliche Fälle in den fünf Krimis stets eine Nummer zu gross waren. Zu gross, um wirklich als Sieger aus einer Ermittlung aufzutauchen.

In Zeiten von Panama-Leak und den Paradise Papers aktueller denn je!

Peter Höner, geboren 1947 in Eupen, ­aufgewachsen in Belgien und der Schweiz, Schauspielstudium in Hamburg und Schauspieler u. a. in Basel, Bremen und ­Berlin. Seit 1981 freischaffender Schriftsteller, Schauspieler und Regisseur, 1986 – 1990 Afrikaaufenthalt. Autor von Theaterstücken, Hörspielen und Büchern. Lebt und schreibt zusammen mit seiner Frau Michèle Minelli.

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Titelbild: Aus dem Manuskript des Autors