.
die Monduhr zählt
die verreckte Zeit die verzehrte
Zeit die vergangene
Zeit auf nicht mal einem
halben Kreis
.
wie verdrehtes Reh liege ich
Vorderläufe und Hinterläufe
von mir gestreckt
den Kopf im Himmel
und erwarte Morgen
.
meine Mulde dreht
die Matte dreht
die Ebene kippt
die Südkette dreht
die Glocke dreht
das Silber dreht
es zieht das Segel
das Zelt
flattert
ich ziehe hinaus
ich drehe
Punkt
.
schön
wenn der Schlaf mich entlässt wie das Meer
wenn eine Welle ein Stück
Holz auf den Strand schiebt
aber
legt der Schlaf mich bloss auf die Schwelle
wie die Katze eine Maus –
.
Blaulicht
schreit durch deinen Schlaf
deine Wände zucken
dreh dich um
verschliess dein Ohr
lass uns
das Unerhörte suchen
Eva Roth, 1974 im Appenzellerland geboren, lebt und arbeitet mit ihrer Familie in Zürich. 2015 erschienen zusammen mit dem Illustrator Artem Kostyukewitsch das Bilderbuch «Unter Bodos Bett» und im gleichen Jahr ihr erster Roman «Blanko» bei der edition 8:
Ayleen ist an einem Wendepunkt in ihrem jungen Leben; der Kindheit entwachsen, auf dem Weg, sich abzunabeln. Aber wovon? Ihre Mutter Silvia gab die Vergangenheit nie preis, obwohl sie sich in keinem Augenblick leugnen liess, denn Ayleen hat dunkle Haut und schwarzes, krauses Haar. Ayleen macht sich auf gegen das Schweigen, auf die Suche nach ihren Wurzeln, nach Familie und Herkunft. Es werden Schichten abgetragen, Proben aus der Vergangenheit analysiert, genau wie bei der Tiefenbohrung, einer Arbeit, bei der Ayleen während der Ferien ihr Taschengeld aufbessert. Und weil das Erkunden der eigenen Herkunft kein lineares Entdecken ist, sich auch im Erdinnern Schichten überlagern, ist Eva Roths Roman kein lineares Erzählen. «Blanko» ist ein Roman mit Tiefenwirkung, erstaunlich reif und kunstvoll konstruiert.