Die AutorInnen der 17. Auflage der Internationalen Literaturtage Sprachsalz (6. – 8. September 2019) erzählen von monströsen Realitäten, über das leise Unglück, aussergewöhnliche Freundschaften und zeigen ein berauschendes Panoptikum unserer Wirklichkeit: Neben Vladimir Sorokin, Elke Heidenreich, Zoltán Danyi, Philipp Weiss, Durian Sukegawa, Lorenz Langenegger und Marie Modiano kann man sich auf viele weitere internationale literarische Stimmen freuen.
Zu Gast ist in diesem Jahr Vladimir Sorokin, der seine Kritik am politischen System Russlands mit den Mitteln der Satire in Erzählungen über irrwitzige und oft dystopische Welten übersetzt. Sein aktueller Roman „Manaraga. Tagebuch eines Meisterkochs» (Kiepenheuer & Witsch) ist eine bitterböse Abrechnung mit dem Literaturbetrieb, dessen Angriffen der russische Schriftsteller und Dramatiker selbst bereits ausgesetzt war. (Eine Rezension auf literaturblatt.ch folgt.)
Dass Krieg für die Betroffenen nie enden kann, stellt der Autor Zoltán Danyi, Angehöriger der ungarischen Minderheit in Serbien, in seinem zorniger Romanerstling „Der Kadaverräumer“ (Suhrkamp) eindrucksvoll unter Beweis.
Wer ist dieser Erzähler, der in einem reißenden Redestrom zwischen den traumatischen Schauplätzen seines Lebens hin und her taumelt? Ist er Opfer, Täter? Oder einfach Überlebender des Jugoslawienkrieges?
Philipp Weiss – Rauriser Literaturpreisträger 2019 – macht in seinem umjubelten fünfbändigen Romandebüt über Fortschritt und die drohende Selbstzerstörung der Menschheit die Komplexität der Welt, in der wir leben, erzählbar. Fünf Bücher, eine Enzyklopädie, eine Erzählung, ein Notizheft, eine Audiotranskription und ein Comic (jener gezeichnet von Raffaela Schöbitz). „Am Weltenrand sitzen die Menschen und lachen“ (Suhrkamp) heisst das Panoptikum, das Konvolut an Texten, Illustrationen, Berichten, Zeichnungen. 1000 Seiten, von denen der Autor Philipp Weiss meint, es gäbe keinen Anfang, an dem man mit der Lektüre beginnen müsse, weder eine chronologische, oder sonst logische Linie, der man folgen müsse. „Am Weltenrand sitzen die Menschen und lachen“ ist eine literarische Welt, in die man abtauchen kann, die übersprudelt von Ideen, Querverweisen, sprachlicher Vielfalt, Überraschungen und optischem Genuss.
Die literarischen Miniaturen „Alles kein Zufall“ (Hanser) der Schriftstellerin, Literaturkritikerin, Kabarettistin und Journalistin Elke Heidenreich sind eine Liebeserklärung an das Leben mit all seiner Tragik und Schönheit und amüsante und kluge, traurige und komische Geschichten, in denen man sich wiedererkennen kann – und die dann zusammenwachsen zu einem einzigen Roman jedes unwiederholbaren Lebens
In seinem küchenphilosophischen Roman „Kirschblüten und rote Bohnen“ (Dumont) erzählt der japanische Schriftsteller, Schauspieler, Punkmusiker und Moderator Durian Sukegawa die Geschichte einer besonderen Freundschaft und über den Glauben an die kleinen Dinge des Lebens – melancholisch, ohne sentimental zu werden, berührend, ohne kitschig zu sein. In Kooperation mit dem Leokino Innsbruck ist die gleichnamige preisgekrönte Verfilmung von Naomi Kawase im Rahmen des Festivals zu sehen.
In seinem im August erscheinenden „Jahr ohne Winter“ (Jung und Jung) begleitet der in Wien lebende Schweizer Autor Lorenz Langenegger seinen liebenswerten Alltagshelden Jakob Walter erneut bei einem Abenteuer wider Willen, das ihn diesmal nach Australien führt: Einmal mehr ein feinsinniger Roman mit präzisem Blick für kleine Risse im zwischenmenschlichen Glück.
Die französische Singer-Songwriterin und Autorin Marie Modiano liest aus ihrem bildgewaltigen Reisebuch „Ende der Spielzeit“ (Edition Blau, Rotpunkt) über ein Leben, das aus den Fugen geriet: Sie verwebt in ihrem autofiktionalen Roman das unbehauste Dasein einer jungen Künstlerin, die erstmals die Härten des Theaterbetriebs zu spüren bekommt, mit dem Widerhall einer frühen, tiefen Liebe. (Rezension auf literaturblatt.ch)