«Was ist Gerechtigkeit?», Sommer-ERNST #10

Weil es der zehnte ERNST-Magazin ist. Und weil es eben manchmal auch gross sein soll, stellen wir sie endlich, die monumentale Frage, die Frage nach der Gerechtigkeit.

Aus der Ferne lassen sich ihre scharfen Kanten noch klar erkennen, steh‘ ich aber vor ihr, ist die Frage überwältigend.
Trennscharfe Begriffe wie «Schuld“ und „Täter“ verlieren aus der Nähe betrachtet an Konturen. Wie Frank Keil zeigt, der sich knapp neun Jahre nach der Loveparade-Katastrophe in Duisburg umgeschaut hat. Noch immer ist niemand für dieses voraussehbare Unglück zur Verantwortung gezogen worden. Ist das gerecht?

Soziologe Martin Schoch ist für ERNST durch Kambodscha, aber auch durch seine Kindheit gereist und fragt: „Ist Ungerechtigkeit ein Gefühl, Gerechtigkeit eine Idee?“
Und Philosophin Svenja Flaßpöhler findet im Interview mit Anna Pieger, dass wir Ungerechtigkeiten zwar anprangern, aber dabei eben auch unsere eigene Position nicht unbetrachtet lassen sollten. Für sie sind Selbsterkenntnis und Verzeihen wesentliche Schlüssel im Umgang mit der grossen Frage.
Bei Jens Eber setzen sich eine junge, ungeduldige Klimaaktivistin und ein älterer, abgeklärter Berufspolitiker an den Tisch und ringen um das richtige Mass an Gerechtigkeit. In unserer Sparte „Politik und Bewegung“ beschäftigen sich zwei grosse Strecken mit Geschlechtergerechtigkeit. Sie zeigen, dass der Graben nicht entlang des Geschlechts verläuft, eher zwischen denjenigen, die Emanzipation als Recht – und denjenigen, die Emanzipation als Pflicht verstehen. Und auch wohltuend zu lesen ist das Plädoyer für einen gelasseneren Umgang mit Trennung.

„Sinn und Sinne“ bietet die gewohnt gute Mischung aus Musik- und Literatur, ERNST kocht ein Kichererbsen-Gericht und wir lernen „Kamerun-Ernst“ kennen. Und es fehlt nicht der Slam von Fabienne Krähenbühl, es fehlt nicht „Das Innerste“ von Ivo Knill, flankiert von einem tollen Foto, es fehlt nicht das Dreamscape-Abschlussbild von Luca Bricciotti und eine eindringliche Buchempfehlung von Gallus Frei-Tomic!

Also: Ein prall gefülltes Heft, nicht nur weil es die Nummer #10 ist.
Zehn schon, wir sind ein wenig – stolz!

ERNST ist ein unabhängiges Kultur- und Gesellschaftsmagazin. In seinen Reportagen, Portraits und Analysen geht die monothematische Publikation nahe ran und stellt politische und gesellschaftliche Fragen zur Diskussion. Mit einem Abonnement dieses Printmagazins unterstützen Sie freien, ernst-haften Journalismus, ein Magazin mit Tiefgang. (Hier können Sie ERNST abonnieren!)