Radek Knapp «Der Mann, der Luft zum Frühstück ass», Deuticke

Kennen Sie Radek Knapp? Wenn nicht, ist die Erzählung «Der Mann, der Luft zum Frühstück ass» der ideale Einstieg in den Kosmos Radek Knapp. Der Mann ist ein Ereignis. Nicht nur als Schriftsteller. Wer einmal die Gelegenheit hatte, dem Schriftsteller zu lauschen, wird es als Wiederholungstäter immer wieder tun. Es erstaunt wenig, dass es einen «Fanclub Radek Knapp» gibt. Zu den erklärten Sympathisanten zähle ich mich mit Sicherheit.

Radek Knapps Welt ist seine Geschichte. Seine Geschichten entspringen seiner Welt, einer Welt, die ein nie versiegendes Reservoir an Anektoten, Zoten und Geschichten scheint. Der zwölfjährige Walerian wird von seiner Mutter von Polen über die Grenze nach Österreich, nach Wien buxiert. Walerians Mutter, «so unberechenbar wie eine nordkoreanische Atombombe», die ihren Sohn nach dem Beruhigungsmittel Walerian tauft und ihn lebenslang zur Verkürzung Jan nötigt, um nicht zur permanenten Lachnummer zu werden. Der Junge lernt schnell, sich auf eigenen Beinen durchs Leben in der fremden Sprache zu schlagen. Sei es in der Schule, wo er auf dem Weg dorthin mehr lernt als im Klassenzimmer selbst, da die wirklich wichtigen Dinge nicht in Schulhäusern geschehen. Auch auf seinem steinigen Weg ins Erwachsensein, immer näher seinem Traumberuf des Archäologen, nimmt er Hürden und Prüfungen mit Witz und schwejkschem Schalk. Alle Bücher, Romane Radek Knapps sind flirrende Geständnisse eines Unbesiegbaren, eines ewig Optimistischen, der seine Schmankerl- und Geschichtensammlung immer und immer wieder in neuen

Variationen zu erzählen versteht. Ein Fabulierer und begnadeter Geschichtenerzähler. Ein Mann, der nicht nur äusserlich Sein Lausbubengesicht nie ganz verloren hat. Einer, der sich weigert, den dicken Mantel des Erwachsenseins bis unters Kinn zuzuknöpfen. Radek Knapp liebt die Schrullen und Schrulligen, die Abseitigen und Vielseitigen, die Bunten und Knalligen. «Der Mann, der Luft zum Frühstück ass» ist eine Erzählung wider den tierischen Ernst, in einer Sprache geschrieben, die sich locker, süffisant und prall zeigt, gepaart mit Weisheit und Klugheit.

Radek Knapp, 1964 in Warschau geboren, lebt als freier Schriftsteller in Wien und in der Nähe von Warschau. Sein Roman «Herrn Kukas Empfehlungen» ist ein Longseller. Außerdem erschienen von ihm u.a. die Erzählungssammlung «Papiertiger», eine «Gebrauchsanweisung für Polen», der mit dem aspekte-Preis ausgezeichnete Band «Franio» (Deuticke) und 2015 der Roman «Der Gipfeldieb».

Radek Knapp «Der Gipfeldieb», Piper Verlag

Jedes Mal, wenn Ludwik seine polnische Mutter besucht, tischt sie ihm eine ganze Palatschinken-Pyramide auf. Sie wissen nicht, was Palatschinken sind? Etwas von dem, was Ludwiks Mutter von Polen mit nach Wien genommen hat, was ihr selbst nicht schmeckt, ihrem Sohn aber ungefragt zu schmecken hat, erst recht bei schwierigen Entscheidungen. Und weil Ludwik Junggeselle ist und sich seine Mutter immer wieder höchst engagiert in das Leben ihres einzigen Sohnes einmischt, ist Palatschinken-Essen eine Art sich nahezukommen, manchmal auch auszusöhnen. Vor allem, wenn Ludwik nach 15 Jahren «Warten» Oesterreicher werden soll und man ihm die Staatsbürgerschaft wie einen Orden für ein «Leben im Griff» verleihen will. Leider meldet der Staat aber unvermittelt eine Gegenleistung und der Vierunddreissigjährige soll zur Armee.

Radek Knapp ist eine Fabulierer, ein begnadeter Geschichtenerzähler, bei dem man nie ganz sicher ist, wie ernst er den Ernst des Lebens nimmt. Sein Roman ist aber nicht bloss ein Schwank, sondern von bissigen Kommentaren durchsetzt, bei denen nicht nur die Wiener einige Hiebe abbekommen: «Das Gesindel ist arm. Und wenn der Westen nicht hinüberfährt und der Armut vor Ort unter die Arme greift, kommt die Armut hierher und hilft  sich selbst. Wenn sich also jemand schämen sollte, dann der Westen.»

«…immer mit einem Lächeln, mit einer grundsätzlichen Menschenliebe, mit Neugier und Respekt… Was für ein seltenes Juwel.» Elke Heidenreich

Lesung von Radek Knapp aus „Der Gipfeldieb“, am Sammstg, den 2. April, an den St. Galler Literaturtagen, Samstag, 16:00 – 16:45 Uhr, Festsaal im Stadthaus, Gallusstrasse 14, 3. Stock