Konrad Pauli «Ein Romantiker in nüchterner Zeit», Collection Montagnola, ediert von Klaus Isele

10 Erzählungen.
Von einem Maler, einsam mit seiner Staffelei, seinen Leinwänden wie starrenden Vorwürfen. Er ins Alter gekommen, wissend, dass nicht Genie den Pinsel führte, mit der Angst, im Alter gar das Talent von einst zu verlieren. Vom Schmerz darüber, feststellen zu müssen, dass nichts bleibt, am wenigsten der Erfolg und das Zuhause in erfüllter Zufriedenheit.
Vom Siebenundsiebzigjährigen im falschen Tram, der lieber hätte, alles um ihn herum hätte sich geirrt und würde ihm in seinem Durcheinander recht geben.
Vom jungen Geologen, der, angestachelt von seinem unbändigen Tatendrang und der Lust sich seine momentane Freiheit vor Beginn einer Festanstellung nicht nehmen zu lassen, den beschilderten Pfad im Wald über dem Hölloch verlässt und ob seiner Gedankenlosigkeit und Naivität in Panik gerät.
Vom alten, schon lange verheirateten Paar, das völlig in ihrer wattierten Zweisamkeit eingerichtet, Winterwochen in Seefeld verbringt. Mit einem Mal dämmert ihm, dass es das gewesen sein könnte, nichts mehr ist, wie es einmal war, alles Knistern, jedes Abenteuer vergessen, der Ofen aus.
Von der Frau, die alles hat, von scheinbarer Sicherheit am meisten, der mit einem Mal alles fehlt, selbst die Möglichkeit an einer Aufgabe zu scheitern, etwas zu lernen. Aber nur einen kurzen Moment, ein paar Tage  Unsicherheit, denn sie kehrt zurück in den Schoss des trägen Sattseins.
Von Menschen, die an Ränder oder darüber hinaus geraten.

Konrad Pauli erzählt aus der Nähe. Ich spüre den Schmerz über eine Welt, die für vieles keinen Platz, keinen Raum mehr zu haben scheint. Konrad Paulis Blick ist zurückgewandt, genauso seine Sprache; melodiös, aber irgendwie nicht mehr von dieser Welt, vielleicht sogar antiquiert. Aber der Ton passt zu seinen Erzählungen, denen alles Reisserische fehlt. Kontad Pauli schildert Porträts in Sepia, ausgeschnitten in die Gegenwart, irgendwie abgehoben vom fremd gewordenen Hintergrund. Kondrad Pauli sammelt und schildert Menschen und ihr aus den Fugen geratenes Dasein, fein beobachtet, mit viel Empathie. Erzählungen, die sich deutlichvon dem unterscheiden, was sonst in grossen Verlagsprogrammen Platz findet, wo Experimentelles, Schräges, Wildes, manchmal kaum Fassbares einen Verlag findet.

Konrad Pauli, 1944 in Aarberg in der Schweiz geboren, arbeitete nach der Ausbildung zum Lehrer wiederholt in Zeitungsredaktionen. Der Autor lebt in Bern und veröffentlichte bislang neun Bücher. Zuletzt erschienen «Ein Heldenleben», «Seit jeher unterwegs», «Marcos Blicke in Seeland» und «Weitergehen».