Buchgeflüster #SchweizerBuchpreis 22/5

Hier flüstern Manuela Hofstätter von lesefieber.ch und ich über Bücher, die Nominierten, den Schweizer Buchpreis 2022 und überhaupt … 

Liebe Manu

Wir, die wir uns ein Leben ohne Bücher, ohne Literatur gar nicht vorstellen können, unterhalten uns mit aller Selbstverständlichkeit über ein Medium, das nicht aus unserem Leben wegzudenken ist. Dass Bücher und Literatur aber nur für einen kleinen Anteil der Gesellschaft von so unabdingbarer Notwendigkeit sind, lässt sich nicht abstreiten. Ganz offenbar können Menschen ganz gut ohne ein Buch. Aber nicht ohne Geschichten. Geschichten brauchen wir. Unsere eigene kann niemals genügen. Wir erzählen einander, die einen telefonieren oder bangen auf die nächste Montagsausgabe ihrer Lieblingsserie. Wir lassen uns im Theater oder Kino wegtragen. Selbst Musik macht Geschichten im Kopf. Dass wir jenen Erwachsenen, die den Zugang zum Buch nie fanden oder ihn irgendwann unwiederbringlich verloren, mit einem Schweizer Buchpreis das Lesen neu eröffnen, glaube ich nicht. Was da in den Medien um Bücher raschelt, rauscht und rumort, vernehmen bloss jene, die die Ohren in jene Richtung öffnen. Heisse Tropfen auf kalte Steine?

Liebe Grüsse
Gallus

 

Lieber Gallus,

wahre Zeilen, welche ich da von dir lese, ich stimme dir fast zu. Warum nur fast? Ich bin mir absolut sicher, die Leserschaft ist sich beständig am vergrössern, ich betreibe diesbezüglich ja Aufwand und halte die eben gar nicht so rare Spezies der Bibliophilen in Fotografien fest. Wenn ich am Reisen bin mit dem ÖV gerate ich eigentlich immer an Lesende jeglichen Alters und Geschlechts heran und wie da so viele Hände auf so unterschiedlichste Art Buchseiten behandeln, das bringt mich zuweilen in Ekstase. Aber gewiss, wir möchten uns hier ja austauschen mit Blick auf den Schweizer Buchpreis, ich weiss, unser unermüdliches Treiben auch hier, Bücher zu neuen Lesern zu bringen ist und bleibt meist doch nur ein sich selber Feiern, wir erreichen unseresgleichen und damit Punkt. Doch ich will nun Ausschau halten, wer liest ein nominiertes Buch unterwegs? Von wegen nominierte Bücher lesen, lieber Gallus, nach welchem hast du zuerst gegriffen? Ich nach dem «Pommfritz», wobei ich das Werk weglegen musste, Ekel hat mich ergriffen, gepaart mit einer Neugierde zugleich, bald lese ich weiter … Literatur ist Kunst und Kunst soll alles dürfen, ich kann ja entscheiden, was ich lesen will, also wer will den «Pommfritz» lesen? Würdest du, geschätzter Gallus, dieses Werk jemandem verschenken? Ich sende dir herzlichste Grüsse, auch ungeduldige das geb ich zu, denn der Austausch mit dir ist für mich das Kostbarste rund um den Schweizer Buchpreis herum.

Manu