Auch wenn es fast 200 Jahre her ist, dass der Romantiker Wilhelm Hauff das Märchen „Das kalte Herz“ schrieb, hat die Geschichte nichts von ihrer Gültigkeit verloren. Dass der kleine Verlag „8 Grad“ daraus ein derart wunderschönes Lesegeschenk macht, erfreut und fasziniert den Haptiker so sehr, dass man das Buch gar nicht ins Regal zwischen all die andern schieben möchte.
Das schöne Buch!
Peter Munk soll nach dem Tod seines Vaters die Köhlerei weiterführen. Eine Arbeit, die er eigentlich gerne macht. Aber weil er sehen muss, wie andere durch viel weniger schmutzige Arbeit einen viel pralleren Geldbeutel mit sich herumtragen und in der Wirtsstube damit Staat machen, juckt ihn die Gier und die Frage, wie er zum schnellen Geld kommen könnte. Er erfährt, dass im Schwarzwald ein Waldgeist, das Glasmännlein haust, der jedem Sonntagskind drei Wünsche erfüllt, wenn dieser ihn mit einem besimmten Vers beschwört. Drei Wünsche, die dem Jungspund alles andere als langfristiges Glück bringen, so wie in Märchen zu erwarten. Erst recht als der Kohlenmunk-Peter sich in seiner Verzweiflung an den Holländermichel wendet, einen anderen Waldgeist im Schwarzwald, der mit dem Bösen im Bunde steht. Dieser hilft ihm, schenkt ihm sackweise Geld zum Preis für sein Herz. Holländermichel setzt ihm einen kalten Stein in die Brust und die Dinge nehmen ihren Lauf. Nicht nur, dass der Kohlenmunk-Peter weder Freude, Trauer oder Liebe empfinden kann – er wird zu einem herzlosen Geist seiner selbst und zieht eine Spur der Verwüstung hinter sich her. Bis ihm das Glasmännchen durch eine List zurück in die Welt der Glücklichen verhilft.
Die Gegenwart scheint uns beweisen zu wollen, dass es für das Glück sehr wohl einiges an finanzieller Sicherheit braucht. Wir spazieren mit einer ordentlichen Portion Neid an Häusern mit Sicht aufs Wasser vorbei, lesen die Klatschspalten in Zeitschriften, auch wenn sie uns nur bezeugen, dass es auch denen dreckig gehen kann. Wir sehen mit Befremden, dass die einen mit dem Niedergang einer Grossbank Millionen scheffeln, während anderen ein Leben lang Arbeit nicht reicht, um mit der Rente Ruhestand zu finden. Und vielleicht bekräftigen Märchen wie jenes des Romantikers Wilhelm Hauff unsere stille Hoffnung, dass Red- und Ehrlichkeit doch irgendwann belohnt werden.
Was das Buch „Das kalte Herz“ aber zum idealen Geschenk aller BücherfreundInnen macht, ist das Buch selbst. Die wunderschönen, kongenialen Illustrationen von Christian Sobeck und die einzigartige Buchbindung des Buches. Die mit kräftigem Strich gemalten Ilustrationen unterstreichen die Stimmung, malen eine Kulisse wie im Theater, illustrieren nicht einfach den Text, sondern unter- und übermalen ihn.
Während des Lesens wird man gezwungen, die Seiten vor sich aufzufalten. Jedes „Blättern“ wird zu einer fast rituellen Handlung. Die Geschichte breitet sich förmlich aus.
Dass sich ein Kleinverlag an ein solches Unterfangen wagt, ist verdienstvoll. Und dass eine solche Geschichte, ein Märchen, diese Wirkung erzeugt – erstaunlich.
Ein Buch, das die Seele wärmt!
Wilhelm Hauff, geboren 29. November 1802 in Stuttgart, gestorben am 18. November 1827 in Stuttgart, war ein deutscher Schriftsteller des Biedermeier. Er war ein Hauptvertreter der Schwäbischen Dichterschule.
Christian Sobeck wurde 1991 im Allgäu geboren. Nach einer Ausbildung zum Grafikdesigner absolvierte er den Studiengang Mediendesign an der DHBW Ravensburg. Seit seinem Studium gestaltet und illustriert er für einen Schulbuchverlag Unterrichtsmaterialien und Lektürehilfen zu Romanen. Parallel führt er ein Designstudio im Illertal.
Beitragsbilder © Christan Sobeck / Lucra-Design