Tomas Gonzalez «Was das Meer ihnen vorschlug», mare Verlag

«Irgendwo hatte Javier gelesen, dass man nicht geboren wird, um glücklich zu sein, sondern um die Welt zu bestaunen. Wenn das Glück zu dir kommt, dann kommt es ohne Grund, einfach so.» Javier läge viel lieber in seinem Bungalow und würde lesen, als mit seinem jähzornigen, bösartigen Vater und seinem Zwillingsbruder Mario hinaus aufs Meer zu fahren, um die Hotelvorräte mit frischem Fisch zu füllen. Niemand fährt hinaus, nicht einmal die Fischer. Sturm ist angesagt, in der Ferne türmen sich schwarze Wolken. 24 Stunden sind die drei auf dem Meer, gepeitscht zuerst vom Ehrgeiz, der gleissenden Sonne gepaart mit jahrelang gehortetem Hass, später vom Sturm, der sie anfangs zu schonen scheint, der Bootsmotor irgendwo im Nirgendwo aussetzt und der Sturm doch auf sie zuwalzt. Als das Unwetter zu toben beginnt, ist die Gelegenheit da, all die offenen Rechnungen mit dem wüsten Vater zu begleichen.

Tomas Ganzalez leuchtet in den 27 Kapiteln, den 27 Stunden nicht nur in die Abgründe der drei Männer im Boot, sondern auch in die der am Ufer gebliebenen, denen das Aufbrechen und der Trotz der drei genauso Rätsel aufgibt wie die Verrücktheit der ersten Frau des Vaters, die mit den Männern auf dem Meer einen Sturm in ihrer Kopf auszutragen hat. Dass Javier Shakespeare liest und verehrt, macht dieses Königsdrama nur noch spannender!

Tomas Gonzalez zählt zu wichtigsten kolumbianischen Autoren der Gegenwart. Schon sein letzter Roman «Das spröde Licht», 2012 bei S. Fischer erschienen, war mit seiner klaren Sprache und der Nähe zu Leben und Tod ein tief bewegendes Buch: «Eine Familie, drei Söhne. Jacobo, der Älteste, ist nach einem schweren Unfall vom Hals ab gelähmt. Das ist nicht das Schlimmste, das Schlimmste sind die Schmerzen, die so unerträglich werden, dass er ihnen schließlich im Freitod ein Ende setzt. Die Geschichte einer Familie, die es vermag, den Tod in ihr Leben zu lassen, um sich umso mehr ihrer Liebe zu versichern.» S. Fischer Verlag