literaturblatt.ch Partnerblog #SchweizerBuchpreis19/1

Obwohl ich mich mit der Partnerschaft mit Schweizer Buchpreis, Buchhändler- und Verlegerverein nicht ewig binde, las ich vor meiner Zusage, als Stimme aus dem Off die Wahl zur Preisträgerin oder Preisträger 2019 zu begleiten, noch einmal das Reglement des Schweizer Buchpreises.
Als Einleitung steht dort: „Mit dem Schweizer Buchpreis SBP zeichnen der Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband SBVV und der Verein LiteraturBasel jährlich das beste erzählerische oder essayistische deutschsprachige Werk von Schweizer oder seit mindestens zwei Jahren in der Schweiz lebenden Autorinnen und Autoren aus.
Ziel des SBPs ist es, jährlich fünf herausragenden Büchern grösstmögliche Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu verschaffen und sie in der Schweiz und über die Landesgrenzen hinaus einem breiten Lesepublikum wie auch der internationalen Buchbranche bekannt zu machen.“

© Lea Frei

Zum einen wird in den jetzigen Debatten um „Me Too“, Genderfragen und noch immer grassierender Ungleichberechtigung schwierig sein, nach acht Männern und drei Frauen und drei männlichen Preisträgern in Folge einen weiteren Mann aufs ominöse Podesten zu hieven, und nicht all jenen Stimmen recht zu geben, die mit Vehemenz erklären, wie verkrustet Machtstrukturen im Literaturbetrieb seien. Und zum andern ist es der Preis selbst, der mit seiner Geschichte und seinem Gewicht polarisiert, die einen selig macht und die andern nur ein weiteres Mal bis aufs Mark ärgert.

Der Deutsche Buchpreis hat es vielleicht schon zahlenmässig leichter. In einem Land, das zehnmal mehr EinwohnerInnen zählt, werden knapp doppelt so viele erzählende Werke ins Rennen geschickt. Er kann es sich zudem leisten, neben einer Shortlist auch eine 20plätzige Longlist zu präsentieren. Somit verteilt sich die Aufmerksamkeit auf ein viel grösseres und breiteres Feld. Die Landschaft der Schweizer Literatur ist klein, viel kleiner als die unseres grossen Nachbarn. Undenkbar auch, dass es in Deutschland ein jährlich stattfindendes Literaturfest wie die Solothurner Literaturtage geben könnte, die sich als Werkschau des aktuellen Literaturschaffens bezeichnen könnte. Was aber in der fast überschaubaren CH-Literatur auch nicht wirklich funktioniert, denn die Diskussionen darüber, wer zu einer solchen Nabelschau eingeladen werden soll, wird nicht weniger emotional.

Die ernstzunehmenden Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die sich mit Recht Chancen auf den Schweizer Buchpreis ausrechnen könnten, sind nicht viele. Umso mehr wächst die Versuchung, sich bei der Vergabe durchaus grosse Chancen auszurechnen, erst recht, wenn man mit einem erfolgreichen Titel die Schaufenster zieren könnte und einem die Presse hofiert. Die Jury kann es nur falsch machen, die Vergangenheit beweist es. Erstaunlich genug, dass es Frauen und Männer gibt, die sich dem aussetzen und einen alten Hasen in diesem Gremium, der ein weiteres Mal dort amtet und als langgedienter NZZ-Kulturredaktor zum Urgestein des Schweizer Literaturbetriebs gehört.

Unter fünf herausragenden Büchern soll eines den Preis erhalten. Ohne das Prozedere eines solchen Preises zu kritisieren; Sollte man vielleicht gänzlich auf einen einzelnen Titel verzichten und die 42000 Fr. gleichmässig unter den Nominierten verteilen? Nicht zuletzt wären die 8400 Fr. eine Summe, mit der eine Schriftstellerin oder ein Schriftsteller etwas anfangen könnte, zwei bis drei Monate sorglos schreiben. Aber alle Welt giert nach einem Gewinner oder einer Gewinnerin. Genauso wie nach dem Skandal oder Eklat. Dem Buch tut es gut. Ob es der Szene gut tut, die in den Augen vieler auf ein kleines Spielfeld reduziert wird, bezweifle ich, ohne für die Abschaffung eines solchen Preises plädieren zu wollen. Solange die meisten Autorinnen und Autoren ein Leben lang um ihre Existenz kämpfen müssen, solange man Kunst noch immer allzu oft bloss als Sahnehäubchen respektiert, das geschriebene Wort nicht nur in der Literatur an Wert verliert und alt bewährte Strukturen wie das traditionelle Verlagswesen immer aufopfernder um ihr Überleben kämpfen müssen, braucht es Preise, auch einen solchen wie den Schweizer Buchpreis!

Nur ein Wort zu meiner ganz nebensächlichen Rolle: Ich bin weder Literaturkritiker noch Träger eines Amtes, das mich irgendwie in die Nähe des Literaturbetriebs bringen würde. Ich bin weder grosser Player noch Lobbyist. Ich bin nur eines; ein Leser, der schreibend seine Leseeindrücke präsentiert, ein Leser, der seiner Leidenschaft eine Spur gibt, ein Leser, der nicht wie andere auf der Suche nach dem heiligen Literaturgral nur jenen Büchern eine Daseinsberechtigung einräumt, die den elitären Ansprüchen einer verkopften Kulturoberschicht genügen. Ich bin ein Leser, ganz einfach.