Kiribati ist ein Inselstaat in Pazifischen Ozean, kleine Punkte im weiten Blau am Rande der Weltkarte. Experten gehen davon aus, dass Kiribati als Folge der Klimaerwärmung in nicht allzu langer Zeit im Meer versinken wird. Grund genug für einen Zeichner und eine Texterin, uns auf eine ganz besondere Reise mitzunehmen.
Einst ging man auf Entdeckungsreise, um fremde Länder, unbekannte Gebiete zu entdecken und zu erforschen. Alice Piciocchi und Andrea Angeli tun es, um uns eine Tatsache in Erinnerung zu rufen. Auch wenn es kein literarischer Text ist und
und man in der Einleitung zum Buch den erhobenen Zeigefinger spürt – in diesem Buch spricht Leidenschaft und grosse Empathie für ein Volk, dem eine Massenumsiedlung droht. Anote Tong, der Präsident Kiribatis, kaufte auf den Fidschiinseln in 3000 Kilometer Entfernung Land. Wer glaubt, dass sich mit diesen Aussichten die Bevölkerung auf den 32 Atollen und drei Inselgruppen auf halbem Weg zwischen Hawaii und Australien in Unruhe versetzen lässt, täuscht sich. Auf die drohende Zukunft angesprochen, meinen Inselbewohner, man hoffe, nie gezwungen zu sein, an die Zukunft denken zu müssen.
Was wie grenzenlose Naivität klingt, ist schlicht eine andere Lebensweise. Und davon erzählt dieses Buch in einer unüblichen Weise. Nicht mit sachlichen oder gar wissenschaftlichen Texten und schönen Fotos, sondern mit einfachen Texten, die so nah wie möglich an eine Lebensform gehen, die uns fremd ist und Zeichnungen, die Wesentliches zeigen und deplatzierte Emotionen gar nicht zulassen.Als Alice Piciocchi und Andrea Angeli vom Inselstaat Kiribati hörten, reifte in ihnen der Wunsch, für zwei Monate dort hinzureisen. Doch statt verzweifelter, auf gepackten Koffern sitzender Bewohner trafen sie auf Menschen, die so gar nicht ans Weggehen dachten. Hier sind ihre Familien seit Generationen zu Hause, werden alte Traditionen gelebt, fahren die Fischer wie ihre Vorfahren aufs Meer hinaus, folgt das Leben immer noch dem Rhythmus von Ebbe und Flut. Natürlich sind die Zeiten längst vorbei, wo der Austausch mit der Aussenwelt nur sporadisch bis gar nicht stattfand. Doch man erzählt sich noch heute die alte Legenden und zelebriert magische Riten. So gibt es ein Lied, das man singt, um den Walfisch zu rufen. Und wer eine Venusmuschel findet, sagt man, findet einen Schatz.
Dieses Buch ist ein Reisebericht der besonderen Art und ein bibliophiles Meisterstück, bei dem es den Autoren gelingt, uns die Alltagskultur und das Denken der Menschen von Kiribati nahezubringen, die von ihrer tiefen Verbundenheit mit dem Meer und dem Universum zeugen. Ein Buch, das es zu entdecken gilt. Wieder so ein Kunstwerk, das nur als wirkliches Buch funktioniert. Von einem Verlag, der noch weitere Perlen anzubieten hat!
Alice Piciocchi und Andrea Angeli teilen die Leidenschaft für das Reisen: An den Wänden ihrer Wohnung hängen überall Landkarten, die Bücherregale sind angefüllt mit Reiseberichten, und ihre italienischen Pässe zieren unzählige Stempel aus allen Ländern der Erde. Der Illustrator Andrea Angeli, Jg 84, ist ursprünglich Architekt und Alice Piciocchi, Jg 85, Industriedesignerin und mittlerweile Geographiestudentin.