Vor ein paar Monaten war es noch ein tiefes Loch. Jetzt ziehen sich entlang den Amriswiler Innenstrassen graue Betonwände, die noch höher werden sollen. Vor Jahrhunderten baute man Gotteshäuser, Kirchen, Kathedralen in die Zentren wachsender Städte. Riesige Bauten, in denen eine Stadt jenen einen pries und mit Gebeten um Gunst bat, von dem man überzeugt war, dass er das Zentrum ihres Lebens und Wirkens sei. Heute zieht man kolossale Bauten des Konsums hoch. Man pflanzt noch ein paar hübsche Bäumchen vor die übermächtige Fassade, verbannt die Autos untertags, verpackt das Ganze in ein artiges Gewand. Nur die Männer, die die Mauern hochziehen, sind die gleichen geblieben. Morgens, wenn ich am grauen Koloss entlang zur Arbeit gehe, hört man sie johlen, jauchzen, singen und albern. Und für einen Moment klingt der Hall wie in den grossen gotischen Kathedralen des Mittelalters, ein bisschen wie das Frohlocken und Lobpreisen in den Hallen Gottes. Die einen leeren sich immer mehr, von den anderen scheint man nicht genug zu bekommen. Hosianna!
Beitragsbild: Sandra Kottonau