Konstantin Stawenow, Auszüge aus «Trost Land», Plattform Gegenzauber

Kain / Gera-Aue in den Raunächten

Trostland, wo finde ich dich
auf den wasserstehenden Wiesen
im vertrockneten Schilf, am kleinen Bach
auf den weiten Feldern, hinter den Zäunen

oder im Gänseschrei (des Pflugs linke Flanke)
oder in der Hasenseele, im Fuchsgewissen
im Nadelstreifen der alten Leitungen

habe in den schmalen Gräben gesucht
am Feldrand Weidezaun betrachtet
die Pfosten mit Altöl getränkt
und die gefrorenen Pfützen umgangen

ja aber, wo bist du

 

Abel Epitaph / Gera-Aue in den Raunächten

Trostland, sprich zu mir mit der munteren Zunge der Gera
sag, dass die Eselsdisteln um den Sommer trauern
ich liege unter den Wasserlinsen begraben
wo du mich nicht sehen willst

meine Augen sind wie Laich unter ihren Lidern
ich singe auf ein Neues vom Diptychon, Altar meiner Hände
setze dich auf ihn kleiner Stichling, mein Lied soll dich segnen

doch du sprichst
verschwende deine Verse nicht, Toter

 

Konstantin Stawenow, geboren 2003 in Erfurt, schloss 2024 seine Ausbildung zum Holzbildhauer in Empfertshausen ab. Zurzeit studiert er am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. In den letzten Jahren war er u.a. Teilnehmer der Thüringer Textwerkstätten Weitsicht in Ranis und Poesie & Praxis in Gera sowie der young poems 2023 am Haus für Poesie. Seit Dezember 2023 arbeitet er eng mit der Forschungsstelle Sprachkunst & Religion in Erfurt zusammen. Er war Preisträger des Jungen Literaturforums Hessen-Thüringen von 2023 bis 2025 und des Eobanus-Hessus-Schreibwettbewerbs von 2022 bis 2024. Des weiteren war er Preisträger des Treffens junger Autor*innen 2023. Im Sommer 2025 war er Stipendiat der Kulturstiftung Thüringen. Für 2026 hat er ein Stipendium der Sparkassenstiftung Sömmerda erhalten. Verstreute Publikationen in Zeitschriften und Anthologien (u.a. Jahrbuch der Lyrik 2024/25, Literarische Blätter, Ort der Augen, Nagelprobe). Konstantin Stawenow lebt mit seiner Frau in Biel/Bienne.

Beitragsbild © Dirk Loehr/Erfurter Herbstlese