Peter Höner, gerade eben höchst engagiert als Schauspieler mit dem Stück „Brennende Geduld“ auf dem Greuterhof, schreibt seit mehr als dreissig Jahren Theaterstücke, Hörspiele, Romane und Reportagen und betreibt mit seiner Frau Michèle Minelli, Schrifstellerin und zukünftige Kuratorin des Literaturhauses Thurgau, das Schreibwerk Ost, eine Schreibschule auf dem Iselisberg, hoch über dem Thurtal.
Sein neuster Streich, eben erst bei Septime herausgekommen, ist der Roman „Monte Rocha“. Die Geschichte von Aurélio Fuertes, der im Hotel Rocha Monte hoch über dem Meer mit Sicht auf die Vulkaninsel seine Lebensstelle als Haustechniker bekommen zu haben glaubt. Ein Luxushotel. Aber das Haus tropft 220 Tage im Jahr im Nebel, während auf der Insel sonst die Sonne scheint. Nach nur einer Saison schliesst das Hotel und man verpflichtet den Haustechniker Aurélio Fuertes zusammen mit seinem Gehilfen José bis zur Übernahme durch einen neuen Besitzer, sich dem Haus anzunehmen. Aber aus der Übergangszeit werden Jahre, Jahrzehnte. Aurélio Fuertes bleibt, weil er es versprochen hat, nicht nur seinem damaligen Arbeitgeber gegenüber, sondern seiner Familie und nicht zuletzt sich selbst.
Da ist ein Haus, das langsam zerfällt, genauso wie eine Familie, Freundschaften, nicht aber eine Idee, Prinzipien. „Rocha Monte“ ist ein grossartiges Buch über einen stillen Helden. Ein Buch, dass einen ungeheuren Sog bei mir als Leser entwickelte, so wie ganz offensichtlich ein Ort, eine Figur bei Peter Höner als Schriftsteller.
Eigentlich war das Hotel schon in der Planung zum Scheitern verurteilt. Dieses Hotel erscheint wie der missratene Versuch einer Arche, hoch auf einem Berg. Nur bleibt dieser Noah allein. Die Arche sticht nie in See, bleibt für immer leer. Nur Aurélio Fuertes bleibt. Er bleibt Jahrzehnte und sinkt in Einsamkeit. Aurélio bleibt, während er fast alles verliert; seine Frau, seine Familie, seine Kinder, Freundschaften, seine Hoffnung. „Rocha Monte“ erzählt von einem Mann, der immer mehr verschwindet, mit Sicherheit auch von einem „lost place“. «Roche Monte» ist vieles, auch die Geschichte eines Robinsons.
Das Buch ist durchsetzt von Abbildungen aus den Aufzeichnungen, Protokollen von Aurélio Fuertes. Diese Fotos von Dokumenten geben der Geschichte einen scheinbar untrüglichen Bezug zur Realität. Aber im Gegensatz zu vielen Berichten im Internet über ein Hotel Palace auf den Azoren, Berichten über einen faszinierenden, verlassenen Ort, interessiert sich Peter Höner für die Person des Wächters.
Peter Höner schildert äusserst bildhaft. Die Bühne wird sehr deutlich. Da glaubt man, den Theatermann zu spüren. Eine Romanvorlage, die sich hervorragend verfilmen liesse.
Der Autor erzählt im ersten, langen Teil seines Romans die Geschichte Aurélios. Im zweiten, kürzeren Teil, lässt er die Nebenfiguren zu Wort kommen, seine geschiedene Frau Lucia, seinen Arbeitskollegen José, dessen Frau Pineda, die Kinder, die ihren Vater gar nie richtig kennenlernten, Nevio, einen seiner Söhne. Damit setzt Peter Höner Aurélio in ein feinmaschiges Netz, ein Netz, dass dieser leer zurücklässt.
Der Roman lässt sich durchaus als grosse Metapher sehen. Ohne Wächter zerfällt eine Welt.
«Ich habe den Abend sehr genossen, vor allem weil ich finde, dass Du das sehr gut gemacht hast und so die Einseitigkeit meiner Textauswahl wettgemacht hast. Aurélio ist ja nicht nur die störrische, pflichtversessene Figur eines Wahnkranken, dessen Unheilbarkeit mir nach der Lesung eine Zuhörerin erklären wollte. Ein anderer Besucher hat mir geschrieben (Zitat:) … freu mich deinen text dann ganz zu lesen … und nur auch um es jetzt schon auszusprechen und auszuwiegen: besonders wenn da ein so kluger hinweiser ist wie dein gesprächspartner, kann es leicht im hörer schon mal sein, dass in solchen halbdunklen endlosen notlicht-gängen auch schon mal ein geist aus prag hinter einer verschlossenen tür leben könnte …» Peter Höner