Vietnam ganz im Süden ist ein Land der Wasser, ob als Flüsse, Teiche oder Meer, ob als Feuchtigkeit in der Luft oder als Regen mit Blitz und Donner, der sich hier anders anzuhören scheint wie in unseren Breitengraden.
Zumindest in den europäischen Sommermonaten ist der Süden Vietnams ein Land mit feuchtem Klima, schwülheissen Temperaturen und sintflutartigen Niederschlägen. Kein Wunder wächst in diesem Treibhausklima alles fast von selbst. Alle Arten von Früchten werden an jeder Ecke angeboten und es scheint Menschen zu geben, die ihren Lebensunterhalt mit einem Kleinststand mit drei Büscheln Bananen verdienen, während in Supermärkten, in den ich in der Schweiz meine Früchte kaufen würde, das Angebot an frischen Früchten eher bescheiden ist.
Aber es wachsen auch unliebsame Dinge. Nicht nur viele Hausmauern sind schwarz vor Feuchtigkeit und Schimmel. Feuchtigkeit und Schimmel hocken überall, selbst in den Bustaxis. Von den Hotels, in denen wir einquartiert waren , und die aus vietnamesischer Sicht bestimmt zu den besseren gehören, war nur ein einziges ohne Schimmel. Und wahrscheinlich nur deshalb, weil jenes Hotel noch nicht lange seine Dienste anbietet. Der Schimmelbefall ist in manchen Zimmern derart hoch, dass wir uns gezwungen fühlten, das Zimmer, manchmal gar das Hotel zu wechseln. In einem Zimmer schien der Schimmel beim Einschalten der Klimaanlage förmlich aufs Bett zu regnen.
Fast alles ist klimatisiert. Aber wenn man sich wie wir abseits vom Tourismus bewegt und all die Blechverhaue sieht, in denen die Menschen leben, die sich ein Kühlaggregat gar nicht leisten können, höchstens einen Ventilator, von denen überall welche stehen, wundert man sich nicht, dass eine westlich orientierte Bauweise in diesem Klima nur schwer funktionieren kann. Früher waren wohl alle Behausungen hier luftdurchlässig, offen, wie die Tempel auch, die ein erstaunlich frisches Klima verströmen.
Im Hotelzimmer in Ca Mau ist der dicke Teppichboden nach einem nächtlichen Starkregen trotz geschlossener Fenster triefend nass. Wie sollte der trocknen!
Nach einigen Tagen in Vietnam huste ich, ohne das Gefühl, mich erkältet zu haben, aber mit der Vermutung, dass meine Atemwege auf den permanenten Wechsel von klimatisierten Räumen und feuchtwarmer Umgebung kombiniert mit Schimmelsporen, mit Husten reagiert.
Die Menschen ganz im Süden, wo die Niederschläge noch häufiger sind, nehmen Regenschübe mit stoischer Gelassenheit. Wenn man überhaupt reagiert, unterbricht man seine Arbeit im Freien. In der Stadt besitzen die meisten Motorradfahrer einen Plastikregenschutz und Fussgänger unter einem Schirm sieht man sowieso nicht. Warum sollte man zu Fuss gehen, wenn es leichter und schneller mit einem Motor geht. So sind in den Städten „Fusswege“ entlang von Strassen auch sehr oft mit Verkaufsständen, Motorrädern, Abfall oder sonstigem zugestellt. Ein Vorbeikommen zu Fuss unmöglich. Wasserpfützen in Strassen wird, wenn überhaupt möglich, mit grösster Vorsicht ausgewichen, weil niemand weiss, wie tief die Untiefen darunter sind.
Unsere Gastgeber ganz im Süden, die ihren Lebensunterhalt mit Fischzucht mitten im Wasser, einem einst angelegten System aus Dämmen, Teichen und Kanälen verdienen, fragte ich einmal, wie sie die Klimaveränderungen feststellen. Trotz Dolmetscher schien man meine Frage nicht zu verstehen. Vietnam ist im Aufbruch. Man versteht sich als Gesellschaft am Anfang einer „glorreichen“ Zeit. Ich bin mir nicht sicher, wie sehr sich die Menschen in der Propaganda ihrer kommunistischen Regierung verfangen haben. Es gibt nur den Weg nach vorne, zu welchem Preis auch immer.
Beitragsbilder © Lea Le & Gallus Freu-Tomic