Wolfgang Bortlik «Blutrhein», Krimilesung in Winterthur

Donnerstagabend, kein Regen, die Gassen der Winterthurer Altstadt sind voll mit Menschen und Ständen. Und trotzdem bleibt das Grüppchen Neugieriger in der Buchhandlung «Buch am Platz» mehr als überschaubar. Dabei liest Wolfgang Bortlik aus seinem neuen Kriminalroman «Blutrhein». Ein Krimi, der mehr ist als ein dünnes Geschichtchen mit viel Brutalität und Effekt.

Es ist Wolfgang Bortliks 7. Roman, sein 2. Krimi, nachdem er 2015 beim Gmeiner-Verlag bereits mit «Spätfolgen» einen Krimi mit dem Discountdetektiven Melchior Fischer veröffentlicht hatte. Melchior Fischer, in seiner Freizeit leidenschaftlicher Fussballer, verdient seinen Lebensunterhalt als Verkäufer in einer wenig frequentierten Architektur-Buchhandlung in der Basler Innenstadt und Aufträgen und Zuwendungen eines schrulligen Professors, der Fischer mit der Organisation einer neuen Partei beordern will, die endlich mit dem Filz in der Stadt am Rheinknie aufräumen will.
Da geschehen Morde in der Stadt. Während die Basler Highsociety im

Schauspielhaus der griechischen Tragödie huldigt, wird vor dem Gebäude, zwischen den rostroten Stahlplatten Richard Serras der beliebte sozialdemokratische Regierungsrat Burckardt erstochen. Es ist der erste von drei Toten, aber jener, dessen Akte bei Kriminalkommissar Gsöllpointner den Namen «Blutrhein» bekommt. Gsöllpointner, ein eingewanderter Münchner, wird Ermittler in dem dubiosen Fall, bei dem schon das Motiv zu fehlen scheint. Und weil Fischer und Gsöllpointner in der selben Kickermannschaft spielen, ergibt eines das andere. Erst recht, nachdem klar wird, das die ersten beiden Opfer und Fischer einst in ihrer wilden Jugend miteinander zu tun hatten.

Wolfgang Bortlik liebt seine Figuren. Und ein Krimi lässt den Autor in ganz spezieller Art auf die Protagonisten einwirken. Der Krimi ist voller Nebenschauplätze, die fast alle in Basel spielen. Voller Seitenhiebe Richtung Basler Aristrokratie und Grosschemie, wohl wissend dass es in Basel zwei heilige Kühe gibt; die Basler Fasnacht und den FC Basel. So ist Fussball ein Thema, die angeschlagene Gesundheit Fischers, das bourgoise Basel, Geld und Kultur, die Chemie, die sich in Basel einiges erlauben kann, weil es sich Stadt und Kanton mit der gewichtigen Industrie nicht verscherzen dürfen, Kultur- und Politfilz, Musik und die etablierte Literatur, geschlipstes Kader und wenig dezent parfümierte Sekretärinnen. Wolfgang Bortlik, der lange in einer Band Musik machte, singt auch während seiner Lesungen – und tut das so gut, dass er Zwischenapplaus verdient hätte. Was Wolfgang Bortliks Kriminalroman lesenswert macht, ist der bitterböse Witz, die Lust an der Sprache und die Tatsache, dass sich Wolfgang Bortlik nicht allzu ernst nimmt.

Der Abend mit Wolfgang Bortlik war die erste Lesung seit dem Führungswechsel in der Buchhandlung Buch am Platz. Seit über 30 Jahren steht die Buchhandlung in Winterthur, mitten in der Altstadt, für ein ausgewähltes Sortiment, grosses Engagement und eine persönliche Beratung. In den Statuten der Genossenschaftsbuchhandlung wurde 1983 festgehalten, dass Zweck des Ladens «die Verbreitung gesellschaftskritischer Literatur» ist. «Wir möchten Bücher in unseren Gestellen stehen haben, die Horizonte erweitern, zum Denken anregen und Vergnügen bereiten. Wir wählen sorgfältig aus und versuchen, soviel wie möglich selber zu lesen.»

Wolfgang Bortlik, geboren 1952 in München, lebt mit Unterbrechungen seit 1965 in der Schweiz, aktuell in Riehen bei Basel. Er hat bereits sechs Romane, einen Gedichtband und mehrere Sachbücher veröffentlicht, außerdem ist er als Rezensent und Sportdichter für die NZZ am Sonntag tätig. Seine Liebe zum Buch zeigt sich auch durch sein Engagement bei der Riehener Literaturinitiative Arena, wo er dem Vorstand angehört. »Blutrhein« ist sein zweiter Krimi im Gmeiner-Verlag.

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Titelfoto: Sandra Kottonau