Er kam, siegte und ging. Christian Kracht

Christian Kracht hat ihn, den Preis. Und da er ihn hatte, ging er. Andere hätten gedankt, einige Worte an all jene gerichtet, die sein Buch gelesen hatten und durchaus mitfieberten. Zurück liess er ein ratloses Publikum.

83 Titel standen an, 5 schafften es auf die Shortlist. Zum 9. Mal und mit 30000 Franken dotiert. Nach einem Lesemarathon im In- und Ausland sassen die 5 Nominierten in der ersten Reihe, mit Sicherheit nicht alle ruhig und gelassen. Nachdem die letzten 5 in den letzten Wochen und Monaten heftigst img_0161besprochen, diskutiert, hoch gelobt und zerrissen wurden, während man andere Namen vermisste, bestach die Jury in ihrer Auswahl zum diesjährigen Schweizer Buchpreis durch Vielfalt, Besonder- und Eigenheiten. Der Buchpreis ist nicht das Fest des Siegers, des «übrig gebliebenen Buches», sondern ein Fest der Literatur, des Buches, dem für einmal ausserordentlich viel Publikum lauscht, ganz anders als an all den Lesungen sonst, bei denen es manchmal nur ein Dutzend zu Veranstaltungen lockt.

Kurz vor Mittag, Sonntag, 13. November 2016. Nachdem alle 5 Nominierten ihrer Laudatio lauschten und freundlich mit dem Publikum applaudierten, positionierten sich Kameraleute und Fotografen vor der ersten Stuhlreihe, während ein Mann mit Kravatte in einer trockenen Mitteilung den Schweizer Buchpreisträger verkündete. Im Anschluss verriet mir die Nominierte Michèle Steinbeck: «Aufgeregt war ich nicht, bis auf diesen einen Moment, als sich die Sucher und Objektive auf mich richteten und ich mich bemühen musste, auf keinen Fall den Eindruck von Enttäuschung zu erzeugen. Enttäuschung, die es nie und nimmer gewesen wäre.»

Eine Preisverleihung mit überraschenden Nominierungen, aber wenig Überraschung über das finale Urteil der Jury. Christian Kracht, sich endlich seines Schals und Mantels entledigend, stieg auf die Bühne, umarmte die eine und den andern, versteckte sich hinter einem übergrossen Blumenstauss, warf einen Blick auf das «Urteil» und verzog sich schnellstmöglich aus dem Gewimmel jener, die mit Gläsern auf eine paar Worte warteten. No comment!

(Titelbild: Werner Biegger)

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