Bastian Asdonk «Mitten im Land», Kein & Aber

«Es ist erstaunlich, wie sehr der Geist dem Körper folgt. Man glaubt, der Verstand herrsche über das Empfinden, aber wenn ich jeden Muskel spüre und dabei sehe, was ich kraft meines eigenen Körpers erschaffen habe, bin ich glücklich.»

Bei einer «Spritztour» mit seiner Freundin entdeckt der Erzähler ein leer stehendes Haus an einem kleinen See, bleibt daran hängen und kauft es, um künftig als Selbstversorger darin zu leben. Ein Städter eben. Asthma- und allergiegeplagt macht er sich an seine neue Aufgabe, befreit das Haus von seiner Kruste, setzt Gemüse, badet im See und versucht sich vorsichtig den Dorfbewohnern anzunähern, dem einzigen Wirt, dem Baulöwen und Bürgermeister, dem bärbeissigen Nachbarn mit seinem debilen Sohn und am offensivsten Maja, der Kassiererin im Supermarkt. Maja ist die einzige, die er 0804_Asdonk_Mittenimland_farbemit einer Charmeoffensive schlussendlich bis zu seinem neuen Zuhause lockt, denn sonst bleibt ihm, dem Städter, das Dorf fern. Er, der das Leben in der Metropole satt hat, der dem dauernden Stress und Konkurrenzkampf, dem Neid und der Gier entfliehen will. Das von ihm erschaffene Idyll ist bedroht, zum einen von Zeichen, wie dem Hakenkreuz aus Kornblumen mitten im Feld oder einer Versammlung von «aggressiv gebärenden Nazifuchteln» im einzigen Gasthaus. Jeder hat Angst vor dem Anderen, er vor dem rechten Mob, die ewig Gestrigen vor einer beginnenden Invasion von Stadtflüchtlingen, die das filigrane Ungleichgewicht auf dem Land destabilisieren könnten. Und als dann urplötzlich, nachdem Maja zum ersten Mal überraschend auftaucht und sich nicht ganz freiwillig zum Bleiben bringen lässt, ein Schlägertrupp auftaucht, Blut fliesst und alle Beteiligten knapp an der Katastrophe vorbei schrammen, droht der dünne Frieden in offenem Krieg auszuarten.

Bastian Asdonks Roman passt in die lange Reihe jener Bücher, die die ländliche «Landliebe»-Idylle genauso entlarven wie den naiven Glauben daran. In seinem Debüt baut der junge Autor gekonnt Spannung auf, auch wenn sie zuweilen absackt, wenn zu viel platte Ideologie Handlung und Dialoge belasten. Dabei kann ich mich als Leser durchaus mitfreuen über all die kleinen Siege im Garten vor dem Haus. Aber es ginge auch ohne den Schuss Ideologie, den mir Bastian Asdonk serviert. So bleibt ein aktueller Dorfroman mit explosivem Potential, eine schwierige Liebesgeschichte, gut erzählt, auch wenn sie zu viel auf der Strecke lässt. Zum Beispiel die Gründe, warum der vom Stadtleben Verbrämte, abgeschnitten von seinem alten Leben, sein Glück in einer neuen Existenz sucht. Sie bleiben im Dunkeln. Und weil dieses Dunkel unbeabsichtigt und als Leerstelle erscheint, fehlt mir trotz der angeregten Lektüre etwas. Fazit: Trotzdem lesenswert.

dbe7d386c8e9647c6e95481b452a5ef6Bastian Asdonk arbeitete nach einem Studium der Philosophie und Kommunikationswissenschaft zunächst als Fernseh- und Radioautor für den WDR und berät heute Medienunternehmen in Fragen der digitalen Transformation. Mit dem von ihm gegründeten Online-Portal Hyperbole TV gab er bei Kein & Aber bereits das Buch «Typisch! 155 unverblümte Antworten auf Vorurteile» heraus. «Mitten im Land» ist sein Debütroman. Bastian Asdonk lebt in Berlin.

Webseite Bastian Asdonk

(Bild: Sandra Kottonau, Güttingen, CH)

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