Peter Stamm «Weit über das Land», S. Fischer Verlag

«Nach zwei Wochen Ferien mit seiner Frau und seinen beiden Kindern geht Thomas nicht zu Bett. Er bricht aus, aus dem «dunklen Verliess, aus dem es kein Entkommen mehr gab». Er geht in die Nacht hinaus in ein anderes Leben. Astrid bleibt mit den Kindern zurück, erst verunsichert, dann verstört. Sie und ihre Kinder versuchen sich zurechtzufinden mit der Leerstelle neben sich. Thomas hinterlässt irgendwann nicht einmal mehr Spuren. So sehr er sich aus seinem alten Leben entfernt, bleibt er in der Nähe seiner Vergangenheit, auf der Suche nach sich selbst, nach dem Wesentlichen. Peter Stamm erzählt aus den Perspektiven beider. Wie ein Mann aus dem finsteren Räderwerk ausbricht und eine Frau weggestossen den Weg mit sich selbst findet. Ich als Leser gehe mit, über jeden Stein, hinein in den Winter irgendwo auf einer Alp im Gotthardgebiet. Gehe mit auf die Suche nach dem anderen und sich selbst. Peter Stamms Erzählen ist ganz nah und trotzdem distanziert, spannend bis zur letzten Seite, glasklar mit vielen Spiegeln durchsetzt.

Peter Stamm: «Ich «muss» nicht schreiben, aber ich liebe das Schreiben mehr als jede andere Beschäftigung.»

www.peterstamm.ch

Lesung mit Peter Stamm:
Neue Schweizer Literatur in der Hauptpost, St. Gallen
Dienstag, 7. Juni 2016, 19.30 Uhr, Raum für Literatur, Hauptpost, St.Gallen, Eingang St.Leonhardstr. 40, 3. Stock
www.gdsl.ch

«Lieber Herr Frei-Tomic, danke für die schöne Rezension. Herzlich, Peter Stamm»

Fest der Literatur in St. Gallen

Der Koffer liegt bereit!

Vom 31. März bis 3. April finden die 8. St. Galler Literaturtage WORTLAUT statt.

Ich werde wie jedes Jahr dabei sein und zolle nicht zuletzt all jenen Respekt, die trotz finanzieller Nöte auch dieses Jahr die Literaturtage zu einem Fest werden lassen.
Eine ganz besondere Gelegenheit in der Bücherstadt St. Gallen Autorinnen und Autoren zu begegnen, ihren Geschichten zu lauschen und all den Geschichten ums Buch herum:
Arno Camenisch, dem Wilde aus dem Bündnerland,
Urs Augstburger mit einer knisternden Geschichte rund ums Netz,
Heinz Helle mit einer düsteren Endzeitahnung,
Matthias Nawrat mit einer Schweikiade,
Pierre Jarawan auf Vatersuche im Libanon,
Radek Knapp mit einem melancholischen Zählerstandsableser,
Rolf Lappert mit der Rückkehr ins Vaterhaus,
der Schweizer Buchpreisträgerin Monique Schwitter mit den 12 Lieben,
Rebecca C. Schnyder mit ihrem rotzfrechen Erstling,
Comic, Graphic Novel, Slam Poetry, Spoken Word, Bühnenspektakel und vielem mehr.

Infos unter www.wortlaut.ch

Post von der Lyrikerin Wanda Schmid

Eine Kostprobe der Zürcher Autorin:

FEUERSCHUTZ

Deine Angst wird
mich anspringen
die Lampe
umstossen

dein Mund
hat mein Wort
zerschnitten

seit Tagen
spiel im mit dem Feuer
und brenne nicht

im Dunkeln
hör ich den Lockvogel
Türen schlagen

Das Gedicht ist aus: Schmid, W., Sonnenfinten, eFeF-Verlag, Bern 2003

Rebecca C. Schnyder „Alles ist besser in der Nacht“ Roman, Dörlemann Verlag

Wenn sie auf Bahnhöfen warten und in Zügen fahren, kennen sie sie; Nieten überall, Kapuze auf, Stiefel auf dem Polster, auf dem Klo rauchend. Ja nicht zu auffällig hinsehen, sonst passierts. Alles an ihnen ist Protest, jede Faser, jede Geste, jedes Wort. Protest gegen alles. Billy hat zwar schon einmal ein Buch geschrieben, aber nicht einmal das ist es wert, aufrecht zu gehen. Sie geht geduckt durchs Leben, gequält von den Anrufen ihrer Mutter, vom Drängen ihres Verlegers, selbst von der Liebe Noes, der ausgerechnet Theologie studiert. Rebecca C. Schnyder erzählt in ihrem ersten Roman vom inneren Kampf einer jungen Frau gegen sich selbst. Zugegeben, das Buch mag auf den ersten Seiten abschreckend wirken. Schon der zweite Satz schlägt in die Magengrube und es dauert eine ganze Weile Lesen, bis ich Mitgefühl für die Heldin aufbringen kann. Aber das ist Programm, braucht dieses Buch, diese Geschichte, um glaubhaft von einem Leben zu erzählen, das aus der Spur geraten ist. Kein Buch zur Erbauung, aber ein Buch, das einem eine Tür öffnen kann.

Lesung von Rebecca C. Schnyder am 2. April, Moderation: Joachim Bitter
Zeit: Samstag, 15:00 – 15:45 Uhr
Ort: Hauptpost, St. Gallen,Raum für Literatur, Eingang St. Leonhardstrasse 40, 3.Stock, www.wortlaut.ch

Alina Bronsky „Baba Dunjas letzte Liebe“ Roman, Kiepenheuer & Witsch

Am 26. April 1986, vor ziemlich genau 30 Jahren, explodierte einer der Kernreaktoren im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl. Was damals geschah, wird noch über Jahrhunderte weiterstrahlen. Und da längst keine Soldaten mehr die Todeszone hermetisch abriegeln, gibt es Menschen, die zurückkehren, so wie Baba Dunja, eine alte, ehemalige Krankenschwester. Und weil Wissenschaftler, Fotographen und Reporter die Frau nicht so alleine lassen, wie sie es sich wünscht, bleibt sie nicht die einzige, die im Niemandsland ein altes oder neues Zuhause findet. Ein bunter, loser Haufen weg von aller Zeit, allen Terminen, allen Pflichten. Und trotzdem kümmert sich Baba um die Menschen im Dorf, aber auch um ihre Enkelin Laura, die sie noch nie sah. Wer besucht schon die Verrückten in der Todeszone. Bis Fremde im Dorf auftauchen und ein Toter die Menschen vertreibt. Alina Bronsky schrieb einen unterhaltsamen, komischen Roman übers Niemandland, ein Zwischenland,  auch zwischen der Zeit, irgendwo zwischen der Vergangenheit und der drohenden Zukunft.